Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 809

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 809 (NJ DDR 1958, S. 809); Ein Kreisgericht zieht Schlußfolgerungen aus der Rechtsprechung in Ehesachen Von GERHARD POLLER, Direktor des Kreisgerichts Leipzig, Stadtbezirk Nordost Im Stadtbezirk Nordost der Stadt Leipzig nahmen im 2. Quartal 1958 die Eheverfahren im Verhältnis zum 1. Quartal 1958 erheblich zu. Das Leitungskollektiv des Kreisgerichts beschloß deshalb im Verlauf des 3. Quartals 1958 auf Grund des ständigen Ansteigens der Eheverfahren organisatorische Maßnahmen zur Bewältigung des Arbeitsanfalls. Da sich jedoch auch in der Rechtsberatung die Richter in sehr erheblichem Umfang mit Rechtsuchenden befassen mußten, die wegen ihrer zerrütteten Ehe um Hilfe baten es waren und sind vor allem Frauen, die die Beratung in Anspruch nehmen , gaben wir uns mit den organisatorischen Maßnahmen nicht zufrieden. Eine wesentliche Hilfe gab uns der V. Parteitag der SED. Im Beschluß des Parteitages heißt es: „Die Moralgesetze, diese Gebote der neuen, sozialistischen Sittlichkeit, sind ein fester Bestandteil unserer Weltanschauung“. Wir sind deshalb dazu übergegangen, dieSituation in ■unserem Stadtbezirk, der überwiegend von Arbeitern und Angestellten bewohnt ist, zu untersuchen und aus dem Ergebnis Schlußfolgerungen zu ziehen, die geeignet sind, die moralischen Anschauungen unserer Menschen zu verändern. Dabei sind wir von dem Moralgesetz ausgegangen: „Du sollst sauber und anständig leben und Deine Familie achten“. Was haben wir nun im einzelnen festgestellt? Im 1. Quartal 1958 hatten wir einen Eingang von 68 Verfahren. Im 2. Quartal 1958 waren es 90 Verfahren. Es ist also ein erhebliches Ansteigen zu verzeichnen. Auch im Vergleich zum 2. Quartal 1957, in dem 70 Verfahren eingingen, ist im 2. Quartal 1958 die Zahl der Verfahren gestiegen. Im 1. Quartal 1958 wurden eine Klage abgewiesen und 14 Klagen zurückgenommen. Der überwiegende Teil der Ehen mußte geschieden werden. Auch im 2. Quartal 1958 ist das Verhältnis nicht wesentlich besser. Hier ergingen 5 Klageabweisungen. 15 Klagen wurden zurückgenommen. Bei der sozialen Zusammensetzung der Parteien, die im 2. Quartal 1958 eine Scheidungsklage einreichten, handelt es sich zu 55 Prozent um Arbeiter und zu 21 Prozent um Angestellte. Dabei muß natürlich berücksichtigt werden, daß der prozentuale Anteil der Arbeiter an der Gesamtbevölkerung am höchsten ist. Trotzdem ist er hier zu hoch. Im Jahre 1958 wurden bisher vom Gericht 12 Verfahren wegen Aussicht auf Aussöhnung der Parteien ausgesetzt. In 2 Fällen erfolgte innerhalb der Frist eine Klagerücknahme. In der überwiegenden Zahl der Verfahren dies war 1957 nicht anders bitten die Parteien jedoch um Fortsetzung des Verfahrens, und es kommt zur Scheidung. Wir haben die Erfahrungen gemacht, daß sich trotz Aussetzung des Verfahrens die Beziehungen der Parteien verschlechtern und sehr oft das Gegenteil von dem erreicht wird, was das Gericht mit seinem Beschluß beabsichtigt hatte. Welche Ursachen liegen nun im einzelnen dem Ansteigen der Eheverfahren zugrunde? Vorerst sei fest-gstellt, daß die Einwirkungen des Krieges auf die Ehe überwunden sind. Es gibt kaum noch Fälle, in denen die jahrelange kriegsbedingte Trennung der Parteien eine Rolle spielt. Zu beobachten ist aber, daß durch die wirtschaftliche Selbständigkeit der Frau die Scheidungsbegehren der Frauen zugenommen haben. Bisher hielt die Frau, um versorgt zu bleiben, sehr oft mit der Klage zurück, obwohl die Ehe durch das Verhalten des Mannes zerrüttet war und auch für die Gesellschaft ihren Sinn verloren hatte. Wir konnten jetzt feststellen, daß in 50 Prozent der Verfahren Frauen klagen. Eine weitere Ursache ist darin zu sehen, daß die Parteien in sehr jungen Jahren heiraten, sich vor der Ehe kaum kennen und sich über die Bedeutung einer Ehe nicht im klaren sind. In unverantwortlicher Weise gehen die jungen Leute oft bereits bei Beginn der Ehe eigene Wege. Sie stehen auf dem Standpunkt, daß sie nicht zuein- ander passen. Häufig wird selbst ein Kleinkind den Eltern oder Schwiegereltern überlassen. Wir mußten in vielen Verfahren feststellen, daß gerade bei jungen Menschen eine schlechte Einstellung' zur Ehe und große Unerfahrenheit vorliegen. Es soll hier nicht gegen die Eheschließung von jungen Menschen plädiert werden, es müssen aber Wege gefunden werden, um den erwähnten Zustand zu verändern. In letzter Zeit sind bei uns auch einige Fälle aufgetreten, in denen ältere Menschen durch Vermittlung von Be-kanten oder durch Vermittlungsbüros heirateten und kurze Zeit später feststellten, -daß sie sich nicht verstehen können. Diese Form des Sichkennenlernens sollte doch bei uns überwunden sein. Dabei taucht die Frage auf, ob derartige Institutionen überhaupt noch eine Existenzberechtigung haben. Auch in Zeitschriften (z. B. „Wochenpost“) dürften „Heiratsannoncen“ m. E. nicht mehr aufgenommen werden. Diese Überbleibsel aus der kapitalistischen Zeit müßten beseitigt werden. In unserer sozialistischen Gesellschaft hat jeder Bürger durch die Arbeit und durch die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben die Möglichkeit, einen Partner für das Leben zu finden. Auch der übermäßige Genuß von Alkohol ist eine Ursache der Ehezerrüttung. Wir haben festgestellt, daß entsprechende Klagen nicht zurückgehen, sondern zunehmen. Allein im 2. Quartal 1958 war der übermäßige Genuß von Alkohol bei Männern in 10 Fällen und bei Frauen in 2 Fällen die Ursache der Zerrüttung der Ehe. Auch in der Rechtsberatung des Gerichts taucht dieses Problem immer wieder auf. In der Beratung müssen sich die Richter zu 28 Prozent mit Rechtsuchenden mit zerrütteten Ehen befassen, und davon wieder sind mindestens 25 Prozent Fälle, in denen der Alkohol eine Rolle spielt. Wenn auch die Erhöhung der Spirituosenpreise schon der Bekämpfung des übermäßigen Alkoholgenusses dient, sollte man überlegen, ob es nicht notwendig ist, hier noch einschneidendere Maßnahmen zu treffen. Es wird vorgeschlagen, in den Betriebskantinen und -Verkaufsstellen keine alkoholischen Getränke zu verkaufen. Dies dient außerdem dem Arbeitsschutz. Im übrigen sollte man sich überlegen, ob nicht, wie dies bereits in der Sowjetunion und in der CSR der Fall ist, z. B. bei Kultur- und Sportveranstaltungen qualitativ hochwertige alkoholfreie Getränke in größerer Auswahl angeboten werden sollten, damit die jungen Menschen gar nicht erst an den Alkoholgenuß gewöhnt werden. Zur Zeit wird doch fast nur Bier und Schnaps ausgeschenkt. Gerade durch den Genuß von Alkohol in größeren Mengen kommt es zu sehr unliebsamen Szenen. Die Familie wird vernachlässigt, den Kindern wird der Unterhalt entzogen. Sehr oft wird die Frau im Beisein der Kinder mißhandelt. Allein im 2. Quartal 1958 führten in 12 Fällen Mißhandlungen der Frau, zum Teil unter Alkoholeinwirkung, zur Scheidung. Diese Mißhandlungen gehen so weit, daß wir in 3 Fällen die ratsuchenden Frauen auf Grund erheblicher Körperverletzungen zum Staatsanwalt zwecks Einleitung eines Strafverfahrens verweisen mußten. In solchen Fällen sind die Männer meist völlig gefühlskalt und desinteressiert an der Frau und den gemeinsamen Kindern. Der überwiegenden Zahl der Scheidungsbegehren liegt aber eheliche Untreue des Mannes oder der Frau zugrunde, wobei die eheliche Untreue des Mannes überwiegt. Die Ursachen liegen im mangelnden Verständnis des anderen Ehepartners, in verantwortungsloser Trennung von der Ehefrau, weil eine andere Frau „mehr Verständnis“ aufbringt, und zum Teil in sog. Betriebsehen. Auch wir mußten wiederholt feststellen, daß sich der Ehemann im Betrieb einer Arbeitskollegin zuwandte, die Frau aber zu Hause die Wirtschaft führte und die Kinder erzog. Sehr häufig liegt der ehelichen Untreue des Mannes auch die Verweigerung des ehelichen Verkehrs durch die Frau zugrunde. Die Ursache dafür liegt unseres Erachtens einmal darin. 809;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 809 (NJ DDR 1958, S. 809) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 809 (NJ DDR 1958, S. 809)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

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