Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 534

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 534 (NJ DDR 1959, S. 534); dem die Zeugin Sch. im Herbst 1955 ihre Gehilfenprüfung abgelegt hatte und das Lehrverhältnis beendet war. Das Kreisgericht hätte daher prüfen müssen, wie oft der Angeklagte mit der Zeugin Sch. Geschlechtsverkehr durchführte, als diese noch Lehrling und in der von ihm geleiteten Schicht tätig war. Insoweit hat das Kreisgericht den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. In der Hauptverhandlung hat der Angeklagte erklärt, nach seiner Annahme habe der erste Geschlechtsverkehr mit der Zeugin Sch. nach deren Gehilfenprüfung stattgefynden. Die Zeugin Sch. hat dagegen angegeben, dies sei noch vor ihrer Prüfung gewesen, und zwar im Februar 1955. Vor der Prüfung habe der Angeklagte noch mehrmals mit ihr geschlechtlich verkehrt. Mit diesen sich widersprechenden Aussagen hätte das Kreisgericht sich auseinandersetzen müssen, um festzustellen, ob und in welchem Umfange der Angeklagte wegen des mit der Zeugin Sch. durchgeführten Geschlechtsverkehrs strafrechtlich verantwortlich ist. Das Urteil des Kreisgerichts verletzt das Gesetz durch unvollständige Sachaufklärung (§ 200 StPO) und wegen fehlerhafter Anwendung des § 174 Ziff. 1 StGB. Es war daher im angefochtenen Umfange und in der Gesamtstrafe aufzuheben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Kreisgericht zurückzuverweisen. In der künftigen Hauptverhandlung wird das Kreisgericht unter Beachtung der gegebenen Hinweise den Sachverhalt hinsichtlich des Verhaltens des Angeklagten gegenüber der Zeugin Sch. sorgfältig aufzuklären haben. Ergibt sich, daß der Angeklagte mit dieser erst nach Beendigung ihrer Lehre geschlechtlich verkehrt hat, wird es den Angeklagten wie auch wegen des mit der Zeugin B. durchgeführten Geschlechtsverkehrs freisprechen müssen. Wird dagegen festgestellt, daß der Angeklagte bereits vor Beendigung der Lehre mit der Zeugin Sch. Geschlechtsverkehr durchgeführt hat, so wird es ihn zu einer wesentlich niedrigeren als der ursprünglich aus § 174 Ziff. 1 StGB ausgesprochenen Strafe zu verurteilen haben, weil der Umfang der insoweit als strafbar festgestellten Handlungen des Angeklagten sich erheblich verringert. § 19 StEG. Das Verbreiten von Sendungen des westdeutschen Fernsehfunks, die sich gegen die DDR und die übrigen Staaten des sozialistischen Lagers richten, erfüllt den Tatbestand der staatsgefährdenden Propaganda und Hetze. BG Erfurt, Urt. vom 19. Mai 1959 - I BS 65/59. Der 35jährige Angeklagte A. stammt aus bürgerlichen Verhältnissen. Nach dem Abitur trat er freiwillig in die SS-Leibstandarte „Adolf Hitler“ ein. Sein höchster Dienstgrad bei der faschistischen Waffen-SS war Oberfähnrich. Während seines Fronteinsatzes erhielt er mehrere militärische Auszeichnungen. Nachdem der Angeklagte 1945 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden war, fürchtete er, wegen seiner aktiven faschistischen Betätigung zur Rechenschaft gezogen zu werden. Er hielt sich deshalb zunächst in Westdeutschland verborgen und kehrte erst 1948 in seine Heimatgemeinde O. zurück. Er bewirtschaftet dort einen landwirtschaftlichen Betrieb von 19,5 ha. Der Angeklagte A. konnte sich von der Ideologie des Faschismus nicht lösen. So bewahrte er alle „Erinnerungen“, Auszeichnungen usw. aus der Zeit des Faschismus als wertvollen Besitz auf. Seine Einstellung gegen unseren Arbeiter-und-Bauern-Staat zeigte sich darin, daß er sich sehr stark auf die Entwicklung in Westdeutschland orientierte. So besuchte er die „Grüne Woche“ in Westberlin, bewahrte aus Westdeutschland eingeschleuste Hetzflugblätter auf und tätigte Geschäfte unter Ausnutzung des Westberliner Wechselstubenkurses. In seiner Einstellung wurde er durch das ständige Abhören des westdeutschen Hör- und Fern-sehrundfunks unterstützt. Der 43jährige Angeklagte S. stammt aus kleinbürgerlichen Kreisen. Er war während des faschistischen Krieges in Stäben und Offizierskasinos als Koch eingesetzt. Seit 1953 betreibt er in der Gemeinde P. eine Bäckerei mit angeschlossener Gastwirtschaft. Auch der Angeklagte S. steht unserem Staat der Arbeiter und Bauern nicht positiv gegenüber. Er bejahte die Entwicklung in Westdeutschland insbesondere deshalb, weil es ihm schien, daß man dort das leichte Leben, das er als Koch bei der Wehrmacht kennengelemt -hatte, fortsetzen könne. Bei seinen mehrmaligen Besuchen in Westdeutschland hatte er das Vergnügungsviertel von Hamburg besucht und verherrlichte die dortigen unmoralischen Ver- hältnisse, die seiner langjährigen Lebensweise entsprachen, offen bei Gesprächen in seiner Gastwirtschaft. Beide Angeklagten hatten ein gutes Einkommen. Sie besitzen jeder einen Personenkraftwagen. Seit Mitte 1957 empfing der Angeklagte A. mit seinem Fernsehgerät regelmäßig das Programm des westdeutschen Fernsehfunks. Er lud zu den Sendungen stets mehrere Familien ein, und bald war es im ganzen Dorf bekannt, daß man zu A. gehen könne, wenn man das westdeutsche Fernsehprogramm sehen wolle. Insbesondere haben sich bei dem Angeklagten auch mehrere Familien den Hetzfilm „Soweit die Füße tragen“ in sechs Fortsetzungen von Februar bis April dieses Jahres angesehen. Dieser als „Tatsachenbericht“ ausgegebene Film zeigt Begebenheiten, die von westdeutschen Propagandastellen in übelster Weise erlogen wurden. Insbesondere werden die Lebensverhältnisse in der Sowjetunion und die Behandlung der ehemaligen deutschen Kriegsgefangenen verunglimpft, und es wird erneut der Versuch unternommen, der deutschen Bevölkerung vorzulügen, es gebe in der Sowjetunion noch Schweigelager mit deutschen Kriegsgefangenen. Der Angeklagte A. lud auch Bürger ein, sich die westdeutschen Sendungen „Das mitteldeutsche Tagebuch“, die Tages- und Wochenschau und Interviews mit dem Kriegsminister Strauß anzusehen. Dem Angeklagten war bekannt, daß in diesen Sendungen die Adenauer-Politik verherrlicht wird und die Zustände in der DDR und im übrigen sozialistischen Lager verleumdet werden. Um andere Bürger negativ gegen die DDR zu beeinflussen, versammelte der Angeklagte deshalb vorwiegend solche Menschen um sich, die von ihm ökonomisch abhängig waren. Wenn bei den Fernsehsendungen einige Besucher die Wahrheit des Dargestellten anzweifelten, widersprach der Angeklagte und äußerte, er habe diese Verhältnisse selbst so festgestellt. Weiterhin hat der Angeklagte A. seit 1951 laufend westdeutsche illustrierte Zeitschriften anderen Bürgern zugänglich gemacht (wird ausgeführt). Ferner hatte der Angeklagte zwei Jagdgewehre bis zu seiner Inhaftierung auf dem Boden seines Hauses versteckt (wird ausgeführt). Der Angeklagte S. hat seit Mai 1958 sein Fernsehgerät in der Gastwirtschaft aufgestellt und Sendungen des westdeutschen Fernsehfunks vor allem Jugendlichen im Alter von 18 bis 24 Jahren zugänglich gemacht. Obwohl er wiederholt von Angehörigen der Volkspolizei aufgefordert worden war, den Empfang des westdeutschen Fernsehprogramms in seiner Gaststätte zu unterlassen, empfing er weiterhin diese Programme. Er löschte während der Hetzsendungen gegen die DDR und gegen das übrige sozialistische Lager lediglich das Licht und schloß die Tür ab, um nicht überrascht zu werden. Seit Mai 1958 hat der Angeklagte anderen Bürgern etwa 200 Sendungen des westdeutschen Fernsehfunks vorgeführt, so u. a. ebenfalls den Film „Soweit die Füße tragen“, Tagesschauen und die Sendung „Jahrestag der Ereignisse in Ungarn“, in der gegen die Sowjetunion und die Sowjetarmee gehetzt wurde. Wenn die jungen Zuschauer an der Wahrheit der Sendungen zweifelten, dann sagte auch der Angeklagte S., der Wahrheit zuwider, er sei während des Krieges Panzerfahrer gewesen und hätte die geschilderten Zustände erlebt. Auch in anderen Fällen kommentierte er die Sendungen und versuchte, den jungen Menschen einzureden, die imperialistischen Staaten seien dem sozialistischen Lager in der waffentechnischen Ausrüstung überlegen. Auf Grund dieses Sachverhalts hat das Bezirksgericht die Angeklagten wegen fortgesetzter Propaganda und staatsgefährdender Hetze im schweren Fall und, soweit es den Angeklagten A. betrifft, in Tatmehrheit mit unbefugtem Waffenbesitz zu Zuchthausstrafen verurteilt. Weiterhin hat es die Fernsehgeräte der Angeklagten eingezogen. Aus den Gründen: Mit der vorsätzlichen Verbreitung dep westdeutschen Fernsehsendungen hat der Angeklagte A. den westdeutschen Militarismus verherrlicht, gegen andere Völker, insbesondere die der Sowjetunion, und auch gegen die Arbeiter-und-Bauern-Macht der DDR gehetzt. Es war das Ziel des Angeklagten, durch die Verunglimpfung der Verhältnisse in der Sowjetunion und in der DDR und durch die Verherrlichung der Verhältnisse in Westdeutschland zu erreichen, daß sich die negative Einstellung der beim Fernsehempfang anwesenden Personen gegen die DDR und die Sowjetunion verstärkt bzw. festigt. Dieses Verhalten des Angeklagten erfüllt hinsichtlich der Verherrlichung des westdeutschen Militarismus sowie der Hetze gegen die Sowjetunion den Tatbestand des § 19 Abs. 1 Zifü. 1 StEG und hinsichtlich der Hetze gegen die Arbeiter-und-Bauern-Macht der DDR den Tatbestand des § 19 Abs. 1 Ziff. 2 StEG. 534;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 534 (NJ DDR 1959, S. 534) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 534 (NJ DDR 1959, S. 534)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die Beweisführung im Operativen Vorgang, denn nur auf der Grundlage der im Operativen Vorgang erarbeiteten inoffiziellen und offiziellen Beweismittel läßt sich beurteilen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Ermitt-lungsverf ahren besitzt die Beschuldigtenvernehmung und das Beweismittel Beschuldigtenaussage einen hohen Stellenwert. Es werden Anforderungen und Wage der Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Realisierung von Maßnahmen der inoffiziellen und offiziellen Beweisführung sowie bei der Beweis Würdigung; der komplexe, aufeinander abgestimmte Einsatz der tschekistischen Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit . Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben darauf Einfluß zu nehmen, daß durch zielgerichtete Anwendung qualifizierter operativer Kombinationen eine höhere Qualität der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der per Note die Besuchsgenehmigung und der erste Besuchstermin mitgeteilt. Die weiteren Besuche werden auf die gleiche Veise festgelegt. Die Besuchstermine sind dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung in mündlicher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Den Leitern der zuständigen Diensteinheiten der Linie sind die vorgesehenen Termine unverzüglich mitzuteilen.

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