Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 756

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 756 (NJ DDR 1958, S. 756); Ausden Gründen: Wie der vom Bezirksgericht festgestellte Sachverhalt beweist, hat der Angeklagte in Westdeutschland gegenüber Stellen, die einen Kampf gegen die Arbeiter-und-Bauern-Macht in der Deutschen Demokratischen Republik führen, Tatsachen über die Deutsche Grenzpolizei verraten, die zum Schutze der Deutschen Demokratischen Republik geheimzuhalten sind. Dies hat zwar auch das Bezirksgericht erkannt, es hat daraus aber nicht die richtigen strafrechtlichen Konsequenzen gezogen. Mit § 38 Abs. 1 StEG wird lediglich die unerlaubte Weitergabe geheimzuhaltender dienstlicher Angelegenheiten unter Strafe gestellt, soweit nicht nach anderen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist. Werden derarige geheimzuhaltende Tatsachen jedoch an Organisationen oder Personen preisgegeben, wie sie in § 14 StEG bezeichnet sind, dann ist kein Raum mehr für die Anwendung des § 38 Abs. 1 StEG; diese Handlungen werden vom speziellen Tatbestand des § 14 StEG erfaßt. Dies hätte das Bezirksgericht'erkennen und den Angeklagten unter Beachtung des § 216 StPO wegen Spionage (§ 14 StEG) verurteilen müssen. § 223 StGB. Zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Strafzumessung bei Kindesmißhandlung. OG, Urt. vom 4. März 1958 2 Zst III 5/58. Das Kreisgericht L. Stadtbezirk Süd hat am 11. November 1957 die Angeklagten C. und J. wegen Mißhandlung eines Kindes (§ 223b StGB) schuldig gesprochen. Die Angeklagte C. hat es zu sechs Monaten Gefängnis und den Angeklagten J. zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ende des Jahres 1955 trennte sich die Ehefrau des Angeklagten von ihm und begab sich nach Westdeutschland. Der aus dieser Ehe hervorgangene, am 14. Juli 1953 geborene Hans-Jürgen wurde daraufhin von der Mutter des Angeklagten erzogen. Er selbst lebte danach mit der verwitweten Angeklagten C. und deren vier Kindern im Alter von einem bis vierzehn Jahren zusammen. Er beabsichtigte, die Angeklagte C. nach der Scheidung seiner Ehe zu heiraten. Er holte im Februar 1957 Hans-Jürgen zu sich, damit er gemeinsam mit deren Kindern erzogen und betreut werden konnte. Das Kind war unsauber. Es brachte nicht zum Ausdruck, wenn es die Notdurft verrichten mußte, sondern beschmutzte das Bett und die Kleidung. Es wollte auch nicht essen. Da alles Zureden erfolglos war, begannen die Angeklagten, das Kind zu schlagen. Weder leichte noch stärkere Schläge veranlaßten eine Änderung im Verhalten des Kindes; es weinte auch nicht bei diesen Züchtigungen. Deshalb gingen sie dazu über, es mit einem Lederriemen zu schlagen. Aber auch das vermochte das Kind nicht zu einem anderen Verhalten zu bewegen. Um diesem Zustand ein Ende zu bereiten, stellte der Angeklagte einen Antrag um Aufnahme in ein Wochenheim. Bei der Aufnahme wurde das Kind von einem Arzt untersucht. Dabei wurde festgestellt, daß die linke Wange mit Blutflecken und Striemen völlig bedeckt war und an Armen und Oberschenkeln sich eine große Anzahl blauer Flecke befand. Der Präsident des Obersten Gerichts hat die Kassation dieses Urteils beantragt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. r Aus den Gründen: Der vom Kreisgericht festgestellte Sachverhalt ist sehr allgemein gehalten und beruht im wesentlichen auf den Einlassungen der Angeklagten, denen das Kreisgericht gefolgt ist, ohne sich damit auseinanderzusetzen. Das Kreisgericht hätte die Aussagen der Angeklagten, däs Kind habe Kleider und Bett beschmutzt und auch sonst große Schwierigkeiten bereitet, nicht kritiklos hinnehmen dürfen. Gleichfalls hätte es dem Verteidigungsvorbringen der Angeklagten, das Kind sei gütlichem Zuspruch nicht zugänglich gewesen und habe selbst auf Schläge nicht reagiert, nicht einfach folgen dürfen, zumal für die Aufklärung dieser Tatumstände Beweismittel zur Verfügung standen. Über Gesundheitszustand, Veranlagung, Erziehungsstand und Verhalten des Kindes im allgemeinen und in besonderen Situationen hätte das Kreisgericht, ehe es darüber Feststellungen treffen konnte, die Personen als Zeugen hören müssen, die mit dem Kind in der Zeit, ehe es in die Betreuung der Angeklagten kam, und während dieser Zeit in nahem Verkehr gestanden haben. Das sind außer der Mutter des Angeklagten J. die Bewohner des Hauses, in dem die Angeklagten wohnten, und die Angestellten der Abteilung Jugendhilfe und Heimerziehung, die sich mit den Angelegenheiten des Kindes bereits im Juni/Juli 1957 auf Grund ihnen zugegangener Beschwerden befaßt hatten. Das Kreisgericht hätte diese Zeugen auch über ihre Wahrnehmungen von Mißhandlungsmerkmalen am Körper des Kindes befragen und Frau Dr. med. K. als Sachverständige und, soweit diese solche Mißhandlungsmerkmale selbst gesehen hat, als sachverständige Zeugin hören müssen. Erst auf Grund der Ergebnisse einer umfassenden Beweisaufnahme hätte das Kreisgericht zu zutreffenden Feststellungen über die Häufigkeit und Schwere der dem Kind von den Angeklagten zugefügten Mißhandlungen gelangen und damit eine sichere Grundlage für die rechtliche Beurteilung der Straftaten der Angeklagten (§ 223b Abs. 1 oder § 223b Abs. 1 und 2 StGB) erlangen können. Sodann hätte es aufklären müssen, welcher von den beiden Angeklagten die treibende Kraft gewesen ist und ob der Umfang der Beteiligung an den Mißhandlungen unterschiedlich war. Das Urteil des Kreisgerichts L. Stadtbezirk Süd vom 11. November 1957 war wegen Verletzung des § 200 StPO aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen. Bei seiner Entscheidung wird es für den Angeklagten J. erschwerend zu beachten haben, daß er der Vater des Kindes ist. Sollte die Beweisaufnahme ergeben, daß die Angaben der Angeklagten über die Schwierigkeiten bei der Erziehung des Kindes zutreffen und sie es nur aus einem ihrer Meinung nach begründeten Anlaß erheblich gezüchtigt haben, sind gleichwohl die vom Kreisgericht ausgesprochenen Strafen zu niedrig, so daß das Kreisgericht auch in diesem Fall höhere Strafen auszusprechen haben würde. § 220 StPO. Das Gericht muß über alle dem Angeklagten mit der Anklageschrift zur Last gelegten strafbaren Handlungen im Urteil entscheiden. OG, Urt. vom 29. April 1958 - 1 b Ust 39/58. Das Bezirksgericht hat den Angeklagten wegen staatsgefährdender Hetze und Propaganda (§ 19 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 StEG) verurteilt. Die dem Angeklagten mit der Anklage zur Last gelegte Verleitung seiner Stiefschwester zum Verlassen der DDR hat es nicht für erwiesen erachtet und dazu ausgeführt, daß sich ein Freispruch erübrige, da das Hauptverfahren insoweit nicht eröffnet worden sei. Der Staatsanwalt des Bezirks hat gegen dieses Urteil Protest eingelegt. Der Protest hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat die Rechtsauffassung vertreten, daß es eines Freispruchs wegen der Verleitung eines Bürgers zum Verlassen der DDR nicht bedürfe, da deswegen das Hauptverfahren nicht eröffnet worden sei. Es ist zwar richtig, daß der Eröffnungsbeschluß die Grundlage des gerichtlichen Verfahrens bildet (§ 176 StPO) und demzufolge das Gericht nicht über Handlungen entscheiden darf, für die es die Eröffnung des Strafverfahrens nicht beschlossen hat. Es darf dabei jedoch nicht § 220 Abs. 1 StPO übersehen werden. Das ist aber hier geschehen. Gern. § 220 Abs. 1 StPO ist Gegenstand der Urteilsfindung das in der Anklage bezeichnete Verhalten des Angeklagten, wie es sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme darstellt. Daraus ergibt sich, daß das Gericht über alle strafbaren Handlungen, deren der Angeklagte mit der Anklageschrift beschuldigt worden ist, im Urteil entscheiden muß. Stellt das Bezirksgericht bei der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens fest, daß der Angeklagte einer der ihm mit der Anklage zur Last gelegten Handlungen nicht hinreichend verdächtig ist, so muß es insoweit entweder die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen (§ 175 StPO) oder aber die Sache an den Staatsanwalt zurückgeben (§ 172 Ziff. 2 StPO). Wenn aber über diese dem Angeklagten zur Last gelegte Handlung das Hauptverfahren nicht eröffnet worden ist, trotzdem aber über sie ver- 756;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Vollzug der Untersuchungshaft ist unter strenger Einhaltung der Konspiration und revolutionären Wachsamkeit durchzuführen. Die Abteilungen haben insbesondere die Abwehr von Angriffen Inhaftierter auf das Leben und die Gesundheit der durch dasVogckiinininis Bedroh- ten zu schützen, - alle operativ-betjshtrefi Formationen entsprechend der er-, jilf tigkeit zu jne;a und weiterzuleiten, die Sicherung von Beweismitteln während des Aufnahmeprozesses in den Untersuchungshaftanstalton Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Anforderungen an die innere Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter. Die Kontrolle und Beaufsichtigung Inhaf- tierter während des politisch-operativen Untersuchungshaftvolizuges Sicherungs- und Disziplinarmaßnahmen zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter Sicherheitsgrundsätze zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter zur Gewährleistung eines den Normen der sozialistischen Gesetzt lichkeit entsprechenden politis ch-operativen Untersuchungshaft? zuges Pie Zusammenarbeit:mit anderen Dienst-ein beiten Ministeriums für Staatssicherheit und das Zusammenwirken mit ihnen durch die Linie Untersuchung unter den Bedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ein erhöhtes qualitatives Niveau erfordert. Das ergibt sich aus der Stellung und Verantwortung der Linie Untersuchung im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit der Staatlichen Archivverwaltung der sowie dem Dokumentationszentrum wurden operative und sicher-heitspolitisehe Erfordernisse zur Nutzbarmachung und Sicheru von im Staatlichen Archivfonds der vorhandenen Archivmaterialien aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus bereitgestellt. So konnten zu Anfragen operativer Diensteinheiten mit Personen sowie zu Rechtshilfeersuchen operativen Anfragen von Bruderorganen sozialistischer Länder Informationen Beweismaterialien erarbeitet und für die operative Arbeit Sie werden durch die konkret zu lösende operative Aufgabe, die dabei wirkenden Regimeverhältnisse und die einzusetzenden Mittel und Methoden bestimmt.

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