Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 854

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 854 (NJ DDR 1958, S. 854); dem 24. Oktober, begann. Diese klare Sachlage legte das Gericht, was insbesondere den Begriff „Kampfmaßnahmen“ anbetrifft, in völlig willkürlicher Weise aus. Seine von den Interessen der Unternehmer diktierte Entscheidung ging dahin, daß nicht erst der Streik selbst als Kampfmaßnahme anzusehen sei, sondern bereits die Empfehlung der großen Tarifkommission an den Vorstand, eine Urabstimmung durchzuführen. Damit stellte sich das Gericht eindeutig auf die Seite der Metallindustriellen, obwohl die Empfehlung der Tarifkommission als eine rein innerorganisatorische Maßnahme zu betrachten war, die lediglich der Meinungsbildung leitender Gewerkschaftsorgane auf der Grundlage der Satzungen diente, aber kein Handeln nach außen darstellte. In ihrer terroristischen Konstruktion stellt diese Entscheidung eine Maßnahme dar, die dem Übergang zur klerikal-militaristischen Diktatur ebenso dient, wie die zunehmenden Versuche der Adenauer-Regierung, Presse, Rundfunk und Fernsehen in denen zum Teil noch oppositionelle Strömungen Einfluß haben völlig gleichzuschalten. Diese Bestrebungen dienen folgender Zielsetzung. Nach dem Vorbild des Maulkorbgesetzes14 15, das jede Kritik an der Bonner NATO-Wehrmacht für strafbar erklärt, wollen sich die herrschenden Kreise gegen jede Enthüllung ihrer verderblichen Politik schützen. Rundfunk, Presse und Fernsehen sollen als Instrumente der öffentlichen Meinungsbildung von jedem oppositionellen Einfluß gesäubert und völlig auf den Regierungskurs ausgerichtet werden. Vor allem aber will Bonn die psychologische Kriegführung, deren Kern die antikommunistische Propaganda ist, zum tragenden Element in den genannten Publikatiöns-mitteln machen. Die Adenauer-Regierung hofft, damit dem wachsenden Widerstand der Volksmassen gegen ihre Atomrüstungspolitik begegnen, dem immer stärker werdenden Ansehen des sozialistischen Lagers entgegenwirken und die Massen auf einen Angriffskrieg gegen die Länder des Sozialismus vorbereiten zu können. Zur Verwirklichung dieses Zieles schlägt sie verschiedene Wege ein. Während sie versucht, Rundfunk und Fernsehen durch direkte Eingriffe in die Tätigkeit der Landessender und durch die Schaffung eines zweiten Rundfunk- und Fernsehprogramms gleichzuschalten, will sie die Presse mit Hilfe des „Gesetzes zur Neuordnung des zivilrechtlichen Persönlichkeits- und Ehrenschutzes“ restlos in die Hand bekommen.1® Die früheren Versuche, die Presse gleichzuschalten, scheiterten. Erinnert sei an den 1951 propagierten Plan des damaligen Innenministers Lehr, ein Pressegesetz durchzusetzen. In der gleichen Richtung lief der Vorstoß des Kanzler-Beauftragten Lenz mit dem Ziel der Schaffung eines Propagandaministeriums. Schließlich versuchte Außenminister v. Brentano, die sog. Lex Soraya einzubringen. Nunmehr soll ein Ergänzungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch die in der Verfassung deklarierte Pressefreiheit beseitigen. Der Gesetzentwurf sieht vor, daß jeder bestraft oder zur Schadensersatzleistung verurteilt werden kann, der „widerrechtlich einen anderen in seiner Persönlichkeit beeinträchtigt“. Darunter sind kritische Pressenachrichten, die Veröffentlichung entlarvender Bilder oder enthüllender Dokumente zu verstehen, gleichgültig ob sie im allgemeinen politischen Interesse veröffentlicht werden oder nicht. Alle Bestimmungen des Entwurfs weisen typische Kautschukregelungen auf, die einen weiten Spielraum für die Verfolgung der Gesinnung geben. Sie würden es der Bonner Justiz ermöglichen, oppositionelle Journalisten strafrechtlich zu verfolgen, ihre Zeitungen durch „Schadensersatz“-Urteile wirtschaftlich unter Druck zu setzen, aber die Regierungspresse unbehelligt zu lassen. Bei der Ausarbeitung des Entwurfs machte sich das Bonner Justizministerium eine gewisse Stimmung in verschiedenen westdeutschen Bevölkerungskreisen zunutze, die einen stärkeren Schutz des Bürgers gegen den hemmungslosen Skandaljournalismus der Boule- 14 4. Strafrechtsänderungsgesetz vom 11. Juni 1957 (RGBl. I S. 557); vgl. die Einschätzung bei KüJhlig/Schwarz, Bundeswehr hinter Paragraphengittem, Berlin 1957, S. 74 ff. und 117 ff. 15 Ein Beispiel für die zunehmende Kritik gab die „Frank- furter Allgemeine Zeitung“ vom 14. November 1958. vardpresse forderten. Schäffer gab vor, durch ein zivil-rechtliches Gesetz die persönliche Ehre stärker schützen zu wollen. Auf dieser Linie liegt auch die gesamte Argumentation der Adenauer-Regierung. Tatsächlich verfolgt sie jedoch den Zweck, die Presse völlig in ihre Hand zu bekommen. Gleichzeitig soll mit diesem gesetzgeberischen Trick die Zuständigkeit der Länder für den Erlaß von Pressegesetzen umgangen werden. Allerdings ist die Bonner Regierung auf starken Widerstand gestoßen, dem z. B. die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 14. November 1958 mit der Bemerkung Ausdruck verlieh, daß das Gesetz ein „Zurückrutschen in die nationalsozialistische Vergangenheit“ bedeuten würde. Angesichts ihrer Isolierung und der starken Proteste hält sich die Bonner Regierung in ihrer Argumentation zum Gesetzentwurf gegenwärtig sehr zurück. Sie versucht vielmehr, den Entwurf ohne viel Aufhebens durch das Parlament zu bringen. Ein wesentliches Kriterium für die weitere Verschärfung der Situation sind die gesetzlichen Vorbereitungen zur Unterdrückung aller fortschrittlich gesinnten Rechtsanwälte wie auch solcher Anwälte, die in politischen Strafverfahren die Interessen ihrer Mandanten entsprechend den bürgerlich-demokratischen Verfahrensgrundsätzen vertreten. Das zeigt sich u. a. am Entwurf einer Bundesrechtsanwaltsordnung, den die Adenauer-Regierung am 8. Januar 1958 dem Bundestag zuleitete. Darin ist vorgesehen, die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn die Besorgnis bestehe, daß der Betroffene „als Rechtsanwalt die verfassungsmäßige Ordnung gefährden“ werde. Wenn man sich an die Methoden der Strafjustiz, insbesondere aber an die durch sie geübte Vergewaltigung des Begriffs „verfassungsmäßige Ordnung“ erinnert, dann bleibt zu diesem Entwurf nur eines festzustellen: Diese Kautschukklausel bietet die Möglichkeit, jedem Verteidiger, der sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit der Durchsetzung der NATO-Politik entgegenstellt, die Zulassung zu versagen oder zurückzunehmen, d. h. die Existenz des Anwalts zu vernichten.16 III Alles das reicht nicht aus, den sich ständig verstärkenden Widerstand der Volksmassen gegen die NATO-Politik und die Atomrüstung zu brechen. Deshalb bereitet Bonn die unverhüllte Gewaltanwendung vor. Zur Vorbereitung dessen forderte Innenminister Schröder am 30. Oktober 1958 in Stuttgart eine Notstandsgesetzgebung“, die nicht dem Schutz der Verfassung, sondern einzig und allein dem Schutz des Adenauer-Staates und der Durchsetzung der NATO-Politik dienen soll. Das ergibt sich z. B. aus Schröders Erklärung, daß die sogenannten Verfassungsschutzämter der regierenden Gruppe bei der Verwirklichung ihrer politischen Ziele zu helfen haben.1? Schröders Forderungen zielen darauf ab, ein NATO-Willkürgesetz einzuführen, durch das die bisherigen Rechtsnormen aufgehoben werden. Unverkennbar faßten Schröder und die Adenauer-Regierung überhaupt eine Lage ins Auge, in der sich die Gegensätze zwischen der NATO-Politik und den Lebensinteressen des Volkes verschärfen werden. Man weiß in Bonn ganz genau, daß die NATO-Politik ohne Notstandsrecht nicht durchzusetzen ist. Das Notstandsrecht ist also keine Erfindung Schröders, sondern ein Ausdruck der sich verändernden Lage in der NATO, die die demokratischen Rechte und Freiheiten vernichtet, wo sie hintritt. Die Forderung nach einem Notstandsgesetz ist damit ein Ausdruck der Schwäche der Monopolbourgeoisie. Sie wird von der Sorge getragen, daß die anhaltende Kritik an der militärischen und politischen Konzeption Adenauers in wirkungsvolle Aktionen der Massen Umschlagen kann. Für diesen Fall des „Notstandes“ der Atomkriegspolitik soll durch erneute Einführung von Notstandsklauseln die Möglichkeit geschaffen werden, die gesamte staatliche Macht in den Händen der Exekutive zu konzentrieren, die gesetzgebenden Kör- 16 vgl. Marga/Müller, Ein neuer Anschlag aut das Verteidigungsrecht, NJ 1958 S. 388 ff. 17 Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 203 vom 31. Oktober 1958, S. 2017 ff., insbesondere S. 2022. 854;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 854 (NJ DDR 1958, S. 854) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 854 (NJ DDR 1958, S. 854)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und der sozialistischen Gesellschaft. Die Strategie zur weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft schließt daher strategische Aufgaben für die weitere Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen und zur Erziehung entsprechend handelnder Personen, die Strafgesetze oder andere Rechtsvorschriften verletzt haben. Als ein Kernproblem der weiteren Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit erweist sich in diesem Zusammenhang die Feststellung bedeutsam, daß selbst in solchen Fällen, bei denen Bürger innerhalb kurzer einer Strafverbüßung erneut straffällig wurden, Einflüsse aus Strafvollzug und Wiede reingliederung nur selten bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Gestaltung des Aufenthaltes in diesen, der des Gewahrsams entspricht. Die Zuführung zum Gewahrsam ist Bestandteil des Gewahrsams und wird nicht vom erfaßt. Der Gewahrsam ist auf der Grundlage der gemeinsamen Lageeinschätzung das einheitliche, abgestimmte Vorgehen der Diensteinheitan Staatssicherheit und der Deutschen Volkspolizei sowie der anderen Organe des Ministeriums des Innern bei der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens unter strikter Wahrung ihrer spezifischen Verantwortung ständig zu gewährleisten, sind die Kräfte und Mittel Staatssicherheit noch stärker auf die Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels zu konzentrieren; sind die Deutsche Volkspolizei und andere Organe des Ministeriums des Innern bei der vollen Entfaltung ihrer Potenzen zur wirksamen Lösung der ihnen übertragenen Aufgaben auszuschöpfen. Zu beachten ist jedoch, daß es den Angehörigen Staatssicherheit nur gestattet ist, die im Gesetz normierten Befugnisse wahrzunehmen.

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