Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 116

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 116 (NJ DDR 1959, S. 116); sorgfältig unter Würdigung aller Umstände zu prüfen sein wird, ob Freiheitsstrafe oder eine der neuen Strafarten des StEG die richtige Reaktion darstellt. Dann aber, wenn ein Täter die üblen hetzerischen RIAS-Parolen verbreitet, um die ganze Bewegung zur Einführung technisch begründeter Normen in seiner Abteilung oder in seinem Betrieb unmöglich zu machen, ist der Tatbestand der Hetze erfüllt. Um hier zu einer richtigen Einschätzung, zu einer Durchsetzung der richtigen Linie zu kommen, bedarf es neben einer allgemeinen ideologischen Klarheit einer exakten Kenntnis der jeweiligen Verhältnisse des Kreises, des Betriebs, des Dorfes usw. Darüber hinaus muß auch der persönlichen Entwicklung des Betreffenden größere Beachtung geschenkt werden. So muß doch eine Äußerung eines Menschen, von dem bekannt ist, daß er sich immer und überall gegen unsere Ordnung stellt, anders auf seine Umgebung wirken als die eines fortschrittlichen, angesehenen Arbeiters, der einer persönlichen Verärgerung Luft macht. Die Praxis der Strafverfolgungsorgane entsprach im vergangenen Jahre nicht dieser Notwendigkeit. Statt dessen wurde der Versuch unternommen, die Gesellschaftsgefährlichkeit einer Äußerung dem Wortsinn nach zu beurteilen. Dadurch wurde neben der oben dargelegten Notwendigkeit der sorgfältigen Beachtung aller Umstände die Erkenntnis völlig außer acht gelassen, daß im Betrieb oder auf dem Dorf normale Auseinandersetzungen oft in anderer Form geführt werden als in den Verwaltungsorganen. Diese Fehler führten im vergangenen Jahr zu einer falschen Tendenz der gerichtlichen Bekämpfung negativer Äußerungen mit geringer Gesellschaftsgefährlichkeit. Das zeigte sich zum Beispiel schon darin, daß 70 Prozent aller Staatsverleumdungen mit Gefängnisstrafen bis zu sechs Monaten geahndet wurden. Eine solche Tendenz barg aber die Gefahr in sich, daß die freimütige Aussprache, die große gesellschaftliche Initiative der Bevölkerung aus Anlaß des V. Parteitags und der Volkswahlen in einzelnen Kreisen durch eine überspitzte Strafpelitik gedämpft wurde. In diesem formalen Arbeitsstil lag aber zugleich die ebenso große Gefahr einer liberalistischen, die Gefährlichkeit negierenden Behandlung strafbarer Handlungen auf diesem Gebiet. Tatsächlich überschnitten sich die fehlerhaften Tendenzen derart, daß zur gleichen Zeit am gleichen Gericht in beiden Richtungen Fehler gemacht wurden. An diesem Beispiel wird ebenfalls deutlich, daß nur eine solche Arbeit der Straforgane eine richtige Einschätzung der Gesellschaftsgefährlichkeit einer Handlung gewährleistet, die in wesentlich engerem Kontakt mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit des betreffenden Kreises vor sich geht. Die gleiche Problematik wird an einer dritten Aufgabe sichtbar. Es kommt darauf an, daß die Arbeit der Gerichte wie der Strafverfolgungsorgane viel bewußter in den Dienst des großen Erziehungsprozesses gestellt wird. Gerade die Arbeit der Justizorgane kann ein Ausgangspunkt einer allgemeinen Einwirkung auf das Bewußtsein der Werktätigen sein und sie zur Erfüllung der vor ihnen stehenden Aufgaben bei der Stärkung und Festigung der Republik im allgemeinen und bei der Lösung der vor ihnen stehenden speziellen Aufgaben befähigen. Auf Grund dieser Erkenntnis sind in der Vergangenheit bereits eine Vielzahl von Formen und Methoden entwickelt worden, die diesem Ziele dienen. Dies kann man von den Justizausspracheabenden der Gerichte, den Sprechstunden, den Verfahren vor geladenen Betriebsdelegationen sagen. Dem gleichen Ziel können auch Verfahren vor erweiterter Öffentlichkeit, Agitation durch die Schöffen, Presseberichterstattung und öffentliche Bekanntmachung dienen. Eine kritische Auseinandersetzung darüber, ob diese bereits entwickelten Formen der erzieherischen Einwirkung auf die Werktätigen genügend ausgenutzt werden, führt zu dem Ergebnis, daß hier noch vieles verbessert werden kann. Jedoch auch eine bessere Arbeit unter Ausnutzung der bereits entwickelten Formen kann nicht die notwendige umfassende Wirkung haben. Untersucht man die Erfolge der Arbeit der Gerichte und der Strafverfolgungsorgane in den Betrieben, Dörfern, also dort, wo diese in Wirklichkeit eintreten müßten, dann erkennt man, daß sie immer noch außerordentlich gering sind. Das durchschnittliche Strafverfahren, ganz zu schweigen von den Zivil- und Eheverfahren, dringt kaum über den Kreis der unmittelbar Betroffenen hinaus. Dabei hat die Arbeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Ermittlungsorgane trotz der oben geschilderten Unzulänglichkeiten eine solche Qualität erreicht, daß ein großer Teil der Verfahren in ihrem Ablauf und Ergebnis durchaus in der Lage sind, positiv erzieherisch zu wirken. Die Vorstellungen, daß ein gutes Strafverfahren, insbesondere eine erzieherisch gut durchgeführte Hauptverhandlung und ein in Beweiskraft und politischer Argumentation gutes Urteil, von sich aus genügend erzieherisch wirken, ist falsch und gefährlich. In Wirklichkeit heißt das, daß ein entscheidender Teil der Tätigkeit bestimmter Staatsorgane dem Selbstlauf überlassen wird und daß an die Stelle der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, die doch die Aufgabe der Straforgane ist, gut beschriebenes Papier tritt7. Besonders augenfällig wird der Mangel der bisherigen Arbeit im Hinblick auf die doch nicht unbeträchtliche Zahl der Fälle, in denen ein gerichtliches Strafverfahren mit bedingter Verurteilung oder öffentlichem Tadel endet. In diesen Fällen müßte ja die Hauptwirkung des ganzen Strafverfahrens in der gesellschaftlichen Einwirkung auf den Täter liegen und nicht in den Maßnahmen der Straforgane. Wie sehr hier Erziehung durch die Straforgane und gesellschaftliche Erziehung zu einer Einheit verschmolzen wird, wurde bereits an anderer Stelle ausgeführt8. Überprüfungen in einer ganzen Anzahl von Betrieben und Dörfern führten aber zu dem Ergebnis, daß die Strafverfahren fast ausnahmslos dann unbekannt sind, wenn die Straftat nicht unmittelbar im Betrieb ausgeführt wurde. Selbst wenn die gesellschaftlichen Organisationen, die ja der Träger der gesellschaftlichen Einwirkung auf den Verurteilten sein müßten, Kenntnis von der Verurteilung hätten, wäre gegenwärtig noch nicht alles Notwendige getan, um die gesellschaftliche Erziehung zu garantieren. Aber nicht einmal diese Vorbedingung ist in der überwiegenden Mehrheit aller Fälle erfüllt. Darüber hinaus kann beobachtet werden, daß immer dann, wenn die Umwelt des Verurteilten keine genaue Kenntnis von den Zusammenhängen und Gründen des Urteils hat, eine richtige gerichtliche Entscheidung sehr leicht negative Wirkungen hervorrufen kann. Wenn nicht organisiert wird, daß die Umgebung des Täters die wirklichen Zusammenhänge erfährt, überläßt man es dem Verurteilten und den ihm nahestehenden Personen, die Maßnahmen der Staatsorgane zu kommentieren. Es wäre aber völlig lebensfremd, wollte man erwarten, daß ein Verurteilter, selbst wenn das Strafverfahren positiv auf ihn gewirkt hat, etwa von sich aus objektiv über den Tathergang und die Gründe seiner Verurteilung berichten würde. Wenn ein Strafverfahren also ohne ein auf Freiheitsstrafe lautendes Urteil endet, bleibt es im allgemeinen dem Angeklagten überlassen, was aus diesem Verfahren zur Kenntnis der daran interessierten Menschen kommt. Nicht anders ist es auch dann, wenn der Täter eine Freiheitsstrafe antreten muß oder wenn er bereits während des Ermittlungsverfahrens in Haft genommen wird. Immer dann ist Flüsterparolen und Gerüchten freier Raum gelassen, während der Bewußtseinsstand der Menschen, die sich für diese Straftat interessierten, und die Maßnahmen der Staatsorgane selbst durchaus so geartet waren, daß mit wenigen aufklärenden Worten die Unterstützung und die Zustimmung der Werktätigen zu diesen Maßnahmen erreicht worden wäre. So konnte man z. B. beobachten, daß in Fällen, in denen ein Arbeiter wegen eines ernsthaften Angriffs auf einen Volkspolizisten inhaftiert werden mußte, seine Arbeitskollegen der Meinung waren, seine Verhaftung erfolge, „weil er zuviel gesagt hat“. Es kommt sogar nicht selten vor, daß sich die Betriebsleitung volkseigener Betriebe 7 vgl. zum gesamten Komplex der gesellschaftlichen Erziehung: Biebl/Mühlberger, Fragen des neuen Arbeitsstils in der Justiz, NJ 1958 S. 730. a vgl. Krutzsch/Hugot, Die gesellschaftliche Erziehung bei bedingter Verurteilung und öffentlichem Tadel, NJ 1958 S. 527. 116;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 116 (NJ DDR 1959, S. 116) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 116 (NJ DDR 1959, S. 116)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Personal- und Reisedokumente die Möglichkeiten einer ungehinderten Bin- und Ausreise in aus dem Staatsgebiet der oder anderer sozialistischer Staaten in das kapitalistische Ausland unterhalten, Verbrechen der allgemeinen Kriminalität begangen haben, politisch unzuverlässig, schwatzhaft und neugierig sind. Bei der Lösung solcher Verbindungen kommt es vor allem darauf an, bisher noch nicht genutzte Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung ausgewählter insbesondere verwaltungsrechtlicher Vorschriften zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner sowie gesellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher aufzubereiten. Auf die Behandlung spezieller Probleme wie beispielsweise die Vernehmung jugendlicher Beschuldigter sowie die Erfordernisse der Leitungstätigkeit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Staatsverbrechen, politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität und sonstigen politisch-operativ bedeutsamen Vorkommnissen, für die objektive Informierung zentraler und örtlicher Parteiund Staatsorgane und für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der - Referat auf der Beratung des Sekretariats des Zentralkomitees der mit den Sekretären der Kreisleitungen am Dietz Verlag, Berlin, Dienstanweisung über politisch-operative Aufgaben bei der Gewährleistung der territorialen Integrität der sowie der Unverletzlichkeit ihrer Staatsgrenze zur und zu Westberlin und ihrer Seegrenze Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougend-licher durch den Genner. Das sozialistische Strafrecht enthält umfassende Möglichkeiten zur konsequenten, wirksamen unc differenzierten vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Angriffe auf die Gesellschaft oder Teile von ihr sowie die Beseitigung anderer, die gesellschaftliche Entwicklung beeinträchtigende Gefahren und Störungen.

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