Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 375

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 375 (NJ DDR 1959, S. 375); gaben zu erhalten. Jedoch ändert diese Praxis nichts an dem Grundsatz, daß die Überprüfung des Urteils durch eine Neuverhandlung des Rechtsstreits zu erfolgen hat. Der Grundsatz der Neuverhandlung bestimmt zwangsläufig auch den Umfang des Zurückverweisungsrechts, da dieses mit der Struktur des Rechtsmittelverfahrens in engem Zusammenhang steht. Das Wesen unseres Berufungsverfahrens erfordert notwendig eine enge Begrenzung der Zurückverweisungsmöglichkeiten, da andernfalls eine Aushöhlung des Neuverhandlungsprinzips eintreten würde. Es wurde in der vergangenen Zeit mehrfach versucht, den die Zurückverweisung regelnden § 538 ZPO neu auszulegen. Bei einer Betrachtung dieser Auslegungsvorschläge muß ständig von dem engen Zusammenhang zwischen dem Wesen des Rechtsmittelverfahrens und der Zurückverweisung ausgegangen werden. Cohn stellt dazu fest, „die Verhandlung zur Frage des Grundes betrifft jedoch die Hauptsache, erschöpft sie aber nicht“ (NJ 1953 S. 147). Aus dieser Feststellung zieht er die Schlußfolgerung, „daß auch andere, den Anspruch nicht erschöpfende Verfahren erster Instanz den Verfahren gleichgestellt werden können, in denen nicht zur Hauptsache verhandelt worden ist, also zum Erlaß eines Urteils über die im Berufungsverfahren erledigte Frage und zur Zurückverweisung wegen des sonstigen Streitstoffes berechtigen, wenn dies dem Berufungsgericht zweckmäßig erscheint“. Cohn erläutert diese These nicht näher und führt vor allem nicht aus, was er unter „den Anspruch nicht erschöpfendes Verfahren“ verstanden wissen will. Jedoch muß aus seinen weiteren Bemerkungen „Eine andere Auslegung würde die Zurückverweisung gänzlich oder im wesentlichen auf den Fall der Entscheidung über Prozeßvoraussetzungen und den Grund des Anspruchs beschränken und das Berufungsgericht gegebenenfalls zu möglicherweise sehr ausgedehnten Beweisaufnahmen über Fragen zwingen, die die erste Instanz von ihrem Standpunkt aus nicht untersucht hatte“ geschluß-folgert werden, daß auch dann eine Zurückverweisung erfolgen muß, wenn in der ersten Instanz nur eine mangelhafte Beweisaufnahme über die den Anspruch begründenden Tatsachen durchgeführt wurde. Niethammer, der nicht ganz so weit geht (vgl. NJ 1957 S. 147) wie Cohn, befürwortet auf Grund einer weiten Auslegung des § 538 ZPO eine Zurückverweisung dann, wenn „die Dinge, auf die es entscheidend angekommen ist und die für ein sachlich richtiges Urteil hauptsächlich herangezogen werden müssen, in der ersten Instanz überhaupt nicht zur Sprache gekommen sind“ oder „wenn das Gericht erster Instanz unrichtigerweise zu einer Entscheidung kommt, ohne irgendwelche Beweise zu erheben, obwohl eine Beweiserhebung notwendig gewesen wäre“. Eine derartig weite Auslegung des § 538 ZPO ist m. E. mit dem in der ZPO fixierten Grundsatz der Neuverhandlung, auf dem auch die bereits erwähnte Kassationsentscheidung des Obersten Gerichts beruht, nicht mehr zu vereinbaren. Es ist hier der im Grundriß „Zivilprozeßrecht“ (Bd. II S. 210) vertretenen Auffassung beizupflichten, nach der eine über die dort genannten Fälle hinaus erfolgte Zurückverweisung gesetzwidrig ist. Wenn auch die verschiedenen Versuche, den engen Anwendungsbereich des § 538 ZPO zu sprengen, zum großen Teil nicht mit der bestehenden Rechtslage im Einklang stehen, so wird in ihnen doch das Bemühen spürbar, eine unseren Aufgaben entsprechende Lösung der Problematik zu finden. Es ist daher notwendig, die Frage zu beantworten, ob das geltende Berufungsverfahren unseren Aufgaben noch gerecht werden kann. 1. Das geltende Verfahren vereitelt eine gründliche Anleitung der Kreisgerichte und die Kontrolle ihrer Rechtsprechung. Das Berufungsgericht entscheidet mit Ausnahme der seltenen Fälle des § 538 ZPO fast alle Sachen selbst, und zwar oft auf der Grundlage der Ergebnisse der Beweisaufnahme zweiter Instanz, die den Richtern des erstinstanzlichen Verfahrens nicht zur Würdigung Vorgelegen haben. Eine umfangreiche Beweisaufnahme in zweiter Instanz kann infolge mangelhafter Prozeßführung durch das Vordergericht, durch ungenügende Mitwirkung der Parteien an der Auf- klärung des Sachverhalts und durch Umstände, die erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils eingetreten sind, notwendig werden. Durch die auf Grund des Neuverhandlungsprinzips zulässigen umfangreichen Beweisaufnahmen werden die dem zweitinstanzlichen Gericht gegebenen Möglichkeiten, die Rechtsprechung der ersten Instanz zu kritisieren und wirksam anzuleiten, beträchtlich eingeengt. Eine wirksame Anleitung ist nur dann gewährleistet, wenn die Sache in diesen Fällen zurückverwiesen und das erstinstanzliche Gericht dadurch verpflichtet wird, sich auf Grund bindender Weisungen mit den Mängeln seiner eigenen Arbeit gründlich auseinanderzusetzen, um erneut in die Problematik des Falls einzudringen und so im Ergebnis einer erneuten kritischen Überprüfung seiner eigenen Arbeit und einer neuen Beweiswürdigung zu entscheiden. Eine solche dem sozialistischen Arbeitsstil entsprechende Tätigkeit wird jedoch durch das jetzige Verfahrensrecht vereitelt. 2. Das geltende Zivilprozeßrecht beeinträchtigt die Mitwirkung der Schöffen in all den Fällen, in denen das zweitinstanzliche Urteil auf Umständen beruht, die dem erstinstanzlichen Gericht nicht zur Würdigung Vorgelegen haben. Es trägt der Aufgabenstellung, noch über die Einbeziehung der Schöffen hinaus weitere Kreise der Werktätigen an der Rechtsprechung und damit an der gesellschaftlichen Erziehung zu beteiligen, nicht Rechnung. 3. Die jetzt von den Berufungsgerichten in den meisten Fällen durchgeführten, oft großen Umfang annehmenden Beweisaufnahmen bedeuten z. B. für die Zeugen oft zeitraubende und kostspielige Reisen, die meist vermieden werden könnten, wenn eine erneute Beweisaufnahme vor dem zuständigen Kreisgericht stattfände. Daneben hat das Kreisgericht eine weitaus bessere Einsicht in die örtliche Lage, in ihre Besonderheiten und Aufgaben. Es bestehen somit bessere Bedingungen zur Aufklärung des Sachverhalts, zur Beseitigung der vorhandenen Mängel und zur Würdigung der erst nach der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils entstandenen Umstände. Die Mängel des heutigen Verfahrens zeigen sich deutlich in folgendem Fall: In einem Rechtsstreit war zu entscheiden, ob der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung als Vermieter verpflichtet war, die Kosten für die von dem Mieter in Auftrag gegebenen Malerarbeiten in Höhe von 536,13 DM zu tragen. Es war dazu notwendig, Beweis zu erheben, um festzustellen, ob im Zeitpunkt des Beginns der Malerarbeiten die Mängel in dem dargelegten Umfang vorhanden waren und ob der Einwand des Vermieters zutrifft, daß die Hausgemeinschaftsleitung (HGL) die Vornahme der Malerarbeiten deshalb abgelehnt habe, weil der auch von dem Verklagten unterschriebene Mieterselbstverwaltungs- und Pflegevertrag festlegt, daß Reparaturen immer in der Reihenfolge der Dringlichkeit im Rahmen der Planung auszuführen seien, diese Dringlichkeit im vorliegenden Fall jedoch nach Auffassung der HGL nicht Vorgelegen habe. Die erste Instanz hatte nur einen Zeugen vernommen und den Sachverhalt sehr mangelhaft aufgeklärt. Die zweite Instanz handelte richtig, als sie die drei Mitglieder der HGL, den Verwalter und zwei weitere Mieter des Hauses in das Verfahren einbezog, diese als Zeugen vernahm, dadurch alle Umstände aufklärte und im Ergebnis eine richtige Entscheidung erließ. Worin liegen jedoch die Mängel des Verfahrens? Das Kreisgericht hätte durch eine Kritik an seiner bisherigen Tätigkeit und durch entsprechende Hinweise für die Fortführung des Verfahrens eine weit wirksamere Anleitung erhalten. Der erforderliche Zeit-und Kostenaufwand für die Fahrt zur Bezirksstadt wäre den Zeugen erspart geblieben. Das Kreisgericht hätte die ihm durch die Einbeziehung der Schöffen, der HGL und der anderen Mieter gegebenen Möglichkeiten für eine aktive erzieherische Einflußnahme auf die Parteien und die Mieter des Hauses, für eine Änderung und Verbesserung der Arbeit der HGL und des VEB Kommunale Wohnungsverwaltung weit mehr ausnutzen können. Es kann also festgestellt werden, daß das Berufungsverfahren der ZPO nicht geeignet ist, die den staatlichen Organen gestellten Aufgaben zu erfüllen. Es 375;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 375 (NJ DDR 1959, S. 375) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 375 (NJ DDR 1959, S. 375)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist verpflichtet, zur Erfüllung seiner Aufgaben eng mit den am Strafverfahren beteiligten Organen zusammenzuarbeiten, die Weisungen der beteiligten Organe über den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung wird auf die versivitäten von Untersuchungs- und traf gef angaan hingerissen, die durch feindlich-negative, diskriminierter oder aufwiegelnde Handlungen die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Damit die Hausordnung den in der Forschungsarbeit nachgewieeenen höheren gegenwärtigen und perspektivischen Erfordernissen an die Untersuchungshaft Staatssicherheit zur Gewähr leistung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt verfügten und diei linen bei Besuchen mit Familienangehörigen und anderen Personen übergeben wurden, zu garantieren. Es ist die Verantwortung der Diensteinheiten der Linie für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der und der nachfolgenden Tagungen des der orientieren vor allem auf die weitere Herausbildung und Festigung sozialistischen Rechtsbewußtsein, auf die Wahrung und Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit sowie unter Berücksichtigung der aktuellen Bedingungen der Klassenauseinandersetzung und der politisch-operativen Lage optimaler politischer Nutzen und politisch-operativ positive Wirkungen anzustreben.

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