Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 197

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 197 (NJ DDR 1959, S. 197); die typische Form für die Klärung zivil-, familien- und arbeitsrechtlicher Streitigkeiten sowie für die Ermittlung von Straftaten und Bestrafung von Rechtsbrechern sei, dann ergebe sich daraus die Notwendigkeit, alle Prozeßarten künftig einander stark anzugleichen. Die bestehenden Besonderheiten des Arbeitsgerichtsverfahrens gegenüber dem jetzigen Zivilprozeß würden dadurch, daß der Zivilprozeß umgestaltet wird, zu einem Teil überhaupt wegfallen und, soweit das nicht der Fall sei, leicht zu regeln sein. Diese Frage, die selbstverständlich noch gründlicher und umfangreicher Beratungen in den Kommissionen bedarf, stand aber keinesfalls im Mittelpunkt der Diskussion. Sie gab jedoch Anlaß zur Frage der Notwendigkeit besonderer Verfahrensarten, zu der Nathan ausführte, daß das, was z. B. beim Familien- oder Arbeitsgerichtsverfahren heute noch als Besonderheit in Erscheinung trete, gerade Gegenstand der Vorschläge für die Neugestaltung des Zivilprozesses sei. Es bestände also keine Notwendigkeit, besondere Verfahrensarten beizubehalten. Davon müßten allerdings solche Verfahren, wie das für die Tätigkeit der Konfliktkommissionen, die gar keine gerichtlichen Verfahren sind, unterschieden werden. Über die Ausgestaltung des Zivilprozesses wurde von Nathan auf der Grundlage seiner Forderung, den Zivilprozeß so weit wie möglich dem Strafprozeß anzugleichen, der Vorschlag gemacht, den Zivilprozeß in zwei Abschnitte zu gliedern. Dabei sei der Tatsache Rechnung zu tragen, daß dem Zivilprozeß kein Ermittlungsverfahren wie im Strafprozeß vorausginge. Dieser Gedanke fand in der weiteren Diskussion starke Beachtung, und es bestand trotz der Warnung vor einer schematischen Übertragung der Grundsätze des Strafprozesses auf den Zivilprozeß grundsätzliches Einverständnis darüber, daß eine Vorverhandlung notwendig sei. Diese Vorverhandlung müsse mehreren Zwecken dienen: a) Sie muß die Möglichkeit bieten, offensichtlich unbegründete oder unzulässige Klagen zurückzuweisen, ohne daß eine weitere Verhandlung notwendig ist. Die Prüfung der Sachurteilsvoraussetzungen und der Schlüssigkeit ist in die Vorverhandlung zu verlegen. b) Sie muß darauf gerichtet sein, eine Einigung der Parteien zu erzielen. c) Sie dient der Vorbereitung der anschließenden Hauptverhandlung. Die Hauptverhandlung soll so durchgeführt werden, daß es nicht mehr eine Vielzahl von Terminen gibt (bei der Möglichkeit ausnahmsweiser Vertagung). Über die nähere Ausgestaltung und Aufgabenstellung der vorbereitenden Verhandlung selbst gab es verschiedene Auffassungen. Es wurde zum Ausdruck gebracht, daß zwar dem Inhalt nach an eine der Familienprozeßordnung ähnliche Regelung zu denken sei, daß daraus aber nicht die Durchführung des Verfahrens in zwei getrennten Abschnitten folgen müsse. Eine gute umfassende Vorbereitung müsse dazu führen, daß nach vorbereitender Verhandlung unmittelbar weiter verhandelt werden kann. Allerdings solle das Güteverfahren, das ohnehin meist sehr formal gehandhabt wurde, wegfallen. Damit im Zusammenhang steht die Frage, daß das Gericht in jedem Stadium des Prozesses Herr des Verfahrens sein muß. Wenn alle in dem Referat gemachten Vorschläge verwirklicht werden, braucht es z. B. auch keine besonderen Bestimmungen für Urkunden- und Wechselprozesse und schiedsgerichtliche Verfahren mehr zu geben. Eine andere Frage ist, daß es weiterhin Möglichkeiten geben soll, Streitigkeiten außerhalb des Gerichts zu bereinigen. Notwendig ist es, das Mahnverfahren beizubehalten. Es muß jedoch so ausgestaltet werden, daß die Prüfung des Anspruchs durch das Gericht möglich ist und das Schweigen des Schuldners nicht allein die Grundlage für den Erlaß eines vollstreckbaren Titels bildet. Einer eingehenden Prüfung wird noch unterzogen werden müssen, ob die innerhalb des Zivilprozesses bestehenden Beschlußverfahren (z. B. Todeserklärung), in denen es an eigentlichen Prozeßparteien fehlt, weiterhin notwendig sind. Die Bedeutung, die diese Sachen für den einzelnen Bürger haben, scheint zunächst für ihre Beibehaltung zu sprechen. Allgemein wurde in der Konferenz die Ansicht vertreten, daß das Mitwirkungsrecht des Staatsanwalts nicht nur beibehalten, sondern noch verstärkt werden müsse. Notwendig sei, dem Staatsanwalt ein Recht auf Stellung von Beweisanträgen zu geben. Es sei zu prüfen, ob dem Staatsanwalt in bestimmten Fällen ein eigenes Klagerecht und die Befugnis zur selbständigen Berufungseinlegung zu gewähren sei. Der Auffassung Nathans, die Möglichkeit der Kassation von gerichtlichen Entscheidungen und die weitere Entwicklung zu sozialistischen Gerichten werde in weiterer Zukunft eine besondere Mitwirkung des Staatsanwalts im Zivilverfahren überflüssig machen, so daß zur Zeit jedenfalls eine Erweiterung der staatsanwaltschaftlichen Mitwirkung nicht notwendig erscheine, wurde überwiegend widersprochen. Ob der Staatsanwalt selbständig Berufung einlegen kann, hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, wie in Zukunft das Berufungs- und das Kassationsverfahren ausgestaltet werden und in welchem Umfang ein Wiederaufnahmeverfahren erforderlich sein wird. In der Diskussion wurde einhellig die Meinung vertreten, daß das Berufungsverfahren in der bisherigen Form nicht beibehalten werden kann. Die in der ersten Instanz entwickelte viel breitere Aufklärungstätigkeit des Gerichts und die Mitwirkung der Werktätigen durch Einbeziehung der gesellschaftlichen Organisationen, der Gewerkschaft oder der Parteiorganisation aus dem Betrieb, der Hausgemeinschaft, des Wohnbereichs der Nationalen Front usw. kann nicht noch einmal in der zweiten Instanz wiederholt werden. Ihrem Wesen nach wird deshalb die Berufungsinstanz eine Überprüfungsinstanz sein müssen, bei deren Ausgestaltung noch zu prüfen ist, in welchem Umfang die Zurückverweisung in die erste Instanz, die Selbstentscheidung und eine eventuelle ergänzende Beweisaufnahme sowie die Beibehaltung des Anwaltszwanges und die Kostenfragen zu regeln sind. Die Notwendigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens wurde von Nathan deshalb verneint, weil sie nach seiner Ansicht mit der Kassation ihre Berechtigung verloren habe. Beide Institute seien darauf gerichtet, ein rechtskräftiges Urteil zu beseitigen. Wenn die Kassationsfrist verlängert werde und das Kassationsverfahren die Gründe für eine Wiederaufnahme einschließe, bestehe kein Grund mehr, die Wiederaufnahme beizubehalten. Dieser Auffassung wurde vor allem mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, daß es sich bei der Wiederaufnahme oftmals darum handele, über neue Tatsachen oder Beweismittel zu verhandeln. Das sei aber nicht Aufgabe des Obersten Gerichts, das dadurch in der Erfüllung seiner Aufgaben, der richtungweisenden Anleitung der Rechtsprechung der Gerichte, behindert würde. Es sei also notwendig, die erste Instanz einzuschalten. Dieses Argument sei auch beachtlich bei der Prüfung der Frage, ob der Staatsanwalt selbständig Berufung einlegen könne. Bestände eine solche Möglichkeit nicht, sei oft nur die Kassation der rechtskräftigen Entscheidung möglich. Auch in diesen Fällen würde das Oberste Gericht von seiner Hauptaufgabe abgelenkt. Obwohl Referat und Korreferat eine Reihe weiterer Vorschläge zur Regelung des Zivilprozesses enthielten, war es nicht möglich, in der Beratung auf Einzelfragen einzugehen. Das war auch nicht der Zweck der Konferenz. Ihr Ziel war es, die Meinungen zu den vor uns stehenden Aufgaben kennenzulernen und Standpunkte zu klären. Dieser erste umfassende Meinungsaustausch hat gezeigt, welche Probleme schon jetzt diskutiert werden können. Notwendig ist jetzt, auf der Grundlage dieser Beratung die Arbeit in der Grundkommission fortzusetzen. Die Grundkommission wird demnächst ihre Tätigkeit aufnehmen. Sie wird, nachdem sie sich durch eine rechtsvergleichende Darstellung der Prozeßordnungen der sozialistischen Länder eine Grundkonzeption erarbeitet hat, einen Arbeitsplan beschließen und nach Beratung einzelner Grundfragen Unterkommissionen mit der Ausarbeitung entsprechender Vorschläge beauftragen. 197;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 197 (NJ DDR 1959, S. 197) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 197 (NJ DDR 1959, S. 197)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei anhaltend extremen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach Konsultation mit dem Untersuchungsorgan nach den Grundsätzen dieser Anweisung Weisungen über die Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Untersuchungshaftanstalt den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges Sicherungsmaßnahmen dürfen gegen Verhaftete nur angewandt werden, wenn sie zur Verhinderung eines körperlichen Angriffs auf Angehörige der Untersuchungshaftanstalt, andere Personen oder Verhaftete, einer Flucht sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit aller Maßnahmen des Untersuchunqshaftvollzuqes Staatssicherheit erreicht werde. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten der Linie mit der Deutschen Volkspolizei hat in Übereinstimmung mit der Dienstanweisung des Ministers für Staatssicherheit zu erfolgen. Bezogen auf die Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, der mit Befugnisregelungen des Gesetzes erforderlichenfalls zu begegnen ist, oder kann im Einzalfall auch eine selbständige Straftat sein.

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