Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 238

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 238 (NJ DDR 1959, S. 238); noch die Gefahr mit sich bringe, der Regierung zu viel Sorgen zu bereiten. Anlaß zur Überprüfung sind vor" allem die Regierungserlasse und welch schmerzliches Erwachen bringen sie , die zu Dutzenden, jetzt sogar zu Hunderten, auf die unvorsichtige, sorglose Mehrheit des' Volkes hemiederprasseln. Es sind dies Erlasse jeder Art, und ihre fieberhafte Häufung verrät nicht nur den Wunsch, die von der Verfassung vorgesehene Frist von vier Monaten voll auszunutzen, sondern vor allem auch die Sorge, dem Erwachen und dem Zornesausbruch eines ganzen Volkes zuvorzukommen, das erkennt, wie es genarrt worden ist. Da gibt es zunächst ökonomische Erlasse, von denen die einen der monopolistischen Konzentration unmittelbar dienen, wie die „Erdölverordnung“ über die Ausbeutung der Vorkommen in der Sahara; andere Erlasse dienen denselben Interessen mittelbar, indem sie die in der Vergangenheit von der Arbeiterklasse erkämpften sozialen Errungenschaften wieder in Frage stellen. Diese Erlasse kürzen die Zahlungen der Sozialversicherung für ärztliche Betreuung und Medikamente, schränken die Leistungen der Versicherung ein, verschärfen die Voraussetzungen für die Zahlung von Pensionen und Renten für Bergarbeiter, ehemalige Kriegsteilnehmer, Beamte und vom Staat beschäftigte Arbeiter. Da sind Erlasse, die eine Geldabwertung, aber auch solche, die auf Kosten der kleinen und mittleren Einkommen erhöhte Steuern mit sich bringen, während sie die großkapitalistischen Interessen unter dem Vorwand schonen, man wolle sie nicht entmutigen, Anlagen in der Wirtschaft des Landes zu tätigen. Da sind Erlasse, die die Steuern auf rein handelsmäßige Transaktionen erhöhen und die Subventionen abschaffen, die der Produktion gewisser Nahrungsmittel zugute kamen; alle diese Verordnungen bedeuten eine zusätzliche Last neben der Preissteigerung von 15 Prozent, die die Geldentwertung bereits verursacht hat. Zur gleichen Zeit wird die Anlehnung der Löhne an die Preise (gleitende Skala), soweit sie bereits geschaffen war, wieder beseitigt. Da gibt es ferner rein staatsorganisatorische Erlasse, die sämtlich die Tendenz zur äußersten Konzentration der Gewalten haben und die diejenigen, welche sie ausüben, für das Echo des Volkswillens unerreichbar machen wollen. Da gibt es Erlasse, die eine Justizreform bewirken, die das Hauptmerkmal aufweist, die Justiz von dem der Gerichtsbarkeit Unterworfenen zu entfernen, sie für ihn unerreichbar zu machen und sie der Kontrolle durch die öffentliche Meinung zu entziehen. Das geschieht insbesondere dadurch, daß die Erlasse die Anzahl der örtlichen Gerichte reduzieren (Abschaffung des Kantonalrichters, Beschränkung auf jeweils ein, zuweilen zwei Gerichte erster Instanz für die Mehrzahl der Departements) und die Berufungsverhandlungen der kleinen Streitfälle, für die früher der Kantonalrichter zuständig war, vor das interdeparte-mentale Berufungsgericht bringen. Ferner wird es zu einem mit Gefängnisstrafe -bedrohten Delikt, ein Gerichtsurteil in der Presse zu kritisieren eine Tatsache, für die es im Lande der Dreyfus-Affaire seit 1789 keinen Präzedenzfall gibt. Da gibt es Erlasse, die eine Reform der Kommunalverwaltung vornehmen und mit einem Federstrich die von 1884 datierenden demokratischen Errungenschaften abschaffen, indem „Stadtdistrikte“ eingerichtet werden, in welchen die Befugnisse der Gemeinden an eine interfcommunale präfektorale Verwaltung übertragen werden. Die Garantien, die das Statut von 1946 den Beamten gewährte, sind von neuem in Frage gestellt. Da gibt es Erlasse, die die Beziehungen zwischen Volk und Parlament sogar noch weiter einschränken, indem sie das Petitionsrecht begrenzen und Vorschriften enthalten, die auf die Bildung und die Arbeit von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen lähmend wirken. Ferner gehören dazu Erlasse, die die Gesamtheit des strafrechtlichen Unterdrückungsapparats verstärken und die Einrichtung eines Netzes von Internierungslagern legalisieren. Außer den Erlassen selbst und zunächst sogar noch mehr als deren Inhalt war die Art lehrreich, wie sie ausgearbeitet wurden. So kann man amtliche Kommuniques lesen, in denen bekanntgegeben wird, daß auf einer einzigen Ministerratssitzung 200 Erlasse in einigen Stunden behandelt wurden. Dies gab den Ministern offensichtlich nicht einmal genügend Zeit, auch nur die Titelliste der entsprechenden Texte zu lesen. Die Berufsvereinigungen der freien Berufe wie auch die Gewerkschaften der Arbeiter und die landwirtschaftlichen Organisationen vermögen nur durch Presseverlautbarungen ihre Beunruhigung über die Anzeichen auszudrücken, die sie in bezug auf den Stand der Ausarbeitung gesetzgeberischer Akte feststellen konnten. Bereits einige Wochen, nachdem die Mehrzahl dieser Organisationen ihre Mitglieder aufgerufen hatte, mit „Ja“ zu stimmen, einige Wochen, nachdem sie sich zumeist damit befaßt hatten, die parlamentarische Kontrolle als Lähmung der Regierung verächtlich zu machen, beklagen sie sich darüber, daß sie sich bei der Regierung kein Gehör verschaffen könnten, daß sie auch nicht die geringsten Mitteilungen von ihr erhielten, bevor die Gesetzesvorlagen durch Bekanntmachung Gesetzeskraft erlangen. Zu den charakteristischen Merkmalen der gegenwärtigen Situation in Frankreich gehören nicht zuletzt die Enttäuschung und der Zorn nicht nur derjenigen Arbeiter, die sich täuschen ließen, sondern auch sehr breiter Schichten der kleinen und mittleren Bourgeoisie; diese wurden in doppelter Weise das Opfer der monopolistischen Kapitalkonzentration und des Zwanges, in dem sich die Regierung befindet, sich der Arbeiterklasse demogogisch als Überwinder der privaten Interessen darzustellen. Aber die Weiterführung des Krieges in Algerien und die dadurch bedingten Lasten, die fällig werdenden Verpflichtungen des Gemeinsamen Marktes erlauben es der Regierung nicht, sich um die einzelnen zu kümmern1. Alle werden getroffen, mit Ausnahme der Monopole zu deren größtem Profit und zur Enttäuschung aller übrigen. Zweifellos ist noch nicht der ganze Weg zurückgelegt. Zweifellos wird man demagogisch versuchen, die Politik der maximalen Ausbeutung, die man zu betreiben beginnt, auf das Konto der Hinterlassenschaft der Vergangenheit zu schieben, deren Bereinigung man als notwendig hinstellen wird. Schon Vichy ging auf diese Weise vor, wenn es auch nur eine Zeitlang Erfolg damit hatte. Zweifellos hat das nicht den Wahlerfolg der U. N. R. (Union pour la Nouvelle Republique) verhindert, aber mit der Mehrzahl der wichtigsten Verordnungen war vorsichtigerweise noch gewartet worden. Zwar wurde de Gaulle mit 80 Prozent der Stimmen gewählt, aber das Wahlmännerkollegium war eine begrenzte und besonders zu diesem Zweck zusammengesetzte Körperschaft, und man muß folgende beiden Tatsachen als ein Anzeichen dafür werten, daß die Enttäuschung schwerwiegende Veränderungen im Bewußtsein der Menschen bewirken wird: Bei der Wahl zur Nationalversammlung haben sich im zweiten Wahlgang die Anzahl der für die kommunistischen Kandidaten abgegebenen Stimmen um fast y2 Million erhöht, und bei der Wahl des Präsidenten der Republik, wo es einen antigaullistischen Kandidaten gab, der nicht Kommunist war, stimmte eine verhältnismäßig große Anzahl nichtkommunistischer Wahlmänner für den kommunistischen Kandidaten1 2. 1 Eine Veränderung der Lage in Algerien ist nicht ausgeschlossen, besonders, weil es für die Monopole dringend erforderlich ist, eine ungestörte Ausbeutung der Erdölvorkommen der Sahara zu sichern, und sei es auf Kosten der französischen Großgrundbesitzer, die weite Teile des Grund und Bodens in Algerien besitzen. Der Imperialismus würde trotzdem von der Sorge erfüllt bleiben, seine Macht gegen die Gefahr einer Rückkehr zu den repräsentativen Institutionen und gegen den Vormarsch zum demokratischen und sozialen Fortschritt zu sichern, den das Volk dann vielleicht wieder aufnehmen könnte. Es bliebe auöh die ungestüme Gier dieser Kreise, die verfassungsrechtliche Situation auszunutzen, um ein Maximum an Gewinn daraus zu ziehen. 2 Nach Fertigstellung des Artikels sind die Ergebnisse der französischen Gemeindewahlen vom 8. und 15. März 1959 ein überzeugender Beweis dafür, wie weit diese Bewußtseinsentwicklung bereits vorwärts geschritten, ist. Die Redaktion. 238;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 238 (NJ DDR 1959, S. 238) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 238 (NJ DDR 1959, S. 238)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Abteilung Staatssicherheit Berlin und den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen am, zum Thema: Die politisch-operativen Aufgaben der Abteilungen zur Verwirklichung der Aufgabenstellungen des Genossen Minister auf der Dienstkonferenz am Genossen! Gegenstand der heutigen Dienstkonferenz sind - wesentliche Probleme der internationalen Klassenauseinandersetzung und die sich daraus für Staatssicherheit ergebenden politisch-operativen Schlußfolgerungen, die sich aus dem Transitabkommen mit der den Vereinbarungen mit dem Westberliner Senat ergebenden neuen Bedingungen und die daraus abzuleitenden politisch-operativen Aufgaben und Maßnahmen und - andere, aus der Entwicklung der politisch-operativen Lage an der Staatsgrenze der und den daraus resultierenden politisch-operativen Konsequenzen und Aufgaben. Es handelt sich dabei vor allem um neue Aspekte der politischoperativen Lage an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten, die Teilvorgänge bearbeiten, zu sichern, daß alle erforderlichen politisch-operativen Maßnahmen koordiniert und exakt durchgeführt und die dazu notwendigen Informationsbeziehungen realisiert werden. Organisation des Zusammenwirkens mit den territorialen Diensteinheiten Staatssicherheit , insbesondere der Linie im operativen Grenzsicherungssystem sowie - der systematischen und zielstrebigen Aufklärung des grenz- nahen Operationsgebietes mit dem Ziel der Informierung von Tatbeteiligten hergestellt werden, wobei hier, die gleiche Aufmerksamkeit aufzubringen ist wie bei der beabsichtigten Herstellung eines Kassi bers.

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