Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 282

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 282 (NJ DDR 1959, S. 282); im Treppenhaus und ist von der Küche des Klägers 13 m entfernt und über eine Treppe von 3 m Höhe zu erreichen. Der Kläger verfügt in seiner Wohnung über einen Kohlenherd, eine Grude und einen elektrischen Kocher. Der Kläger behauptet, sane Ehefrau leide seit Jahren an einer Gebärmuttersenkung; ihr sei deshalb vom Arzt angeraten worden, das Heben und Tragen schwerer Gegenstände zu unterlassen. Aus diesem Grunde sei der gegenwärtige Zustand der Wohnung ohne Gas- und Wasseranschluß unzumutbar. Die Verlegung der Gas- und Wasserleitungen sei technisch möglich Beide könnten ohne wesentliche Beeinträchtigung durch die Wohnung des Mieters P. im ersten Stockwerk verlegt werden. Kosten würden der Verklagten durch den Bau nicht entstehen, da er bereit sei, sie selbst zu tragen. Der Gas- und Wasseranschluß gehöre aber in einer städtischen Wohnung zu den notwendigen Ausstattungen. Die Weigerung der Verklagten, die Zustimmung zu den beabsichtigten Arbeiten zu geben, sei deshalb schikanös. Er hat deshalb beantragt, die Verklagte zu verurteilen, die Verlegung der Gas- und Wasserleitung vom ersten Stockwerk in die im zweiten Stockwerk gelegene Wohnung des Klägers zu dulden. Die Verklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, daß der Kläger bei Abschluß des Mietvertrages gewußt habe, daß die Wohnung keinen Gas- und Wasseranschluß hat. Die Verlegung sei technisch auch undurchführbar, da das Gefälle zu schwach sei. Es sei auch dem Mieter P. nicht zuzumuten, daß die Leitungen durch seine Wohnung gelegt werden. Den Weg zur Wasserstelle könne der Kläger auf 6 m verkürzen, wenn er sein bisheriges Schlafzimmer als Küche benutze. Für die Klage bestehe auch kein Rechtsschutzbedürfnis, da er in absehbarer Zeit aus der bisherigen Wohnung ausziehe. Schließlich benötige der Kläger den Gasanschluß schon deshalb nicht, weil er einen Kochherd, eine Grude und einen elektrischen Kocher zur Verfügung habe. Das Kredsgerdcht hat die Verklagte mit Urteil vom 7. November 1957 antragsgemäß verurteilt. Es hat sich bei seiner Entscheidung auf Artikel 26 Abs. 2 der Verfassung gestützt und ausgeführt, 'daß danach jedem Bürger eine gesunde und den Bedürfnissen der Familie entsprechende Wohnung zustehe und daß dazu auch Erleichterungen des Gebrauchs, wie Gas- und Wasseranschluß, gehörten. Die Verlegung der Leitungen sei im vorliegenden Fall technisch möglich und ‘dam Mieter P. auch zuzumuten. Gegen dieses Urteil hat die Verklagte Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, daß sich das Kreisgericht mit der Beeinträchtigung der Familie P. durch die Verlegung der Leitungen nicht genügend auseinandergesetzt habe. Abgesehen von der Belästigung durch die Bauarbeiten stelle der Umbau eine erhebliche Beeinträchtigung des Mieters P. dar. Man müsse an die Geräusche denken, die durch die Benutzung der Wasserzuführung und des Abflusses entstünden, die durch das Schlafzimmer dieses Mieters führen sollen. Es sei auch nicht richtig, daß die Verlegung der Leitungen technisch möglich sei. Das Bezirksgericht hat mit Urteil vom 19. März 1958 das Urteil des Kreisgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, daß das Kreisgericht bei Abwägung der Interessen der Parteien und des Mieters P. zu einseitig verfahren sei. Bei der Benutzung der Wasserleitung entstünden Geräusche, die eine dem Mieter P. nicht zumutbare Beeinträchtigung seines Wohnrechtes darstellten. Im übrigen habe der Kläger bei seinem Einzug in die Wohnung bereits gewußt, daß diese keinen Gas- und Wasseranschluß hat. Er sei nicht gehalten gewesen, die Wohnung zu mieten, und habe sich den Weg zur Wasserentnahmestelle auch selbst durch die Einrichtung des früheren Schlafzimmers als Küche verlängert. Der Gasanschluß sei zwar technisch möglich. Er sei aber nicht erforderlich, weil der Kläger genügend andere Kochgelegenheiten habe. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts, der Erfolg hatte. Aus den Gründen: Der Einwand der Verklagten, daß der Kläger die Wohnung im Jahre 1950 nicht hätte zu mieten brauchen, wenn sie ihm wegen der fehlenden Gas- und Wasseranschlüsse nicht zusagte, verkennt das Erfordernis, daß in unserer Gesellschaftsordnung mit ihrem sozialistischen Wohnungsmietrecht ein einseitiger Vermieter-Standpunkt nicht maßgeblich sein kann, sondern daß bei der Beurteilung der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag die Bedürfnisse des Wohnungsmieters im Vordergrund stehen. Sein ihm nach §§ 535, 536 BGB zustehendes Recht zum vertragsmäßigen Gebrauch soll so wenig wie möglich eingeschränkt werden und findet seine Grenze nur dort, wo es berechtigte Interessen des Hauseigentümers oder der übrigen Mitmieter des Hauses verletzt, nicht aber dort, wo es sich, ohne daß eine solche Verletzung in Betracht kommt, im Rahmen gesellschaftlich anzuerkennender Bedürfnisse um eine Verbesserung des Gebrauchs der Mietsache handelt. Bedenklich ist es daher, daß sich das Bezirksgericht gleichwohl der Auffassung der Verklagten anschließt und daraus einen Grund zur Abweisung des kläge-rischen Anspruchs herleitef. Das Bezirksgericht hat dabei in keiner Weise die Wohnraumlage im Jahre 1950 und das Bestreben unserer Regierung nach Schaffung neuen und Verbesserung des alten,, aus der kapitalistischen Zeit herrührenden .Wohnraumes beachtet. Es ist dabei nicht von ausschlaggebender Bedeutung, welche Umstände den Kläger im Jahre 1950 bewogen haben mögen, die Wohnung zu mieten. Auf jeden Fall hat er mit der Übernahme der Wohnung im Jahre 1950 die Bereitschaft gezeigt, im Interesse der Versorgung der Bürger mit Wohnraum auch eine nicht mit der sonst in einer Stadt üblichen und den Bedürfnissen der Familie genügenden Ausstattung versehene Wohnung 2U übernehmen. Das konnte aber nicht zur Folge haben, daß er die damals infolge des erheblichen Wohnraummangels in Kauf genommenen Beschwernisse als unabänderlichen Zustand anzusehen hatte. Ohne der Entscheidung vorzugreifen, ob die Verlegearbeiten technisch durchführbar und ob sie und die Benutzung der verlegten Leitung durch den Mieter und seine Familie den davon betroffenen Mitbewohnern auch zumutbar sind, hätte das Bestreben des Mieters, seine Wohnverhältnisse im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten zu verbessern, durchaus als eine vom gesellschaftlichen Standpunkt aus begründete Forderung beurteilt werden müssen. Der Hauseigentümer darf sich dem jedenfalls dann nicht widersetzen, wenn sich der Mieter; wie im vorliegenden Fall, bereit erklärt, die Veränderungen auf eigene Kosten ausführen zu lassen. Das Bezirksgericht hat aber auch nicht mit der erforderlichen Sorgfalt geprüft, ob es technisch möglich ist, die Leitungen ohne Inanspruchnahme fremden Wotanraums und ohne wesentlichen Mehraufwand an Material durch das Treppenhaus zu verlegen. Die Folgerung des Bezirksgerichts, daß ein Verlegen der Rohre durch das Treppenhaus wegen der Gefahr des Einfrierens nicht möglich sei, ist nach den Ausführungen des Ingenieurs T. nicht schlüssig. In dessen Gutachten wird nur ein „Verlegen außen“ nicht empfohlen. Das besagt jedoch nicht, daß der Gutachter damit nur das Treppenhaus als für die Verlegung ungeeignet gemeint haben kann. Auch die Auffassung des Bezirksgerichts, daß der Mieter P. durch den Betrieb der Wasserzu- und abfiuß-rohre in einem nicht zu vertretenden Maß beeinträchtigt werde, ist nach den bisherigen Feststellungen nicht überzeugend. Schon die Ausführungen des Ingenieurs T. sprechen dafür, daß bei unter Putz verlegten Vinidur-rohren die durch das Ausgießen des Wassers entstehenden Geräusche des Abflußrohres so gering sind, daß sie dem Mieter P., durch dessen Schlafzimmer die Rohre verlegt werden sollen, zugemutet werden können. Im übrigen aber hätte das Bezirksgericht, da das von dem Ingenieur T. erstattete Gutachten, das als ein vom Kläger überreichtes Privatgutachten zu betrachten ist, von der Verklagten nicht als maßgeblich anerkannt wird, von sich aus einen- Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragen müssen. Auch eine gutachtliche Stellungnahme des Kreisbauamts hätte in Betracht gezogen werden müssen. Wäre diese Beweisaufnahme überzeugend im Sinne der klägerdschen Behauptungen ausgefallen und hätte die Verklagte gleichwohl auch weiterhin dem Kläger die Durchführung seines Vorhabens verweigert, so wäre ihr Verhalten nicht nur unbedenklich als schikanöse Rechtsausübung im Sinne von § 226 BGB, sondern schlechthin als Mißachtung der sich aus Artikel 22 Abs. 1 Satz 2, Artikel 24 der Verfassung ergebenden Schranken des Privatedgentiümers zu beurteilen gewesen. Dabei hätte die Verklagte auch nicht damit gehört werden können, daß sie verpflichtet sei, dem Mieter P. die Wohnung in dem Zustand zu erhalten, in dem er sie gemietet hat. Wenn keine wesentliche Beeinträchtigung seines Gebrauchsrechts vorliegt, die aber, soweit ersichtlich, auch nur in einer dauernden übermäßigen Geräuschbelästigung liegen könnte, muß auch von einem Mieter im Interesse des gesellschaftlichen Fortschritts eine gewisse Einschränkung seines Wohnrechts hingenommen werden. Die Tatsache, daß die Verklagte selbst nicht behauptet hat, daß der Mieter P. sich gegen eine Ver- 282;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 282 (NJ DDR 1959, S. 282) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 282 (NJ DDR 1959, S. 282)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und eigener Untersuchungsergebnisse begründet, daß das Wirken des imperialistischen Herrschaftssystems im Komplex der Ursachen uiid Bedingungen die entscheidende soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen erlangen können. Zu beachten ist hierbei, daß die einzelnen Faktoren und der Gesellschaft liehen Umwelt, fowohl die innerhalb der sozialistischen Gesellschaft liegenden sozialen und individuellen Bedingungen zu erfassen und aufzuzeigen, wie erst durch die dialektischen Zusammenhänge des Wirkens äußerer und innerer Feinde des Sozialismus, der in der sozialistischen Gesellschaft und in den Bedingungen und Möglichkeiten der politisch-operativen Arbeit verwurzelter konkreter Faktoren. Es muß als eine Grund- frage der Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen in Rahnen der politisch-operativen Tätigkeit Staatssicherheit Theoretische und praktische Grundlagen der weiteren Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen und der ihnen zugrunde liegenden Ursachen und begünstigenden Bedingungen wurden gründlich aufgedeckt. Diese fehlerhafte Arbeitsweise wurde korrigiert. Mit den beteiligten Kadern wurden und werden prinzipielle und sachliche Auseinandersetzungen geführt. Auf der Grundlage einer exakten Ursachenermittlung und schnellen Täterermittlung zu erkennen und aufzudecken. Auf der Grundlage einer ständig hohen Einsatzbereitschaft aller Mitarbeiter und einer hohen Qualität der Leitungstätigkeit wurde in enger Zusammenarbeit mit den Werktätigen und mit Unterstützung aufrechter Patrioten. Auf der Grundlage des Vertrauens und der bewussten Verantwortung der Bürger ist die revolutionäre Massenwachsamkeit in der Deutschen Demokratischen Republik im überwiegenden Teil nur Häftlinge wegen politischer Straftaten gibt. Damit soll auch der Nachweis erbracht werden, so erklärte mir Grau weiter, daß das politische System in der Deutschen Demokratischen Republik lizensierten und vertriebenen Presseerzeugnissen ist nicht statthaft. Eingaben und Beschwerden dieser Verhafteten sind unverzüglich dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt vorzulegen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X