Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 727

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 727 (NJ DDR 1958, S. 727); Der wichtigste Ansatzpunkt zur Schaffung des neuen Staatsapparates waren die Arbeiter- und Soldatenräte als Kampforgane der Arbeiterklasse, in deren Händen in vielen Orten reale Macht lag. Sie mußten zunächst den passiven Widerstand der alten Verwaltung brechen, die reaktionärsten Beamten entfernen, und die Schlüsselpositionen mit klassenbewußten Arbeitern besetzen. So wurden in Chemnitz, Leipzig und Gotha die Stadt-verordnetenkollegiep aufgelöst, im Industriebezirk Oberschlesiens und im Ruhrgebiet viele Gemeinderäte abgesetzt. In Bremen wurden militaristische Lehrer aus den Schulen entfernt, Reaktionäre aus der Polizei vertrieben. In Leipzig und anderen Großstädten übernahmen die Räte die Kontrolle der Verwaltung und besetzten leitende Funktionen neu. In Braunschweig wurden die herzoglichen Güter zum Eigentum des Volkes1 erklärt. Eine Reihe von Räten setzten Unternehmer auf die Straße, beschlagnahmten die Betriebsmittel und kontrollierten die Produktion. Aber in der Mehrzahl der Orte, besonders dort, wo SPD-Funktionäre das Heft in der Hand hatten, wie in Erfurt, Greifswald, Gleiwitz und anderen Städten, beschränkten sich die Räte auf Ordnungsfunktionen. Nur in wenigen Fällen erfolgte eine zielbewußte Säuberung des Staatsapparats, nutzten die Räte ihre Macht wirklich aus. Währenddessen erholte sich der Beamtenapparat mit Hilfe der SPD-Führung sehr schnell von dem Schock der Revolution. Bereits am 9. November hatte Ebert alle alten Beamten zur Weiterarbeit auf gef ordert: „Ich weiß, daß es vielen schwer werden wird, mit den neuen Männern zu arbeiten.“ Aber „ein Versagen der Organisation in diesen schweren Stunden würde Deutschland der Anarchie und dem schrecklichsten Elend ausliefern“14. Fast alle Beamten der Monarchie kamen der Bitte um furchtlose und unverdrossene Weiterarbeit bereitwillig nach, um durch das Schwergewicht des Apparates die Revolution zu erwürgen. So erklärte der Erfurter Oberbürgermeister am 13. November, „daß sich in Erfurt ein Arbeiter- und Soldatenrat gebildet hat, mit dem der Magistrat die Vereinbarung getroffen hat, daß die Verwaltung der städtischen und der polizeilichen Angelegenheiten durch den Magistrat und die Polizeiverwaltung in bisheriger Weise weiter gesichert wird unter Kontrolle des Arbeiter- und Soldatenrates“. Dankbar erklärte der SPD-Kontrolleur, „daß dem neuen Deutschland schon an der Wiege Ordnung und Planmäßigkeit angewöhnt werden muß“15. Bereits am 23. November 1918 hatte sich der alte Apparat soweit gefestigt, daß der Vollzugsausschuß des Großberliner Arbeiter- und Soldatenrates unter dem Druck der Regierung die Räte anwies: „Die Regierung kann ihre Verwaltungsaufgaben nur dann erfüllen, wenn ihre Maßnahmen nicht durch Eingriffe lokaler Arbeiterund Soldatenräte durchkreuzt werden Sie haben sich im allgemeinen jedes direkten Eingriffes in die Verwaltung zu enthalten Wo sich die Behörden in den Dienst des neuen Regimes gestellt haben, ist die Führung der Geschäfte im engeren Sinne ihnen möglichst zu überlassen.“16 Eingriffe in die Justiz waren bereits am 16. November durch Anordnung der preußischen Regierung ausdrücklich untersagt worden17. Den Arbeiter- und Soldatenräten wurde besonders die Einrichtung von Feldküchen an den Bahnhöfen und von Bädern und Entlausungsanstalten zugewiesen. So verhöhnte die „sozialistische“ Regierung die Revolution. Zwar gab es einzelne Arbeiter- und Soldatenräte, die die Durchführung solcher Anordnungen verweigerten. Die meisten Mitglieder der Räte aber durchschauten nicht den konterrevolutionären, bürgerlichen Charak- m Dokumente, a. a. O., S. 334. 15 Walter Kleen, Über die Rolle der Räte ln der Novemberrevolution, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 1956, Heft 2, S. 330. 16 Dokumente, a. a. O., S. 465. 17 Daß einige Arbeiter- und Soldatenräte die Arbeit der reaktionären Justizorgane kontrollieren wollten, zeigt der Wortlaut dieser Anordnung. Es heißt dort, „daß die Unabhängigkeit der Gerichte nicht angetastet werden darf. Es ist daher unzulässig, wenn seitens eines Arbeiter- und Soldatenrates, wie es vorgekommen ist, angeordnet wird, daß die Urteile der Gerichte dem Arbeiter- und Soldatenrat vorzulegen sind.“ (Illustrierte Geschichte, a. a. O., S. 223). ter des Rates der Volksbeauftragten, der sich unablässig als sozialistische Regierung bezeichnete und der tatsächlich nicht einmal die zentrale Aufgabe der bürgerlich-demokratischen Revolution, die Säuberung des imperialistischen Staatsapparates, in Angriff nahm, sondern den gesamten unteren bürgerlichen Staatsapparat und sogar die alten Staatssekretäre für Krieg, Justiz, Post und Marine einfach übernommen hatte. Der wichtigste Bestandteil des Staatsapparats sind die bewaffneten Organe. Entscheidend für das Schicksal der Revolution war, ob es gelang, die Räte auf eigene, gut organisierte, disziplinierte bewaffnete Kräfte zu stützen. Hier beging die SPD-Führung den niederträchtigsten Verrat. In einigen Städten, wie Frankfurt am Main, Düsseldorf und in Berliner Vororten, wurden Arbeiterwehren, Rote Garden, gebildet. In der Regel gelang es jedoch der SPD-Führung, ihre Bildung zu hintertreiben. Sie konnte dabei die Sehnsucht zahlreicher Arbeiter ausnutzen, möglichst schnell nach Hause zurückzukehren. In Berlin erzwang die Regierung die Einstellung des Aufbaus einer Roten Garde. Andererseits war die Regierung selbst nicht in der Lage, hier eine Truppe von Bedeutung aufzustellen. Während sie zum Schein die Bildung von Volkswehrep betrieb, unterhandelte sie insgeheim mit der Obersten Heeresleitung. Bereits seit dem 10. November verständigte sich Ebert allabendlich mit dem Generalquartiermeister Groener. Der General erklärte später zynisch: „Ich habe dem Feldmarschall (Hindenburg U. J. H.) zuerst den Rat gegeben, nicht mit der Waffe die Revolution zu bekämpfen Ich habe ihm vorgeschlagen, die OHL möge sich mit der MSP (Mehrheitssozialdemokratie U. J. H.) verbünden Zunächst handelte es sich darum, in Berlin den Arbeiter- und Soldatenräten die Gewalt zu entreißein.“18 Um Reste des alten Heeres gegen die Revolution zu organisieren, ordnete die Regierung auf Forderung Hindenburgs an, daß „den Befehlen der militärischen Vorgesetzten bis zu erfolgter Entlassung unbedingt zu gehorchen ist“. Die Soldatenräte hätten „die Offiziere in ihrer Tätigkeit zur Aufrechterhaltung von Zucht und Ordnung rückhaltlos zu unterstützen“19. Zwischen dem 8. und 12. Dezember wurden nicht weniger als neun Divisionen gegen Berlin zusammengezogen. Doch unter dem Einfluß der revolutionären Arbeiter Berlins weigerten sich die Truppen zu kämpfen und ■ zogen unter roten Fahnen in Berlin ein. Die Reste des alten Heeres erwiesen sich endgültig als unbrauchbar für die Konterrevolution. Die letzte Stütze der Regierung würden die von reaktionären Offizieren gebildeten Freikorps, die sich aus konterrevolutionären Studenten, Offiziersburschen, irregeführten Landarbeitern, Bauern und Mittelstandsangehörigen, aber auch Arbeitslosen rekrutierten. Sie waren von vornherein als Bürgerkriegstruppe aufgebaut und ausgerüstet. Die Verantwortung für ihren Aufbau und Einsatz hatte am 27. Dezember Noske übernommen, der brutal erklärte: „Einer muß der Bluthund werden“20. Er schrieb später selbst: „Brauchbar für die Bildung des Kerns einer neuen Truppe waren nur die Berufssoldaten, Unteroffiziere und Offiziere.“21 Keiner der Offiziere machte ein Hehl aus seiner monarchistischen, arbeiterfeindlichen Gesinnung. Offen brüstete sich Maercker, der Führer des Freiwilligen Jägerkorps, vor seinen Soldaten: „Ich liebe und verehre Wilhelm II. heute noch ebenso wie vor 34 Jahren.“22 Das waren die Truppen, nach deren Besichtigung Noske zu Ebert sagte: „Sei nur ruhig, es wird alles wieder gut werden.“23 So bereitete die Reaktion den Gegenangriff auf die revolutionären Arbeiter vor. Die niemals zerschlagene alte Staatsmaschine wurde neu formiert, modernisiert, weiter zentralisiert, um dann auf die Arbeiter los- 18 Der Dolchstoßprozeß in München, Oktober/November 1925, München 1925, S. 223/224 (zit. nach Dokumente, a. a. O., S. 357). 19 Dokumente, a. a. O., S. 369. 20 Gustav Noske, Von Kiel bis Kapp, Zur Geschichte der deutschen Revolution, Berlin 1920, S. 68. 21 Gustav Noske, Erlebtes aus Aufstieg und Niedergang einer Demokratie, Offenbach o. J. (1947), S. 114. 22 MaerCker, Vom Kaiserheer zur Reichswehr, Ein Beifrag zur Geschichte der deutschen Revolution, Leipzig 1921, s. 57. 727;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 727 (NJ DDR 1958, S. 727) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 727 (NJ DDR 1958, S. 727)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Im Zusammenhang mit dem absehbaren sprunghaften Ansteigen der Reiseströme in der Urlausbsaison sind besonders die Räume der polnischen pstseeküste, sowie die touristischen Konzentrationspunkte in der vor allem in den Fällen, in denen die Untersuchungsabteilungen zur Unterstützung spezieller politisch-operativer Zielstellungen und Maßnahmen der zuständigen politisch-operativen Diensteinheite tätig werden; beispielsweise bei Befragungen mit dem Ziel der Schaffung einer inneren Opposition der Ougend zum sozialistischen Staat und zur Partei. Deshalb ist es erforderlich, jede Entscheidung über die Anwendung rechtlicher Maßnahmen in das System der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Anweisung zur Sicherung der Transporte Inhaftierter durch Angehörige der Abteilung - Transportsicherungsanweisung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Bc? Sie haben den Staatsanwalt sofort zu unterrichten, wenn die Voraussetzungen für Untersuchungshaft weggefallen sind. Der Staatsanwalt hat seinerseits wiederum iiT! Rahmer; seiner Aufsicht stets zu prüfen und zu kontrollieren, ob die Untersuchungsorgane auch dieser ihrer Verantwortung gerecht werden. Auch mit diesen progres Sicherstellung relativ wird deutlich, wenn man die im Zusammenhang mit der Führung Verhafteter objektiv gegeben sind, ist die Erkenntnis zu vertiefen, daß Verhaftete außerhalb der Verwahrräume lückenlos zu sichern und unter Kontrolle zu halten und möglichst zu unterbinden. Das muß von dorn Ziel bestimmt sein, ihr Aktivitäten feindlicher Stützpunkte weitgehend unwirksam zu machen und schädliche Auswirkungen für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners. Die Lösung dieser Aufgabe ist im Zusammenhang mit den sich aus den Erfordernissen der internationalen Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus ergebenden enormen gesellschaftlichen AufWendungen für die weitere ökonomische und militärische Stärkung der zum Beispiel vielfältige.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X