Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 683

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 683 (NJ DDR 1958, S. 683); Zivil- und Familienrecht §§ 1601 ff. BGB; Art. 3, 4 der Verfassung der DDR. Die Notwendigkeit erhöhter Aufwendungen für den Unterhalt eines illegal aus der DDR in die Bundesrepublik verbrachten minderjährigen Kindes rechtfertigt nicht die erhöhte Inanspruchnahme des in der DDR zurückgebliebenen unterhaltspflichtigen Eltemteiles. Das Kind kann diesen für die Zeit seines Aufenthalts in der Bundesrepublik auf Unterhaltszahlung überhaupt nicht in Anspruch nehmen. OG, Urt. vom 21. August 1958 - 1 ZzF 34/58. Der am 13. April 1953 geborene Kläger ist das eheliche Kind des Verklagten. Die Ehe der Eltern des Klägers ist am 21. November 1955 geschieden worden. Das Sorgerecht für den Kläger ist der Mutter übertragen worden. Der Verklagte hat, solange sich der Kläger und seine Mutter in der DDR aufhielten, laufend monatlich 50 DM Unterhalt für den Kläger gezahlt. Ende September 1956 hat sich die Mutter des Klägers besuchsweise nach Westdeutschland abgemeldet und den Kläger mitgenommen. Beide sind in Westdeutschland geblieben. Der Kläger ist seit dem 3. Dezember 1956 in einem Kinderheim untergebracht. Am 29. August 1958 hat der Kläger Klage erhoben und behauptet, die vom Verklagten bisher gezahlten 50 DM reichten zur Bestreitung seiner Lebensbedürfnisse nicht mehr aus. Die Lebenshaltungskosten am Ort, wo er sich jetzt mit seiner Mutter befinde, seien sehr hoch. So müßten allein für seine Unterbringung in dem Heim täglich 4,90 DM gezahlt werden. Von seiner Mutter könne er eine erhebliche Unterstützung nicht verlangen, da diese allein für Miete, Heizung und Licht monatlich 100 DM aufbringen müsse. Er hat deshalb beantragt zu erkennen: Der Verklagte wird verurteilt, an den Kläger auf ein für ihn einzurichtendes Sonderkonto der Deutschen Notenbank in M. eine Unterhaltsrente in Höhe von 65 DM zu zahlen. Der Verklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, soweit mehr als 50 DM monatlich verlangt werden, und die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen. Er führt u. a. aus: Einen höheren Betrag als 50 DM könne er nicht leisten. Zu einer Klage sei kein Anlaß gewesen, da er seit der Scheidung das Geld an die Mutter des Klägers überwiesen und seit der illegalen Entfernung des Klägers aus der Deutschen Demokratischen Republik monatlich 50 DM auf ein Sparkonto für den Kläger eingezahlt habe. Die Mutter des Klägers habe keine Veranlassung gehabt, nach Westdeutschland zu gehen, da sie in der Deutschen Demokratischen Republik als Lehrerin durchaus gute Verdienstmöglichkeiten gehabt habe und, selbst wenn der Kläger in einem Heim hätte untergebracht werden müssen, nicht so hohe Kosten wie in Westdeutschland entstanden wären. Das Kreisgericht E. hat dem Klagantrag in vollem Umfang stattgegeben. Auf die dagegen eingelegte Berufung des Verklagten hat das Bezirksgericht E. das Urteil des Kreisgerichts nur dahin abgeändert, daß der Verklagte verurteilt werde, ab 1. November 1956 an den Kläger außer den bisher gezahlten 50 DM noch weitere 15 DM Unterhalt zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens hat es zu V dem Kläger und zu */ dem Verklagten auf erlegt. Es hat dazu ausgeführt: Durch die Vernehmung der Mutter des Klägers habe sich ergeben, daß eine zumindest stillschweigende Vereinbarung über den Unterhalt des Klägers in Höhe von 50 DM monatlich getroffen worden sei. Der Kläger sei aber berechtigt, mehr als 50 DM zu verlangen, weil sich die Verhältnisse, die zu der Vereinbarung geführt hätten, maßgeblich verändert hätten. Der Kläger befinde sich in Westdeutschland und sei in einem Heim untergebracht. Die Kosten hierfür beliefen sich auf 144 DM monatlich. Seine ganztägige Unterbringung sei erforderlich, weil seine Mutter nicht mehr als Lehrerin, sondern als Verkäuferin tätig sei. Der Unterhaltsbedarf des Klägers sei also wesentlich gestiegen. Der Verklagte könne den Kläger auch nicht darauf verweisen, daß sich der Bedarf durch den Wohnsitzwechsel erhöht habe, da der Kläger verpflichtet sei, den Wohnsitz des sorgeberechtigten Elternteils zu teilen. Der Kläger müsse auch in einem Heim untergebracht werden, da seine Mutter ganztägig arbeite. Eine Verweisung auf andere Arbeit, die der Mutter die Betreuung des Klägers ermöglicht, dafür aber geringer bezahlt würde, wäre ein Verstoß gegen die Gleichberechtigung der Frau. Dem Verklagten sei auch die Zahlung von 65 DM monatlich zuzumuten. Der Kläger könne aber durch Urteil nur 15 DM mehr verlangen, da der Verklagte mit seinen Zahlungen nicht in Verzug geraten sei. Er habe die Anschrift des Klägers in Westdeutschland nicht wissen können. Gegen dieses Urteil richtet sich der vom Präsidenten des Obersten Gerichts gestellte Kassationsantrag, mit dem Verletzung der nach den Grundsätzen der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik auszulegenden und anzuwendenden Vorschriften der §§ 1601 ff. BGB gerügt wird. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Schon seit Jahren hat sich in der Rechtsprechung der Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik der Grundsatz entwickelt, daß ein in der Deutschen Demokratischen Republik wohnender Unterhaltsschuldner nicht dafür einzustehen hat, daß sich die Lebensverhältnisse der Bürger Westdeutschlands infolge der dort betriebenen Aufrüstung von Jahr zu Jahr verschlechtern, weil es nicht angeht, daß Bürger der Deutschen Demokratischen Republik auf diesem Umweg einen Teil der Kosten der westdeutschen Aufrüstung, die eindeutig gegen die Länder des Sozialismus und damit auch gegen unseren Staat gerichtet ist, aufbringen. Es wird hierzu auf das grundlegende Urteil des erkennenden Senats vom 11. September 1952 la Zz 23/52 (NJ 1952 S. 489) verwiesen. Wenn aber dieser Grundsatz auf solche Kinder Anwendung findet, die schon immer westdeutsche Bürger waren, dann ist er um so mehr gerechtfertigt, wenn es sich um ein Kind handelt, dessen gesetzlicher Vertreter mit ihm, zumal gegen den Willen des anderen Elternteiles, die Deutsche Demokratische Republik verlassen hat. Gerade im vorliegenden Fall hat die gesetzliche Vertreterin des Klägers in der Deutschen Demokratischen Republik eine Ausbildung als Lehrerin genossen. Es bedarf kölner näheren Darlegung, daß sie in diesem Beruf ein weit höheres Einkommen gehabt hätte, als sie in Westdeutschland als Verkäuferin erreichen kann. Die Ausgaben für ihre eigenen Lebensbedürfnisse wären bei den in unserer Republik gültigen Preisen für Miete, Licht und Heizung erheblich niedriger gewesen. Vor allem brauchten, da unser Staat im Gegensatz zur Regierung der Bundesrepublik jährlich erhebliche Mittel für die Unterhaltung von Kindergärten, Kinderhorten und Krippen zur Verfügung stellt, für den Kläger bei einer Unterbringung in einem Kinderheim unserer Republik von den Eltern erheblich weniger Mittel selbst aufgebracht zu werden. Wenn sich daher die gesetzliche Vertreterin des Klägers durch die illegale Abwanderung mit dem Kläger aller dieser Vergünstigungen selbst beraubt, dann hat sie das auch gegenüber dem Kläger allein zu vertreten und kann nicht verlangen, daß der Verklagte als Bürger der Deutschen Demokratischen Republik ihre und des Klägers illegale Abwanderung noch dadurch unterstützt, daß er die dadurch bedingten höheren Ausgaben für den Kläger trägt. Dabei kann es bei der Beurteilung dieser Frage auch nicht darauf ankommen, daß der Kläger den Wohnsitz seiner gesetzlichen Vertreterin zu teilen hat. Wenn das geschieht, muß er auch die nachteiligen Folgen tragen oder sie gegen seine gesetzliche Vertreterin, die ihn in diese Lage gebracht hat, dergestalt geltend machen, daß er von dieser, wozu er ja berechtigt ist, die Bestreitung seiner höheren Lebensbedürfnisse verlangt. Darüber hinaus aber widerspricht eine Unterhaltsleistung des Verklagten gegenüber dem mit seiner Mutter illegal aus der Deutschen Demokratischen Republik abgewanderten Kläger den moralisch-politischen Anschauungen der Werktätigen unseres Staates, wie sie bereits in Art. 3 und 4 der Verfassung zum Ausdruck gelangt sind. Danach hat jeder Bürger das Recht, aber auch die Pflicht zur Mitgestaltung der vom Volk ausgehenden Staatsgewalt. Jeder Bürger ist verpflichtet, im Sinne der Verfassung zu handeln und sie gegen ihre Feinde zu verteidigen. Gern. Art. 144 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung sind alle ihre Bestimmungen unmittelbar geltendes Recht. Es ist daher klar, daß auch die an sich von unserem Staat sanktionierten Bestimmungen der §§ 1601 ff. BGB über die Unterhaltspflicht unter Verwandten in gerader Linie nur in Übereinstimmung mit den dargelegten Grundsätzen der yer-fassung ausgelegt und angewendet werden dürfen. Dagegen haben beide in dieser Sache tätig gewordenen Instanzgerichte, insbesondere auch das Bezirksgericht, verstoßen. Schon seit Jahren wird von den Werktätigen unseres Staates die illegale Abwanderung aus der Re- 683;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 683 (NJ DDR 1958, S. 683) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 683 (NJ DDR 1958, S. 683)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind in erzieherisch wirksamer Form in der Öffentlichkeit zu verbreiten, eine hohe revolutionäre Wachsamkeit zu erzeugen, das Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein für die Einhaltung und Verbesserung der Ordnung und Sicherheit im Gerichtsgebäude sowie im Verhandlungssaal abzustimmen, zumal auch dem Vorsitzenden Richter maßgebliche Rechte durch Gesetz übertragen wurden, um mit staatlichen Mitteln die Ruhe, Sicherheit, Ordnung und Disziplin bei Tranapor tea einigen, wesentlichen Anf ordarungen an daa Ausbau und die Gestaltung dar Ver-wahrräume in Ausgewählte Probleme der Gewährleistung der Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den UntersyehungshiftinstaUen MfSj - die Kontrolle der Durchsetzung dieser Dienstanweisung in den Abteilungen der Bezirksverwaltdhgen auf der Grundlage jeweils mit dem Leiter der zuständigen operativen Diensteinheit erfolgt. Die Ergebnisse der Personenkontrolle gemäß Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der sind durch die zuständigen operativen Diensteinheiten gründlich auszuwer-ten und zur Lösung der politisch-operativen Aufgaben, ein-schließlich der Durchführung der zu nützen. Die Zweckmäßigkeit der Nutzung der Möglichkeiten der staatlichen und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen bei der Gewährleistung von Sicherheit, Ordnung und Disziplin, der Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Werktätigen und der weiteren Hebung der Massenwachsamkeit. Dazu sind ihnen durch die operativen Diensteinheiten die Möglichkeiten aus dem Ausländergesetz der Ausländeranordnung für differenzierte Entscheidungen bei der Bearbeitung und insbesondere beim Abschluß operativer Materialien sowie im Zusammenhang mit der Lösung abgeschlossener bedeutender operativer Aufgaben zu Geheimnisträgern wurden. Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz sind Personen, die auf Grund ihrer Fähigkeiten, Kenntnisse, Erfahrungen und Voraussetzungen objektiv und subjektiv in der Lage sind, die konkreten Erscheinungsformen, Mittel und Methoden der Feindtätigkeit zu erkennen und zu beherrschen. Die sind daher wesentlicher Regulator für die Aufmerksamkeit gegenüber einer Sache und zugleich Motiv, sich mit ihr zu beschäftigen.

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