Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 382

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 382 (NJ DDR 1959, S. 382); Recht und Justiz in d l e r Bunt lesrepublil k Die Demokratie unter Beschuß Von GERHARD SCHOENBERNER Der nachstehende Aufsatz ist dem Februarheft 1959 der in Frankfurt am Main (Europäische Verlagsanstalt) erscheinenden sozialdemokratischen Monatsschrift „Geist und Tat“ entnommen. Er ist ein begrüßenswerter Beitrag zur Aufdeckung des reaktionären Charakters der Bonner Justiz. Der Verfasser weist nach, daß die westdeutschen Justizbehörden alles andere sind als neutrale Institutionen. Die von ihm angeführten Fälle schätzt er mit Recht als Akte einer demokratiefeindlichen Anklagepolitik und Spruchpraxis ein. Dennoch läßt der Verfasser eine sehr wesentliche Frage offen: die nach den Hintergründen einer derartigen Praxis. Seine abschließende Feststellung, daß es in Westdeutschland an geeigneten Gesetzen zum Schutze der Verfassung ebenso mangele wie an Richtern, die sie anwenden, geht am Kern der Sache vorbei. Sie verdeutlicht die gefährliche Illusion, daß man der Untergrabung der politischen und sozialen Rechte der Volksmassen in Westdeutschland mit formaljuristischen Mitteln begegnen könne. Diese Illusion resultiert aus dem Fehlen der Erkenntnis, daß die angeführten Entscheidungen ein Ausdruck des Militarismus nach innen sind. Sie beweisen u. E. sehr eindringlich den inneren Zusammenhang zwischen der in Bonn betriebenen militaristischen und revanchistischen Außenpolitik und dem Abbau der letzten Reste demokratischer Rechte und Freiheiten. An ihnen zeigt sich ein übriges Mal, daß die Bonner Justiz eines der Hauptmittel der Militaristen ist, um im Interesse der ungestörten Atomkriegsvorbereitung eine innenpolitische Friedhofsruhe zu erzeugen. Diese für die Existenz der ganzen Nation gefährlichen Bestrebungen können durch formal-juristische Mittel nicht durchkreuzt werden. Dazu bedarf es des gemeinschaftlichen Handelns der Arbeiterklasse und aller anderen friedliebenden Kräfte des deutschen Volkes. Das ist die grundlegende Schlußfolgerung, die zu ziehen der Autor möglicherweise unter dem Druck einiger rechter Funktionäre im Redaktionskollegium von „Geist und Tat“ unterlassen hat. Die Redaktion In der Bundesrepublik ist es erlaubt, Hitler zu verherrlichen, die Verbrechen seines Regimes zu leugnen oder zu bagatellisieren und Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus zu verunglimpfen also den Sinn der Verfassung auf den Kopf zu stellen. Ungestraft dürfen die Verderber des deutschen Volkes und ihre literarischen Helfershelfer erneut ihr Gift verbreiten. Kein Gesetz verbietet es ihnen. Dagegen muß jeder, der diese Umtriebe offen bekämpft und die Feinde der Demokratie beim Namen nennt, damit rechnen, vor Gericht zitiert zu werden. Zwei Gerichtsurteile jüngster Zeit zeigen das. Ein Freibrief für alte Kämpfer Im April 1956 hatte der Grünwalder Kreis gegen den Leiter des Druffel-Verlages Strafanzeige erstattet, in dessen Unternehmen ausschließlich Bücher bekannter Nationalsozialisten, wie etwa Ribbentrop, Rudolf und Ilse Hess und Lippert, verlegt wurden. Ribbentrop war Außenminister, Hess „Stellvertreter des Führers“ und Lippert NS-Bürgermeister Berlins. Der Verlagsleiter Sündermann, der auch seine eigenen Memoiren herausgibt, war bis 1945 „stellvertretender Reichspressechef“ und hoher SS-Offizier; 1949 wurde er von der Hauptspruchkammer München als Hauptschuldiger eingestuft. Der Ermittlungsrichter brauchte ein Vierteljahr, bis er den Antrag der Staatsanwaltschaft München auf Erlaß eines Beschlagnahme- und Durchsuchungsbefehls entschied; auch dazu bedurfte es noch einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Seine Antwort war negativ. Daraufhin entschied das Landgericht München II, fünf Publikationen des Verlages zu beschlagnahmen. Sie ver- schwanden jedoch nur sehr langsam aus dem Handel. Ein halbes Jahr später, im April 1957, hob das Landgericht München I den Beschlagnahmebefehl auf und lehnte die Eröffnung eines Hauptverfahrens ab. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft, die Anklage wegen Verbreitung staatsgefährdender Schriften erhoben hatte, wurde im Herbst 1957 vom Strafsenat beim Oberlandesgericht als sachlich nicht begründet abgewiesen. Dem Gericht schienen die Lobpreisungen des Führers „bei Hess als altem Anhänger Hitlers immerhin verständlich“. Das besage nichts über die Zielsetzung des Buches, das einen „höchstpersönlichen Briefwechsel mit Familienangehörigen“ enthalte. Dasselbe gelte von Ribbentrops Buch, in dem das Gericht „lediglich den Versuch einer Selbstrechtfertigung des Autors für seine Außenpolitik“ erblicht. Wem die Veröffentlichung des „höchstpersönlichen Briefwechsels“ eines hohen Naziführers mit seiner Frau dienen sollte, wenn nicht der Propaganda, und worauf der „Versuch einer Selbstrechtfertigung“ Ribbentrops hinauslaufen muß, das blieb unerörtert. Die Staatsanwaltschaft hatte ausführliche Begründungen mit Zitaten gegeben, um den verfassungsfeindlichen Charakter der Schriften nachzuweisen. Das Gericht belehrt uns, „daß es für die Feststellung, ob eine Schrift verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, auf die Meinung eines einsichtigen Lesers ankommt“. Tatbestandsmerkmal des §i 93 StGB, der angeblich zum Schutz der Verfassung ausreicht, sei nicht die mögliche negative Wirkung auf eine uneinsichtige Leserschaft, sondern allein die verfassungsfeindliche Zielsetzung. „Ein einsichtiger Leser“ könne jedoch von einer Lektüre' der Bücher nicht „oder doch nicht mit hinreichender Sicherheit“ auf eine verfassungsfeindliche Absicht schließen. Auch auf den Hinweis, daß der Verlag bei der Reklame für Lipperts Buch ausdrücklich die positive Rezension der in Argentinien verlegten Neofaschisten-Zeitschrift „Der Weg“ zitiert, entgegnet das Gericht nur, „wenn Unentwegte aus dem Buch etwas herausgelesen haben sollten“, so sei das noch kein Beweis. Was für eine Absicht soll aber der „einsichtige Leser“ aus dem Buch Sündermanns „herauslesen“, der viel Platz auf den „Nachweis“ verwendet, daß der deutsche Widerstand gegen Hitler England zum Krieg ermuntert habe und daher die eigentliche Schuld trage, oder wenn er Umfang und Verantwortlichkeit der Maßnahmen zur Ausrottung der europäischen Juden als ungeklärt bezeichnet? Für das Gericht ist das kein Beweis. Es ist auch kein Beweis, wenn Lippert über die Folterungen der Gestapo-Häftlinge schreibt: „Davon ist kein Wort wahr. Allenfalls hatte der eine oder andere von den Festgenommenen wegen frechen Auftretens ein paar Ohrfeigen bekommen, wie das auf sämtlichen Polizeistationen der Welt üblich ist“, oder wenn er behauptet, in den alliierten Internierungslagern nach 1945 seien mehr Leute zu Tode gekommen, ausgepeitscht und in den Selbstmord getrieben worden als bei allen Exzessen von 1933 bis 1939. „Das Buch“, so meint das Gericht, „will vor allem sagen: Nicht wir Deutschen allein haben Fehler gemacht, auch die anderen Völker haben Schuld auf sich geladen.“ Im Falle der Frau Hess schließt das Gericht aus der Widmung, die dem gefangenen Ehemann gilt, daß sie eine „unpolitische Zielsetzung“ verfolge. Fragt man sich, in welcher Form Nazipropaganda heute juristisch und psychologisch möglich und wirksam ist, so ist klar, daß man es so machen muß wie die genannten Nazis. Das Urteil des Münchener Oberlandesgerichts ermutigt zu weiteren Taten dieser Art. Ehrenschutz für wen? Eine andere Auseinandersetzung wurde vor der 5. Zivilkammer des Landgerichts München I ausgetra- 382;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 382 (NJ DDR 1959, S. 382) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 382 (NJ DDR 1959, S. 382)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingung: ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Pläne, Absichten und Maßnahmen zum Mißbrauch des Transitverkehrs zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitwegen; Abwicklung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens für Aus- und Einreisen und der Kontrolle der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin und ihres Aufenthaltes in der und der Polen die Einmischung in innere Angelegenheiten der insbesondere durch ihre Kontaktarbeit mit übersiedlungsersuchenden Bürgern der zum Zwecke deren Erfassung für das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen ,v die Ständige Vertretung . in der in der akkreditieiÄoannalisten westlicher MassennWlen weitere westlich Massenmedien iiÄiJwBozialistischer Botschaften, Staaten inEel weiterefstatliche Einrichtungen der sonstige Parteien, Organisationen, Einrichtungen und Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin. Die sozialistische Staatsmacht unter Führung der marxistisch-leninistischen Partei - Grundfragen der sozialistischen Revolution Einheit, Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme von der Linie dea Staatssicherheit realisiert. Bei der Durchführung der Durchsuchung und Beschlagnahme ist wie bei allen anderen Beweisführungsmaßnahmen die strikte Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens gerecht werdenden politisch-operativen üntersuchungshaftvollzug durchzusetzen, insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der aufgabenbezogenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lage die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalt beständig vorbeugend zu gewährleisten, sind die notwendigen Festlegungen zu treffen, um zu sichern, daß Wegen staatsfeindlicher Delikte oder schwerer Straftaten der allgemeinen Kriminalität, vor allem gegen die staatliche Ordnung und gegen die Persönlichkeit sein, sowie Verbrechen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung begünstigen.

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