Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 679

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 679 (NJ DDR 1958, S. 679); Hinzu kommt, daß der Angeklagte von den bei dem Waffenfund im Jahre 1950 anwesenden Personen, darunter insbesondere seinem Schwiegervater, mit der Ablieferung beauftragt wurde, er diesen Auftrag aber nicht ausführte. Die dem Angeklagten bekannten Umstände des Waffenfundes und der unter seiner Beteiligung als Abschluß einer Beratung mehrerer Personen gefaßte Entschluß, Waffe und Munition abzuliefern, widerlegt auch die vom Kreisgericht bei der Beurteilung mit zugrunde gelegte Behauptung des Angeklagten, sich bei der Begründung des Waffenbesitzes nicht sehr viel Gedanken gemacht sowie Maßnahmen gegen sich befürchtet und deshalb die Gegenstände nicht abgeliefert zu haben. Angesichts dieser Umstände konnte auch der Angeklagte damals nicht annehmen, etwa des illegalen Waffenbesitzes verdächtigt zu werden. Außerdem war er durch die Beratung der beim Waffenfund anwesenden Bürger und dem daraufhin gefaßten Entschluß auf das Erfordernis der Ablieferung nachdrücklich hingewiesen worden. Im übrigen wäre unter den hier vorliegenden objektiven Tatumständen auch die als Ausdruck mangelnden Vertrauens zu den staatlichen Organen und ihrer Tätigkeit zu bewertende Motivierung für den unerlaubten Waffenbesitz nicht geeignet, bei der Prüfung der Voraussetzungen des Abs. 2 des § 2 WVO zugunsten des Angeklagten berücksichtigt zu werden. Dem Kassationsantrag ist aber insbesondere darin beizupflichten, daß die vom Kreisgericht besonders hervorgehobene Feststellung, der Angeklagte habe die Waffe nicht versteckt, um bei Gelegenheit gegen unsere Funktionäre bzw. gegen unsere Gesellschaftsordnung vorzugehen, kein Kriterium für die Abgrenzung des Normalfalles vom minderschweren Fall ist. Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 WVO erfordert kein Handeln des Täters mit staatsfeindlicher Zielsetzung. Der hier in Frage kommende gesetzliche Tatbestand erfordert lediglich, daß der Täter vorsätzlich ohne staatliche Erlaubnis Waffen in seinem Gewahrsam hatte. Wenn aber Waffen in Gewahrsam gehalten werden, um sie gegen Staatsfunktionäre oder den Bestand der Gesellschaftsordnung in der Deutschen Demokratischen Republik einzusetzen, ist nicht nur der Tatbestand des § 2 WVO, sondern tateinheitlich damit auch der den Charakter dieser Tat in vollem Umfang kennzeichnende Tatbestand eines Verbrechens gegen den Staat (§§ 13, 17, 18 oder 19 StEG) erfüllt. Der Umstand des Nichtvorliegens einer feindlichen Zielsetzung bei dem Waffenbesitz ist daher ebenfalls nicht geeignet, bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Anwendung des Abs. 2 des § 2 WVO zugunsten des Angeklagten gewertet zu werden. Bei richtiger Würdigung aller objektiven und subjektiven Tatumstände hätte das Kreisgericht den unerlaubten Waffenbesitz des Angeklagten nicht als minderschweren Fall beurteilen dürfen, sondern als Normalfall gemäß § 2 Abs. 1 WVO beurteilen müssen. Die fehlerhafte rechtliche Qualifizierung der Straftat hat im Hinblick auf die in Abs. 1 des § 2 WVO enthaltene Strafandrohung zu einem sowohl der Art als auch der Höhe nach gröblich unrichtigen Strafmaß geführt. Darüber hinaus wird in diesem Zusammenhang mit dem Kassationsantrag zutreffend darauf hingewiesen, daß auch unter Zugrundelegung der unrichtigen Gesetzesanwendung durch das Kreisgericht der Ausspruch der bedingten Verurteilung nicht gerechtfertigt war. Die durch § 1 StEG eingeräumte Möglichkeit der bedingten Verurteilung darf nicht dahin verstanden werden, bei allen Delikten zu einer formalen, gleichmachenden Anwendung der neuen Strafart der bedingten Verurteilung zu kommen,. Das würde dem Wesen und dem Zweck dieser neuen Strafart zuwiderlaufen. Objektive Voraussetzung für die Anwendung der bedingten Verurteilung ist, wie der § 1 StEG ausdrücklich sagt, der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat. Seine Feststellung ergibt sich nicht nur aus der quantitativen Schwere der Tat und ihrer Folgen, sondern auch aus der spezifischen Qualität der Objektverletzung, die sich in erster Linie aus der Stellung und Rolle des angegriffenen Objekts im System der gesellschaftlichen Verhältnisse unserer volksdemokratischen Ordnung und seiner hieraus resultierenden Schutzbedürftigkeit ergibt. Das Objekt des Verbrechensv ist also ein wichtiges Kriterium dafür, welche Strafe im Einzelfall anzuwenden ist. Die bereits eingangs erwähnte Bedeutung und besondere Schutzbedürftigkeit des durch jeden unerlaubten Waffenbesitz angegriffenen Objekts wird nicht dadurch gemindert, daß es sich bei der jeweils konkret zu beurteilenden Tat um einen minderschweren Fall i. S. des Abs. 2 des § 2 WVO handelt In solchen Fällen ist die Anwendung des § 1 StEG zwar nicht grundsätzlich und von vornherein ausgeschlossen, jedoch sind angesichts der Bedeutung und Schutzbedürftigkeit des angegriffenen Objekts und des daraus resultierenden Grades der allgemeinen Gesellschaftsgefährlichkeit auch dieser Taten an die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Strafart hohe Anforderungen zu stellen. Der im Kassationsantrag vertretenen Auffassung ist daher Zugfolgen, daß auch beim Vorliegen eines minderschweren Falles von unbefugtem Waffenbesitz die Anwendung des § 1 StEG nur in seltenen Fällen vertretbar sein wird. Aus den bereits zur fehlerhaften rechtlichen Beurteilung der Tat des Angeklagten angeführten objektiven und subjektiven Umständen war auch der Ausspruch der bedingten Verurteilung durch das Kreisgericht nicht gerechtfertigt. §§ 2, 5 WVO. Die Verschaffung von Waffen und Munition bringt notwendig die Kenntnis vom unbefugten Waffenbesitz derjenigen Person mit sich, der die Waffen verschafft worden sind. Diese Kenntnis, die mit der Verschaffung von Waffen immer entsteht, wird vom § 2 Abs. 1 WVO miterfaßt und läßt keine nochmalige Verurteilung als Straftat im Sinne von § 5 WVO zu. OG, Urt. vom 1. August 1956 Ia Ust 66/58. Aus den Gründen: Der Angeklagte K. hat an B., L. und M. je einTesching verkauft. Damit hat er diesen Personen Waffen verschafft und sich gemäß § 2 Abs. 1 WVO strafbar gemacht. Als notwendige Folge des Verschaffens von Waffen und Munition an andere Personen war für den Angeklagten auch die Kenntnis davon verbunden, daß diese Personen unbefugt in den Besitz von Waffen und Munition gekommen sind. Diese aus der eigenen Straftat erwachsene Kenntnis, die mit der Verschaffung von Waffen immer entsteht, wird aber bereits vom Tatbestand des § 2 Abs. 1 WVO miterfaßt und läßt keine nochmalige Verurteilung als Straftat im Sinne von § 5 WVO zu. Demnach ist der auf der Grundlage des § 5 WVO ergangene Schüldausspruch, soweit er die Nichtanzeige des unbefugten Waffenbesitzes des Angeklagten zum Gegenstand hat, nicht haltbar. §§ 1, 20 StVO. Jeder Teilnehmer am Straßenverkehr kann grundsätzlich darauf vertrauen, daß auch die anderen Verkehrsteilnehmer sich ihrer Pflichten bewußt sind und sich entsprechend verhalten. Dieser Grundsatz findet dort seine Grenzen, wo erfahrungsgemäß aus der jeweiligen konkreten Verkehrssituation oder aus anderen konkreten Umständen voraussehbar ist, daß sich ein anderer Verkehrsteilnehmer möglicherweise verkehrswidrig verhalten wird. OG, Urt. vom 24. Juni 1958 3 Zst V 4/58. Das Kreisgericht L. hat den Angeklagten am 4. Januar 1958 wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 230 StGB) in Tateinheit mit Verstoß gegen §§ 1 und 20 StVO zu zwei Monaten Gefängnis und dem Grunde nach zum Ersatz des den Verletzten entstandenen Schadens verurteilt. Dem Urteil liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte, der sich in der Fahrausbildung befand und sich deshalb mit den technischen Einrichtungen eines Kraftfahrzeugs vertraut machen wollte, stieg am 16. September 1957 in den PKW P-70 „Kombi“ der Firma V., bei der er beschäftigt war. Der Wagen stand vor den Geschäftsräumen der Firma auf der Ernst-Thälmann-Straße in M. Gegen 17.30 Uhr wollte der Angeklagte nach der Fahrbahn zu aussteigen. Er blickte kurz nach hinten und öffnete die sich nach vorn öffnende Tür des Fahrzeuges 679;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 679 (NJ DDR 1958, S. 679) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 679 (NJ DDR 1958, S. 679)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Absicherung, der Kräfte, Mittel und Methoden, die zur Anwendung kommen, die gewissenhafte Auswertung eigener Erfahrungen und die Nutzung vermittelter operativer Hinweise. Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der Diensteinhei,ten der Linie und auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden der konkreten Peindhandlungen und anderer politisch-operativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen Inspirierung und Organisierung politischer ünter-grundtätigkeit und dabei zu beachtender weiterer Straftaten. Die von der Linie Untersuchung im Staatssicherheit zur Vorbeugung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner, den er zunehmend raffinierter zur Verwirklichung seiner Bestrebungen zur Schaffung einer inneren Opposition sowie zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit, aber auch aus dem Vorgehen kapitalistischer Wirtschaftsunternehmen und der Tätigkeit organisierter Schmugglerbanden gegen mehrere sozialistische Staaten ergeben, hat die Linie insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu mißbrauchen Den Stellenwert dieser Bestrebungen in den Plänen des Gegners machte Außenminister Shultz deutlich, als er während der, der Forcierung des subversiven Kampfes gegen die sozialistischen Staaten - eng verknüpft mit der Spionagetätigkeit der imperialistischen Geheimdienste und einer Vielzahl weiterer feindlicher Organisationen - einen wichtigen Platz ein.

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