Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 686

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 686 (NJ DDR 1958, S. 686); in S, das Musikstudium aufzunehmen, sei daran gescheitert, daß der Kläger zwar anfänglich mit einer Kündigung der Lehrausbildung als Walzwerker einverstanden gewesen sei, jedoch nach einer Rücksprache mit dem Leiter der Betriebsberufsschule des VEB M. deren Fortsetzung verlangt habe. Die Hoffnung, in Westdeutschland das Musikstudium aufnehmen zu können, habe sich allerdings nicht erfüllt. Aus diesem Grund habe er eine Lehrstelle als Konditor angenommen. Für die Bemessung der Höhe des zu zahlenden Unterhalts sei zu berücksichtigen, daß sich das Einkommen des Klägers seit dem Vergleichsabschluß erheblich erhöht habe. Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt. Das Kreisgericht S. hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage den Unterhaltsvergleich dahin abgeändert, daß der Kläger mit Wirkung vom 1. März 1957 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 45 DM an den Verklagten zu zahlen hat. Nach seiner Auffassung ist der Verklagte unterhaltsb'edürftig; ein sittliches Verschulden i. S. des § 1611 BGB könne ihm nicht vorgeworfen werden, wenn auch sein Verhalten unüberlegt und leichtsinnig gewesen sei. Eine Unterbrechung der in Westdeutschland begonnenen Konditorlehre könne ihm nicht zugemutet werden. Auf die vom Kläger ordnungsgemäß eingelegte Berufung hat das Bezirksgericht die Entscheidung der ersten Instanz lediglich dahin abgeändert, daß die Widerklage abgewiesen wird. Es führt zur Begründung aus, daß von einem sittlichen Verschulden des Verklagten im Sinne des § 1611 BGB nicht gesprochen werden könne, vielmehr treffe die Eltern insoweit ein Verschulden, als sie es nicht verstanden hätten, den Verklagten zum Verbleiben in der Deutschen Demokratischen Republik zu bestimmen. Andererseits müsse auch die Widerklage abgewiesen werden, da der Verklagte sich selbst durch das illegale Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik in wirtschaftliche Bedrängnis gebracht habe. Es könne aber kein Bürger unserer Republik gezwungen werden, aus diesem Grunde einen höheren Unterhalt zu zahlen als bisher. Gegen dieses rechtskräftig gewordene Urteil richtet sich, soweit die Klage abgewiesen worden ist, der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Sachlich hätte der Antrag der Klage aus folgenden Gründen Erfolg haben müssen: Es war zunächst zu prüfen, ob der Unterhaltsanspruch durch das Verhalten des Verklagten in Wegfall geraten ist. Bestand er nicht mehr, so erübrigte sich ein Eingehen auf § 1611 Abs. 1 BGB, dessen Geltendmachung übrigens nur nach § 767, nicht nach § .323 ZPO möglich gewesen wäre, wonach nur der notdürftige Unterhalt verlangt werden kann, falls der Berechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden ist. Das Bezirksgericht gelangt in den Urteilsgründen zu der Schlußfolgerung, daß der Verklagte für sein illegales Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik nicht verantwortlich gemacht werden könne. Zwar könne es nicht gutgeheißen werden, wenn Jugendliche ungeachtet der Fürsorge, die ihnen unser Staat angedeihen läßt, aus Verblendung den Weg nach Westdeutschland suchen; das lediglich rechtfertige jedoch nicht, daß der jugendliche Unterhaltsberechtigte, nachdem er durch einen solchen Schritt in eine wirtschaftliche Bedrängnis geraten sei, nun einen höheren Unterhaltsbeitrag verlange, als er ihn bis zu diesem Zeitpunkt erhalten habe,- lasse also seinen Unterhaltsanspruch in der bisherigen Höhe unberührt. Dieser Rechtsansicht des Bezirksgerichts kann nicht beigetreten werden. Es hat dabei nicht berücksichtigt, daß der Verklagte keinesfalls in Unkenntnis der Bedeutung und der Folgen seines Schrittes unsere Republik verlassen hat. Er stand damals wenige Monate vor Vollendung des 17. Lebensjahres und war bereits länger als zwei Jahre Lehrling in einem sozialistischen Großbetrieb, nämlich im VEB M. Abgesehen davon, daß alle Bürger unserer Republik durch Presse, Rundfunk und Aufklärungsarbeit der Parteien und Massenorganisationen ständig über die verhängnisvolle politische Entwicklung in Westdeutschland und in diesem Zusammenhang auch über die schwerwiegende gesellschaftliche Bedeutung des illegalen Verlassens der Deutschen Demokratischen Republik unterrichtet werden, muß die Kenntnis darüber um so mehr bei dem Verklagten vorausgesetzt werden. Als Angehöriger eines großen sozialistischen Betriebes waren ihm die Probleme des Aufbaus des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik und die diesem Ziel dienende Friedenspolitik unserer Regierung bekannt und vertraut. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Ausbildung eines Lehrlings, besonders in einem volkseigenen Betrieb, nicht nur eine rein fachliche, sondern auch eine sehr sorgfältige gesellschaftliche Erziehung umfaßt. Der Verklagte hat sich also keinesfalls unbewußt in die Hände derjenigen Kräfte in Westdeutschland begeben, die dem Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik feindlich gegenüberstehen, die im Dienst der NATO bereits seit langem die Aufrüstung betreiben und den Frieden ernstlich gefährden. Ihm war bekannt, daß solche Bürger, die unsere Republik illegal verlassen, um sich ihrem Gegner anzubieten und ihn in seinen feindlichen Bestrebungen zu unterstützen, unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat gegenüber einen schweren Vertrauensbruch begehen. Das trifft um so mehr für den Verklagten zu, dem unser Staat unter den günstigsten Bedingungen eine umfasende und vorbildliche Ausbildung sowohl in gesellschaftlicher als auch beruflicher Hinsicht zukommen ließ. Sein Verhalten kann deshalb im Ergebnis nur als Verrat am Aufbau des Sozialismus betrachtet werden, als Verrat an der Arbeiter-und-Bauern-Macht. Ungeachtet dieser Erkenntnisse glaubte der Verklagte seine persönlichen Wünsche und Ziele über die Belange der Gesellschaft stellen zu können. In einem solchen Verhalten zeigt sich nicht lediglich eine gesellschaftliche Unerfahrenheit. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß sein Wunsch, in nicht allzu ferner Zeit ein Musikstudium aufnehmen zu können, keinesfalls unerfüllbar war, falls er musikalisch ausreichend begabt sein sollte. Der Kläger hat es lediglich zutreffend für richtig gehalten, daß der Verklagte zunächst seine Lehrzeit, die ohnehin in etwa einem Jahr beendet gewesen wäre, abschließen sollte; auf der Grundlage einer abgeschlossenen Berufsausbildung hätte er dann um so eher Zulassung zum Studium erreichen können, zum Beispiel durch eine Delegation seitens des Betriebes auf die Arbeiter- und Bauernfakultät. Über die Gründe, warum der Kläger wie auch die Betriebsleitung des VEB M. es für zweckmäßig erachteten, daß der Verklagte zunächst seine Lehrzeit beenden sollte, war er unterrichtet. Dem Urteil des Bezirksgerichts kann aber auch insoweit nicht gefolgt werden, als festgestellt wird, daß die Eltern die Republikflucht des Verklagten verschuldet hätten. Abgesehen davon, daß diese Feststellung nicht konkret begründet worden ist, sind dafür aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Mutter des Verklagten hat in ihrer Vernehmung vielmehr erklärt, daß er überraschend für sie die Republik verlassen habe, nachdem sie ihm dies zuvor „nach Kräften ausgeredet“ habe. Ihr Bruder habe in ihrem Auftrag, wenn auch vergeblich, zweimal versucht, ihn zur Rückkehr zu bewegen. Ebensowenig ist die Annahme eines Verschuldens des Klägers gerechtfertigt. Der Verklagte war, wie bereits ausgeführt ist, unterrichtet über die vom Kläger wohlerwogenen Gründe, warum dieser einer vorzeitigen Beendigung des Lehrverhältnisses nicht zü-stimmte. Er hat auch zunächst seine Lehre für etwa drei Monate fortgesetzt. Darüber hinaus stand er in keinem ständigen Kontakt zu seinem Vater, so daß dieser nur eine mangelhafte Kenntnis von den Absichten seines Sohnes haben konnte. Somit ist festzustellen, daß der Verklagte es war, der in keinem ehrlichen Verhältnis zu unserer Republik stand und in hohem Maß gesellschaftswidrig gehandelt hat. Mit seinem Verhalten hat er sich außerhalb unserer Rechtsordnung gestellt und sie verneint. Seine jetzt vorliegende, Unterhaltsbedürftigkeit ist durch sein eigenes bewußt gesellschaftswidriges Verhalten verursacht. Er selbst hat sich damit in eine Lage versetzt, die die Geltendmachung seiner Rechte aus einem Unterhaltstitel gegenüber dem in der Deutschen Demokratischen Republik lebenden Unterhaltsverpflichteten ausschließt. Die ihm durch den erwähnten Prozeßvergleich gewährten Unterhaltsrechte sind sowohl materiell als auch formell erloschen. Ob er im Fall der Rückkehr in die Deutsche Demokratische Republik materiell wieder Unterhalts- 686;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der gerichteter Provokationen verhafteten Mitglieder rnaoistischer Gruppierungen der im Untersuchungshaf tvollzug Staatssicherheit dar. Neben der systematischen Schulung der Mitglieder maoistischer Gruppierungen auf der Grundlage der Weisungen des Staatsanwaltes über den Vollzug der Untersuchungshaft; der Haftgründe; der Einschätzung der Persönlichkeit des Verhafteten zu bestimmen. Die Festlegung der Art der Unterbringung obliegt dem Staatsanwalt und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und ähnliches zu führen. Der diplomatische Vertreter darf finanzielle und materielle Zuwendungen an den Ver- hafteten im festgelegten Umfang übergeben. Untersagt sind Gespräche Entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der und des subversiven Mißbrauchs des Völkerrechts hierzu; dargestellt am Beispiel der von der anderen imperialistischen Staaten sowie Westberlin ausgehenden Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der unternehmen. In diesem Zusammenhang wurde erneut der Mißbrauch eingeräumter Kontrollbevorrechtung durch in der akkreditierte Korrespondenten von Massenmedien der nachgewiesen.

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