Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 342

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 342 (NJ DDR 1959, S. 342); mit einer seit 1923 begründeten traditionellen Absonderung der Jugendstrafverfahren von den allgemeinen Strafverfahren gebrochen werden. Mit dieser „Tradition“ muß man sich auseinandersetzen. Es ist nicht richtig so vielfach es auch in der sozialistischen Strafrechtsliteratur der DDR behauptet wurde , die Einführung der Jugendgerichte durch das JGG von 1923 einfach und uneingeschränkt als eine fortschrittliche Maßnahme zu betrachten. Zwar haben sich auch hervorragende Führer der revolutionären Arbeiterbewegung für besondere Jugendgerichte, besondere Verfahren in Jugendsachen und die Milderung des staatlichen Zwanges gegen jugendliche Rechtsbrecher, deren Zahl insbesondere vor dem ersten Weltkrieg gewaltig zugenommen hatte und auch in der Weimarer Republik eine ständig steigende Tendenz aufwies, eingesetzt. Dieser Kampf der Arbeiterklasse, der den Zweck verfolgte, die Jugendgerichtsbarkeit aus dem reaktionären imperialistischen Gerichtssystem herauszubrechen oder wenigstens etwas herauszulösen, verlieh den nach 1923 geschaffenen Jugendgerichten, die nach wie vor Einrichtungen eines imperialistischen Staates blieben und mit deren Schaffung die Bourgeoisie ihre eigenen Ziele verfolgte, nicht automatisch einen fortschrittlichen Charakter. Die Schaffung der Jugendgerichte war von der Bourgeoisie vornehmlich als Abwehr der heftigen Kritik der Arbeiterbewegung und bürgerlich-demokratischen Kräfte an dem Justizunwesen, das mit straffälligen Jugendlichen betrieben wurde, v und zugleich als ein raffiniert angelegtes Manöver zur Beschwichtigung und Irreführung der Massen gedacht. Die Jugendgerichtsbarkeit wurde in der Weimarer Republik von den gleichen reaktionären Juristen mit der gleichen politischen Zielsetzung ausgeübt wie die Strafjustiz gegen Erwachsene. Der Unterschied bestand nur darin, daß die Jugendgerichtsbarkeit mit einer bis dahin zu Justizfragen nicht vorhandenen demagogischen Propaganda unter der Parole „Erziehung statt Strafe“ als „Erziehungsarbeit“ deklariert wurde. Eine unrühmliche Rolle spielten bei dieser in der Hauptsache der Verschleierung des Klassencharakters der Weimarer Republik dienenden Demagogie die Wortführer der rechten Sozialdemokraten. Auf diesem Gebiet war die Kluft zwischen Theorie und Praxis die Lenin einmal als eins der größten Übel der kapitalistischen Zeit bezeich-nete besonders tief. Völlig in Widerspruch zur tatsächlichen Lage in den Fürsorgeerziehungsanstalten und Jugendgefängnissen wo die Prügelstrafen, die Räson und die Demütigung „wie zu Kaisers Zeiten“ die hauptsächlichen Mittel der Einwirkung auf den Straffälligen geblieben waren wurden in Zeitschriften und Büchern wissenschaftlich aufgemachte Arbeiten über den „Erziehungsgedanken“ im Jugendstrafrecht veröffentlicht. Den Klasseninhalt und die politische Aufgabe dieser sehr umfangreichen heuchlerischen Literatur, die den Klassencharakter des bürgerlichen Staates vertuschen, von den gesellschaftlichen Hauptursachen der Jugendkriminalität ablenken und das schlechte Gewissen der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kreise mit humanistisch klingenden Phrasen beruhigen sollte, haben viele unserer Juristen und Pädagogen noch nicht erkannt. Die Verselbständigung des Jugendstrafrechts sollte dem kapitalistischen Staat Schrittmacherdienste für Reformen des allgemeinen Strafrechts leisten. Der sog. Erziehungsgedanke mußte dazu herhalten, Rechtsgarantien zu beseitigen und der Gesetzlichkeit widersprechende Strafarten zu rechtfertigen. Im JGG von 1943 fanden die reaktionären imperialistischen Theorien, nach denen nicht die Straftat, sondern die Gesinnung und Charaktereigenschaften des Täters für seine Bestrafung ausschlaggebend sein sollten, ihren Niederschlag. Das westdeutsche JGG von 1953 hat die Tendenz fortgesetzt, die Repressivmaßnahmen gegen Jugendliche zu verschärfen und ihre Auswahl und Bemessung richterlicher Willkür zu überlassen. Seit Jahren wird von den führenden westdeutschen Juristen der Kampf gegen die sog. frühkriminellen Gewohnheitsverbrecher als die Hauptaufgabe der Jugendgerichte ausgegeben. Durch den Erlaß des JGG von 1953 und die hierzu entfaltete Propaganda wurde der Boden für die mit der „großen Strafrechtsreform“ beabsichtigten allgemeinen Veränderungen des westdeutschen Strafrechts im Sinne einer ungeheuerlichen Verschärfung des gerichtlichen Terrors ideologisch vorbereitet. Die wirklichen politischen Ziele wurden wiederum hinter scheinpädagogischen Phrasen und hinter psychologischer und medizinisch-biologischer Fachterminologie versteckt, so daß das Jugendstrafrecht als ein von der Staats- und Machtfrage völlig unberührtes Gebiet erscheinen soll. Es war und ist klar, daß das Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik diese „Traditionen“ keineswegs fortsetzen darf. Tatsächlich hat unsere Strafpraxis in Jugendsachen sofort nach 1945 mit derartigen Gepflogenheiten endgültig gebrochen, und das JGG von 1952 kann trotz seiner formalen Ähnlichkeit in der Beibehaltung der Jugendstrafkammern inhaltlich keineswegs als Fortsetzung der Traditionen der Weimarer Republik betrachtet werden. Mit seinem Erlaß wurden einerseits die gesetzgeberischen Konsequenzen aus der seit 1945 durchgeführten Demokratisierung der Jugendgerichtsbarkeit gezogen und andererseits günstige Voraussetzungen für die Weiterentwicklung zur sozialistischen Rechtsprechung geschaffen. Im JGG sind erste Ansätze zur sozialistischen Umgestaltung der Arbeitsweise unserer Jugendgerichte zu finden. Das ergibt sich insbesondere aus den Bestimmungen der i§§ 5 8 JGG, in denen vom Gericht die Erforschung der Lebensverhältnisse der Jugendlichen, die Prüfung der Verantwortlichkeit der Eltern oder anderer Erwachsener, aber auch die Untersuchung der Erziehungsarbeit staatlicher oder gesellschaftlicher Einrichtungen und Organisationen sowie die Gerichtskritik an dort festgestellten Mängeln gefordert wird. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Mitteilungspflicht über die Eröffnung des Verfahrens an die Schule und die Jugendhilfe zu sehen. Die prinzipielle Bedeutung dieser Bestimmungen wurde jedoch in den vergangenen Jahren weder von der Praxis noch von der Theorie in genügendem Maße erkannt. Deshalb sind auch die Jugendgerichte in ihrer über die juristische Lösung des Einzelfalles hinausgehenden massenpolitischen erzieherischen Arbeit über einige gute Ansätze nicht hinausgekommen. Die Bedeutung dieser bereits im JGG von 1952 liegenden Keime des Neuen wird jetzt, da sich unter allen Richtern, Staatsanwälten, Volkspolizei- und Jugendhilfe-Organen sowie Strafrechtswissenschaftlern eine breite Diskussion und Bewegung für die Entwicklung einer tiefgehenden gesellschaftlichen Erziehung entfaltet hat, eigentlich erst so recht erkennbar. Trotz dieser zweifellos vorwärtsweisenden Tendenz des JGG ist es nach unserer Ansicht von der gesellschaftlichen Entwicklung überholt. Das JGG, dessen historische Bedeutung u. a. auch darin bestand, zu gewährleisten, daß die Gerichte die Bedeutung der Persönlichkeit und der Lebensumstände des jugendlichen Rechtsverletzers richtig würdigen sowie der Erforschung der konkreten Verbrechensursachen gerecht werden, würde heute, da dies auf Grund der ständigen Hinweise der Partei als allgemeingültig für alle Strafverfahren erkannt wurde, zu einer nicht mehr gerechtfertigten Absonderung der Jugendprobleme von den allgemeinen Fragen unserer sozialistischen Entwicklung führen. Eine starre Trennung der Jugendstrafrechtsfragen von den Problemen der allgemeinen Bekämpfung der Kriminalität die durch die Existenz besonderer Jugendstrafkammern mit besonderen Richtern und Schöffen und besonderen Staatsanwälten als Anklägern begünstigt werden würde könnte die Illusion hervorrufen, im Jugendstrafverfahren müsse grundsätzlich anders gehandelt werden als in einem Verfahren gegen Erwachsene, und das würde sich beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung nur hemmend auswirken. Unsere Jugend wächst nicht isoliert vom gesellschaftlichen Geschehen auf, sondern steht mitten im Kampf für den Frieden, den Sie]* des Sozialismus und die nationale Wiedergeburt Deutschlands als friedliebender, demokratischer Staat. Die Widersprüche, die im Zuge der Entwicklung auftreten und überwunden werden, der Klassenkampf, das Ringen unserer Werktätigen unter der Führung der Partei um die sozialistische und friedliche Lösung aller Probleme formen unsere Jugend. Die Jugendlichen auch diejenigen, die straffällig geworden sind leben und arbeiten nicht in Jugendreservaten, sondern mitten unter uns. Ihre Probleme sind, selbst wenn sie sich in ihren Köpfen in anderer. 342;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 342 (NJ DDR 1959, S. 342) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 342 (NJ DDR 1959, S. 342)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der hier zu untersuchenden Erscheinungsformen gesellschaftsschädlicher Verhaltensweisen Ougendlicher werden Jedoch Prüfungshandlungen sowie Befragungen auf verfassungsrechtlicher auf Grundlage des Gesetzes relativ häufig durchgeführt. Alle diesbezüglichen Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie mit den Mitteln des Gesetzes zu beachten, daß die Gefahr nicht nur zum Zeitpunkt ihrer Mitteilung an Staatssicherheit , sondern auch noch zum Zeitpunkt der Wahrnehmung der Befugnisse weiterbestehen muß. Sollen zur Realisierung der politisch-operativen Zielstellung Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Befugnisregelungen durchgeführt werden, ist zu sichern, daß die operative Beobachtung rechtzeitig geplant und sinnvoll in die gesamten Maßnahmen zur Vorgangsbearbeitung eingegliedert wird. Die Beobachtung muß durch ein richtig aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken der verschiedenen operativen Kräfte, Mittel und Methoden, Absichten und Maßnahmen feindlich-negativer Kräfte zur Planung und Vorbereitung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten aufzuspüren und weiter aufzuklären sowie wirksame Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte und ihnen vorgelagerten Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen, Die vorbeugende Sicherung von Personen und Objekten, die im staatlichen Interesse eines besonderen Schutzes bedürfen. Die politisch-operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet geht übereinstimmend hervor, daß es trotz der seit dem zentralen Führungsseminar unternommenen Anstrengungen und erreichten Fortschritte nach wie vor ernste Mängel und Schwächen in der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung -von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

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