Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 258

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 258 (NJ DDR 1959, S. 258); seinem Motorrad unternommen. Während der Fahrt verlor er die Gewalt über das Motorrad und stürzte. Er zog sich eine Gehirnerschütterung und Hautabschürfungen zu und mußte deshalb 14 Tage stationär behandelt werden. Die nach dem Unfall entnommene Blutprobe ergab einen Alkoholgehalt von 2,96 Promille. Das Kreisgericht erkannte zu Hecht auf eine unbedingte Gefängnisstrafe. Gleichwohl wurde vom Bezirksgericht auf die Berufung hin der Strafausspruch abgeändert. Zur Begründung der bedingten Verurteilung führte der Senat folgendes aus: „Das Kreisgericht hat eine durch das Verhalten des Angeklagten verursachte konkrete Gefährdung ariderer Verkehrsteilnehmer nicht festgestellt. Dieser Umstand muß bei der Bewertung der Gesellschaftsgefährlichkeit der Handlung Berücksichtigung finden Hinzu kommt der Umstand, daß der Angeklagte die Folgen einer Trunkenheit am Steuer eines Kraftfahrzeugs am eigenen Leibe verspürt hat.“ Sollte nicht auch die Tatsache, daß sich der Angeklagte durch sein leichtfertiges Verhalten selbst einen körperlichen Schaden zufügte und deshalb ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte, ein Umstand sein, der bei der Bewertung der Gesellschaftsgefährlichkeit der Handlung erschwerend ins Gewicht fällt? In den Urteilsgründen heißt es dann weiter: „Bei der Persönlichkeit des Angeklagten ist zu erwarten, daß er aus dem Erleben des Unfalls, der ohne weiteres auch hätte tödlich verlaufen können, die richtigen Lehren zieht und nie wieder ein Kraftfahrzeug nach Genuß von Alkohol führt.“ Der Rechtsmittelsenat hat durch nichts dargetan, woher er seine Auffassung über die Persönlichkeit des Angeklagten geschöpft hat. In den Sachverhaltsfeststellungen findet die vom Bezirksgericht in bezug auf die Persönlichkeit des Angeklagten gezogene Schlußfolgerung keine Stütze. Aus ihnen ergibt sich vielmehr, daß sich der Angeklagte bis zum Tage der Gerichtsverhandlung in keiner Weise gesellschaftlich betätigt oder sonst irgendwie zu erkennen gegeben hat, daß er dem Geschehen in der DDR aufgeschlossen gegenüber steht. Die angeführten Beispiele zeigen, daß der Rechtsmittelsenat das Wesen der bedingten Verurteilung nicht erkannt hat und daß die Tendenzen der Liberalisierung und des Subjektivismus beim Bezirksgericht noch nicht überwunden sind. Die Leitung des Bezirksgerichts hatte bisher nicht die erforderlichen Schritte unternommen, um diese Erscheinungsformen in der Rechtsprechung zu überwinden. Es fehlte insbesondere die Auseinandersetzung mit den Arbeitsergebnissen der einzelnen Senate. Den vorstehend dargelegten Mängeln stand die Tendenz gegenüber, das bisherige positive Verhalten eines Angeklagten, z. B. die aktive Mitarbeit in einer demokratischen Partei oder Organisation usw,, entweder überhaupt nicht oder sogar als einen strafschärfenden Umstand zu bewerten. So wurde z. B. der Genossenschaftsbauer We. im März 1958 vom Kreisgericht Jüterbog zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt, weil er im Januar 1958 nach einem LPG-Fest in angetrunkenem Zustand ein fremdes Moped etwa 300 Meter von der Gaststätte, vor der es abgestellt war, weggefahren und an ihm einen Sachschaden im Werte von 47,46 DM verursacht hatte. Obwohl in diesem Fall die Voraussetzung für eine bedingte Verurteilung im Hinblick auf den geringen Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat und die in der Person des Angeklagten liegenden Umstände gegeben war, hat das Bezirksgericht die Berufung des Angeklagten als offensichtlich unbegründet verworfen, wobei es ausführte, daß es im höchsten Grade verwerflich sei, „ein Moped so, wie es der Angeklagte getan hat, zu benutzen und es dann einfach am Straßenrand stehen zu lassen“. Die positive Entwicklung des Angeklagten, wie sie in seiner Zugehörigkeit zur LPG und in seinem aktiven Eintreten für den gesellschaftlichen Fortschritt auf dem Dorf zum Ausdruck kommt, hat das Bezirksgericht bei der Prüfung des Berufungsvorbringens völlig außer Betracht gelassen. In diesem Zusammenhang muß an die eingangs erwähnte Entscheidung in der Strafsache gegen Z. erinnert werden. Ist es nicht beschämend, daß in diesem Fall, in dem es darum ging, einen üblen Provokateur abzuurteilen, krampfhaft nach „Entschuldigungsgründen“ gesucht wurde, während die fortschrittliche Entwicklung eines Genossenschaftsbauern, der einmal in geringfügiger Weise entgleist ist, einfach „übersehen“ wird? Bedeutet es nicht ein Abgehen vom Klassenstandpunkt, wenn der unverbesserliche Hetzer bedingt verurteilt wird, während demjenigen, der sich aktiv am Aufbau des Sozialismus beteiligt, in dessen Bewußtsein sich also das Neue schon verhältnismäßig weit entwickelt hat, die neuen Strafarten versagt werden? Eine falsche Entscheidung wurde auch in der Strafsache gegen den 24 Jahre alten Maler G. getroffen. Der Täter war vom Kreisgericht Potsdam-Land zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil er aus der verschlossenen Laube eines Bekannten einige Gegenstände im Gesamtwert von etwa 50 DM entwendet hatte. Mit der Berufung wurde vorgetragen, daß sich der Angeklagte in einer erheblichen Notlage befunden habe. Das Bezirksgericht hat sich mit dem Berufungsvorbringen nicht auseinandergesetzt, sondern die Berufung unter Hinweis auf die Zugehörigkeit des Angeklagten zur Partei der Arbeiterklasse als offensichtlich unbegründet verworfen. In den Gründen des Verwerfungsbeschlusses heißt es: „Der Angeklagte war nicht nur Staatsbürger schlechthin, sondern Mitglied der Partei der Arbeiterklasse und jahrelang Wachmann bei einem Sicherheitsorgan unseres Staates. Daß er sich trotzdem nicht gescheut hat, in äußerst verwerflicher Weise einen ihm gut bekannten Klassengenossen unter Ausnutzung seiner Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse zu bestehlen, rechtfertigt die ausgesprochene Strafe.“ Meinen die Richter, die diesen Beschluß gefaßt haben, daß es klassenverbunden ist, wenn sie zwischen Staatsbürgern „schlechthin“ und Mitgliedern der Partei der Arbeiterklasse oder anderer Parteien oder Organisationen (es gibt auch Fälle, in denen die Ausübung der ehrenamtlichen Funktion eines FDJ-Sekretärs als erschwerender Umstand bewertet worden ist) unterscheiden? Solche Ausführungen mit den entsprechenden Schlußfolgerungen sind doch nur dann am Platze, wenn die Zugehörigkeit zu einer demokratischen Partei oder Organisation bzw. die in diesen Organisationen ausgeübte Funktion zur Begehung von strafbaren Handlungen ausgenutzt oder mißbraucht worden ist. Im vorliegenden Fall hätte geprüft werden müssen, ob die Voraussetzungen für eine bedingte Verurteilung gegeben waren, denn es sprach alles dafür, daß diese Tat, die im Zusammenhang mit einer plötzlich aufgetretenen wirtschaftlichen Schwierigkeit begangen wurde, im Widerspruch zu dem sonstigen positiven Verhalten des Täters stand. Die hier festgesteilten Mängel in der Rechtsprechung haben ihre Ursache darin, daß beim Bezirksgericht keine klaren Vorstellungen über die Aufgaben des Staates in der Übergangsperiode bestehen und daß es keine Klarheit über die Schwerpunkte des Klassenkampfes gibt. Die genannten Beispiele, die nicht allein stehen, lassen erkennen, daß sich ein Teil der Richter im unklaren darüber ist, wie die Klasserafiront verläuft. Sie sind demzufolge auch zu einer dem Wesen der bedingten Verurteilung widersprechenden Handhabung des § 1 StEG gekommen. Bei uns in der Deutschen Demokratischen Republik beruhen, wie Walter Ulbricht auf dem 33. Plenum des Zentralkomitees festgestellt hat, die Mehrzahl der Straftaten „auf mangelnder Disziplin oder auf Verstößen gegen die Gesetze, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen oder persönlichen Schwierigkeiten stehen“. Angesichts dieser Entwicklung ist es möglich, hebt Walter Ulbricht hervor, „in größerem Ausmaß bei kriminellen Fällen zur Anwendung der Strafart der moralisch-politischen Mißbilligung überzugehen, d. h. bedingte Verurteilung oder öffentlicher Tadel“5. Es ist erforderlich, daß über diese Fragen eine kompromißlose Auseinandersetzung geführt wird. Sie muß zur Erhöhung des Bewußtseins aller Richter beim Be- 258 5 Walter Ulbricht, a. a. O. S. 118.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 258 (NJ DDR 1959, S. 258) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 258 (NJ DDR 1959, S. 258)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In Abhängigkeit von der Persönlichkeit des Beschuldigten und von der Bedeutung der Aussagen richtige Aussagen, die Maßnahmen gegen die Feindtätig-keit oder die Beseitigung oder Einschränkung von Ursachen und Bedingungen für derartige Erscheinungen. Es ist eine gesicherte Erkenntnis, daß der Begehung feindlich-negativer Handlungen durch feindlich-negative Kräfte prinzipiell feindlich-negative Einstellungen zugrunde liegen. Die Erzeugung Honecker, Bericht an den Parteitag der Dietz Verlag Berlin Aufgaben der Parteiorganisation, hoi der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der Beratung des Sekretariats des Zentralkomitees der mit den Sekretären der Kreisleitungen ans? in Berlin Dietz Verlag Berlin? Mit dom Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wöhle dor Menschen Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung in den Kreisdienststellen Objektdienststeilen Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf dem zentralen Führungs- seminar über die weitere Vervollkommnung und Gewährleistung der Sicherheit der betroffenen Geheimdienste und damit im Zusammenhang stehender Einrichtungen oder weiterer Quellen für notwendig erachtet werden. Die dient folglich vor allem der Verhinderung eines Widerholungsfalls und der Erhöhung der Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik. Der Erfolg der offensiven Aufspürung feindlicher Tätigkeit im Innern der Deutschen Demokratischen Republik, die Überführung der Täter und die Gewährleistung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - und Aufzeichnungen, die aufgrund ihrer materiellen Beschaffenheit objektiv geeignet sind, die Sicherheit der UntersuchungsHaftanstalt zu gefährden, die für Ausbruchs- und Fluchtversuche, Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter, für Suicidversuche unduWarMchtung von Beweismaterial sind unbedingt ausbusnüält-nn, was bei der Ausgestaltung grundsätzlich Beachtung finden muß.

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