Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 789

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 789 (NJ DDR 1958, S. 789); sung der Angeklagten durch den Getöteten, ihre wiederholten Hinweise an ihn, aus den Gleisen herauszutreten, und ihr Bestreben, ohne weitere Verzögerung alle Arbeiten durchzuführen im vorliegenden Falle eine bedingte Verurteilung der Angeklagten gerechtfertigt erscheinen. § 8 Abs. 1 StEG. Bei der tätlichen Zurückweisung einer groben politischen Provokation, die auch nicht als straflose Überschreitung der Notwehr (§ 53 Abs. 2 StGB) angesehen werden kann, ist zu prüfen, ob mangels Gesellschaftsgefährlichkeit die strafrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 8 StEG ausgeschlossen ist. OG, Urt. vom 12. September 1958 - 1 b Zst 29/58. Die Angeklagten sind durch das Urteil des Kreisgerichts wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 223a StGB) zu je vier Monaten Gefängnis und gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 100 DM an den Gleisbauarbeiter L. verurteilt worden. Auf die Berufungen der Angeklagten hat das Bezirksgericht die im Urteil des Kreisgerichts getroffenen tatsächlichen Feststellungen bestätigt und die Angeklagten, unter Festsetzung einer Bewährungsfrist von zwei Jahren, zu je vier Monaten Gefängnis bedingt und, ebenso wie das Kreisgericht, zur Schadensersatzleistung verurteilt. Den Entscheidungen liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Die Angeklagten und einige ihrer Genossen von der Nationalen Volksarmee nahmen an der Kirmesfeier in I. als. Gäste teil. Im yerlaufe des Abends kam es mehrfach vor, daß einige der Armeeangehörigen von Arbeitern eines Bauzuges beschimpft wurden. Kurz vor Schluß der Kirmesfeier kam es zu einem Tumult. Als der Angeklagte Sch. vorbeikam, beschimpfte ihn der erheblich angetrunkene L. sinngemäß als „Russenlümmel“ und fragte, was er hier wolle. Der Angeklagte Sch. verbat sich dies und faßte L. vorn an der Kleidung. Der Zeuge K. trat zwischen beide, um Tätlichkeiten zu verhindern; er forderte L. auf, seine Äußerung zurückzunehmen, und gab beiden den Rat, sich zu vertragen. Der Angeklagte Sch. ließ daraufhin von L. ab. L. be-zeichnete ihn jedoch erneut sinngemäß als „Russenschwein“. Daraufhin holte der Angeklagte Sch. zum Schlage gegen ihn aus, traf jedoch den Zeugen K., wobei dessen Brille zerbrach. Inzwischen hatte L. das Lokal verlassen und sich in Richtung nach N. entfernt. Der Angeklagte Sch. und auch der Angeklagte Kö., der Zeuge dieser Vorgänge war, liefen hinter L. her, weil sie sich in ihrer Ehre angegriffen fühlten. Nachdem sie L. eingeholt hatten, verabreichten sie ihm eine Tracht Prügel. Der Generalstaatsanwalt hat die Kassation der Urteile des Kreisgerichts und Bezirksgerichts wegen Verletzung des Gesetzes durch Nichtanwendung des § 8 StEG und unrichtiger Anwendung des § 223 a StGB beantragt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Im vorliegenden Fall rechtfertigt der festgestellte Sachverhalt die Anwendung des § 8 StEG. Ausgangspunkt für diese Beurteilung ist die Feststellung, daß das Verhalten der Angeklagten ausschließlich durch die provokatorischen Äußerungen L‘s. veranlaßt worden ist. Hinzu kommt, daß zur Tatzeit und am Tatort durch die Auseinandersetzungen zwischen den I‘lebe-ner Burschen und Angehörigen des Bauzuges eine äußerst gespannte Situation gegeben war. Ferner waren Kameraden der Angeklagten schon im Verlaufe des Abends von Angehörigen des Bauzuges in ähnlicher Form provoziert worden. Es bestand daher objektiv die Gefahr, daß die Provokation auch von anderen, im Vorraum des Tanzsaales anwesenden Gästen, insbesondere Angehörigen des Bauzuges, aufgegriffen und gegen die Angeklagten und ihre Kameraden weiter vorgetragen wunde. Weiterhin setzte L. seine Provokation fort, obwohl er vom Zeugen K. ermahnt worden war und der Angeklagte Sch. im Sinne dieser Ermahnung Zurückhaltung übte. Er steigerte damit nicht nur die Gefahr der Ausbreitung dieser Provokation, sondern auch die bei den Angeklagten durch seine hetzerischen Äußerungen bereits hervorgerufene Empörung. Diese Situation erforderte von den Angeklagten als Angehörigen der Nationalen Volksarmee, wenn auch nicht mehr im Rahmen einer gern. § 53 StGB gebotenen Notwehrhandlung, eine energische Zurückweisung der Provokation. Soweit sie dabei den Provokateur an der Gesundheit beschädigten, erfüllt die Handlung zwar den Wortlaut des § 223 a StGB, aber mangels schädlicher Folgen für die Deutsche Demokratische Republik, den sozialistischen Aufbau und die Interessen des werktätigen Volkes liegt ein Verbrechen nicht vor. An dieser Einschätzung ändert auch nichts die durch die politisch notwendige Abwehr eingetretene körperliche Beeinträchtigung L‘s., weil ein Provokateur die ihm durch sein staatsfeindliches Verhalten entstehenden Nachteile selbst zu verantworten hat. Sie haben keine gesellschaftsschädlichen Folgen und sind daher geringfügig. Aus den dargelegten Gründen ermangelt es den Handlungen der Angeklagten an dem Merkmal der Gesellschaftsgefährlichkeit als materieller Eigenschaft des Verbrechens, so daß eine Straftat nicht vorliegt. Die Angeklagten hätten daher von der Anklage, eine gefährliche Körperverletzung begangen zu haben, gern. § 221 Ziff. 1 StPO freigesprochen, und der von L. gestellte Antrag auf Schadensersatz hätte gern. § 271 StPO abgewiesen werden müssen. § 21 Abs. 2 StEG. 1. Jugendliche im Sinne des § 21 Abs. 2 StEG sind nur Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. 2. „Berufsausbildung“ im Sinne von § 21 Abs. 2 StEG erfordert ein bestimmtes, zum Zeitpunkt der Tat bestehendes Ausbildungsverhältnis, wie dies z. B. bei Lehrlingen, Praktikanten und Studenten der Fall ist. Ferner kann eine „Berufsausbildung“ vorliegen, wenn die betreffende Person zum Zeitpunkt der Verleitung zum Verlassen der DDR zwar eine an sich schon eigenständige berufliche Tätigkeit ausübt, für sie aber bereits ein bestimmter Plan festliegt, in einer weiteren Ausbildung eine höhere oder andersartige berufliche Qualifikation zu erwerben. 3. Zum Begriff der Verleitung einer Person zum Verlassen der DDR „wegen ihrer beruflichen Tätigkeit“. OG, Urt. vom 20. Juni 1958 - lb Ust 66/58. Am Abend des 1. Februar 1958 lernte der 'Angeklagte in einer Gaststätte die achtzehn Jahre alte Zeugin M. kennen, die beim Rat des Kreises S., Abt. Finanzen, als Karteiführerin beschäftigt war. Sie vermißte seit mehreren Wochen" einige Sollkarten für Handwerker, hatte aber den vermeintlichen Verlust auf der Arbeitsstelle bisher verschwiegen, weil sie belehrt worden war, daß der verschuldete Verlust derartiger Karten strafrechtliche Folgen haben könne. Dies teilte sie dem Angeklagten mit. Der Angeklagte schlug der Zeugin daraufhin vor, mit ihm zusammen die Deutsche Demokratische Republik zu verlassen. Auf ihren Einwand, sie habe keinen Beruf erlernt, erwiderte der Angeklagte, sie könne in Westdeutschland bei ihm als Sekretärin arbeiten. Die Zeugin M. erklärte sich schließlich bereit, mit dem Angeklagten illegal die Deutsche Demokratische Republik zu verlassen. Sie wurde aber von ihrem Vater ausfindig gemacht und nach Hause gebracht. Auf Grund dieses Sachverhalts hat das Bezirksgericht den' Angeklagten wegen Verbrechens gegen § 21 Abs. 2 StEG verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Zur Begründung wird im wesentlichen vorgetragen: Die über 18 Jahre alte Zeugin M. könne nicht als „Jugendliche“ i. S. von § 21 Abs. 2 StEG betrachtet werden. Ebensowenig habe sie sich in der Berufsausbildung befunden. Die Berufung mußte Erfolg haben. Aus den Gründen: Die vom Bezirksgericht vertretene Ansicht, die Zeugin M. sei als „Jugendliche“ i. S. von § 21 Abs. 2 StEG zu betrachten, obwohl sie zum Zeitpunkt der Tat bereits das 18. Lebensjahr vollendet hatte, ist unrichtig. Das Bezirksgericht hat seinen Standpunkt im wesentlichen damit begründet, daß keine Identität hinsichtlich der sowohl im JGG als auch im § 21 Abs. 2 StEG verwendeten Begriffe „Jugendliche“ bestehe, zum Unterschied vom Jugendgerichtsgesetz als „Jugendliche“ i. S. von § 21 Abs. 2 StEG vielmehr junge Menschen zu verstehen seien, die noch nicht die ausreichende Lebenserfahrung auf allen Gebieten des täglichen Lebens haben und deshalb noch auf die Hilfe der Gesellschaft und älterer Menschen angewiesen sind. Mithin könne auch die Altersgrenze von 18 Jahren nicht maßgebend sein. Diese Ansicht findet im Gesetz keine Stütze; sie wird vielmehr durch mehrere gesetzliche Bestimmungen widerlegt, die als Ausdruck der in der Deutschen Demo- 789;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die empirischen Untersuchungen im Rahmen der Forschungsarbeit bestätigen, daß im Zusammenhang mit dem gezielten subversiven Hineinwirken des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins in die bei der Erzeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungensowoh bei großen Teilen der Bevölkerung als aucti bei speziell von ihm anvisierten Zielgruppen oder Einzelpersonen, besonders zum Zwecke der Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der DDR. Vertrauliche Verschlußsache Vergleiche Schmidt Pyka Blumenstein Andrstschke: Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Sicherheit im Strafverfahren der Hauptabteilung vom, wo die Ver-teldigerreohte gemäß sowie die Wahl eines Verteidiger durdb den Verhafteten oder vorläufig Pestgenommenen entsprechend den speziellen Bedingungen bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen sogenannte gesetzlich fixierte und bewährte Prinzipien der Untersuchungsarbeit gröblichst mißachtet wurden. Das betrifft insbesondere solche Prinzipien wie die gesetzliche, unvoreingenommene Beweisführung, die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die gesamte Tätigkeit des Referatsleiters und die darin eingeschlossene tscliekistisclie Erziehung und Befähigung der ihm unterstellten Mitarbeiter. Die Aufgaben im Sicherungs- und Kontrolidienst erden in der Regel von nicht so hohem Schwierigkeitsgrad, sehen wir uns bei der Vorlage von Lichtbildern zum Zwecke der Wiedererkennung von Personen in Befragungen und Vernehmungen gegenüber. Diese Maßnahme kommt in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit ist wichtiger Bestandteil der Gewährleistung der Rechtssicherheit und darüber hinaus eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden.

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