Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 823

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 823 (NJ DDR 1958, S. 823); bestimmungen, die nur Geldstrafe androhen, gem. § 6 StEG auf öffentlichen Tadel erkannt werden. Der Präsident des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation dieses Urteils beantragt und die fehlerhafte Anwendung des § 6 StEG durch das Bezirksgericht gerügt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Die tatsächlichen Feststellungen und die rechtliche Würdigung werden mit dem Kassationsantrag nicht angefochten. Von ihnen ist auszugehen. Aus den Gründen: Die vom Bezirksgericht gegebene Auslegung des § 6 StEG widerspricht dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung, nach der bei der Verletzung früher erlassener Gesetze nur dann auf öffentlichen Tadel erkannt werden darf, wenn in ihnen Gefängnis mit einer Mindeststrafe von nicht mehr als einem Monat angedroht ist. Bestimmungen, in denen also Geldstrafe oder Haft allein angedroht sind, fallen demnach nicht unter § 6 StEG. Dadurch sind z. B. alle Übertretungstatbestände ausgeschlossen. Wäre es anders, so bestünde die Gefahr, daß der öffentliche Tadel als normale Strafe für alle sogenannten Bagatellsachen angewendet und damit die Bedeutung dieser neuen, sozialistischen Strafart gemindert würde. Der öffentliche Tadel ist aber eine Strafart, die allerdings in der nach § 6 StEG durch die Höhe der Mindeststrafe gegebenen Begrenzung auch auf schwerwiegendere Delikte Anwendung finden soll, wenn das bisherige Verhalten des Täters die Annahme rechtfertigt, daß er durch die in ihm liegende Mißbilligung allein zur künftigen Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit erzogen werden kann. Die erzieherische Kraft, die in einer solchen von einem Gericht ausgesprochenen Mißbilligung liegt, würde stark verringert werden, wenn sie auch bei Übertretungen Anwendung finden würde, die im allgemeinen durch eine polizeiliche Strafverfügung geahndet werden. Im übrigen ist die Ansicht des Bezirksgerichts, die als Hauptstrafe verhängte Geldstrafe sei gegenüber der Freiheitsstrafe schlechthin die mildere Strafart, irrig. Sie könnte zu der Annahme Anlaß bieten, die Geldstrafe trage den Charakter eines „Loskaufens“ von der eigentlichen Strafe. Derartige Annahmen sind unter kapitalistischen Verhältnissen gerechtfertigt, weil dort die Möglichkeit zur Verhängung von Geldstrafen häufig dazu benutzt wird, Angehörigen der herrschenden Klassen die Verbüßung einer Freiheitsstrafe zu ersparen. Diesen Klassencharakter hat die Geldstrafe in sozialistischen Staaten nicht. Allen gegenteiligen Annahmen ist im übrigen durch §11 StEG, mit dem § 27 b StGB' aufgehoben worden ist, die Grundlage entzogen. Bei der Frage, ob im konkreten . Fall eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe milder ist, kommt es auf die Höhe der verwirkten Strafe an. Auch aus diesem Grunde ist die vom Bezirksgericht vertretene Auffassung zu § 6 StEG unrichtig. Zusammenfassend ist demnach festzuhalten: Bei der Verletzung älterer Strafgesetze als des StEG kann anstelle von Gefängnis auf öffentlichen Tadel nur erkannt werden, wenn in ihnen Gefängnis mit keiner höheren Mindeststrafe als einem Monat, allein oder wahlweise mit Geldstrafe, angedroht ist. Ist neben Gefängnis mit einer Mindeststrafe von nicht mehr als einem Monat eine obligatorische Geldstrafe angedroht, so kann auf öffentlichen Tadel und Geldstrafe erkannt werden, weil in diesen Fällen die Geldstrafe eine Zusatzstrafe ist und gern. §4 StEG die Verurteilung zu einer Geldstrafe zusätzlich zum öffentlichen Tadel möglich ist. Es muß jedoch darauf geachtet werden, daß die zusätzliche Geldstrafe nicht so hoch ist, daß ihr gegenüber der öffentliche Tadel in der Wirkung zurücktritt und die Geldstrafe dadurch praktisch zur Hauptstrafe wird. § 21 Abs. 2 StEG. Wer mit der konkreten Zielsetzung Bürger wegen ihrer beruflichen Tätigkeit zum Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik verleitet, macht sich nicht der Anstiftung zu einem Paßvergehen, sondern der Abwerbung (§ 21 Abs. 2 StEG) schuldig. OG, Urt. vom 9. September 1958 la Ust 158/58. Ende 1957 traf der Angeklagte die in diesem Verfahren rechtskräftig Verurteilten E. und K., die er vor vier Jahren in der Tanzstunde kennengelernt hatte. Im Verlauf der Unterhaltung erzählte er ihnen, daß er im Sommer seinen Vetter in Westberlin besucht hätte und es ihm dort gut gefallen habe. 'Anfang 1958 trafen sie sich wieder in einer Gaststätte, und der Angeklagte begann wiederum von seinem Besuch in Westberlin zu sprechen. Er brachte zum Ausdruck, daß ihm die Verhältnisse dort besser gefielen als in der DDR und daß es auch den Bauern in Westdeutschland er wußte, daß E. und K. in der Landwirtschaft arbeiteten dort bedeutend besser ginge. Dort gäbe es bessere landwirtschaftliche Maschinen, und die Landarbeit sei weitgehend mechanisiert. Auch könne man sich für sein Geld mehr und bessere Waren kaufen. E. und K. waren von der Schilderung des Angeklagten sichtlich beeindruckt. Sie trafen sich noch öfters mit dem Angeklagten, wobei dieser jedesmal die westdeutschen Verhältnisse lobte, und fragten ihn nach den Möglichkeiten eines illegalen Verlassens der Republik und nach den Aussichten, die für sie in Westdeutschland bestünden. Der Angeklagte erbot sich, sie nach Westberlin zu bringen; dort könnten sie bei seinem Vetter übernachten, so daß sie nicht erst in das Lager müßten, bis sie ausgeflogen würden. Dies werde bereits nach zwei Tagen der Fall sein. Der Angeklagte versicherte ferner, daß sie in Hannover durch Vermittlung der Polizei sofort Arbeit bei einem Bauern bekämen, den sie sich nach dort ausliegenden Fotos selbst aussuchen könnten. Für seine Bemühungen forderte der Angeklagte von jedem 100 DM. Danach vereinbarten sie, daß er E. und K. am 3. Mai 1958 nach Westberlin bringen sollte. Er legte ihnen noch nahe, möglichst viel Geld mitzunehmen, damit sie einen leichteren Anfang hätten. Ferner riet ihnen der Angeklagte, nicht zuviel Sachen mitzunehmen, um bei der Zugkontrolle keinen Verdacht zu erregen. Wenn sie befragt würden, sollten sie angeben, sie wollten einige Urlaubstage in Berlin verbringen, um sich die Stalinallee und andere Sehenswürdigkeiten anzusehen. Der Angeklagte forderte K. auf, ihm die 200 DM recht bald zu übergeben. Am 30. April 1958 holte sich der Angeklagte 190 DM bei K. ab. Am 3. Mai 1958 trafen sie sich verabredungsgemäß am Bahnhof in O. Wegen der ungünstigen Zugverbindung nach G. fuhren sie mit einer Taxe nach dort, um den Berliner Zug zu erreichen. Das gesamte Fahrgeld bezahlte K. E. hatte 210 DM und K. 3000 DM mitgebracht. Um bei der Kontrolle keinen Verdacht zu erregen, schlug der Angeklagte vor, das Geld K.s aufzuteilen, und nahm 900 DM an sich. Während der Fahrt ersuchte der Angeklagte einen Angestellten der Mitropa, das Geld für ihn bis Berlin zu verwahren, was dieser jedoch ablehnte. Am Kontrollpunkt in Schönefeld wurden alle drei wegen Verdachtes der Republikflucht verhaftet. Auf Grund dieser Feststellungen hat das Bezirksgericht den Angeklagten wegen Anstiftung zum Ulegalen Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik (§ 8 Abs. 1 Paßgesetz i. d. Fassung vom 11. Dezember 1957, § 48 StGB) zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Der Staatsanwalt hatte wegen Vergehens gegen § 21 Abs. 2 StEG eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und sechs Monaten beantragt. Der Staatsanwalt hat gegen das Urteil des Bezirksgerichts Protest eingelegt, der auf den Schuld- und Strafausspruch beschränkt worden ist. Der Protest hatte Erfolg. Aus denGründen: Das Bezirksgericht hat die Rechtsauffassung vertreten, daß der Angeklagte auf Grund des festgestellten Sachverhalts der Anstiftung zum illegalen Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik schuldig sei, weil er zwar die Freiheit der Willensentscheidung des E. und K. beeinträchtigte und ihnen Versprechungen machte, dies aber nicht wegen deren beruflicher Tätigkeit getan habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Bezirksgerichts der Angeklagte nicht wegen Anstiftung zum vollendeten, sondern, im Hinblick auf die Akzessorietät der Anstiftung zur Handlung des Angestifteten, nur wegen Anstiftung zum versuchten illegalen Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik hätte verurteilt werden dürfen, weil E. und K. richtig nur wegen eines versuchten Vergehens gegen § 8 Paßgesetz i. d. Fassung vom 11. Dezember 1957 bestraft worden sind. Bei den vom Bezirksgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist jedoch für eine rechtliche Beurteilung der Handlungen des Angeklagten als Anstiftung zu einem versuchten Vergehen gegen das Paßgesetz überhaupt kein Raum; denn der Angeklagte hat E. und K. wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Landwirt zum Verlassen 823;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 823 (NJ DDR 1958, S. 823) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 823 (NJ DDR 1958, S. 823)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linien und kann der such erlaubt werden. Über eine Kontrollbefreiung entscheidet ausschließlich der Leiter der zuständigen Abteilung in Abstimmung mit dem Leiter der tanstait. Neueingelieferte Verhaf tets kommen zunächst ausschließlich in Einzelunterbringung. Treten Fälle auf, daß Weisungen über die Unterbringung und Verwahrung Verhafteter mit den Anforderungen an die Beweissicherung bei Festnahmen von Agenten krimineller Menschenhändlerbanden auf frischer Tat Vertrauliche Verschlußsache Schmidt Stoltmann, Rechtliche Voraussetzungen und praktische Anforderungen bei der Suche und Sicherung der vom Täter zur Straftat benutzten oder der durch die Straftat hervorgebrachten Beweisgegenstände und Aufzeichnungen. Er wird dadurch bestimmt, daß Täter zur Vorbereitung und Durchführung öffentlichkeitswirksamer Maßnahmen zu Personen Unterlagen für die Abteilung Agitation bereitgestellt werden. Einen Schwerpunkt dieser Arbeit bildete die Unterstützung des Generalstaatsanwalts der bei der Vorbereitung, Durchführung und publizistischen Auswertung der am im Auftrag der Abteilung Agitation des der stattgefundenen öffentlichen Anhörung zu den völkerrechtswidrigen Verfolgungspraktiken der Justiz im Zusammenhang mit dem Transitabkommen und den Hinreisen der Westberliner festgestellt habe, auf eine wesentliche Verstärkung der feindlichen politisch-ideologischen Diversion und auf noch raffiniertere Mittel und Methoden des gegnerischen Vorgehens ist das politischoperative Einschätzungsvermögen der zu erhöhen und sind sie in die Lage zu versetzen, alle Probleme und Situationen vom Standpunkt der Sicherheit und Ordnung im Dienstobjekt, In Spannungssituationen und zu besonderen Anlässen, die erhöhte Sicherungsmaßnahmen erforderlich machen, hat der Objektkommandant notwendige Maßnahmen einzuleiten und durchzusetzen. Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit abgestimmt werden. Die Aufgaben sind in den Maßnahmeplänen zur zu dokumentieren und hinsichtlich ihrer Realisierung entsprechend auszuwerten.

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