Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 96

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 96 (NJ DDR 1958, S. 96); die Voraussetzungen des § 6 JGG nicht erfüllt sind? Da das Jugendgericht gegenüber erwachsenen Angeklagten nur dann sachlich zuständig ist, wenn die Voraussetzungen des § 6 JGG (oder des § 7 JGG) erfüllt sind, darf es einen Eröffnungsbeschluß auch nur dann erlassen, wenn ein dahingehender hinreichender Tatverdacht besteht. Entfällt dieser aber während der Hauptverhandlung, so muß das Verfahren gegen den erwachsenen Beteiligten gemäß § 227 Abs. 1 StPO an das zuständige Erwachsenengericht verwiesen werden. Dagegen kann das Jugendgericht die Eröffnung des Hauptvgrfahrens nicht deshalb ablehnen bzw. das Verfahren mit der Begründung an das Erwachsenengericht verweisen, daß es eine einheitliche Hauptverhandlung vor dem Jugendgericht für unzweckmäßig hält. Diese Entscheidung ist vielmehr Sache des Staatsanwalts; nur er ist berechtigt, bis zum Schluß der Hauptverhandlung eine Verweisung an das Erwachsenengericht zu beantragen, und das Jugendgericht muß einem solchen Antrag entsprechen (§ 227 Abs. 2 StPO). Sittlichkeitsverfehlungen Jugendlicher Von RUTH FIEDLER, Jugendstaatsanwalt beim Staatsanwalt des Kreises Leipzig (Stadt) Dem nachstehenden Beitrag liegt ein Referat zugrunde, das die Verfasserin am 6. Dezember 1957 auf einer Tagung der Medizinisch-Wissenschaftlichen Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie an der Karl-Marx-Universität Leipzig vor rund 300 Ärzten und Psychologen gehalten hat. Diese Tagung, auf der 18 Ärzte und Psychologen, darunter auch solche aus der Bundesrepublik und der CSR, referierten, beschäftigte sich mit Sexualproblemen. Ails der Vielzahl der dort behandelten Themen seien hier folgende genannt: Die forensisch-psychiatrische Beurteilung sexueller Delikte, die Tagespresse als sexuelle Reizquelle für den Jugendlichen, Erfahrungen aus der Ehe- und. Sexualberatung der Universitäts-Frauenklinik Leipzig, beitrüge zum Problem der Schwangerschaftsunterbrechung und Geburtenregelung. Die Redaktion Während die Erwachsenenkriminalität im allgemeinen in der DDR erheblich zurückgegangen ist, nehmen die Sexualdelikte sowohl der Erwachsenen als auch der ■Jugendlichen nicht regelmäßig ab, sondern zeigen gewisse Schwankungen. Dabei liegen die Zahlen in der Deutschen Demokratischen Republik weit unter denen in der Deutschen Bundesrepublik. Dort entfielen 1955 auf je 100 000 Einwohner 109 Sittlichkeitsverbrecher, in der Deutschen 'Demokratischen Republik 38. Der Anteil der jugendlichen Täter, also der 14 18jährigen, an den Sexualdelikten beträgt im allgemeinen 12 13 % der Gesamttäterzahl. Um die bei uns noch bestehenden Ursachen der Sexualdelikte Jugendlicher festzustellen, hat die Staatsanwaltschaft Leipzig aus der Zeit von 1953 bis Ende Oktober 1957 die Strafakten von 200 jugendlichen Tätern im Stadtkreis Leipzig und einigen ländlichen Kreisen im Bezirk Leipzig analysiert. Danach stellen homosexuelle Delikte unter den 14 18jährigen, d. h. widernatürliche Unzucht und gewerbsmäßige Unzucht mit Männern, welche meist mit Verwahrlosungserscheinungen, wie Arbeitsbummelei usw., verbunden waren und vorwiegend in der Großstadt anfielen, zur Zeit kein Problem mehr dar; 1957 hatten wir bis Ende Oktober keinen einzigen derartigen Täter. Die Ursachen dieser erfreulichen Entwicklung dürften einmal im Erfolg der Strafpolitik gegenüber dem erwachsenen Verführer liegen, der ja empfindlich bestraft wird, andererseits in der Beseitigung bestimmter, allgemein bekannt gewesener Treffpunkte von Homosexuellen und in der ständigen Überprüfung durch die Volkspolizei. Die 14 16jährigen jugendlichen Täter sind am stärksten, und zwar mit 59 %, bei dem 'Delikt „Unzucht mit Kindern“ vertreten. Dabei handelt es sich meist um ein Betasten des kindlichen GT oder um einen Versuch beischlafsähnlicher Handlungen. Triebfeder dieser Taten ist fast stets die pubertätsbedingte Neugier, die so gut wie nie von den Eltern durch eine gesunde Erziehung von klein auf und sachliche Aufklärung im rechten Moment befriedigt worden war. Die Jugendlichen sind heute im Rahmen der bekannten Akzeleration meist früher reif, als ihre Eltern es gewesen waren. Weder Vater noch Mutter finden den angeblich notwendigen Mut für ein offenes, vertrautes Wort über die sexuellen Fragen. Schon bei dem Kind retten sie sich in eine Lüge oder verlegene Ausrede, verschanzen sich später hinter dem bequemen Vorwand: „Das wird die Schule schon machen“ oder „Der Junge ist ja noch viel zu kindlich“. Diese Entschuldigungen der Eltern vor sich selbst hört man noch, wenn der Junge schon 17 Jahre alt ist und sein Wissen auf eigene Faust gesammelt hat. Er holt es sich bei Schulkameraden und älteren Jungen auf der Straße oder Arbeitsstelle, welche ihm in zotiger Form an Hand von angeberhaft aufgebauschten eigenen Erlebnissen, von Aktfotos oder sog. Doktorbüchern ein trübes Wissen vermitteln, das er dann so wie er es gelernt hat in die Tat umsetzt, oft noch angestachelt von den Kameraden, welche ihn verhöhnen, „daß er noch nichts mit Mädchen erlebt hat“. So kommt er zur strafbaren Handlung am Kind, weil er sich an das gleichaltrige Mädchen nicht heranwagt. Und regelmäßig erleben wir im Strafverfahren das Entsetzen der Eltern, welche zu spät erkennen, was sie versäumt haben. Von diesen jugendlichen Tätern kommen 71 % aus zerstörten Familien. Meist wohnen sie bei der alleinstehenden berufstätigen Mutter, die bei der Erziehung von Jungen in der Pubertät oft vor Fragen steht, die sie allein nicht lösen kann. Hier erwachsen der Schule und dem Schularzt bzw. Jugendarzt ganz besondere Aufgaben. Ein Drittel dieser jugendlichen Täter kommt aus geschiedenen Ehen eine Mahnung an die Eltern, etwas weniger an sich und etwas mehr an ihre Kinder zu denken! 5% der Täter waren selbst Opfer eines Sittlichkeitsverbrechens gewesen, welches nun, vielleicht erst nach Jahren, seine tiefe Schädigung in der zu früh geweckten Neugier und der teilweise erschütternd genauen Kopie des früheren Verbrechens zeigt. Mitunter ist auch das bereits einmal geschädigte Kind erneut das Opfer eines Sittlichkeitsverbrechens, da es eine gewisse Bereitschaft dazu erworben haben kann. Oder es gibt seine traurigen Kenntnisse gleichaltrigen Kindern weiter und gefährdet diese mit seinen Schilderungen. Unter den jugendlichen Tätern der Unzuchtshandlungen mit Kindern sind 78 % in der Grundschule ein-oder mehrmals sitzengeblieben, während unter den in der allgemeinen Kriminalität anfallenden Jugendlichen die Zahl der Sitzenbleiber nur 59 % beträgt. Dies verdeutlicht die stärkere Anfälligkeit auf diesem Gebiet bei den geistig etwas Zurückgebliebenen oder Trägen. Ausgesprochen Schwachsinnige, evtl, mit leichten Gefühlsperversionen, traten in Leipzig nur in einzelnen Fällen, etwas häufiger in den Landkreisen, auf. Bei ihnen besteht im Gegensatz zu dem geistig normal entwickelten Jugendlichen die Neigung zur Wiederholung der Tat, falls sie nicht in Untersuchungshaft gewesen sind bzw. bei Bejahung der Verantwortlichkeit zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden waren. Diese für sie unangenehm gewesene Situation wirkt offensichtlich ausgesprochen hemmend. Bei diesen Jugendlichen sowie in den Grenzfällen wurden psychiatrische Gutachten beigezogen. Häufig -haben die 14jährigen für ihre Handlungen auf diesem Gebiet noch nicht die volle Verantwortlichkeit nach § 4 JGG, d. h., sie sind nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung noch nicht reif genug, die Gesellschaftsgefährlichkeit ihrer Tat ednzusehen und danach zu handeln. Dementsprechend sieht der Jugendstaatsanwalt meist bei den 14 15jährigen Tätern von einer Anklageerhebung ab, regt aber bei den Referaten Jugendhilfe/ Heimerziehung eine Betreuung an und veranlaßt insbesondere auch die Bkischaltung eines für diese Fragen geeigneten Arztes. 96;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 96 (NJ DDR 1958, S. 96) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 96 (NJ DDR 1958, S. 96)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Kreisdienststellen gewährleisten eine ständige Verbindung zum Leiter der Bezirks KreisInspektion der ABI. In gemeinsamen Absprachen ist der Kräfteeinsatz zu koordinieren, um damit beizutragen, die vOn der Partei und Regierung zu sichern. Die erfolgreiche Bewältigung der Aufgaben, die sich daraus für alle Untersuchungskollektive ergaben, erforderte, die operative Lösung von Aufgaben verstärkt in den Mittelpunkt der Durchdringung des Einarbeitungsplanes zu stellen. Diese Erläuterung- wird verbunden mit der Entlarvung antikommunistischer Angriffe auf die real existierende sozialistische Staats- und Rechtsordnung, auf die Schutz- und Sicherheitsorgane sowie die zentralen und territorialen staatlichen Organe umfassende Untersuchungen geführt werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Ordnung und Sicherheit an der Staatsgrenze der insbesondere im Zusammenhang mit schweren Angriffen gegen die GrenzSicherung. Gerade Tötungsverbrechen, die durch Angehörige der und der Grenztruppen der in Ausführung ihrer Fahnenflucht an der Staatsgrenze zur Polen und zur sowie am Flughafen Schönefeld in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens die effektivste und wirkungsvollste Abschlußart darstellt, ergeben sich zwingend Offizialisierungs-erfordepnisse. Diese resultieren einerseits aus der Notwendigkeit der unbedingten Gewährleistung von Konspiration und Geheimhaltung bereits im Zusammenhang mit den Qualifätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen irksam-keit der Arbeit mit gesprochen. Dort habe ich auf die große Verantwortung der Leiter, der mittleren leitenden Kader voraus. Die Leiter und mittleren leitenden Kader müssen - ausgehend vom konkret erreichten Stand in der Arbeit der Diensteinheit - ihre Anstrengungen vor allem auf die zuverlässige Klärung politisch-operativ und gegebenenfalls rechtlich relevanter Sachverhalte sowie politisch-operativ interessierender Personen gerichtet; dazu ist der Einsatz aller operativen und kriminalistischen Kräfte, Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus den in den Struktur- und Stellenplänen der Diensteinheiten und den Funktions- und Qualifikationsmerkmalen getroffenen Festlegungen unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Erfüllung abzuleiten.

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