Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 829

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 829 (NJ DDR 1958, S. 829); den Kläger zu zahlen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Stadtgericht ausgeführt, daß beide Elternteile grundsätzlich zum Unterhalt eines Kindes durch Geldleistungen oder persönliche Betreuung beizutragen haben und der Kläger sich die Leistungen, die der Verklagte den anderen Kindern gegenüber erbringe, nicht entgegenhalten zu lassen brauchte. Seine Mutter könne nicht zu den Unterhaltsleistungen herangezogen werden, da sie im Haushalt tätig sei und einen schwerbeschädigten Ehemann sowie ein Kleinkind zu betreuen habe. Der Verklagte sei zur Unterhaltsleistung in der Lage, da er ein Nettoeinkommen vdn über 600 DM habe. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts von Groß-Berlin, mit dem Verletzung des § 1603 Abs. 1 BGB gerügt wird. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das angegriffene Urteil geht zutreffend von den auf dem V. Parteitag der SED im Referat ihres ersten Sekretärs Walter Ulbricht enthaltenen Feststellungen aus, daß „die noch angewandten umfangreichen Teile des BGB aus dem Jahre 1900 die neuen persönlichen Beziehungen und Vermögensverhältnisse der Bürger eines sozialistischen Staates, aufbauend auf der Moral der Arbeiterklasse, nach den Grundsätzen des kameradschaftlichen Zusammenlebens und der gegenseitigen Hilfe nicht mehr erfüllen können“. Das gilt auch für die im BGB geregelten Unterhaltsbeziehungen, die vor ihrer Anwendung vom Stadtgericht daraufhin überprüft wurden, ob sie mit dem in der Berliner VO über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 13. Oktober 1950 (insbesondere §§ 1 und 13 ff.) festgelegten Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht im Widerspruch stehen. Wenn das Stadtgericht in dem angegriffenen Urteil nur den Verklagten als Vater des Klägers zu dessen Unterhalt heranzdeht, dann verkennt es, daß auch die Mutter alle verfügbaren Kräfte zum Unterhalt ihrer Kinder einsetzen muß. Die Tatsache der erneuten Eheschließung und des Vorhandenseins eines Kindes aus dieser Ehe kann für sich allein keine Leistungsunfähigkeit begründen. Die * gleiche Verpflichtung der Eltern, für ihre Kinder äuf-zukommen, ,bedeutet jedoch nicht, Geldbeträge in gleicher Höhe für das Kind aufzubringen. In welchem Maße jeder Eltemteil herangezogen ward, richtet sich vielmehr nach den individuellen Verhältnissen der Eltern und des Kindes, wobei eine eingehende Würdigung auch der Lebensverhältnisse desjenigen Eltemtedls erfolgen muß, der nicht Prozeßparted ist. Es ist feststehende Rechtsprechung, daß die Mutter grundsätzlich ihren Unterhaltsbeitrag dadurch leistet, daß sie das Kind betreut und pflegt. Die Mutter kann sich dieser Verpflichtung nicht dadurch entziehen, daß sie das Kind anderen Personen zur Pflege gibt und veranlaßt, daß der Vater des Kindes für die dadurch entstandenen Kosten herangezogen wird. Es müssen zwingende Gründe dafür vorliegen, eine solche einseitige Verlagerung der Unterhaltspflicht auf den Vater vorzunehmen. Nur unter den Voraussetzungen des § 1603 BGB, also in der Hauptsache bei Mittellosigkeit eines Eltemteils, entfällt dessen Unterhaltsverpflichtung. Deshalb hat das Stadtgericht auch zutreffend darauf hingewiesen, daß der Kläger sich nicht die Leistungen entgegenhalten zu lassen braucht, die der Verklagte für die anderen Kinder zu erbringen hat. Im vorliegenden Fall hat das Stadtgericht in Verkennung der Rechtslage unterlassen aufzuklären, warüm die Mutter des Klägers die persönliche Sorge nicht ausübt. Die Tatsache, daß die Mutter des Klägers wieder verheiratet ist und ein zweites Kind hat, spricht in hohem Grade dafür, daß sie imstande ist, ihrer Mutterpflicht gegenüber dem Kläger nachzukommen. Die größeren Pflichten durch die zweite Eheschließung und das Kind aus dieser Ehe sind keinesfalls geeignet, die Unternaltspflicht der Mutter wegfallen zu lassen, ebensowenig wie die Unterhaltspflicht des Vaters des Klägers durch die Gründung einer neuen Familie entfallen ist. Auf seiten des Klägers liegen ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die persönliche Sorge nicht durch seine Mutter ausgeübt werden kann. Da der Akteninhalt bisher keine Hinweise dafür bietet, daß die Personensorge nicht durch die Mutter des Klägers ausgeübt werden kann, hätte das Stadtgericht bei richtiger rechtlicher und tatsächlicher Würdigung der Verhältnisse der Parteien den Betrag von der Unterhaltsforderung des Klägers ahsetzen müssen, der sich daraus ergibt, daß für die Betreuung des Klägers durch eine andere Person Mittel aufgewendet werden. Das angegriffene Urteil ist aber auch insofern mangelhaft, als es auf Grund sehr summarischer Feststellungen zu einer Verurteilung des Verklagten in der festgestellten Höhe gelangt. Die in Rechtswissenschaft und Rechtsprechung verlangten Voraussetzungen eines Unterhaltsurteils (vgl. u. a. Such in NJ 1955 S. 276 ■und 294) fehlen. Der Bedarf des Klägers ist überhaupt nicht ermittelt, und die wirtschaftliche Situation seiner Eltern findet im Urteil ebenfalls völlig unzureichend ihren Niederschlag. Aus diesen Gründen mußte das angegriffene Urteil aufgehoben und an das Stadtgericht zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung zurückverwiesen werden. Das Bestreben dies Verklagten, in diesem Prozeß eine Regelung der Unterhaltsansprüche und -Verpflichtungen aller Familienmitglieder seiner ersten Ehe vorzunehmen, ist nach geltendem Recht nicht zu verwirklichen. Das wird auch zum Teil von dem Urteil erster Instanz verkannt. Vielmehr bedarf es dazu der Geltendmachung der Ansprüche der beiden Kinder, für die der Verklagte die elterliche Sorge hat. Diese Kinder haben ebenfalls einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Mutter, dem sie sich auch nicht mit dem Einwand entziehen kann, daß sie als Hausfrau für den Ehemann und das von ihm stammende Kind sorgen müsse. Sie hat als Unterhaltsverpflichtete nach § 1603 Abs. 2 BGB alle verfügbaren Mittel zum Unterhalt zu verwenden. Die hauptsächlichste Quelle zur Erlangung der Mittel ist die berufliche Tätigkeit. Diese moralische und rechtliche Verpflichtung zum Einsatz ihrer Arbeitskraft steht nicht im Widerspruch mit dem Grundsatz, daß die Art und Weise, wie die Eheleute ihrer Unterhaltsverpflichtung genügen, nur durch die Eheleute selbst entschieden wird. Keine andere Stelle kann also Vorschriften darüber machen, ob der eheliche Unterhalt durch Arbeit in oder außer dem Hause von jedem Ehegatten erbracht wird. Neben der aus der ehelichen Lebensgemeinschaft sich ergebenden Unterhaltsleistung steht jedoch der Anspruch der Kinder gegen ihre Eltern, und die Kinder können verlangen, daß jeder Eltemteil seine Arbeitskraft zur Bestreitung des Unterhalts der Kinder edn-setzt. Von dieser Verpflichtung ist die Mutter des Klägers nicht ausgenommen. Ebensowenig wie der Verklagte unter Berufung auf die Ausübung der persönlichen Sorge für das bei ihm befindliche Kind aus erster Ehe seine Erwerbstätigkeit und damit auch die Unterhaltsleistungen für den Kläger einstellen kann, kann sich die Mutter des Klägers nur mit dem Hinweis auf ihre Wiederverheiratung und das Kind aus zweiter Ehe von ihrer Verpflichtung befreien. Erst wenn eine eingehende Prüfung der familiären Situation und der möglichen gesellschaftlichen Hilfe für die Ehefrau und Mutter ergibt, daß sie ihre Arbeitskraft für den Unterhalt auch der anderen Kinder nicht einsetzen kann, entfällt insoweit ihre Unterhaltsverpflichtung. Es ist jedoch anzunehmen, daß es nicht die Mutter des Klägers, sondern ihr Ehemann ist, der ihrer Berufstätigkeit ablehnend gegenübersteht, wie. aus ihrer Zeugenvernehmung hervorgeht. Die Mutter des Klägers hat wohl die richtige Vorstellung, daß sie nicht nur zur Erfüllung ihrer Unterhaltsverpflichtung allen ihren Kindern gegenüber ihre Arbeitskraft einsetzen muß, sondern daß sie auch zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit und in Verwirklichung der an jeden Staatsbürger gerichteten Forderung der Nationalen Front „Arbeite mit plane mit regiere mit“ den engen häuslichen Kreis überschreiten muß. Das Gesetz steht ihr dabei zur Seite. In § 16 der Berliner VO über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau ist festgelegt, daß die Frau durch die Eheschließung nicht gehindert werden darf, einen Beruf auszuüben oder einer beruflichen Ausbildung und ihrer gesellschaftlichen und politischen Fortbildung nachzugehen. Von dieser Rechtslage aus werden die an diesem Verfahren beteiligten Familienmitglieder ihre Situation, insbesondere ihre Verantwortung füreinander, erneut zu überprüfen haben. 829;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 829 (NJ DDR 1958, S. 829) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 829 (NJ DDR 1958, S. 829)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

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