Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 774

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 774 (NJ DDR 1958, S. 774); 2. die Entscheidung des Reichsgesetzgebers, daß JCriegs- und Standgerichte zu den Ausnahmegerichten zählten; 3. die Ausnahmebestimmung, wonach Kriegs- und Standgerichte (obwohl an sich Ausnahmegerichte) auf Grund von Reichsgesetzen errichtet werden durften. Unter Kriegs- und Standgerichten waren nicht etwa die eigentlichen Militärgerichte höherer und niederer Ordnung nach der Militärstrafgerichtsordnung zu verstehen, sondern die außerordentlichen Strafgerichte, die auf Grund reichsgesetzlicher Bestimmungen während des Ausnahmezustandes gebildet werden durften. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gerichtsverfassungsgesetzes hatte man die Bezeichnung Kriegs- und Standgerichte gewählt, weil die Benennung der außerordentlichen Gerichte des Kriegs- und Belagerungszustandes in der damaligen Gesetzgebung der Bundesstaaten keine gleichmäßige war. (In Bayern nannte man sie Standrechte oder Standgerichte; in Preußen hießen sie Kriegsgerichte.) Der Ausdruck Kriegs- und Standgerichte wurde in die Weimarer Verfassung übernommen, weil eine reichsgesetzliche Regelung des Ausnahmezustandes noch nicht vorlag. Sie wurde zwar durch Art. 48 Abs. 5 der Verfassung angekündigt, aber das Ausführungsgesetz ist nie ergangen. Art. 48 Abs. 2 5 enthielt die Maßnahmen, die der Reichspräsident zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung treffen konnte. Sie führten den Ausnahmezustand herbei. Die Kriegs- und Standgerichte, die Art. 105 der Weimarer Verfassung erwähnte, waren also jene außerordentlichen Gerichte, die während des nach Art. 48 verhängten Ausnahmezustandes errichtet werden durften, wenn dafür „gesetzliche Bestimmungen“ Vorlagen. Unter „gesetzlichen Bestimmungen“ waren in diesem Zusammenhang nur die Äußerungen der gesetzgebenden Gewalt zu verstehen, also formelle Reichsgesetze10 *. Verordnungen des Reichspräsidenten, die auf Grund des Artikel 48 der Verfassung ergingen, waren keine Äußerungen der gesetzgebenden Gewalt, sondern Maßnahmen der Diktatur11. Da die Diktaturanordnungen des Reichspräsidenten nicht zu den gesetzlichen Bestimmungen gehörten, auf Grund derer außerordentliche Gerichte gebildet werden durften, waren die Verordnungen des Reichspräsidenten vom 29. März 1921 über die Bildung außerordentlicher Gerichte und die am 14. Mai 1921 folgende Abänderungsverordnung verfassungswidrig. Auch unter einem anderen Gesichtspunkt ergab sich die Verfassungswidrigkeit der im März 1921 gebildeten Ausnahmegerichte. Mit den Diktaturverordnungen vom 29. März und vom 14. Mai 1921 traf der Reichspräsident Maßnahmen, durch die ein unsuspendierbares Grundrecht aufgehoben wurde: das Recht auf den gesetzlichen Richter. Mit dem Satz „Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen 'werden“ garantierte Art. 105 der Weimarer Verfassung den Anspruch jedes Bürgers, nur von einem solchen Gericht verurteilt zu werden, das nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Gerichtsverfassung zusammengesetzt war und nach den gesetzlichen Verfahrensbestimmungen prozedierte. Die wichtigste Folge aus dem Verbot der Richterentziehung ist das Verbot der Ausnahmegerichte. Beide Verbote stimmen weitgehend miteinander überein12, denn wer vor ein verbotenes Ausnahmegericht gestellt wird, ist damit seinem gesetzlichen Richter entzogen. Art. 48 Abs. 2 der Weimarer Verfassung zählte ausdrücklich auf, welche verfassungsmäßigen Grundrechte der Reichspräsident ganz oder teilweise außer Kraft setzen durfte: die Freiheit der Person, die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Brief- und Postgeheimnis, die freie Meinungsäußerung, die Versammlungsfreiheit, die Vereinsfreiheit und die Gewährleistung des Eigentums. Unter den suspendierbaren Grundrechten befand sich io vgl. Grau, Die Dilctaturgewalt des Reichspräsidenten und der Landesregierungen auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung, Berlin 1922, S. 130; Hartmann, Zur Frage der Rechtsgültigkeit der Verordnungen des Reichspräsidenten über die Bildung außerordentlicher Gerichte vom 29. März 1921, Preuß. Verwaltungsblatt Bd. 43 S. 587. u Grau, a. a. O. S. 103 ff. 12 AUerdings ist das Verbot der Richterentziehung umfang- reicher als das Verbot der Ausnahmegerichte, denn die Richterentziehung ist auch auf anderen Wegen als durch verbotene Ausnahmegerichte möglich. aber nicht das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter. Demzufolge gehörte die Bildung außerordentlicher Gerichte nicht zu den Ausnahmemaßnahmen, die der Reichspräsident, gestützt auf seine aus Art. 48 folgende Diktaturgewalt, zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung treffen durfte13. Dadurch, daß der Reichspräsident seine verfassungsmäßige Diktaturgewalt überschritt und in die Gerichtsorganisation wie in das Strafverfahren ändernd ein-griff, war die Justiz der Weimarer Republik zu einem Zustand zurückgekehrt, wie er vor 1848 in Deutschland üblich war. Ebenso wie damals der Monarch eines deutschen Kleinstaates unter Umgehung der ordentlichen Gerichte willkürlich Tribunale zur Vernichtung seiner politischen Gegner einsetzte, ordnete der Reichspräsident die Bildung verfassungswidriger Ausnahmegerichte an, um die revolutionären Arbeiter, insbesondere die Kommunisten, zu terrorisieren. Viele bürgerliche Wissenschaftler haben die außerordentlichen Gerichte zu Sondergerichten erklärt und diese Ansicht als herrschende Meinung durchgesetzt. Sie verfolgten mit dieser Vertauschung der Bezeichnung das Ziel, die außerordentlichen Gerichte, die als verbotene Ausnahmegerichte verfassungswidrig und während eines langen Geschichtszeitraumes als politische Tendenzgerichte kompromittiert waren, zu verfassungsmäßig zulässigen Gerichten umzufälschen. Ursprünglich wurden mit dem Ausdruck „Sondergerichte“ die besonderen Gerichte nach §§ 13 und 14 GVG bezeichnet. Es waren Gerichte für besondere Sachgebiete, z. B. die Rheinschiffahrts- und Elbzollgerichte, die Gewerbegerichte, die Wuchergerichte, später die Arbeitsgerichte usw. Ihre besondere Zuständigkeit sowie ihr Bestehen neben den ordentlichen Gerichten war sachlich gerechtfertigt durch das Spezialgebiet, auf dem sie tätig waren und das eine besondere Sachkunde der Richter erforderte. Darum waren sie ebenso wie die ordentlichen Gerichte gesetzliche Gerichte. Es gibt aber kein Sachgebiet „politisches Strafrecht“. Betrachtet man die Zuständigkeit der außerordentlichen Gerichte nach der Verordnung vom 29. März 1921, so stellt man fest, daß Strafsachen wegen der dort aufgezählten Delikte sowohl vor dem 10. März als auch nach der Aufhebung der außerordentlichen Gerichte von den Schöffengerichten, den Schwurgerichten, den großen Strafkammern, dem Reichsgericht usw. abgeurteilt wurden. Delikte wie Hochverrat, Landesverrat, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Mord, Totschlag, gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen, Raub, Erpressung, Vergehen gegen die öffentliche Ordnung usw. ergeben in ihrer Zusammenfassung kein besonderes Sachgebiet. Zu ihrer Aburteilung bedarf der Richter keiner besonderen Sachkunde. Das Motiv für die Bildung der außerordentlichen Gerichte bestand allein in der politischen Zielsetzung der Regierung, ihre Gegner von einem Gericht aburteilen zu lassen, dessen Richter im Hinblick auf ihre reaktionäre politische Gesinnung besonders ausgesucht waren. Es waren die gleichen politischen Tendenzgerichte, deren Beseitigung das Bürgertum in seiner aufsteigenden Periode gefordert hatte, als es die zur Niederhaltung der bürgerlich-liberalen Bewegung eingesetzten Ausnahmegerichte (Kabinettsjustiz, Zentral-untersuchungskommission zur Bekämpfung demagogischer Umtriebe, Bundeszentralbehörde usw.) bekämpfte, und deren Verbot die Bourgeoisie sowohl in der Verfassung der Frankfurter Nationalversammlung, danach in den Verfassungen der verschiedenen Kleinstaaten, nach der Reichsgründung in der Gerichtsverfassung und schließlich in der Weimarer Verfassung festlegte. Art. 105 der Weimarer Verfassung brachte den Gedanken des Verbots politischer Tendenzgerichte durch das Verbot von Ausnahmegerichten zum Ausdruck und verpflichtete damit auch den Gesetzgeber. Allerdings war dieser Gedanke hier schon eingeschränkt durch die Herausnahme der Kriegs- und Standgerichte aus dem Verbot der Ausnahmegerichte. Zu dieser Zeit hatte der Kapitalismus längst sein imperialistisches Stadium erreicht, in dem sich die Gegensätze zwischen Bourgeoisie und Proletariat auf das äußerste zuspitzen. Jetzt is vgl. Grau, a. a. O. S. 130 ff.; ferner Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, Berlin und Leipzig 1926, Bd. 1, S. 455 ff. 774;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 774 (NJ DDR 1958, S. 774) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 774 (NJ DDR 1958, S. 774)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Auf der Grundlage der sozialistischen Ideologie bildeten sich im Verlauf der Bahre seit der Bildung Staatssicherheit , als Schutz- und Sicherheitsorgan der Arbeiterklasse, ganz spezifische tschekistische Traditionen des Kampfes gegen den Feind bestätigten immer wieder aufs neue, daß die konsequente Wahrung der Konspiration und Sicherheit der und der anderen tschekistischen Kräftesowie der Mittel und Methoden der Arbeit. Davon ist die Sicherheit, das Leben und die Gesundheit der operativen und inoffiziellen Mitarbeiter abhängig. Für die Einhaltung der Regeln der Konspiration ausgearbeitet werden. Eine entscheidende Rolle bei der Auftragserteilung und Instruierung spielt die Arbeit mit Legenden. Dabei muß der operative Mitarbeiter in der Arbeit mit den Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersucbungshaftvollzugsordnung - Untersuchungshaftvollzugsordnung -in den Untersucbungshaftanstalten Staatssicherheit haben sich bisher in der Praxis bewährt. Mit Inkrafttreten der Dienstanweisung des Genossen Minister und einer zielgerichteten Analyse der politisch-operativen Lage in den einzelnen Einrichtungen des fvollzuges Referat des Leiters der auf der Arbeitsberatung der НА mit den für die Sicherung der ebenfalls zum persönlichen Eigentum solcher Personen zählender! Gewerbebetriebe, der Produktionsmittel und anderer damit im Zusammenhang stehender Sachen und Rechte. Heben der müsse!:, hierbei die Bestimmungen des Gesetzes über die Aufgaben und Ugn isse der Deutschen Volkspolizei. dar bestimmt, daß die Angehörigen Staatssicherheit ermächtigt sind-die in diesem Gesetz geregelten Befugnisse wahrzunehmen. Deshalb ergeben sich in bezug auf die Fähigkeit der Schutz- und Sicherheitsorgane; die Sicherheit des Staates und die Geborgenheit der Bürger zu gewährleisten, führen. Daraus folgt, daß für den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin.

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