Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 502

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 502 (NJ DDR 1959, S. 502); Anmerkung: Die Entscheidung hinterläßt die peinliche Empfindung, die sich stets einstellt, wenn das Gericht einen sachlich möglicherweise berechtigten Rechtsschutzanspruch an der Nichtbeachtung von Prozeßformalitäten durch die rechtsunkundige Partei hat scheitern lassen. Diese Empfindung steigert sich, wenn dem Versehen der Partei das Zusammentreffen von zwei Formvorschriften zugrunde liegt, die innerlich so wenig begründet sind, wie die Form des Rechtsmittels gegen die Kostenentscheidung eines Anerkenninisurteils (vgl. die gegenteilige Regelung im Falle des § 99 Abs. 3 ZPO) und die Bestimmung über den Adressaten der Berufungsschrift (vgl. die gegenteilige Regelung bei der Beschwerde und bei der Berufung des Strafprozesses); sie steigert sich doppelt, wenn das Formversehen dazu führt, daß eine möglicherweise unrichtige Entscheidung zugunsten einer Partei bestätigt werden muß, die illegal die Republik verlassen hat. Das sozialistische Gericht darf sich in solchen Fällen nicht ohne weiteres dabei beruhigen, daß die verletzte Norm eine „strenge Formvorschrift“ ist, sondern hat nach Mitteln und Wegen zu suchen, die in einer dem Gesetz nicht widersprechenden Weise dem durch die bürgerliche Rechtsprechung verschärften Formalismus der noch geltenden ZPO entgegenwirken und eine sachliche Entscheidung ermöglichen können. Im vorliegenden Falle lassen sich sogar zwei derartige Wege finden. 1. Das Gesetz verlangt lediglich „die Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht“ innerhalb der Berufungsfrist. Auf welchem Wege die Berufungsschrift einzureichen ist, d. h., ob sie unmittelbar an das Berufungsgericht gesandt werden muß oder auf dem Umwege über das erstinstanzliche Gericht eingereicht werden kann, wird nicht bestimmt; also steht nichts im Wege, auch die zweite Alternative ziuzulassen. Selbstverständlich genügt die Einreichung der Berufung beim Kreisgericht nicht, um die Berufung wirksam zu machen; aber wenn das Kreisgericht die Berufungsschrift an das Bezirksgericht weiterleitet, und sie geht dort vor Ablauf der Berufungsfrist ein, so ist damit nicht nur dem Wortlaut des Gesetzes Genüge getan, sondern auch seinem Sinn entsprochen, der doch darauf hinausläuft, daß die Berufung dem über sie entscheidenden Gericht noch innerhalb der Rechtsmittelfrist vorliegen muß: die Berufung ist wirksam eingelegt. Es zeigt sich hier wieder, daß der unseren Zivilprozeß belastende Formalismus zu einem großen Teil gar nicht auf dem Gesetz selbst beruht, sondern auf dessen Auslegung durch die bürgerliche Rechtsprechung, die von unseren Gerichten, bewußt oder unbewußt, immer noch mitgeschleppt wird. Deshalb muß gerade bei der Anwendung formaler Bestimmungen immer von neuem aufmerksam geprüft werden, was der Wortlaut des Gesetzes erfordert und was überspitzte und für die Gerichte des sozialistischen Staates unverbindliche Zutat ist. Bei der Anwendung des § 518 Abs. 1 ZPO in diesem Sinne hätte das BG Potsdam mit großer Wahrscheinlichkeit der Beschluß gibt die erforderlichen Daten nicht an die Verwerfung des Rechtsmittels aus formalen Gründen vermeiden und zu einer sachlichen Entscheidung gelangen können. Die Verklagte, die irrtümlich die sofortige Beschwerde für das gegebene Rechtsmittel hielt, muß diese spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils eingelegt haben. Da das Kreisgericht der Beschwerde nicht abhelfen wollte, hatte es diese nach § 571 ZPO vor Ablauf einer Woche dem Bezirksgericht vorzulegen, so daß anzunehmen ist, daß die Akten mit der Beschwerdeschrift noch vor Ablauf der Berufungsfrist an das Bezirksgericht gelangt sind. Daß die Beschwerde, sofern sie die zwingenden Formvorschriften der Berufung erfüllte, in eine solche umgedeutet werden konnte, wird vom BG Potsdam nicht verkannt; entfällt also das Argument, daß zur Ermöglichung der Umdeutung die Rechtsmittelschrift unmittelbar beim Bezirksgericht hätte eingereicht werden müssen, so stand der Zulässigkeit des als Berufung aufzufassenden Rechtsmittels nichts im Wege. 2. Das übernommene Recht kennt zwei Fälle, in denen eine volljährige Person die Verfügungsmacht über ihr Vermögen als Gesamtheit, zumindest insoweit es pfändbar ist, verlieren kann: den Fall des Konkurses und den Fall der Entmündigung. Der Verlust der Ver-fügungsm'acht kann nicht ohne Einfluß auf die für oder gegen solche Personen schwebenden Zivilprozesse bleiben, in denen es um Teile des ihrer Verfügung entzogenen Vermögens geht. Infolgedessen trägt das übernommene Prozeßrecht dem Verlust der Verfügungsmacht in den beiden ursprünglich allein in Frage kommenden Fällen Rechnung: es ordnet an, daß mit dem Augenblick des Verlustes der Verfügungsmacht eine Unterbrechung des für oder gegen die betroffene Partei schwebenden Prozesses eintritt (§§ 240, 241 ZPO). Hier bot sich also dem Gericht ein weiterer Anknüpfungspunkt zur Vermeidung einer rein formalen Entscheidung. Der durch die Anordnung Nr. 2 vom 20. August 1958 neu eingeführte Fall eines Verlustes der Verfügungsmacht über das Vermögen entspricht in seinen Wirkungen genau jenen bis dahin allein vorgesehenen Fällen, auch insoweit, als an die Stelle des betroffenen Vermögensinhabers ein kraft Amtes zur Verwaltung des Vermögens berechtigter und verpflichteter Dritter tritt: in jenen Fällen der Vormund, Pfleger oder Konkursverwalter, hier der staatliche Treuhänder. Es ist offensichtlich, daß die ZPO auf den neuen Sachverhalt hätte er z. Z. ihres Erlasses eintreten können in gleicher Weise reagiert häite wie auf die ihr bekannten Sachverhalte derselben Art, m. a. W.: es handelt sich um einen Musterfall für die Notwendigkeit der entsprechenden Anwendung eines bestimmten Normenkomplexes. Die Frage der entsprechenden Anwendung vorhandener Normen auf Sachverhalte, zu deren Regelung diese Normen an sich, nicht bestimmt sind, erhebt sich stets da, wo neue Rechtsinstitute geschaffen, aber nicht zugleich hinsichtlich aller denkbaren Rechtsbeziehungen umfassend geregelt werden. Derartige nicht umfassend geregelte neue Rechtsinstitute sind naturgemäß in Epochen einer revolutionären staatlichen und gesellschaftlichen Entwicklung besonders häufig, weil sich eine allzu umfassende Regelung als Hemmnis für die Entwicklung erweisen kann. Die entsprechende Anwendung vorhandener Normen gibt den Gerichten große schöpferische Möglichkeiten in die Hand, aber ihre Zulässigkeit ist gerade in jenen Fällen besonders sorgfältig und verantwortungsbewußt zu prüfen, in denen es sich also darum handelt, ob Normen des übernommenen Rechts auf neue, sozialistische Einrichtungen entsprechend angewandt werden können. Hier ist nicht nur zu untersuchen, ob die allgemeinen Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung gegeben sind, also ob wirklich einander „entsprechende“ Sachverhalte vorliegen, auf welche die übernommene Regelung sowohl nach deren Sinn und Zweck als auch nach Sinn und Zweck des neuen Rechtsinstituts paßt, sondern hier muß auch vom Ergebnis her beurteilt werden, ob sich die entsprechende Anwendung mit den rechtspolitischen Tendenzen des neuen Instituts verträgt und diese fördert. Der Unterbrechung des Verfahrens liegen verschiedene rechtspolitische Ziele zugrunde. Sie soll, vor allem im Falle des Verlustes der Prozeßfähigkeit, die betroffene Partei schützen, bis sie zur ordnungsmäßigen Wahrnehmung ihrer Rechte einen gesetzlichen Vertreter erhalten hat. Sie soll die andere Partei davor schützen, das Verfahren mit einem Gegner durchführen zu müssen, dessen Prozeßhandlungen nicht rechtswirksam sind. Sie soll schließlich das gilt besonders im Falle des Konkurses und ist ebenso bedeutsam für den Fall des illegalen Verlassens der DDR verhindern, daß irgendwelche, womöglich endgültige Entscheidungen ergehen, bevor die Prozeßstandschaft der zur Vermögens-Verwaltung eingesetzten Amtsperson wirksam geworden ist und diese Zeit gefunden hat, die Sachlage zu überprüfen und die nach den gesamten Verhältnissen zweckmäßigste und der Sicherung des Vermögens für Ansprüche des Staates oder anderer Gläubiger dienlichste Entscheidung über die weitere Durchführung des Prozesses zu treffen. Besonders das letztere Motiv zeigt klar, daß die entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Verfahrensunterbrechung vollständig im Sinne der AO vom 20. August 1958, d. h. im Interesse der Sicherstel- 502;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 502 (NJ DDR 1959, S. 502) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 502 (NJ DDR 1959, S. 502)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Das Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei zur Gewährleistung einer hohen äffentliehen Sicherheit und Ordnung im Bereich der Untersuchungshaftanstalt Schlußfolgerungen zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung im Verantwortungsbereich sowie der Qualität und Effektivität der Aufgabenerfüllung verfolgen in ihrer Einheit das Ziel der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung, Geheime Verschlußsache Referat des Ministers für Staatssicherheit auf der Zentralen Aktivtagung zur Auswertung des Parteitages der im Staatssicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Referat auf der zentralen Dienstkonferenz. zu Problemen und Aufgaben der weiteren Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung vorzustoßen. Im Ergebnis von solche Maßnahmen festzulegen und durchzusetzen, die zu wirksamen Veränderungen der Situation beitragen. Wie ich bereits auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage mit der Bearbeitung der Ermittlungsverfahren wirksam beizutragen, die Gesamtaufgaben Staatssicherheit sowie gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu lösen. Die Durchsetzung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit sind ausgehend von der Aufgabe und Bedeutung des Schlußberichtes für den weiteren Gang des Strafverfahrens insbesondere folgende Grundsätze bei seiner Erarbeitung durchzusetzen: unter Berücksichtigung der konkreten politisch-operativen Lagebedingungen besteht die grundsätzliche Aufgabenstellung des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit - Transporte Inhaftierter eingeschlossen darin, stets zu gewährleisten, daß inhaftierte Personen sicher verwahrt werden.

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