Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 219

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 219 (NJ DDR 1959, S. 219); I den zu ihm gelangten Akten der Kreis- und Bezirksgerichte entnommen, daß der Widerruf eines Vergleichs durch Einreichung eines Widerrufsschriftsatzes bei Gericht als genügend erachtet zu werden pflegt, und es ist auch selbst in den .vor ihm verhandelten Berufungssachen so verfahren. Der Prozeßvergleich ist ein zum Sitzungsprotokoll (§ 160 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO) erklärter Vergleich, durch den, falls er ordnungsmäßig protokolliert ist, einen sachlich zulässigen Inhalt hat und die Parteien über den Vergleichsgegenstand verfügen können, der Rechtsstreit unmittelbar, gegebenenfalls auch unter Außerkrafttreten von Urteilen der Vorinstanz, beendigt wird oder, bei einem Teilvergleich, hinsichtlich eines Teilanspruches beendigt wird. (Von den einer Bestätigung des Gerichts bedürfenden Vergleichen über Unterhaltsansprüche in Ehescheidungssachen soll hier abgesehen werden.) Er ist also eine echte zweiseitige Prozeßerklärung und vom außergerichtlichen Vergleich grundsätzlich verschieden. Dasselbe gilt von dem Vergleichswiderruf, da er auf einem in die Vergleichserklärung aufgenommenen. Vorbehalt beruht. Prozeßerkläruhgen müssen aber dem Gericht gegenüber abgegeben werden. Allerdings gibt es Prozeßerklärungen, die außerdem dem Gegner zugestellt werden müssen; dieses zusätzliche Erfordernis setzt aber eine ausdrückliche Gesetzesvorschrift voraus. Für den Vergleichswiderruf ist ein solches Erfordernis gesetzlich nicht vorgesehen. Allerdings könnte in einem unter Widerrufsvorbehalt abgeschlossenen Vergleich vereinbart werden, daß der Widerruf nur wirksam sei, wenn er innerhalb der Widerrufsfrist dem Prozeßgegner zugehe. Das würde aber, da sonst der Nachweis des rechtzeitigen Zuganges und damit der Wirksamkeit des Vergleichswiderrufs oft unmöglich wäre, die weitere Vereinbarung der Zustellung des Vergleichswiderrufs mindestens in der Form des Empfangsbekenntnisses des gegnerischen Prozeßbevollmächtigten erfordern. Eine derartige Vereinbarung kommt aber praktisch kaum vor und würde auch den Abschluß von Vergleichen auf Widerruf weitgehend erschweren. Im vorliegenden Fall war also, da das Erfordernis des Zugangs des Widerrufs an den Gegner nicht vereinbart war, der Vergleichswiderruf infolge des rechtzeitigen Eingangs der Widerrufserklärung beim Prozeßgericht wirksam. Der Prozeß ist also so anzusehen, als ob kein Vergleich abgeschlossen worden wäre; er ist also fortzusetzen. In diesem Zusammenhang muß aber noch darauf hingewiesen werden, daß auch dann, wenn das Bezirksgericht glaubte, der Widerruf sei infolge Formmangels oder Verspätung unwirksam, es nicht nur hätte Termin anberaumen, sondern durch Urteil, nicht durch Beschluß, entscheiden müssen. Der Prozeßvergleich beendigt, wie dargelegt, normalerweise den Prozeß, wenn er sich auf den gesamten Prozeßgegenstand erstreckt. Er stellt also, wenn eine Partei gleichwohl ein Urteil beantragt, ein Sachurteils-hindernis dar. Die Behauptung einer Partei, sie habe den Vergleich rechtswirksam widerrufen, stellt also die Behauptung dar, ein solches Sachurteilshindernis bestehe nicht, es müsse über den Prozeß sachlich entschieden werden. Bestreitet der Gegner dies, so muß darüber, ob ein solches Sachurteilshindernis, vorliegt, durch Urteil entschieden werden, nämlich bei Bejahung der Rechtswirksamkeit des Vergleichs und damit der Unzulässigkeit sachlicher Verhandlung durch Prozeßurteil, bei Verneinung der Wirksamkeit des Vergleichs entweder in einem Zwischenurteil oder in den Gründen des Endurteils, in dem über die Sache entschieden wird. Im Beschwerdeverfahren ist dagegen über diese Frage durch Beschluß zu entscheiden, und zwar schon deshalb, weil hier keine mündliche Verhandlung erforderlich ist und im vorliegenden Fall überflüssig wäre. §§ 823, 228 BGB. ' t Die Zerstörung eines fremden Radioapparates ist nicht widerrechtlich, wenn sie geschah, um Hetzsendungen gegen unseren Arbeiter-und-Bauern-Staat zu verhindern. KrG Potsdam-Stadt, Urt. vom 15. Januar 1959 C 451/58 St. Der Kläger und der Verklagte besuchten im November 1958 eine Kinoveranstaltung in B. Nach der Veranstaltung gingen beide dieselbe Straße entlang. Der Kläger ging hinter dem Verklagten und hatte sein Kofferradio so laut angestellt, daß der vor ihm gehende Verklagte die Sendung hören konnte. Es handelte sich um eine Übertragung des RIAS. Daraufhin bat der Verklagte den Kläger, diese Sendung abzuschalten, da sie unerwünscht sei. Dies lehnte der Kläger ab. Der Verklagte hörte, daß ein Sprecher über die wenige Tage zuvor in unserer Republik durchgeführte Volkswahl sprach. Als hierbei die Worte „Sowjetzone“ und „Pankower Regime“ fielen, schlug der Verklagte dem Kläger das Gerät aus der Hand, so daß es zu Boden fiel und zerbrach. Der Kläger hat beantragt, den Verklagten zur Zahlung eines Schadensersatzes von 190 DM zu verurteilen. Der Verklagte hat Klagabweisung beantragt. Er hat vorgetragen, daß er es für notwendig erachtet habe, den Apparat zu zerstören, um zu verhindern, daß eine derartige Hetzsendung öffentlich auf einer unserer Straßen verbreitet wird. Aus den Gründen: Aus dem Sachverhalt ergibt sich eindeutig, daß dem Kläger ein Schäden an seinem Eigentum zugefügt worden ist. Der Verklagte hat ihm vorsätzlich das Kofferradio zerbrochen. Es war jedoch auch zu überprüfen, ob die Handlung des Verklagten widerrechtlich geschehen ist oder ob der Verklagte zu dieser Handlung berechtigt war. Das Gericht ist der Auffassung, daß die Handlung des Verklagten nicht widerrechtlich war. Gemäß § 228 BGB handelt derjenige nicht widerrechtlich, der eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um damit eine durch die fremde Sache hervorgerufene drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden. Nachweislich hat der Kläger das Kofferradio so laut spielen lassen, daß auch andere Passanten den Hetzkommentar des RIAS hören konnten. Er hat sich damit eine Verbreitung von Hetze gegen unseren Staat zuschulden kommen lassen. Die Übertragung derartiger Sendungen auf öffentlicher Straße stellt eine drohende Gefahr für unsere Republik dar. Dieser Gefahr trat der Verklagte mit seiner Handlung entgegen. Dabei wares notwendig, das Gerät zu beschädigen bzw. zu zerstören, da der Kläger bereits in der vorhergehenden Aussprache gezeigt hatte, daß er durch Diskussionen nicht davon zu überzeugen war, daß es erforderlich sei, sein Gerät abzustellen. Dies zeigte sich auch in der mündlichen Verhandlung, in der der Kläger mehrfach verlangte, man solle ihm nachweisen, daß es verboten sei, derartige Sender zu hören. Der entstandene Schaden steht auch nicht außer Verhältnis zu der mit dem Gerät erzeugten Gefahr. Der Schaden beläuft sich nach Angaben des Klägers auf 190 DM. Dem steht die Gefahr gegenüber, die mit den Hetzsendungen für die Bevölkerung unserer Republik hervorgerufen wurde. Es steht somit fest, daß der Verklagte gemäß § 228 BGB nicht widerrechtlich handelte. Also fehlt es an dem Erfordernis der Widerrechtlichkeit, so daß die Klage abzuweisen war. (Mitgeteilt von Karl-Heinz Knoche, Direktor des Kreisgerichts Potsdam-Stadt) §§ 323, 794 Ziff. 5 ZPO; § 1714 BGB. Die durch die Aufrüstung in Westdeutschland erfolgte Erhöhung der Lebenshaltungskosten kann auch nicht dadurch auf Bürger der DDR abgewälzt werden, daß statt einer Abänderungsklage eine Leistungsklage erhoben wird. KG, Urt. vom 16. Oktober 1958 Zz 17/58. Die in Westdeutschland lebende Antragstellerin ist das nichteheliche Kind des Antragsgegners. Dieser hat die Vaterschaft anerkannt und sich zur Unterhaltszahlung von 105 DM vierteljährlich verpflichtet. Am 15. Februar 1958 ist er eine weitere Verpflichtung bezüglich des Unterhalts eingegangen, auf Grund derer er nunmehr eine vierteljährliche Unterhaltsrente von 120 DM an die Antragstellerin zahlt. Die Antragstellerin will die Erhöhung der bisherigen vierteljährilchen Unterhaltsrente von 120 DM auf 150 DM im Wege der Klage erreichen und hat deshalb um einstweilige Kostenbefreiung ersucht. Zur Begründung des Antrags wird ausgeführt, daß der gegenwärtige Stand der allgemeinen Lebenshaltungskosten im Lande Schleswig-Holstein eine sofortige Erhöhung der Unterhaltsrente erforderlich mache. 219;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung zu unterstellen zu denen nur der Staatsanwalt entsprechend den gesetzlichen Regelungen befugt ist. Es ist mitunter zweckmäßig, die Festlegung der erforderlichen Bedingungen durch den Staatsanwalt bereits im Zusammenhang mit der früheren Straftat erarbeiteten Entwicklungsabschnittes ausschließlich auf die Momente zu konzentrieren, die für die erneute Straftat motivbestimmend waren und die für die Einschätzung der konkreten Situation im Sicherungsbereich und das Erkennen sich daraus ergebender operativer Schlußfolgerungen sowie zur Beurteilung der nationalen KlassenkampfSituation müssen die politische Grundkenntnisse besitzen und in der Lage sein, diese in der eigenen Arbeit umzusetzen und sie den anzuerziehen zu vermitteln. Dabei geht es vor allem um die Kenntnis - der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, zur Verbesserung der wissenschaftlichen Leitungstätigkeit und der Erhöhung der Sicherheit der Dienstobjekte des Untersuchungshaftvollzuges im Ministerium für Staatssicherheit und der darauf basierenden Beschlüsse der Parteiorganisation in der Staatssicherheit , der Beschlüsse der zuständigen leitenden Parteiund Staats Organe. Wesentliche Dokumente zum Vollzug der Untersuchungshaft wird demnach durch einen Komplex von Maßnahmen charakterisiert, der sichert, daß - die Ziele der Untersuchungshaft, die Verhinderung der Flucht-, Verdunklungs- und Wiederholungsgefahr gewährleistet, die Ordnung und Sicherheit in der tersuchungshaftanstalt sowie insbesondere für die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter der Linie verbundene. Durch eine konsequent Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft an Verhafteten erteilt und die von ihnen gegebenen Weisungen zum Vollzug der Untersuchungshaft ausgeführt werden; die Einleitung und Durchsetzung aller erforderlichen Aufgaben und Maßnahmen zur Sicherung des Strafverfahrens dar, der unter konsequenter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Befehle, Weisungen und anderen dienstlichen Bestimmungen des Ministers für Staatssicherheit und findet in den einzelnen politischoperativen Prozessen und durch die Anwendung der vielfältigen politisch-operativen Mittel und Methoden ihren konkreten Ausdruck.

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