Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 175

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 175 (NJ DDR 1959, S. 175); Sicherungsaufsicht in dieser Richtung auch anwenden wird, können wir einem Aufsatz1 des Westberliner Strafrechtlers H e i n i t z entnehmen, der u. a. schreibt: „Die Landes Justizverwaltungen halten die Sicherungsaufsicht, die in einer umfassenden polizeilichen Überwachung bestehen soll, für erforderlich, und zwar nicht nur gegenüber Berufs- und Gewohnheitsverbrechern, sondern etwa auch bei politischen Delikten und Sittlichkeitsdelikten.“29 Unter diesem Aspekt gewinnt auch die in der Begründung des Entwürfe getroffene Feststellung, daß die Sidierungsaufeicht „im künftigen Strafrecht vpraus-sichtlich eine erhebliche Rolle spielen wird“, eine alarmierende Bedeutung. Als letztes Beispiel für die Ausweitung des Zwanges im Entwurf des künftigen westdeutschen Strafgesetzbuches soll schließlich noch die Neuregelung des Arbeitshauses erwähnt werden (§ 88 des Entwurfs). Zwar soll künftig die bisher unbestimmte Dauer einer wiederholten Unterbringung auf vier Jahre befristet 29 Heinita, Der Entwurf des Allgemeinen Teils vom krimi-nalpolitischen Standpunkt, ZSt 1958, Bd. 70, S. 19. 30 Begründung, a. a. O. S. 8. werden. Dafür soll aber andererseits im Gegensatz zur derzeitigen Regelung des StGB, die Arbeitshaus nur bei einer kleinen Anzahl ausdrücklich bestimmter Übertretungen zuläßt diese Maßregel künftig über die (im Entwurf noch nicht näher präzisierten) gesetzlich bestimmten Fälle hinaus bei jeder Straftat Anwendung finden können, die „aus Arbeitsscheu oder aus einem Hang zu einem unsteten Leben“ begangen wurde und fnit Gefängnis bis zu neun Monaten oder Strafhaft bestraft wird. Unter diese sehr weiten Voraussetzungen fällt gerade unter den Verhältnissen des Kapitalismus ein erheblicher Teil der sog. kleinen Kriminalität, für die damit eine besondere Art der Verwahrung gewissermaßen eine „kleine Sicherungsverwahrung“ von immerhin zwei bzw. vier Jahren geschaffen würde. In der Begründung werden die Richter aufgefordert, die Möglichkeiten des sog. Maßregelrechts „auszuschöpfen“ und „entschlossen“ von ihm „Gebrauch zu machen“30. Damit ist offensichtlich, daß das Bonner Regime aus den wachsenden Widersprüchen des imperialistischen Systems in Westdeutschland letztlich nur einen Ausweg kennt: den Weg des Zwanges und der Gewalt. Aus der Praxis für die Praxis Zu Fragen der gesellschaftlichen Erziehung I Wenn man die Entwicklung der gesamten Kriminalität im III. und IV. Quartal 1958 im Bezirk Karl-Marx-Stadt betrachtet, so kann man feststellen, daß die Zahl der strafbaren Handlungen ständig sinkt. Die Durchsetzung eines neuen Arbeitsstils wird zu einer richtigen Anwendung der Strafarten sowie der Mittel der gesellschaftlichen Erziehung1 durch die Organe der Justiz und gesellschaftlichen Organisationen führen. Bereits die Untersuchungsorgane müssen vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens klären, ob ein Bürger, der sonst seine Arbeit gut verrichtet und seine Pflichten gegenüber unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat erfüllt, wegen eines einmaligen Straucheins unbedingt mit den Mitteln des Strafrechts zur Verantwortung gezogen werden muß oder ob nicht die gesellschaftliche Erziehung diesen Zweck erfüllt. Deshalb sollte sich jeder Mitarbeiter der Untersuchungsorgane vor der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die Frage stellen: Habe ich wirklich alles Erforderliche getan? Denn die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ist ein tiefer Eingriff in die persönlichen Rechte eines Menschen. Bei einer solchen Arbeitsweise kann es dann nicht Vorkommen, daß gegen einen Bergarbeiter, der die ganze Nacht durchgezecht hat und früh mit etwa zwei Promille Alkohol im Blut zur Arbeit erscheint und den Betriebsschutz mit dem faschistischen Gruß begrüßt, ohne Prüfung aller' Umstände ein Ermittlungsverfahren nach § 20 StEG eingeleitet wird. Bei dem Betreffenden handelte es sich um einen Kandidaten der Partei der Arbeiterklasse, der zweimal als Aktivist ausgezeichnet wurde und als guter und zuverlässiger Arbeiter gilt, der jedoch an jenem Tage tatsächlich „einen zu viel“ getrunken hatte. Die Kumpel waren der Meinung, daß es für seine Erziehung ausreichend sei, ihn parteimäßig zur Verantwortung zu ziehen. i I !: Natürlich erfordert es große Erfahrung und gutes Einfühlungsvermögen, die richtigen Maßnahmen, die den größtmöglichen Erfolg garantieren, zu treffen. Auch die Maßnahmen der gesellschaftlichen Erziehung müssen ebenso wie eine gerichtliche Verurteüung in einem richtigen Verhältnis zur begangenen Tat stehen. Falsch war es daher, einen Arbeiter auf Grund einer verleumderischen Äußerung, bei deren gerichtlicher Aburteilung höchstens ein öffentlicher Tadel oder bedingte Verurteilung herausgekommen wäre, statt dessen auf einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen, wo er weniger verdiente, ihn ferner parteimäßig zur Verantwortung zu ziehen und aus dem Fernstudium auszuschließen. Unrichtig ist es insbesondere, wenn sich i vgl. hierzu Im einzelnen Krutzsch in NJ 1959 S. 113 fl. und S. 158 ff. dieses Heftes. die Maßnahmen der gesellschaftlichen Erziehung dahingehend auswirken, daß verurteilten Personen auf einige Jahre hinaus die Möglichkeit für ihre weitere Entwicklung im Betrieb entzogen wird. Der Staatsanwalt muß von den Fällen Kenntnis erhalten, in denen die gesellschaftliche Erziehung angewandt wird, und zwar aus folgenden Gründen: 1. Muß er den Überblick über die kleine Kriminalität in seinem Kreis behalten. 2. Ist es wichtig, der sog. Betriebsjustiz vorzubeugen, d. h. zu verhindern, daß irgendwelche strafbaren Handlungen ohne Wissen des Staatsanwalts oder des Untersuchungsorgans im Betrieb erledigt werden. 3. Muß der Staatsanwalt einen Überblick über die Auswirkungen der gesellschaftlichen Erziehung in seinem Kreis behalten. 4. Darf die Entscheidung über die Anwendung der Mittel zur gesellschaftlichen Erziehung nur mit Zustimmung des Staatsanwalts geschehen, um zu gewährleisten, daß eine der Tat und den Verhältnissen entsprechende Entscheidung ergeht2. In allen Fällen gesellschaftlicher Erziehung hängt ihr Erfolg entscheidend davon ab, wie es die Justizfunktionäre verstehen, die gesellschaftlichen Organisationen, Kollektive, Schöffen usw. zu mobilisieren; denn die Stärke und Intensität des Kollektivs sind die Garantien einer wirksamen Erziehung. Von der politischen Reife und Klugheit der Betriebsfunktionäre hängt es ab, inwieweit die durch Gerichtsurteil eingeleitete gesellschaftliche Erziehung im Betrieb weitergeführt wird oder nicht. Die Inspektion in Zwickau zeigte uns, daß noch nicht überall das Problem von Betriebs- und Wirtschaftsfunktionären richtig angepackt wird. Während z. B. die Betriebs- und Parteifunktionäre der Veredns-brauerei in Zwickau im Falle eines verurteilten Betriebsingenieurs sehr richtig handelten, indem sie diesen nicht entließen, sondern ihn nach Strafverbüßung, wenn auch in einer untergeordneten Tätigkeit, mit dem Ziele seiner Bewährung weiterbeschäftigten, und diese Praxis auch bereits jetzt gute Erfolge zeigt, bot sich kein so positives Bild in der Baumwollspinnerei. Hier war wohl der Kaderleitung die Verurteilung einer Jugendlichen wegen Republikflucht bekannt; in dem Verfahren selbst war auch ein FDJ-Funktionär anwesend, eine Anleitung des Mädchens setzte jedoch nicht ein. Weder der FD J-Gruppensekretär noch der Meister kannten ihren Lebensweg dasMädchen ist Vollwaise und die Tatsache ihrer Verurteilung, und man war bereits geneigt, die Jugendliche auf die 2 Nach Ansicht der Redaktion ist dieses Verlangen des Staatsanwalts unberechtigt. Es handelt sich, eben um eine gesellschaftliche Erziehung, die im einzelnen von den Werktätigen, nicht aber vom Staatsanwalt und den Justizorganen festgelegt wird. Welches ist die Stellungnahme unserer Leser zu dieser Frage? Wir bitten um Zuschriften. Die Redaktion. 175;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 175 (NJ DDR 1959, S. 175) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 175 (NJ DDR 1959, S. 175)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der Zollverwaltung bestehen. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspiration und ihrer Person erfolgen? Bei den Maßnahmen zur Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspirierung und ihrer Person ist stets zu beachten, daß beim Erhalten und Reproduzie ren der insbesondere vom Kapitalismus überkommenen Rudimente in einer komplizierten Dialektik die vom imperialistischen Herrschaftssystem ausgehenden Wirkungen, innerhalb der sozialistischen Gesellschaft liegenden sozialen und individuellen Bedingungen zu erfassen und aufzuzeigen, wie erst durch die dialektischen Zusammenhänge des Wirkens äußerer und innerer Feinde des Sozialismus, der in der sozialistischen Gesellschaft und in den Bedingungen und Möglichkeiten der politisch-operativen Arbeit verwurzelter konkreter Faktoren. Es muß als eine Grund- frage der Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, die ein spezifischer Ausdruck der Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft sind. In diesen spezifischen Gesetzmäßigkeiten kommen bestimmte konkrete gesellschaftliche Erfordernisse der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, die ein spezifischer Ausdruck der Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft sind. In diesen spezifischen Gesetzmäßigkeiten kommen bestimmte konkrete gesellschaftliche Erfordernisse der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen eine große Verantwortung. Es hat dabei in allgemein sozialer und speziell kriminologischer Hinsicht einen spezifischen Beitrag zur Aufdeckung.

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