Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 209

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 209 (NJ DDR 1959, S. 209); m Im zweiten Teil seines Referats behandelte Dr. Posser einige strafprozessuale Fragen. So setzte er sich eingehend mit den Versuchen auseinander, die Verteidigung in der Wahrnehmung ihrer gesetzlich garantierten Rechte zu behindern, wie sich das insbesondere in dem Prozeß, gegen die Gewerkschaftsfunktionäre Passarge u. a. gezeigt hatte18. In der Beweisaufnahme war es der Verteidigung vom Gericht verwehrt worden, einen (aus der DDR wegen krimineller Delikte geflohenen) Belastungszeugen, der die provokatorische Behauptung aufgestellt hatte, Besucher der Leipziger Messe und der Gesamtdeutschen Arbeiterkonferenz würden in der DDR als Agenten geworben, auf seine Glaubwürdigkeit zu überprüfen. Demgegenüber war ein Antrag der Verteidigung, den Sekretär des FDGB Rudi Kirchner als Entlastungszeugen zu laden, vom Gericht mit der Begründung abgelehnt worden, dieser sei einmal selber der Tat verdächtig, würde außerdem vor Gericht nicht die Wahrheit sagen und sei aus diesem Grunde „ein schlechthin ungeeignetes Beweismittel“. Dr. Posser wandte sich danach dem Strafvollzug an politischen Häftlingen zu und brachte hierfür zwei Beispiele. In dem einen Falle besuchte er in der Haftanstalt Bonn einen Untersuchungshäftling, dem man die Verteilung von Flugblättern für die illegale KPD vorwarf. Auf die Frage nach seinem Befinden antwortete ihm dieser: das schlimmste bei der Inhaftierung sei, daß man ihn auf einem Flur in unmittelbarer Nähe der beiden KZ-Bestien Sorge und Schubert, die über 11000 Menschen bestialisch ermordet hatten, untergebracht habe. Als nächstes führte Dr. Posser das Beispiel einer jungverheirateten Frau an, die wegen angeblicher FDJ-Tätigkeit inhaftiert war. Obwohl sie bei ihrer Verhaftung darauf hingewiesen hatte, daß sie sich im 4. Schwangerschaftsmonat befinde, wurde sie nicht entlassen. Der Anstaltsarzt behauptete nach einer Untersuchung, es bestünde keine Schwangerschaft. Erst nach zwei Monaten wurde sie auf ihr Betreiben hin zur Untersuchung in das am Ort befindliche (!) Gefängnislazarett gebracht, das dann endlich die Schwangerschaft bestätigte und so ihre Entlassung begründete. Die geradezu unmenschlichen Haftmethoden zeigten sich daran, daß diese jungverheiratete, schwangere Frau während der ganzen Zeit ihrer Untersuchungshaft gezwungen wurde, ihre Zelle mit einer Raubmörderin, einer Straßenräuberin und einer Rauschgifthändlerin zu teilen. Die ungeheuren seelischen Belastungen führten dazu, daß sie ein krankes Kind zur Welt brachte. Schließlich ging Dr. Posser noch auf einige typische Auswirkungen der politischen Prozesse ein. So verlieren die Betroffenen oftmals ihren Arbeitsplatz und ihre Wohnung, ihnen wird der Reisepaß entzogen, das aktive und passive Wahlrecht aberkannt und vieles andere mehr. Die neueste Entwicklung zeigt, daß diese Folgen in vielen Fällen bereits eintreten, bevor die Betroffenen rechtskräftig verurteilt worden sind. So wurde z. B. in einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Bayern vom 23. Mai 1958 Sa 68/58 V/N der „Rechts“grundsatz aufgestellt, daß ein Beschäftigter, der wegen des „Verdachts“ der Staatsgefährdung in Untersuchungshaft genommen wird, sofort nach seiner Inhaftierung fristlos entlassen werden kann. Dr. Posser schilderte einen Fall, in dem man einen Arbeiter allein deshalb wegen angeblicher Staatsgefährdung verhaftet hatte, weil er was offiziell bekanntlich nicht verboten sei zur Gesamtdeutschen Arbeiterkonferenz nach Leipzig gefahren war. Dieser Arbeiter verlor nach seiner Inhaftierung als erstes seinen Arbeitsplatz. Dann warf man ihn aus der Werkswohnung hinaus. Von anderen Betrieben wurde er nicht eingestellt, weil er auf die „schwarze Liste“ gesetzt worden war. Die nun von ihm beantragte Arbeitslosenunterstützung wurde ihm mit der Begründung abgelehnt, er habe seine Arbeitslosigkeit durch sein Verhalten selbst verschuldet. Das Arbeitsamt riet ihm, obwohl er in einem Mangelberuf tätig war, einen anderen Beruf zu ergreifen. Und das alles, obwohl gegen den Arbeiter weder Anklage erhoben, ge- 18 vgl. Ktihlig, a. a. O., und „Neues Deutschland“ vom 26. und 2*£. September 1958. schweige denn eine Verurteilung ausgesprochen worden ist. In der anschließenden Aussprache über die beiden Referate wurden die Darlegungen der Referenten durch eine große Anzahl von Beispielen bestätigt und ergänzt. Große Empörung rief die Mitteilung Dr. Possers hervor, daß auf Veranlassung des Generalbundesanwalts gegen Rechtsanwalt Dr. Ammann ein Ehrengerichtsverfahren eingeleitet worden sei, weil er in dem Musterprozeß gegen Passarge u. a. abgelehnt hatte zu plädieren. Die Diskussion bestätigte, daß es sich bei diesem Versuch der Einschüchterung der Verteidigung um keinen Einzelfall handelt. So berichtete auch Rechtsanwalt N ö 1 k e (Hannover), daß ihm ebenfalls wegen der Wahrnehmung seiner’ anwaltschaftlichen Aufgaben in einem FDGB-Prozeß die Einleitung eines Ehrengerichtsverfahrens angedroht wurde. Kennzeichnend für die von den Ermittlungsbehörden gegen die in politischen Strafverfahren tätigen Rechtsanwälte angewandten Methoden ist ein Fall, den Rechtsanwalt Bornheim (Köln) berichtete: Einer seiner Mandanten wurde nur deshalb von der Kriminalpolizei vorgeladen, weil man von ihm erfahren wollte, wie die anwaltschaftliche Bevollmächtigung zustande gekommen war. Die Bedeutung der Frankfurter Tagung besteht darin, daß sie zu einem Zeitpunkt stattfand, in dem sich immer mehr Menschen in Westdeutschland gegen die NATO-Politik und für eine friedliche und demokratische Entwicklung einsetzen und in dem die deutschen .Militaristen und Imperialisten aus einer Position der Furcht vor den Volksmassen im Zeichen der atomaren Aufrüstung die Gesinnungsverfolgung verschärfen. Dies führt wie es in der Entschließung heißt dazu, daß die für politische Verfahren zuständigen Strafkammern verstärkt tätig sein müssen. Der Verlauf der Tagung hat erneut gezeigt, daß die strafrechtliche Gesinnungsverfolgung gegenwärtig die Hauptmethode der imperialistischen Unterdrückung in Westdeutschland ist1. Dies ergibt sich unter anderem auch daraus,' daß wie auch in der Entschließung festgestellt wurde „allein für das Jahr 1957 die Zahl von 12 642 Ermittlungsverfahren“ in politischen Fällen in der offiziellen westdeutschen Statistik angegeben wurde19 20. Der Gesamtverlauf der Tagung und die Anwesenheit vieler Juristen, die erstmalig an einer derartigen Zusammenkunft teilnahmen, waren ein Beweis für den wachsenden Widerstand unter den westdeutschen Juristen gegen die strafrechtliche Gesinnungsverfolgung des Bonner Staates. Das zeigt nicht zuletzt auch die Tatsache, daß die „Neue Juristische Wochenschrift“ als führende juristische Fachzeitschrift Westdeutschlands im Januar 1959 einen prinzipiellen Artikel der bekannten sozialdemokratischen Rechtsanwälte Dr. Dr. Heinemann und Dr. Posser (Essen) mit dem Thema: „Kritische Bemerkungen zum politischen Strafrecht in der Bundesrepublik“ abdruckte21. In diesem Artikel wurde heftige Kritik an den strafrechtlichen Gesinnungsgesetzen des Bonner Staates und an der Spruchpraxis der politischen Sonderstrafjustiz geübt. Damit haben es bürgerlich-demokratische Juristen in Westdeutschland erstmalig durchgesetzt, daß in dem führenden juristischen Fachorgan der Bundesrepublik gegen das System des gerichtlichen Terrors wenn auch in zurückhaltender Weise Stellung genommen wurde. Die Referate und Diskussionsreden der Frankfurter Tagung haben erneut gezeigt, wie notwendig es ist, durch eine umfassende politische Amnestie den ersten Schritt zur Beendigung der strafrechtlichen Gesinnungsverfolgung in Westdeutschland zu machen. Aufgabe der Juristen der DDR muß es sein, die Strafrechtsentwicklung in der Westzone stärker zu verfolgen und die Bestrebungen nach einer politischen Amnestie für alle von der Bonner Klassenjustiz verfolgten NATO-Gegner ' tatkräftig zu unterstützen. 19 Ktihlig/Müller, „Die Verschärfung der Gesinnungsjustiz im Dienste der Atomkriegspoii'ik“, NJ 1958 S. 851 ff. 20 Bulletin der Bundesregierung vom 30. Juli 1958, S. 1433. 21 NJW 1959, Heft 4, S. 121 ff. 209;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 209 (NJ DDR 1959, S. 209) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 209 (NJ DDR 1959, S. 209)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung in mündlicher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Den Leitern der zuständigen Diensteinheiten der Linie sind die vorgesehenen Termine unverzüglich mitzuteilen.

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