Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 92

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 92 (NJ DDR 1958, S. 92); Jugendschutz und Arbeit des Jugendgerichts Aus der Arbeit der Jugendstaatsanwälte Von ANNEMARIE FLORATH, Berlin Am 26. und 27. November 1957 fand in Berlin eine Tagung aller in Jugendsachen tätigen Staatsanwälte der DDR statt, die sich die wichtige Aufgabe gestellt hatten, in kritischer Überprüfung der eigenen Arbeit eine Einschätzung der Ursachen der Straffälligkeit Jugendlicher zu erarbeiten und im Erfahrungsaustausch neue, noch bessere Wege in ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit zu finden. Die Tagung wurde vom Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik, Dr. Ernst Melsheimer, geleitet. Bereits in den vergangenen Wochen und Monaten hatten die Jugendstaatsanwälte durch die Oberste Staatsanwaltschaft gute Anleitung in der Jugendarbeit erhalten, die wegen ihrer Bedeutung ständig als ein Schwerpunkt in dem für alle Staatsanwälte verbindlichen Arbeitsplan enthalten ist. Dennoch gab es im Jugendstrafrecht zahlreiche unklare Fragen, die eine dringende Klärung erwarteten. So hatte die Tagung neben den bereits genannten Aufgaben den Zweck, verschiedene Einzelfragen und Rechtsprobleme gemeinsam zu erörtern und zu klären, um den Staatsanwälten in der Praxis weiterzuhelfen. Zu einem Referat, das von Staatsanwältin B a r u k vorgetragen wurde, hatten Mitarbeiter der Obersten Staatsanwaltschaft die Ergebnisse einer Analyse über die Entwicklung der Jugendkriminalität von 1954 bis zum 30. Juni 1957 zusammengefaßt. An Hand einer Fülle von Zahlenmaterial, das einen Einblick in die mühevolle und gewissenhafte Kleinarbeit der vorhergegangenen Untersuchungen gab, wurde gezeigt, wie sich der Anteil der jugendlichen Täter im Verhältnis zum Gesamtanfall strafbarer Handlungen entwickelt hat. So ist die Kriminalität in der DDR insgesamt seit 1954 um ewa 40 Prozent gesunken, jedoch ist hierbei der Anteil der erwachsenen Täter schneller gesunken als der der jugendlichen Täter, so daß sich im Verhältnis gesehen ein gewisses Ansteigen der Jugendkriminalität zeigt. Dabei ist jedoch interessant, daß innerhalb der Straftaten jugendlicher Täter immer mehr ein Absinken des Prozentsatzes der schweren Delikte zu verzeichnen ist. Der Schwerpunkt der Jugendkriminalität liegt bei den Eigentumsdelikten. Die im Referat genannten Zahlen machten deutlich, daß auch hier die Mehrzahl aller Verfehlungen geringe Angriffe gegen das private oder persönliche Eigentum darstellen. Die Anzahl der Angriffe gegen das gesellschaftliche Eigentum ist bedeutend niedriger, erstreckt sich jedoch z. T. auf größere Werte. Hierbei sind Täter meist solche Jugendliche, die im staatlichen und genossenschaftlichen Handel arbeiten. Referat wie Diskussion brachten zum Ausdruck, daß eine Ursache dieser Straftaten die dort vorhandenen Mängel in der Kontroll- und Prüfungstätigkeit sind, die von den Jugendlichen zu strafbaren Handlungen ausgenutzt werden. Daher sei es neben zahlreichen anderen Faktoren unbedingt erforderlich, die Kontrolle der Jugendlichen zu verstärken. Staatsanwalt Ullrich berichtete aus Rostock, daß im Lehrlingsheim des Konsum, wo sich die Verantwortlichen große Mühe bei der Betreuung der Jugendlichen geben, keine Straftaten auftreten, wohingegen Lehrlinge anderer Wohnheime des gleichen Bezirks, die in ihrer Freizeit sich selbst überlassen sind, häufig Kameradendiebstähle und gemeinschaftliche Diebstähle in HO und Konsum begehen. Besondere Aufmerksamkeit schenkte die Tagung den Erscheinungen des Rowdytums, das, wenn es auch in der DDR bisher keine beängstigenden Formen erreicht hat, auf das entschiedenste bekämpft werden muß. Zum Rowdytum muß man auch den Teil (und zwar ist das der größere Teil) der Sexualdelikte zählen, bei denen jugendliche Täter in Gruppen handeln. Die Referentin legte unter Anführung von Beispielen dar, wie sehr man sich davor hüten muß, anscheinend einander ähnelnde Dinge gleichzusetzen, und daß man zwischen Dummem-Jungen-Streichen und wirklichem Rowdytum unterscheiden muß. Es gibt z. B. Jugendliche, die in sinnloser Freude öffentliche Einrichtungen, Lampen, Telefonzentralen u. a. m. beschädigen, ohne selbst einen plausiblen Grund für ihr Handeln angeben zu können. Häufig ist es der Drang, vor anderen damit zu prahlen, sich mit solchen „Heldentaten“ wichtig zu machen. Es gibt aber auch Ausschreitungen, die einen tiefen politischen Charakter tragen und in ihrer Bedeutung als Form des Klassenkampfes nicht unterschätzt werden dürfen. Die NATO-Politiker versuchen immer wieder, mit Hilfe dieser jungen Menschen das Leben in der DDR zu stören. Sie machen sich deren Erlebnisdrang und ihr Geltungsbedürfnis zunutze und vergiften sie mit schmutzigen Schmökern und Gangsterfilmen. Staatsanwalt W e 1 i c h (Dresden) betonte, daß die Schundliteratur eine weit größere Rolle spielt, als allgemein angenommen wird, da sie nicht nur von einzelnen gelesen, sondern immer weiter im Kameradenkreise verbreitet wird. „Bei solchen Delikten muß rechtzeitig und auch hart eingegriffen werden, wobei aber selbstverständlich erkannt werden muß, daß nicht alle mißbrauchten Jugendlichen sich von vornherein darüber im klaren sind, wozu sie sich hergeben“, betonte Staatsanwältin B a r u k. Es kommt auf eine richtige Differenzierung und eine gründliche Prüfung der Täterpersönlichkeit an. Um den Staatsanwälten in dieser Frage helfende Anleitung zu geben, erläuterte die Referentin den Begriff des Rowdytums eingehend und analysierte die Eigenschaften dieses Delikts unter Heranziehung der sowjetischen Wissenschaft. Danach sind Objekt des verbrecherischen Rowdytums die öffentliche Ordnung und die Verhältnisse des sozialistischen Gemeinschaftslebens; die objektive Seite des Verbrechens äußert sich in solchen Handlungen, die auf öffentlichen Straßen und Plätzen begangen werden und die öffentliche Ordnung verletzen und mit denen die schuldige Person ihre Nichtachtung gegenüber der Gesellschaft zeigt oder unterstreicht. Die Handlungen können nur mit direktem Vorsatz begangen werden, wobei im Einzelfall stets Motiv und Ziel des Täters sorgfältig zu analysieren sind. Auf der Tagung wurde sehr ernsthaft erörtert, ob in der DDR ähnlich den Bestimmungen des Erlasses des Obersten Sowjets der UdSSR vom 19. Dezember 1956 gegen das sogenannte kleine Rowdytum, der sich allerdings auch auf erwachsene Täter erstreckt ein Jugendarrest eingeführt werden sollte. Die Überlegungen der Obersten Staatsanwaltschaft zu dieser Frage teilte Staatsanwalt Müller mit: Es kommt darauf an, bei bestimmten strafbaren Handlungen sofort einzugreifen, um eine gewisse Schockwirkung zu erreichen. Ein solches schnelles Reagieren hat im allgemeinen großen pädagogischen Wert. In der sehr lebhaften Diskussion zu diesem Punkt wurde eine derartige Maßnahme im .großen und ganzen von allen Staatsanwälten begrüßt. Allerdings bedarf dieses Problem noch der weiteren Erörterung, insbesondere dahingehend, wer den Arrest amordnen soll, ob er als Verwaltungs- oder gerichtliche Strafe ausgestaltet werden soll usw. Übereinstimmend wurde betont, daß ein solcher Arrest auf jeden Fall mit körperlicher Arbeit verbunden werden müßte und nicht ein „Besinnungsstübchen“ darstellen darf. Es bleibt abzuwarten, ob das Kollegium der Obersten Staatsanwaltschaft, das ebenfalls dieses Problem noch beraten wird, einen entsprechenden Vorschlag an den Gesetzgeber richten wird *. Die Tagung beschäftigte sich weiter mit der Frage, wie in der Praxis mit dem Jugendgerichtsgesetz gearbeitet wird. Hierzu wurde im Referat festgestellt, 1 1 vgl. zu dieser Frage NJ 1958 S. 60.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 92 (NJ DDR 1958, S. 92) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 92 (NJ DDR 1958, S. 92)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucher- und Transitverkehrs. Die Erarbeitung von im - Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Leiter und der mittleren leitenden Kader gestellt werden. Dabei sind vor allem solche Fragen zu analysieren wie: Kommt es unter bewußter Beachtung und in Abhängigkeit von der politisch-operativen Zielstellung und daraus resultierender notwendiger Anforderungen sowohl vor als auch erst nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch das lifo gesichert werden. Die bisher dargestellten Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweismaterial größte Bedeutung beizumessen, da die praktischen Erfahrungen bestätigen, daß von dieser Grundlage ausgehend, Beweismaterial sichergestellt werden konnte. Bei der Durchsuchung von mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände läßt sich in zweierlei Hinsicht bestimmen. Einmal wird diese Durchsuchung zum Zweck der Suche, Auffindung und Sicherung von Beweis material und zum zweiten zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , zur Verhinderung von Entweichungsversuchen, Selbsttötungsabsichten sowie von Angriffen auf Leben und Gesundheit unserer Mitarbeiter während des politisch-operativen Untersuchungshaftvollzuges durchgeführt.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X