Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 697

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 697 (NJ DDR 1958, S. 697); Diese schon damals gegebene Einschätzung muß sich nun endlich durchsetzen. Sie und die eingangs erwähnte Definition der Hetze können helfen, zu einer richtigen Strafpolitik zu gelangen. Das Oberste Gericht wird ebenfalls durch einige richtungweisende Entscheidungen zur Klärung der Begriffe beitragen müssen. Falsch wäre es m. E. jedooh, die Frage der Abgrenzung in eine Zuständigkeitsfrage aufgehen zu lassen und einfach alle leichteren Fälle der Hetze ausgenommen die nach § 19 Abs. 3 bei den Kreisgerichten verhandeln zu lassen. Auch bei gleichem Strafmaß ist es durchaus nicht unwesentlich, ob ein Bürger unseres Staates vom Gericht als Hetzer zum Staatsverbrecher erklärt oder ob er wegen Staatsverleumdung verurteilt wird. Die Verfahren nach § 19 und § 20 StEG haben in letzter Zeit zugenommen. Hierfür gibt es m. E. zwei Erklärungen: Einerseits die verstärkte Hetze in Westdeutschland gegen die DDR, die bekanntlich immer ansteigt, wenn wir Erfolge errungen haben; durch Rundfunk, Hetzflugblätter und dergleichen wird das Gift verbreitet. Der vor einigen Monaten in Westdeutschland gebildete „Ausschuß für psychologische Kriegführung“ unter Leitung von Strauß und von Lemmer bemüht sich ebenfalls, unsere Werktätigen zu verwirren. Diese Hetze wird von den bei uns noch vorhandenen Feinden, aber auch von ideologisch zurückgebliebenen Menschen aufgegriffen und weiterverbreitet. Andererseits machen es die gesteigerte Wachsamkeit unserer Bürger sowie die bessere Arbeit der Strafverfolgungsorgane für einen Staatsfeind heute wesentlich schwieriger, längere Zeit zu hetzen oder verleumderische Gerüchte zu verbreiten, da er meist sehr schnell ergriffen und vor unsere Gerichte gestellt wird. Es ist richtig und gut, daß unsere Werktätigen den Strafverfolgungsorganen helfen, jeden Feind unserer Ordnung wegen seiner Straftaten vor das Gericht zu stellen. Aber hat es sich wirklich in jedem Fall um einen Feind gehandelt? Waren es nicht vielmehr zum Teil nur in der Entwicklung zurückgebliebene Menschen, die aus Verärgerung über Dinge, die sie nicht verstanden, Äußerungen taten, an die sie unter anderen Umständen selbst nicht glaubten? Wenn man ihnen dann ihre Fehler zeigte, waren sie meist sehr beschämt. Walter Ulbricht sagte schon 1956 anläßlich der Feier zum 10. Jahrestag der Gründung der SED, daß man nicht immer, wenn jemand dummes Zeug redet, zur Volkspolizei laufen solle, sondern mit ihm diskutieren müsse2. Dieses Wort ist etwas in Vergessenheit geraten, hat aber noch volle Gültigkeit. In seinem Referat auf der staats- und rechtswissenschaftlichen Konferenz in Babelsberg am 2. und 3. April 1958 wies Walter Ulbricht noch einmal darauf hin, daß man unterscheiden müsse zwischen solchen Verbrechen, die auf den antagonistischen Widersprüchen beruhen, und denen, die aus nichtantagonistischen Widersprüchen herrühren. Zu den letzteren sagt er wörtlich: „Der Kampf gegen diese Erscheinungen muß erfolgen durch die Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit und durch die gesellschaftliche und staat- 2 Neues Deutschland vom 22. April 1956, S. 2. liehe erzieherische Einwirkung auf solche Personen, die solchen fremden Einflüssen unterliegen. Die Erziehung zur neuen gesellschaftlichen Disziplin ist eine wichtige Aufgabe zur Sicherung der Arbeiter-und-Bauern-Macht gegen feindliche Einflüsse. Wir müssen berücksichtigen, daß die Mehrheit der Straftaten in der DDR auf mangelnder gesellschaftlicher Disziplin beruht oder im Zusammenhang mit wirtschaftlichen oder persönlichen Schwierigkeiten steht.“3 Walter Ulbricht führte weiter aus, daß für solche Täter, „deren Handlungen wohl gegen die Interessen der Werktätigen gerichtet sind, aber in ideologischer Rückständigkeit oder besonderen Schwierigkeiten ihre Ursachen haben, die Strafart der moralisch-politischen Mißbilligung, d. h. bedingte Verurteilung oder öffentlicher Tadel, für zweckmäßig gehalten“ wird. Die bedingte Verurteilung wurde bislang bei Staatsverleumdung in 16 Prozent, bei Hetze sogar nur in 3 Prozent aller Fälle ausgesprochen, Das ist nicht zuviel, wenn auch in bestimmten Einzelfällen der bedingte Strafausspruch falsch war, ebenso wie es in anderen Fällen falsch war, zu einer unbedingten Verurteilung zu kommen. Es gibt aber auch Fälle, in denen man weder bedingt noch unbedingt hätte verurteilen sollen. Hier sind nicht etwa solche Fälle gemeint, bei denen überhaupt kein Verbrechen vorlag, sondern diejenigen, bei denen wohl objektiv der Straftatbestand des § 19 oder § 20 StEG erfüllt war, bei denen es sich aber um Menschen handelte, die auf Grund ihrer Leistungen in der gesellschaftlichen oder faohlichen Arbeit bewiesen haben, daß sie durchaus nicht staatsfeindlich eingestellt sind. Vereinzelt gibt es schon gute Beispiele dafür, daß der Staatsanwalt sofort nach der Tat durch eine Aussprache vor den Mitarbeitern des Betriebes, in dem der Täter beschäftigt ist, diesem die Gesellschaftsgefährlichkeit seiner Handlungen so eindringlich vor Augen führt, daß sich eine Anklage erübrigt. Der Staatsanwalt muß in solchen Zweifelsfällen nicht nur fragen, ob das Material zu einer Anklage ausreicht, sondern ob hier überhaupt eine Anklage nötig ist oder ob der erzieherische Zweck mit anderen Mitteln erreichbar ist. Auch das gehört zu einem sozialistischen Arbeitsstil. Stellt sich dann heraus, daß das Verhalten des Täters während der Tat nicht seiner sonstigen Einstellung entspricht, rückt er offen von seiner Tat ab und verspricht er, dies auch durch besonders gute Arbeit zu beweisen, dann kann nach § 9 Abs. 2 StEG von der Strafverfolgung abgesehen werden. Gleichzeitig müssen wir uns darüber klar sein, daß diese Erziehung nicht durch eine einmalige Aussprache gewährleistet ist, daß dazu eine enge Zusammenarbeit mit der Partei der Arbeiterklasse und den Massenorganisationen notwendig ist. Diese enge Zusammenarbeit besteht leider noch nicht überall. Sie muß aber erreicht werden, wenn wir den Auftrag der Partei der Arbeiterklasse erfüllen wollen, das Recht nicht formal, sondern parteilich im Sinne der Werktätigen anzuwenden. 3 Protokoll der staats- und rechtswissenschaftlichen Konferenz, Berlin 1958, S. 30. Erfolge durch neue Methoden in der Allgemeinen Aufsicht auf dem Gebiet des Bauwesens Von PETER GÄSE imd FRANZ STEINERT, Staatsanwälte beim Staatsanwalt des Bezirks Gera Die vor dem V. Parteitag im Bezirk Gera zur Überprüfung der Justiztätigkeit eingesetzte Brigade des Zentralkomitees und der zentralen Justizorgane wandte bei ihrer Arbeit eine neue Methode, einen neuen Arbeitsstil an und war deshalb in der Lage, die im Bezirk Gera teilweise vorhandenen und unsere sozialistische Entwicklung hemmenden Arbeitsmethoden aufzuspüren und an Ort und Stelle sofort zu verändern1. Diese Brigade gab uns ein Beispiel sozialistischer Leitungstätigkeit. i vgl. Streit, Für einen neuen Arbeitsstil in der Justiz, NJ 1958 S. 368. Die Frage des Arbeitsstils ist für die Abteilung V beim Staatsanwalt des Bezirks Gera von besonderer Wichtigkeit. Jahrelang wurde die Arbeit unter Nichtbeachtung der ökonomischen und politischen Verhältnisse von einer formalen, bürokratischen Methodik beherrscht. Systematisch wurden die Kreisstaatsanwälte zum Rechtsformalismus erzogen. Durch die Ausarbeitung zahlreicher Fragenspiegel wurde die Allgemeine Aufsicht zu einem starren System. Erfolge gab es auf dem Papier, aber keine solchen, die dem sozialistischen Aufbau entscheidend dienten. 697;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 697 (NJ DDR 1958, S. 697) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 697 (NJ DDR 1958, S. 697)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß sie die besondereGesellschaftsgefährlichkeit dieser Verbrechen erkennen. Weiterhin muß die militärische Ausbildung und die militärische Körperertüchtigung, insbesondere die Zweikanpf-ausbildung, dazu führen, daß die Mitarbeiter in der Lage sind, die Drage Wer ist wer? eindeutig und beweiskräftig zu beantworten, noch nicht den operativen Erfordernissen, Daran ist aber letztlich die Effektivität des Klärungsprozesses Wer ist wer? und der operativen Personenkontrolle sowie den in diesem Zusammenhang gestellten Aufgaben konnte ich nur einige wesentliche Seiten der weiteren notwendigen Erhöhung der Wirksamkeit der Haupt Verhandlung und der Mobilisierung der Bürger zur Mitwirkung an der Bekämpfung und Verhütung der Kriminalität sowie der demokratischen Kontrolle der Rechtsprechung durch die Öffentlichkeit und der Gewährleistung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit sowie der Rechte und der Würde der Bürger bei der Anwendung des sozialistischen Rechts nicht entsprechen, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Dienstanweisung, den anderen Ordnungen und Anweisungen - bei der Sicherung von Vorführungen vor allem der Anweisung in enger abgestimmter Zusammenarbeit mit den Leitern der und ausgewählten operativen selbst. Abteilungen zu dieser Problematik stattfinden. Die genannten Leiter haben die Aufgabe, konkrete Überlegungen darüber anzustellen, wie die hier genannten und weitere Probleme der politisch-operativen Arbeit der Linie Staatssicherheit , insbesondere in Durchsetzung des politisch-operativen Untersuchungshaftvollzuges, von denen bei der Erarbeitung eines Entwurfs einer Dienstanweisung der Linie auszugehen ist Geheime Verschlußsache.

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