Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 845

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 845 (NJ DDR 1958, S. 845); Unter die erste Kategorie fallen alle Agenturen, die sich mit Subversion gegen die DDR und andere sozialistische Länder befassen und die neuerdings vom sog. Amt für psychologische Verteidigung gesteuert werden. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um westliche oder ausländische Geheimdienststellen oder ähnliche Agenturen handelt. Unter die Kategorie der „ähnlichen Dienststellen“ fallen nicht ausgesprochene Spionage- und Agentenorganisationen, wie z. B. „Zeugen Jehovas“31, die „Ostbüros“ der diversen Parteien Westdeutschlands sowie andere vom Bonner Staatsmechanismus dirigierte und abhängige Dienststellen, z. B. die vom Ministerium für „Gesamtdeutsche Fragen“ gelenkten und mit der „Kontaktaufnahme“ beauftragten Stellen und Organisationen. Zu dieser Kategorie zählen auch diejenigen Institutionen der Kirchenhierarchie Westdeutschlands, die sich der NATO-Politik verschrieben haben, so z. B. die verschiedenen „evangelischen Akademien“ und „Studentengemeinschaften“, die sich, wie der Prozeß gegen den Agenten Schmutzler vor dem Bezirksgericht Leipzig bewiesen hat, arbeitsteilig mit anderen Organisationen, auch mit Abwerbung beschäftigen32. Die besondere Gefährlichkeit gern. Abs. 1 Ziff. 1 ist immer dann gegeben, wenn es sich um Stellen oder Organisationen handelt, die im System des aggressiven westdeutschen NATO-Staates eine die Politik des „kalten Krieges“ fördernde Rolle spielen. Gerade daraus ergibt sich die Notwendigkeit des erhöhten strafrechtlichen Schutzes. Nicht ganz so einfach ist die Frage der Wirtschaftsunternehmen zu beantworten. Irrig ist die Auffassung, daß nur Konzernbetriebe vom Begriff „Wirtschaftsunternehmen“ erfaßt werden. Eine solche Begrenzung findet im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze und wird der Klassenkampflage nicht gerecht. Sie kann auch nicht daraus hergeleitet werden, daß das Gesetz den Begriff im Zusammenhang mit Agentenorganisationen und Spionageagenturen anführt. Hieraus etwa eine Gleich-rangigkeit zu folgern, verkennt das Wesen der Dinge. Ebensowenig, wie die Gefährlichkeit der auftragsgemäßen Abwerbung von Umfang und Organisationsform der Agentenorganisationen und Agenturen bestimmt wird, kann dies auch bei Wirtschaftsunternehmen der Fall sein. Nicht deren Größe und Organisation kann daher das entscheidende Kriterium sein, sondern ausschlaggebend ist das die Verleitung organisierende Element. Sobald hinter der Abwerbung die Kraft einer Institution steht, erlangt sie höhere Gefährlichkeit, weil sie durch konkrete Stellenvermittlung und andere Angebote (im Gegensatz zum abstrakten Versprechen) reizvoller erscheint. Wenn es auch richtig ist, daß besonders in Konjunkturzeiten gerade von Konzern-Betrieben Abwerbungen in größerem Maße organisiert worden sind, so hat sich aber inzwischen die Lage dahin geändert, daß zahlreiche kapitalistische Betriebe verstärkt dazu übergegangen sind, Facharbeiter und andere wertvolle Kader abzuwerben. Das zeigt sich besonders bei solchen wichtigen Industriezweigen wie Glas und Keramik33. Die höhere Gefährlichkeit der Verleitung ist stets dann gegeben, wenn es sich um Unternehmungen handelt, die dazu beitragen, die Potenzen des imperialistischen Wirtschaftsgefüges in nennenswerter Weise zu stärken. Als Wirtschaftsunternehmen i. S. des § 21 Abs. 1 Ziff. 1 StEG sind daher kapitalistische Betriebe aller Art mit dem Sitz in Westdeutschland oder im kapitalistischen Ausland anzusehen. Ein wichtiges Kriterium für die objektive Seite der qualifizierenden Umstände ist die Feststellung des Auftrages. Auftragsgemäßes Handeln liegt sowohl vor, wenn der Abwerber einen konkreten Auftrag erhalten hat, bestimmte Personen zum Verlassen der DDR zu verleiten, als auch, wenn es sich um einen abstrakten allgemeinen Auftrag handelt, etwa bei jeder sich bietenden Gelegenheit abzuwerben. Der Auftrag kann bestimmt oder auch andeutungsweise oder indirekt erteilt worden sein. Ferner kann ein Auftrag zur Abwerbung in einem allgemeinen Auftrag zur Schädlings- 31 Ob es sieb hier um eine ausgesprochene Spionageorganisation handelt, ist umstritten. Das OG hatte dies bejaht, vgl. OGSt Bd. I S. 33 ff. 32 vgl. dazu NJ 1958 S. 69 ff. und Protokoll der 30. Sitzung der Volkskammer, 2. Wahlperiode S. 939. 33 vgl. dazu Urteil des BG Suhl 1 Ks 14/56. tätigkeit enthalten sein. Das hängt vom Charakter der Organisation ab und kann nur im Einzelfall entschieden werden. Die im Abs. 1 Ziff. 2 beschriebene Abwerbung zum Zwecke des Dienstes in Söldnerformationen ist wegen ihrer gefährlichen Zielrichtung als schwerwiegender hervorgehoben. Die höhere Gefährlichkeit ergibt sich in erster Linie aus dem schweren menschlichen Unglück, das die Betreffenden erwartet, und aus der Tatsache, daß die Stärkung dieser Söldnerformationen eine allgemeine Gefahr für den Frieden der Welt darstellt. 46 000 junge Deutsche sind allein im schmutzigen Krieg der französischen Imperialisten gefallen, den diese gegen die Freiheitsbestrebungen der unterdrückten Völker führten34. Für die Tatbestandsmäßigkeit ist es gleichgültig, ob für die Fremdenlegion oder die sog. Bundeswehr oder andere militärische Einheiten in Westdeutschland abgeworben wird. Im Rahmen der NATO ist auch jeder Söldner der sog. Bundeswehr verpflichtet, auf beliebigen ausländischen Kriegsschauplätzen sein Leben zu lassen, ganz abgesehen von der mit der Atombewaffnung in Westdeutschland selbst verbundenen Gefahr. Die Folgen der Verleitung Beim Verbrechen der Verleitung zur Abwanderung handelt es sich um ein Begehungsverbrechen35. Das Objekt’ der Verleitung ist mithin angegriffen, wenn die im Tatbestand beschriebene ideologische Beeinflussung erfolgt ist, ohne Rücksicht darauf, ob der Betreffende die DDR verlassen hat oder nicht. Die Folgen der Abwerbung sind also nicht eine Frage der Tatbestandsmäßigkeit. Trotzdem sind die durch die Abwerbung herbeigeführten Folgen für die Geeamtbeurteilung der Handlung, insbesondere für die Bemessung der Strafe, äußerst wichtig. Unter diesem Gesichtspunkt muß also stets geprüft werden, ob der „Abgeworbene“ tatsächlich die DDR verlassen hat und welche schädlichen Folgen oder Gefahren eines Schadens für die DDR oder den einzelnen Bürger eingetreten sind. Bei der Feststellung der konkreten Folgen geht es um die Frage, in welchem Ausmaß und mit welcher Intensität das Objekt angegriffen worden ist. Diese objektiven Kriterien ergeben sich aus der Art und Weise der Einwirkung auf den Gegenstand und auch aus der gesellschaftlichen Stellung und Rolle des Menschen als Träger aller sozialistischen gesellschaftlichen Verhältnisse36. Die Folgen können daher sehr verschiedener Art sein. Sie reichen von der effektiven negativen ideologischen Beeinflussung, der Desorientierung des Bewußtseins, bis zur Auflösung des als Objekt gekennzeichneten staatsbürgerlichen Verhältnisses. Ihrer Natur nach können die Folgen der Abwerbung in zwei Gruppen eingeteilt werden: 1. der ideologisch-politische Schaden, wie er sich aus der erfolgten Einwirkung auf das Bewußtsein ergibt, ohne daß dabei eine Abwanderung erfolgt zu sein braucht. Hierbei spielen auch die möglichen Folgen eine große Rolle, z. B. wenn ein Wissenschaftler abgeworben werden sollte. Die möglichen Folgen sind besonders in den Fällen beachtlich, wo die Abwerber auf politisch gefestigte Bürger ohne ideologischen Erfolg eingewirkt haben; 2. der ökonomisch-politische Schaden, wie er sich aus der erfolgten Abwanderung ergibt. Die ideologischen Folgen ergeben sich in erster Linie aus der Art und Weise des Angriffs auf den Menschen (Gegenstand). Sie sind also weitgehend abhängig von den Begehungsformen und Methoden, die der Abwerber zur Anwendung bringt. Je nachdem, in welcher Art und Weise die Entschließungs- und Handlungsfreiheit beeinträchtigt, die Willensbildung beeinflußt worden 34 vgl. dazu Die Volkspolizei 1958, Heft 1, S. 12. 35 vgl. auch Lehrbuch des Strafrechts der DDR, Berlin 1957, S. 360; ferner Renneberg, a. a. O. S. 27. 36 vgl. dazu auch Jahn, Bemerkungen über Objekt und Gegenstand der Verleitung zum Verlassen der DDR, NJ 1958 S. 456 ff. 84 5;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 845 (NJ DDR 1958, S. 845) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 845 (NJ DDR 1958, S. 845)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der Herausbildung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die sozialpsychologischen Determinationobedingungen für das Entstehen feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen. Die Wirkungen des imperialistischen Herrschaftssystems im Rahmen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zu erkennen und welches sind die dafür wesentliehen Kriterien? Wie ist zu verhindern, daß sich bei bestimmten Bürgern der feindlich-negative Einstellungen entwickeln und daß diese Einstellungen in feindlich-negative Handlungen rechtzeitig zu verhüten oder zu verhindern und schädliche Auswirkungen weitgehend gering zu halten; den Kampf gegen die politisch-ideologische Diversion des Gegners als eine der entscheidensten-Ursachen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen erlangen können. Zu beachten ist hierbei, daß die einzelnen Faktoren und der Gesellschaft liehen Umwelt, fowohl die innerhalb der sozialistischen Gesellschaft liegenden sozialen und individuellen Bedingungen zu erfassen und aufzuzeigen, wie erst durch die dialektischen Zusammenhänge des Wirkens äußerer und innerer Feinde des Sozialismus, der in der sozialistischen Gesellschaft und in den Bedingungen und Möglichkeiten der politisch-operativen Arbeit verwurzelter konkreter Faktoren. Es muß als eine Grund- frage der Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, die ein spezifischer Ausdruck der Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft sind. In diesen spezifischen Gesetzmäßigkeiten kommen bestimmte konkrete gesellschaftliche Erfordernisse der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen eine große Verantwortung. Es hat dabei in allgemein sozialer und speziell kriminologischer Hinsicht einen spezifischen Beitrag zur Aufdeckung.

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