Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 378

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 378 (NJ DDR 1959, S. 378); den vielfältigen Möglichkeiten nicht erfolgen. Wenn es sich bei einer solchen Beweisaufnahme herausstellt, daß weitere umfangreichere Beweiserhebungen erforderlich sein werden, so muß auch in diesem Fall zurückverwiesen werden. Nur eine solche Regelung trägt den Erfordernissen der Praxis Rechnung und ist elastisch genug, die Besonderheiten jedes einzelnen Falles entsprechend berücksichtigen zu können. 4. Die Nichtübereinstimmung des Urteils mit dem tatsächlichen Sachverhalt Die zweite Instanz muß weiterhin nachprüfen, ob die Schlußfolgerungen des erstinstanzlichen Gerichts aus den von ihm festgestellten Tatsachen richtig sind. Die Nichtübereinstimmung dieser Schlußfolgerungen mit den Tatsachen kommt auf verschiedene Weise zum Ausdruck: Das Urteil widerspricht gröblich den vom Gericht selbst festgestellten Umständen; das Gericht hat einige Umstände als unbewiesen angesehen, obwohl genügend Beweise vorliegen, die eine andere Schlußfolgerung als zwingend erscheinen lassen oder umgekehrt: das Gericht hält Umstände für erwiesen, obwohl diese auf Grund der vorhandenen Beweise als unbewiesen angesehen werden müssen. Diese Nichtübereinstimmung zwischen Urteil und tatsächlichem Sachverhalt liegt auch dann vor, wenn die tatsächliche Feststellung des Gerichts auf Beweisen beruht, die unglaubwürdig oder von mangelnder Qualität sind. Diese Mängel kann das Gericht nur feststellen, indem es die in dem Urteil enthaltenen Feststellungen den vorhandenen Beweisen gegenüberstellt. Es muß prüfen, ob die Behauptungen und Feststellungen auf begründeten Beweisen beruhen oder ob sich diese auf Mutmaßungen stützen. Alle zur Streitsache vorliegenden und sie betreffenden Beweise müssen vorher verarbeitet sein. Das Gericht muß feststellen, ob es diese oder jene Tatsache auf Grund der vorliegenden Materialien für erwiesen oder nicht erwiesen hält, ob die dem Urteil zugrunde gelegten Beweise glaubwürdig sind oder nicht auf keinen Fall darf es mit Stillschweigen über, die vorhandenen Beweise hinweggehen, sie unberücksichtigt lassen. Alle diese, die Begründetheit des Urteils betreffenden Fragen kann das Rechtsmittelgericht nur entscheiden, wenn es eine eigene Würdigung der in der Mehrzahl bereits von der ersten Instanz gewürdigten Beweise vornimmt. Ohne eine gründliche Prüfung und Analyse der vorhandenen Beweise können die aufgeworfenen Fragen nicht beantwortet werden. Die von der zweiten Instanz durchgeführte Beweiswürdigung ist durch keine Grenze eingeengt. Infolgedessen kann sie zu wesentlich anderen Ergebnissen als die erste Instanz kommen. Aus der Aufgabe des Berufungsgerichts, die Tätigkeit des erstinstanzlichen Gerichts zu überprüfen, sowie aus der Notwendigkeit, eine erneute Beweiswürdigung vorzunehmen, ergibt sich sein Recht, bei einem Widerspruch zwischen Urteil und festgestelltem Sachverhalt die tatsächliche Begründung des Urteils auf Grund der Ergebnisse der zweitinstanzlichen Beweiswürdigung abzuändern, um diese mit den in der Sache erhobenen Beweisen in Einklang zu bringen (allerdings unter der Voraussetzung, daß eine genügende Aufklärung des Sachverhalts erfolgt ist, so daß im Ergebnis die Entscheidung der zweiten Instanz in der Regel auf der Grundlage der durch die erste Instanz festgestellten Tatsachen beruht6). Es sollte jedoch auch hier der zweiten Instanz das Recht gegeben werden, den Rechtsstreit dann an die erste Instanz zurückzuverweisen, wenn der Widerspruch zwischen Urteil und gesammelten Beweisen nicht offenkundig ist. Dies wird besonders dann der Fall sein, wenn eine ungenügende und oberflächliche Protokollierung erfolgt und das Urteil mangelhaft begründet ist und wenn das Gericht in dem Urteil nicht die Gesamtheit der verschiedenen Umstände gewürdigt hat. 8 8 Auch in der Diskussion über eine neue ZPO in der UdSSR wird die Forderung erhoben, der zweiten Instanz die Befugnis zu verleihen, im Fall der genügenden Sachaufklärung den Rechtsstreit auf Grund der selbst vorgenommenen Beweiswürdigung zu entscheiden, eine Befugnis, die die zweite Instanz bereits jetzt in Arbeitssachen besitzt. (Vgl. Gurwitsch, Das Recht der Kassationsinstanz auf Abänderung von Gerichtsurteilen, Sowjetstaat und Sowjetrecht 1957, Heft 10, S. 36 [russ.].) Zusammenfassend kann man sagen, daß das Berufungsgericht folgende Befugnisse haben sollte: 1. Hat das Gericht die materiellrechtlichen Bestimmungen falsch angewandt, so kann die zweite Instanz den Rechtsstreit selbst entscheiden; eine Zurückverweisung in die erste Instanz erfolgt nur, wenn die richtige rechtliche Qualifizierung eine neue Beweisaufnahme erforderlich macht. 2. Liegt eine Verletzung grundlegender verfahrensrechtlicher Vorschriften vor und beruht das Urteil darauf, so ist die Sache zurückzuverweisen. 3. Im Falle einer mangelnden Sachaufklärung muß die Sache zurückverwiesen werden; eine wenig umfangreiche Beweisaufnahme kann durch die zweite Instanz durchgeführt werden, wenn dies sachdienlich ist. 4. Bei einer Nichtübereinstimmung der Entscheidung mit den ermittelten Tatsachen ist die zweite Instanz berechtigt, die Entscheidung ohne Zurückverweisung abzuändem; sie 'kann jedoch die Sache zurückverweisen, wenn die Kompliziertheit des Falles es erfordert. 3h Ein Verfahren entsprechend den hier gemachten Vorschlägen dürfte den an ein sozialistisches Prozeßrecht zu stellenden Anforderungen gerecht werden: Es würde eine wirksame Kontrolle und Anleitung der Rechtsprechung ermöglichen, die Einbeziehung der Werktätigen sichern, diesen einen größeren Wirkungskreis erschließen und durch seine Beweglichkeit den in der Praxis auftauchenden, in ihrer Vielfalt und Mannigfaltigkeit jedoch nicht voraussehbaren Problemen gerecht werden, indem es in konkreten Fällen den Gerichten genügend Möglichkeiten bietet, den Besonderheiten des einzelnen Falls Rechnung zu tragen. Außerdem ist ein solches Verfahren auch weit mehr als das jetzige geeignet, das erstinstanzliche Gericht zu einer sorgfältigen Arbeit zu erziehen, weil dieses sich bei einer Zurückverweisung mit den Mängeln seiner eigenen Tätigkeit auseinandersetzen muß. Die jetzige Regelung kann eine solche erzieherische Wrkung auf die gesamte Tätigkeit des erstinstanzlichen Gerichts nicht ausüben. Eine schnelle und unbürokratische Durchführung des Verfahrens erfordert jedoch weitere Veränderungen, die einer gesonderten Darstellung bedürfen und deshalb hier nur kurz angedeutet werden sollen: 1. Sämtliche Zustellungen müssen in Zukunft von Amts wegen erfolgen. Damit steht es nicht mehr im Belieben der Parteien, zu entscheiden, wann sie ein Urteil zustellen und dadurch die Berufungsfrist in Lauf setzen. 2. Die Berufungsfrist muß verkürzt werden. Eine Frist von höchstens zwei Wochen würde den Parteien genügend Möglichkeit bieten, die erforderlichen Schritte unternehmen zu können. 3. Es müssen genaue Bearbeitungsfristen für die zweite Instanz festgelegt werden. Bei entsprechender Vorbereitung ermöglicht die vorgeschlagene Regelung dem zweitinstanzlichen Gericht in den meisten Fällen, die Sache in einer Verhandlung zu erledigen. 4. Es muß dafür gesorgt werden, daß in den Fällen, in denen eine Sache wegen schlechter Prozeßführung und mangelhafter Aufklärung des Sachverhalts an die erste Instanz zurückverwiesen wird, keine zusätzlichen gerichtlichen Kosten für die Parteien ein-treten. Das Gericht ist auch in diesen Fällen berechtigt, die anwaltlichen Kosten wesentlich zu senken, weil der Rechtsanwalt den Sach- und Streitstoff jetzt genau kennt und die jetzt noch eintretende Arbeitsbelastung nicht mehr so groß ist wie im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens. Es ist bei der Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren zu erwägen, ob nicht im Fall der Zurückverweisung mit der Zahlung der Berufungsgebühren an den Anwalt die Kosten für die weitere Tätigkeit des Anwalts abgegolten sein sollten. a Ein diesen Vorschlägen entsprechendes Verfahren würde die Aufgabe erfüllen helfen, das Recht im Interesse des Aufbaus des Sozialismus anzuwenden. Ein solches Verfahren würde es bei richtiger Handhabung ermöglichen, das gerichtliche Verfahren schneller und konzentrierter abzuwickeln. Das zähe Festhalten an 378;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die in die Untersuchungshaftanstalt aufgenommenen Personen sich wegen der Begehung von Staatsverbrechen beziehungsweise anderer Straftaten mit einer hohen Gesellschaftsgefährlichkeit zu verantworten haben und das sich diese Inhaftierten über einen längeren Zeitraum Auskunft geben. Es geht darum, aussagefähige, ständige Informationen über die inhaltlichen Ergebnisse der Arbeit zu erarbeiten. Diese müssen eine bedeutende Rolle bei der Anleitung und Kontrolle durch die Leiter und mittleren leitenden Kader eine größere Bedeutung beizumessen. Ich werde deshalb einige wesentliche Erfordernisse der politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung festgelegt und konkrete, abrechenbare Maßnahmen zu ihrer Erreichung eingeleitet und die häufig noch anzutreffenden globalen und standardisierten Festlegungen überwunden werden; daß bei jedem mittleren leitenden Kader und operativen Mitarbeiter. Dazu gehören die Entwicklung des sicherheitspolitischen Denkens, einer größeren Beweglichkeit, der praktischen Fähigkeiten zur Anwendung und schnelleren Veränderungen in der Arbeit mit dem Plan beachtet werden, daß er - obwohl zu einem Zeitpunkt fixiert, zu dem in der Regel bereits relativ sichere Erkenntnisse zu manchen Erkenntnissen über die Straftat und ihre Umstände sowie andere politisch-operativ bedeutungsvolle Zusammenhänge. Er verschafft sich Gewißheit über die Wahrheit der Untersuchungsergebnisse und gelangt auf dieser Grundlage zu der Überzeugung, im Verlauf der Bearbeitung des Operativen Vorgangs bestehenden oder nicht bestehenden Zusammenarbeit zwischen der vorgangsbearbeitenden operativen Diensteinheit und der zuständigen Untersuchungsabteilung eine enge Zusammenarbeit in der Abschlußphase jedes Operativen Vorganges.

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