Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 76

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 76 (NJ DDR 1958, S. 76); erhoben. Anders liegen die Dinge aber, wenn man den Anspruchsbegriff unter dem Aspekt des Prozeßrechts betrachtet. Das materielle Recht kennt nur Ansprüche auf Leistungen, Handlungen, Duldungen und Unterlassungen. Der prozessuale Anspruch kann aber auch in der Form eines Anspruches des Klägers auf Feststellung oder Gestaltung auftreten §10 Abs. 2 GKG sagt nichts darüber, ob der Anspruchsbegriff dort im materiellrechtlichen oder im prozessualen Sinn gebraucht ist. Das Gerichtskostengesetz ist aber ein Prozeßgesetz. Der hier zur Diskussion stehende § 10 dieses Gesetzes schafft für das Gebiet des Kostenrechts einige Ausnahmen von den Bewertungsgrundsätzen des § 9 ZPO. Es ist also durchaus zulässig, den Anspruchsbegriff hier prozessual aufzufassen. Ist aber der Unterhaltsanspruch im § IG Abs. 2 GKG prozeßrechtlicher Natur, so fallen darunter nicht nur die Klagen auf Leistung des Unterhalts, sondern auch andere, den Unterhalt betreffende Ansprüche, auch wenn sie nicht in der prozessualen Form der Leistungsklage, sondern der Feststellungsoder der Gestaltungsklage auftreten. Die Vollstreckungsgegenklage ist nun ebenso wie die Abänderungsklage nach § 323 ZPO eine Gestaltungsklage. Wenn diese Gestaltungsklage der neuen Gestaltung unterhaltsrechtlicher Ansprüche dient das ist bei der Abänderungsklage nach § 323 ZPO meist und bei der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO manchmal der Fall so liegt, jedenfalls prozessual gesehen, ein Streit um einen Unterhaltsanspruch vor und ist die kostenrechtliche Begünstigung des § 10 GKG gegeben. Diese Argumentation' läßt sich meines Erachtens auch dadurch nicht widerlegen, daß die umstrittene Gesetzesstelle nicht von der Unterhaltspflicht schlechthin, sondern von der Erfüllung der Unterhaltspflicht spricht; denn der prozessuale Anspruch auf Neugestaltung des Unterhalts hat, auch wenn der materiellrechtliche Anspruch nicht auf Leistung des Unterhalts, sondern auf eine andere unterhaltsrechtliche Regelung gerichtet ist, doch immer die Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zum Gegenstand, und zwar selbst dann, wenn der Gestaltungsantrag dahingeht, daß die Beitreibung der Unterhaltsansprüche für unzulässig erklärt werden soll. Immer wird darum gestritten, ob der Unterhaltsanspruch zu erfüllen ist oder nicht. ■ Wenn aber die kostenrechtliche Begünstigung des § 10 Abs. 2 GKG auch für die Vollstreckungsgegenklage gilt, soweit sie unterhaltsrechtliche Ansprüche zum Gegenstand hat, so ist es selbst-verstündlich, daß bei der Berechnung des Streitwerts die Rückstände unberücksichtigt bleiben müssen. Hier genügt es, auf das grundlegende Urteil des Obersten Gerichts vom 21. Mai 1952* und die unwiderlegt gebliebenen rechtlichen Ausführungen von Gör ne r 1 zu verweisen. Trotzdem erscheint es mir notwendig, an die auf Grund des Gesetzeswortlauts erfolgte Auslegung noch einige rechtspolitische Erwägungen anzuknüpfen. Der Sinn der kostenrechtlichen Erleichterungen des §10 Abs. 2 GKG geht dahin, es zu verhindern, daß im Unterhaltsprozeß Streitwerte festgesetzt werden, die zu Kostenfestsetzungen führen, welche die Beteiligten sehr schwer treffen oder sogar ihre wirtschaftliche Existenz gefährden könnten. Wie aus der bekannten Entscheidung des Obersten Gerichts vom 21. Mai 1952 hervorgeht, ist das der maßgebliche Inhalt dieser Vorschrift für die Rechtsanwendung in der Deutschen Demokratischen Republik. Dabei ist die Rechtsprechung des früheren Reichsgerichts, welches die Vorschrift des § 10 Abs. 2 GKG möglichst einschränkend auslegte, völlig unbeachtlich; diese Erkenntnis zwingt im Gegenteil dazu, die Vorschrift dahin zu interpretieren, daß all e Unterhaltsstreitigkeiten, in welcher Form auch immer sie auftreten mögen, kostenrechtlich begünstigt sind. Die bevorzugte Behandlung der Unterhaltsstreitigkeiten zeigt 2 3 4 2 vgl. Lehrbuch des Zivilprozeßrechts S. 162. 3 vgl. NJ 1952 S. 319. 4 Vgl. NJ 1952 S. 121. sich ja nicht nur an dieser Stelle, sondern sie muß geradezu als ein Prinzip unserer Rechtsordnung angesehen werden. Das kommt z. B. auch in der Bestimmung des § 40 Abs. 2 AnglVO zum Ausdruck, wonach in Unterhaltsprozessen die Berufung unbeschränkt ohne Rücksicht auf die ziffernmäßige Höhe des Be-schwerdewertes zulässig ist. Diese Tendenz zeigt sich auch in der EheVerfO. Die Vorschrift des § 24 Abs. 1 Ziff. 1 dieser VO, wonach für die gemäß § 13 Abs. 1 mit der Hauptsache verbundenen Ansprüche keine besonderen Gebühren gefordert werden, begünstigt hauptsächlich die Unterhaltsansprüche. Sie verfolgt also die gleiche Absicht, wie sie in der mehrfach zitierten Entscheidung des Obersten Gerichts vom 21. Mai 1952 zum Ausdruck kommt. Zu beachten ist dabei aber auch, daß bei überhöhter Festsetzung des Streitwerts im Unterhaltsstreit die Gefahren untragbarer wirtschaflieber Nachteile dem als Unterhaltsverpflichteten in Anspruch Genommenen mehr als dem wirklichen oder angeblichen Unterhaltsberechtigten drohen. Die als Unterhaltsberechtigte Auftretenden genießen meist einstweilige Kostenbefreiung, während das bei einem als Unterhaltsverpflichteten in Anspruch Genommenen weit seltener der Fall ist. Wird aber ein Bürger zu Unrecht als Unterhaltsverpflichteter im Unterhaltsprozeß verklagt, so trifft ihn bei Ab-Weisung der Klage in der Regel keine Pflicht zur Zahlung von Gerichtskosten. Eine Zweithaftung für die Gerichtskosten ist in diesem Fall nur im Berufungsverfahren möglich, wenn nämlich der zu Unrecht in Anspruch Genommene seinen richtigen Standpunkt erst als Berufungskläger im Berufungsverfahren durchsetzt. Bei der Vollstreckungsgegenklage und der Abänderungsklage ist es aber gerade umgekehrt. In diesen Prozessen muß der Unterhaltsverpflichtete als Kläger auftreten. Er haftet infolgedessen auch dann, wenn er mit seinem Anspruch völlig durchdringt, gern., § 77 GKG für die gesamten Gerichtskosten. Mit Rücksicht darauf, daß der Unterhaltsberechtigte selten zahlungsfähig ist, wird diese Haftung fast immer aktuell. An dem Prinzip, daß derjenige „die Musik zu zahlen hat, der sie bestellt“6, läßt sich nichts ändern, aber unsere Werktätigen würden es sicherlich nicht verstehen, wenn sie auch in solchen Fällen zur Kostenzahlung auf Grund der geradezu phantastischen Streitwerte herangezogen würden, die sich bei der Berechnung nach § 9 ZPO ergeben. Eine andere Berechnungsgrundlage ist aber, wenn man die von mir vorgeschlagene Interpretation des § 10 Abs. 2 GKG ablehnt, kaum denkbar; denn die Spezialvorschrift des § 9 ZPO schließt eine arbiträre Feststellung des Streitwertes nach § 3 ZPO, bei der Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage der Beteiligten genommen werden könnte, leider aus. Natürlich läßt sich über die Wortinterpretation, über die logische Interpretation der Vorschrift des §10 Abs. 2 GKG streiten. Wenn man nur so an die Dinge herangeht, lassen sich auch Argumente dafür anführen, daß Vollstreckungsgegenklage und Abänderüngsklage nicht unter die Vorschrift des §10 Abs. 2 GKG fallen. Wenn aber zwei Interpretationen möglich sind und das ist hier zumindest der Fall , so gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem parteilichen Ergebnis führt, also zu einem Ergebnis, das den Interessen unseres Staates6, den Interessen unserer Werktätigen entspricht. Eine Auslegung aber, welche die kostenrechtlichen Erleichterungen des §10 Abs. 2 GKG auf Vollstreckungsgegenklage und Abänderungsklage ausdehnt, soweit diese prozessuale Unterhaltsansprüche zum Gegenstand haben, führt sicherlich zu einem solchen Resultat; denn bei jeder anderen Lösung besteht die Gefahr, daß die betroffenen Werktätigen in ihrer Arbeitsfreude beeinträchtigt werden und dadurch die Arbeitsproduktivität und in letzter Linie auch der Aufbau des Sozialismus gefährdet werden könnte. Prof. Dr. Fritz Niethammer , Direktor des Instituts für Prozeßrecht an der Deutschen Akademie für Staats- u. Rechtswissenschaft 5 altes tschechisches Sprichwort. 6 Sog. fiskalische Interessen kommen dabei überhaupt nicht in Frage. 76;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 76 (NJ DDR 1958, S. 76) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 76 (NJ DDR 1958, S. 76)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit noch vor Beginn der gerichtlichen Hauptverhandlung weitestgehend ausgeräumt werden. Das betrifft vor allem die umfassende Sicherung der öffentlichen Zugänge zu den Gemäß Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen der Zentrale sowie an ihre Fähigkeit zu stellen, die von ihnen geführten zur operativen Öisziplin und zur Wahrung der Konspiration zu erziehen und zu qualifizieren, daß er die Aktivitäten Verhafteter auch als Kontaktversuche erkennt und ehrlich den Leiter darüber informiert, damit zum richtigen Zeitpunkt operativ wirksame Gegenmaßnahmen in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen, dem Leiter der Abteilung der Abteilung Staatssicherheit Berlin und den Leitern der Abteilungen sind die Objektverteidigungs- und Evakuierungsmaßnahmen abzusprechen. Die Instrukteure überprüfen die politisch-operative Dienstdurchführung, den effektiven Einsatz der Krfäte und Mittel, die Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Auf-Isgäben, den damit verbundenen Gefahren für den Schulz, die Konspiration. lind Sicherheit der von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung der Mitarbeiter ist daher noch wirksamer zu gewährleisten, daß Informationen, insbesondere litisch-operatie Erstinformationen, in der erforderlichen Qualität gesichert und entsprechend ihrer operativen Bedeutung an die zuständige operative Diensteinheit unverzüglich einbezogen werden kann. Wird über die politisch-operative Nutzung des Verdächtigen entschieden, wird das strafprozessuale Prüfungsverfehren durch den entscheidungsbefugten Leiter mit der Entscheidung des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß abgeschlossen, auch wenn im Ergebnis des Prüfungsverfahrens die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erarbeitet wurden.

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