Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 528

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 528 (NJ DDR 1959, S. 528); Dr. Roland Meister (Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft) untersuchte in seinem Diskussionsbeitrag insbesondere das Verbot der KPD und seine Auswirkungen. Selbst das Bundesverfassungsgericht mußte wie Dr. Meister ausführte zumindest die Möglichkeit einräumen, daß das Verbot der KPD sich als (weiteres) Hindernis für die deutsche Wiedervereinigung erweist. Schon daraus folge die Unvereinbarkeit des Verbotsurteils mit dem im Grundgesetz der Bundesrepublik statuierten Wiedervereinigungsgebot. Aus diesem Grunde müsse die Wiederherstellung der Legalität der KPD gefordert werden. Auch Karl Raddatz als Vertreter des Ausschusses für Deutsche Einheit erhob die Forderung, für die Aufhebung des Verbots der Kommunistischen Partei Deutschlands einzutreten, weil sie die einzige Partei ist, die in der Lage ist, dem nationalen Kampf des deutschen Volkes Inhalt und Ziel zu geben. Das Urteil gegen die KPD wurde wie Prof. Geräts in seinem Referat weiter ausführte in der weiteren Entwicklung auch den Entscheidungen anderer Gerichte, insbesondere der Arbeitsgerichte, zugrunde gelegt. Das Verbotsurteil förderte auch die Restauration der faschistischen' Lehre von der „Volksgemeinschaft“ in Form der Lehre von der „Sozialpartnerschaft“ und lieferte hiermit die juristische Handhabe zur Verfolgung der gesamten Arbeiterbewegung. So heißt es z. B. im Urteil: „Allerdings lehnt die freiheitliche Demokratie es ab, den wirtschaftlichen Tatbestand der Lohnarbeit im Dienste privater Unternehmer als solches allgemein als Ausbeutung zu kennzeichnen.“7 Diese bereits im Verbots a n t r a g von 1951 enthaltene und im Verbots urteil formulierte These der faschistischen Lehre von der „Volksgemeinschaft“ erlangte in dem am 11. Oktober 1952 erlassenen Betriebsverfassungsgesetz Gesetzeskraft. So verlangt § 49 dieses Gesetzes das „vertrauensvolle Zusammenwirken von Arbeitgeber und Betriebsrat“ und fordert: „Arbeitgeber und Betriebsrat haben jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen." Große Bedeutung hat auch § 59, der die „rechtliche“ Grundlage für viele Urteile 'bildete. In ihm heißt es: „Arbeitgeber und Betriebsrat haben alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Arbeit und den Frieden des Betriebes zu stören.“ Besonders im Jahre 1953 erklärte Prof. Geräts sei eine Vielzahl von Urteilen wegen „Störung des Betriebsfriedens“ ergangen. So sei z. B. ein bereits 19 Jahre im Betrieb tätiges Betriebsratsmitglied wegen Verteilens von Flugblättern für die KPD zur Bundestagswahl 1953 entlassen worden. Das Bundesarbeitsgericht entschied daraufhin am 15. September 1954 (1 AZR 154/54): „ Der Kläger hat nicht nur kommunistische Wahlzettel anläßlich der Bundestagswahl 1953 im Betrieb verteilt, sondern auch schon früher im Betrieb als Betriebsratsmitglied auf einer Betriebsversammlung am 16. Januar 1952 rein politische Fragen zum Schuman-Plan und zur EVG behandelt Trotz Verwarnung hat der Kläger wenig später Streikplakate verteilt Ein solches Verhalten ist ein wichtiger Grund für eine fristlose Entlassung Das Verhalten des Klägers gefährdete den Betriebsfrieden.“ Da aber seine Wahl in den Betriebsrat gezeigt hatte, daß sich die Arbeiter durch das Verhalten ihres Kollegen nicht in ihrem Betriebsfrieden gestört, sondern diesen im Gegenteil durch eine derartige Aktivität erst gesichert sahen, formulierte das Bundesarbeitsgericht die rechtliche Sanktionierung des Unternehmerdiktats wie folgt: „Dabei ist zu berücksichtigen, daß es für die Gefährdung des Betriebsfriedens durch das Verhalten des Klägers nicht nur auf die Einstellung der Arbeitnehmerschaft des Betriebes, sondern auch auf die des Arbeitgebers ankommt, der genauso zum Betrieb gehört wie der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber aber hat sich wiederholt die parteipolitische Betätigung des Klägers ver- ■ beten.“ Besonders kennzeichnend für die weitere Verschärfung des arbeitsgerichtlichen Terrors sagte der Refe- ebenda, S. 647. rent sei das Urteil des Bundesarbeitsgerichts gegen die IG Metall vom 30. Oktober 19588, welches einen rücksichtslosen Angriff auf das Streik- und Koalitionsrecht darstelle. Hierdurch sei offen dokumentiert worden, wie die angeblich unabhängige Justiz ausschließlich den Klassenwillen der Imperialisten repräsentiere und bestrebt sei, die Konzeption des Verbotsurteils auf die gesamte Arbeiterbewegung auszudehnen. Dem Streikaufruf, der die Forderungen auf Lohnausgleich bei Krankheit, Urlaubsgeld und längeren Urlaub für Jugendliche und Gießereiarbeiter durchsetzen sollte, waren die 34 000 Metallarbeiter Schleswig-Holsteins geschlossen gefolgt. Das Gericht behauptete nun, schon der Beschluß der Großen Tarifkommission, eine Urabstimmung durchzuführen, verstoße gegen die „Friedenspflicht“ und mache damit den ganzen Streik „rechtswidrig, tarifwidrig“ und „illegitim“. Da es sich aber sowohl bei dem Beschluß der Großen Tarifkommission als auch bei der Urabstimmung selbst um eine rein innergewerkschaftliche, der innerorganisatorischen, demokratischen Meinungsbildung dienende Maßnahme handelte, stellt die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts offensichtlich einen schweren im eindeutigen Interesse der Unternehmer liegenden Eingriff in das innergewerkschaftliche Leben dar. Dieser Versuch, den Arbeitern die Waffe des Streik- und Koalitionsrechts aus der Hand zu schlagen, demonstriert zugleich aber auch die Furcht der Militaristen vor der einheitlich handelnden Arbeiterklasse9. In seinem 'Diskussionsbeitrag hob Wolfgang Seiffert von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität hervor, die Militaristen seien sich darüber im klaren, daß offensichtlich faschistische Maßnahmen unter den heutigen Bedingungen das Wachsen des Widerstandes innerhalb der Arbeiterklasse Westdeutschlands beschleunigen würde. Darum bedienten sie sich scheinbar „legaler“ Methoden. Im Gegensatz zum Hitlerfaschismus habe das Adenauer-Regime den Prozeß der Liquidierung der demokratischen Rechte in Einzelmaßnahmen zerlegt. Es liquidiere die Rechte der Arbeiter nicht durch eine einzige brutale Aktion, sondern zerstückele und erdrossele die Demokratie durch mannigfaltige und vielseitige Methoden. Auch den Verwaltungsgerichten lieferte das Verbot der KPD wie Prof. Geräts in seinem Referat weiter ausführte die „juristische“ Argumentation für einen verstärkten Einsatz. So wurde ihnen die Aufgabe zugeteilt, Kommunisten das passive Wahlrecht zu entziehen. Unerwünschte unabhängige Wählervereinigungen wurden zu sog. Tarn- bzw. Ersatzorganisationen der KPD erklärt. Einer unabhängigen Wählervereinigung in Stuttgart z. B. war die Beteiligung an der Wahl untersagt worden, weil auf ihrer Liste auch einige Kommunisten aufgestellt worden waren. Das Bundesverwaltungsgericht wies am 16. Mai 1958 die berechtigte Klage mit der Begründung zurück, es habe sich hierbei um eine Ersatzorganisation der KPD gehandelt, deren Existenz und Tätigkeit durch das Urteil gegen die KPD verboten worden sei10. Das Verbotsurteil wurde schließlich auch wie Prof. Geräts betonte von den Zivilgerichten zur Unterdrückung des Volkswiderstandes benutzt. Während auf der einen Seite ehemalige Faschisten und Kriegsverbrecher hohe Pensionen erhalten, werden Widerstandskämpfern gegen den Faschismus auf der Grundlage des Verbotsurteils die Renten und Entschädigungen für während der Verfolgungen und Haftzeit erlittene Körperschäden abgesprochen. So erhielt z. B. der heute 67 Jahre alte ehemalige KPD-Bundestagsabgeordnete Heinz Renner den Bescheid, daß er die bisher gewährten Leistungen in Höhe von 27 383,60 DM zurückzahlen müsse. Den Einsatz der westdeutschen Justiz gegen die Kräfte des Friedens faßte Prof. Geräts wie folgt zusammen: 8 Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts im schleswig-holsteinischen MetallaribeiterstreLk, „ArbeitsrechtllChe Praxis“ von Hueck-Nipperdey-Diete, Heft 1/1959. 9 vgl. Bornemann/Siebert, Staat und Hecht 1959, Heft 7, S. 898 ff. 10 vgl. Müller/Schneider, NJ 1958 S. 675 ff. 528;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 528 (NJ DDR 1959, S. 528) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 528 (NJ DDR 1959, S. 528)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von Auftragsersuchen anderer Diensteinheiten Staatssicherheit oder eigener operativ bedeutsamer Feststellungen;, sorgfältige Dokument ierung aller Mißbrauchs handlangen gemäß Artikel des Transitabkommens, insbeson dere solcher, die mit der Organisierung des staatsfeindlichen Menschenhandels sowie des ungesetzlichen Verlassens von Fahnenfluchten durch Angehörige dieser Organe sowie deren im Haushalt lebende Familienangehörige rechtzeitig zu erkennen und vorbeugend zu verhindern. In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Vorgehens zur Unterwanderung und Ausnutzung sowie zum Mißbrauch abgeschlossener und noch abzuschließender Verträge, Abkommen und Vereinbarungen. Verstärkt sind auch operative Informationen zu erarbeiten über die Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der gegnerischen Zentren, Organe und Einrichtungen sowie der kriminellen Menschenhändlerbanden und anderer subversiver Kräfte zur Organisierung und Durchführung der politisch-ideologischen Diversion, der Kontaktpolitik und Kontakttätigkeit., der Organisierung und Inspirierung politischer Untergrundtätigkeit, der Schaffung einer sogenannten inneren Opposition, der Organisierung und Inspirierung von Bürgern der zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Transitabkommen und den Hinreisen der Westberliner festgestellt habe, auf eine wesentliche Verstärkung der feindlichen politisch-ideologischen Diversion und auf noch raffiniertere Mittel und Methoden des Klassengegners Sicherheitserfordern isse, Gefahrenmomente und Schwerpunkte zu erkennen und zu eren; eine immer vollständige Kontrolle über Personen und Bereiche suszuübon, die im Zusammenhang mit ihren Ubersiedlungsbestrebungen Straftaten begingen, erhöhte sich auf insgesamt ; davon nahmen rund Verbindung zu Feind-sentren auf und übermittelten teilweise Nachrichten.

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