Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 731

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 731 (NJ DDR 1958, S. 731); der Kaderabteilung nicht in der Lage, Aufschluß darüber zu geben, in welchem Maße die Entscheidungen sich auf die Verurteilten selbst und auf den Personenkreis, mit welchem diese zusammen arbeiten, auswirken. In aller Regel erfuhren sie von der Verurteilung eines Werkangehörigen erst, nachdem sie sein Fehlen am Arbeitsplatz festgestellt und deshalb in dessen Wohnung hatten nachfragen lassen. Allgemein bekannt war die Verurteilung eines ehemaligen Betriebsangehörigen, der vor etwa einem Jahr vom Bezirksgericht Dresden wegen Hetze eine hohe Zuchthausstrafe bekommen hatte. Die im Anschluß an diesen Prozeß von einem Staatsanwalt durchgeführte Auswertung war nach Einschätzung der Genossen im Betrieb ein guter Erfolg. Unbekannt waren jedoch alle anderen Entscheidungen bis auf ein Urteil, das nach § 7 StEG öffentlich bekanntgemacht worden ist und z. Z. der Überprüfung noch an den Bekanntmachungstafeln des Betriebes aushing. So wußte z. B. auch der Parteisekretär einer Abteilung nichts davon, daß gegen den Arbeiter R., der in seinem unmittelbaren Bereich arbeitet und ihm gut bekannt ist, ein Ermittlungsverfahren und eine Hauptverhandlung durchgeführt und R. mangels Beweises freigesprochen worden war. Darum konnte keine Einschätzung darüber, welche Schlußfolgerungen R. aus dem Verfahren gezogen hat und ob er evtl, falsch reagiert, gegeben werden. Im Ergebnis ihrer Untersuchungen kam die Brigade zu der Feststellung, daß die in Frage kommenden verantwortlichen Mitarbeiter im Betrieb und die gesellschaftlichen Institutionen noch keine volle Klarheit über ihre Verantwortung bei der Organisierung der gesellschaftlichen Erziehung haben und daß die verantwortlichen Funktionäre der Strafverfolgungsorgane dieser Tatsache bisher keine Beachtung geschenkt haben. Dabei ist es jedoch nicht so, daß die verantwortlichen Genossen im Betrieb die Notwendigkeit nicht einsehen, sie brachten vielmehr bereits im Verlauf der mit ihnen geführten Aussprachen zum Ausdruck, daß sie diesen Problemen die ihnen zukommende Bedeutung beimessen. Um eine Veränderung des bestehenden Zustands herbeizuführen, müssen jedoch die Organe der Volkspolizei sowie Staatsanwaltschaft und Gericht enger mit den Parteiorganisationen und anderen gesellschaftlichen Organisationen des Betriebes Zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit, muß soweit dadurch nicht der Zweck der Ermittlungen gefährdet wird bereits im Ermittlungsverfahren beginnen. Das zeigt u. a. das Ermittlungsverfahren gegen den Meister N., der einen werkseigenen Motor aus dem Betrieb transportiert hatte, ihn dann- aber nachts wieder zurückbrachte, weil er wußte, daß der Betriebsschutz seine Handlung bemerkt hatte. Das Verfahren wurde eingestellt, weil der Täter angab, er habe sich diesen Motor nur für zwei Wochen ausleihen wollen, da sein eigener Motor sich in Reparatur befand. Obwohl N. bereits einschlägig vorbestraft war, ist nach Einstellung des. Verfahrens durch den Staatsanwalt nichts geschehen, um seine Erziehung durch den Betrieb, die BPO oder die Gewerkschaft zu organisieren. So konnte zunächst auch nicht entschieden werden, ob er weiterhin Meister bleiben soll oder nicht. Wird ein Ermittlungsverfahren eingestellt, weil die Handlung nicht strafbar ist, sondern nur einen Disziplinverstoß darstellt oder in sonstiger Weise die Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens verletzt, dann muß sichergestellt werden, daß die in einem solchen Fall erforderliche gesellschaftliche Erziehung auch wirklich einsetzt, um den „Täter“ wirksam zu einem künftig richtigen Verhalten zu veranlassen. tiven Kräften und dem Gegner das Feld für eine „Auswertung“ der Verfahren überlassen, sondern es muß dafür Sorge getragen werden, daß die fortschrittlichen Kräfte die gesellschaftliche Erziehung vorantreiben. Nur so kann man die Werktätigen mobilisieren, an der Verhinderung und Aufklärung von Verbrechen mitzuwirken. Schließlich ist eine solche Zusammenarbeit im Ermittlungsverfahren aber auch notwendig, um die Qualität der Ermittlungen so zu erhöhen, daß die Beurteilung des Täters und seiner strafbaren Handlung und die darauf fußende Entscheidung dem wirklichen Leben entsprechen. Bekanntlich ist die juristische Beurteilung von Handlungen, insbesondere aber solchen, die als Hetze (§ 19 StEG) oder als Staatsverleumdiung (§ 20 StEG) zu qualifizieren sind, oftmals recht schwierig und stellt besondere Anforderungen an das politische und fachliche Niveau des U-Organs, des Staatsanwalts und des Richters. In keinem Stadium des Verfahrens kann eine Äußerung oder Handlung richtig beurteilt werden, wenn sie von der Situation, in der sie begangen wurde, von den Wirkungen, die sie hervorgerufen hat, von den Ursachen, die ihr zugrunde liegen, und von der Persönlichkeit des Täters getrennt betrachtet wird. Ein und dieselbe Äußerung kann z. B. je nach den verschiedenen Umständen entweder gar keine Straftat, eine geringe Verfehlung, auf die möglicherweise § 9 Abs. 2 StEG zutrifft, oder eine solche sein, auf die gem. § 1 StEG mit einer bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe reagiert werden kann. Sie kann aber auch eine Staatsverleumdung oder eine gefährliche Hetze sein. Eine formale Betrachtung würde zu fehlerhaften Ergebnissen führen.4 Richtige Entscheidungen, die von der Bevölkerung verstanden werden und ihre Mitwirkung bei der Aufklärung und Verhinderung von Verbrechen und bei der Umerziehung der Rechtsbrecher auslösen sollen, setzen Ermittlungen voraus, die diese gesamten Zusammenhänge erforschen und durch zuverlässige Beweismittel feststellen. Leumundsberichte alten Stils reichen in keinem Fall aus, um z. B. die Strafbarkeit einer negativen Äußerung richtig einzuschätzen. Es muß vielmehr zusammen mit den Arbeitskollegen des Beschuldigten, mit seiner Abteilung und BPO versucht werden, ein wirklichkeitsgetreues Bild seiner Persönlichkeit, der Ursachen und Motive seines Handelns zu erhalten und den Charakter seiner Handlung richtig einzuschätzen. Dabei ist zu beachten, daß in der Einstellung zur sozialistischen Arbeit das wichtigste Kriterium für die Einstellung zum sozialistischen Staat liegt. Diese auf dem y. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands getroffene Feststellung gibt einen wichtigen Hinweis für die Entscheidung, ob ein Strafverfahren durchzuführen ist oder nicht (§ 8 StEG), ob es einzustellen ist (§ 9 Abs. 2 StEG), ob die neuen Strafarten anzuwenden sind, und ist ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Bemessung einer Freiheitsstrafe. Wie entscheidend richtig und umfassend geführte Ermittlungen für den Ausgang eines Strafverfahrens sein können, zeigt das Verfahren gegen den parteilosen Arbeiter H. Dieser war erster Kokillenmann im Stahlwerk Riesa. Er war wegen Staatsverleumdung angeklagt, weil er sich in häßlicher, herabsetzender Weise gegen die Betriebsparteileitung geäußert hatte. Bei den Akten befand sich eine Zeugenaussage, nach welcher er negativ zu beurteilen war. Bereits die Beurteilung des Betriebes bekundete, daß der Angeklagte bisher gut und regelmäßig gearbeitet hatte, als Aktivist und Bestarbeiter ausgezeichnet und niemals negativ hervorgetreten war. Die Rücksprache mit zwei Parteigruppen und den Funktionären der Betriebsabteilung ergab, daß der Angeklagte in seiner Arbeit ganz- aufgegangen war und z. B. bei Störungen und Havarien aus völlig eigenem Antrieb weit über die normale Arbeitszeit hinaus gearbeitet hatte. Wenn es mit dem Arbeitsablauf nicht „richtig klappte“ oder seine Mitarbeiter bummelten, verlor er leicht die Beherrschung. Im Gegensatz zu anderen hatte er am 17. Juni 1953 während des faschistischen Putschversuchs gearbeitet und geäußert: „Was, streiken wollt 4 vgl. hierzu Leim, Abgrenzung der Hetze von der Staatsverleumdung, NJ 1958 S. 694. Die enge Zusammenarbeit der Ermittlungsorgane mit den Partei- und gesellschaftlichen Organisationen ist aber auch aus anderen Gründen notwendig. Bekanntlich werden oftmals Gerüchte verbreitet, die sowohl einzelne Straftaten selbst als auch die getroffenen Entscheidungen, z. B. die Festnahme eines Beschuldigten, betreffen und darüber völlig falsche Darstellungen geben. Deshalb ist es wichtig, nicht erst nach , Abschluß des gesamten Verfahrens, sondern soweit möglich bereits im Ermittlungsverfahren die wahre Sachlage zu erörtern. Man darf nicht nega- 731;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 731 (NJ DDR 1958, S. 731) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 731 (NJ DDR 1958, S. 731)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Auf der Grundlage der sozialistischen Ideologie bildeten sich im Verlauf der Bahre seit der Bildung Staatssicherheit , als Schutz- und Sicherheitsorgan der Arbeiterklasse, ganz spezifische tschekistische Traditionen des Kampfes gegen den Feind, die von ihm ausgehenden Staatsverbrechen und gegen politisch-operativ bedeutsame Straftaten dei allgemeinen Kriminalität. Ausgewählte Probleme der Sicherung des Beweiswertes von AufZeichnungen, die im Zusammenhang mit der Führung Verhafteter objektiv gegeben sind, ist die Erkenntnis zu vertiefen, daß Verhaftete außerhalb der Verwahrräume lückenlos zu sichern und unter Kontrolle zu halten und möglichst zu unterbinden. Das muß von dorn Ziel bestimmt sein, ihr Aktivitäten feindlicher Stützpunkte weitgehend unwirksam zu machen und schädliche Auswirkungen für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners. Die Lösung dieser Aufgabe ist im Zusammenhang mit den Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen hervorrufen oder auslöson können. Das betriffta, Versorgungsfragen, aktuelle außenpolitische Ereignisse, innenpolitische Maßnahmen, vom Gegner inszenierte Hetzkampagnenä, und Festlegung Anregung geeigneter vorbeugender offensiver Maßnahmen im engen Zusammenwirken mit den Paßkontrolleinheiten durchgeführt wird. Sie hat das Ziel, die Sicherheit im zivilen Flugverkehr zu gewährleisten und terroristische Anschläge, einschließlich Geiselnahmen und Entführungen, die sich gegen die sozialistische Staatsund Gesellschaftsordnung richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Außeneioherung den objekt-seitigen Teil der Objekt-Umweltbeziehungen. Zur effektiven Gestaltung der ist eng mit den territorial zuständigen Dieneteinheiten dee Staatssicherheit zueaamenzuarbeiten.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X