Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 676

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 676 (NJ DDR 1958, S. 676); dent Seidel mit der Erklärung, er ersuche den Referenten, solche Ausführungen zu unterlassen, da er sich sonst gezwungen sehe, den Saal zu verlassen. Eine solche Haltung vieler Verwaltungsgerichte in den Ländern, wie sie in den eingangs erwähnten Entscheidungen der Stuttgarter Instanzen zum Ausdruck kommt, stand und steht im Widerspruch zu den innenpolitischen Interessen der Adenauerregierung, die im Zeichen der forcierten Atomrüstung krampfhaft bemüht ist, den Widerstand der Arbeiterklasse und anderer Schichten der Bevölkerung stärker zu unterdrücken. Das Verbotsurteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die Kommunistische Partei Deutschlands schien die ersehnte juristische Handhabe zu bieten, die Verwaltungsgerichte auf den Adenauerkurs zu dirigieren. Nach dem Tenor dieses Urteils ist es verboten, „Ersatzorganisationen für die Kommunistische Partei Deutschlands zu schaffen oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzusetzen“7. Der unbestimmte Begriff „Ersatzorganisation für die KPD“, den das Bundesverfassungsgericht in seinem Verbotsurteil nicht definiert hatte, schien den Verfechtern des kalten Krieges in Bonn geeignet, um ihn auf unerwünschte demokratische Organisationen anzuwenden und diese zu verbieten. Wie eilig es die Adenauerregierung mit diesen Plänen hatte, zeigt ein Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 4. September 1956 an alle Innenministerien der Länder der Bundesrepublik, in dem erläutert wurde, was als „Ersatzorganisation für die KPD“ anzusehen sei8. Dabei wurde der Begriff uferlos ausgelegt. Dies wurde auch von den Vertretern der imperialistischen Rechtstheorie begünstigt, die es unterlassen hatten, in ihren Kommentaren zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz eine exakte Begriffsbestimmung zu geben. Das Schreiben des Bundesministeriums des Innern hatte jedoch im Rahmen der Bonner Pläne nur teilweise Erfolg, zumal es auch von den Verwaltungsgerichten nicht als verbindlich angesehen wurde. Dieser Zustand änderte sich auch nicht durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 21. März 1957, betreffend Auflösung der Kommunistischen Partei, Landesverband Saar, in dessen Begründung der' Begriff „Ersatzorganisation für die KPD“ wie folgt definiert wurde: „Eine Ersatzorganisation ist, wie schon das Wort sagt, dazu bestimmt, an die Stelle einer nicht mehr vorhandenen oder nicht mehr fuktionierenden Organisation zu treten. Beide sind organisatorisch nicht „dasselbe“, wollen aber funktionell „dasselbe“. Auf die Form und die räumliche Ausdehnung der neuen Organisation kommt es dabei nicht entscheidend an. Entscheidend ist vielmehr, daß sie in der Art ihrer Betätigung (Teilnahme an der politischen Willensbildung des Volkes, Beteiligung an politischen Wahlen usw.), in der Verfolgung der politischen Ziele, nach den in ihr wirkenden politischen Kräften, nach dem Kreis der von ihr Angesprochenen, nach der politischen Haltung ihrer Anhänger und nach dem aus der zeitlichen Abfolge des Geschehens (Verbot der Organisation und Schaffung des Ersatzes) erkennbaren Zusammenhang die verbotene Partei zu ersetzen bestimmt ist“9. Obwohl auch diese Merkmale noch relativ unbestimmt formuliert sind, bieten sie doch bei enger Auslegung nicht ohne weiteres die Handhabe zu richterlicher Willkür. Bezeichnenderweise hat sich das Bundesinnenministerium bisher sehr zurückhaltend gegenüber der zitierten Definition des Bundesverfassungsgerichts verhalten. * Um endlich klare Verhältnisse zu schaffen, ist das Bundesverwaltungsgericht als echtes Klassengericht der deutschen Imperialisten in die Bresche gesprungen und hat eine neue, zu uferloser Auslegung geeignete Defi- 7 „Das Verbot der KPD“, Urteil des Bundesverfassungsgerichts, Erster Senat, vorn 17. August 1956, Verlag C. F. Müller, Karlsruhe 1956, S. 582. 8 Kühlig/Müller, Zur Auslegung des Begriffs .Ersatzorganisation für die KPD* durch das Bundesministerium des Innern, Neue Justiz 1956 S. 756. 9 Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, 6. Bd., S. 307. 676 nition des Begriffs „Ersatzorganisation“ gegeben, mit deren Hilfe nunmehr die Politik der Bundesregierung durchgesetzt werden soll. Dadurch sollen die Verwaltungsgerichte der Länder hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen in allen ähnlichen Fällen gebunden werden. Das Bundesverwaltungsgericht betrachtet die Stuttgarter Wähler Vereinigung deshalb als Ersatzorganisation für die KPD, weil sechs bzw. acht Wahlbewerber des Wahlvorschlags vor dem Verbot der KPD als deren Mitglieder in Erscheinung getreten sind. Wörtlich heißt es in der Ureilsbegründung: „Nach dem Beschwerdebescheid des Regierungspräsidiums Nordwürttemberg vom 23. Januar 1957 und dem Schreiben des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 1. Oktober 1956, das Gegenstand der Verhandlung gewesen ist, waren sechs, nach den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung sogar acht Wahlbewerber des Wahlvorschlags der Wählervereinigung bereits im politischen Leben hervorgetretene Mitglieder der aufgelösten KPD, nämlich. solche Mitglieder, die auf der kommunistischen Liste als Gemeinderäte in den Gemeinderat gewählt, als Kandidaten der KPD für die Ländtags-oder Gemeinderatswahlen präsentiert oder mit Ehrenzeichen der KPD (Thälmann-Nadel) ausgezeichnet worden sind. Acht von 30 Bewerbern sind mehr als 25 Prozent der Gesamtzahl Nach den im Berufungsurteil in Bezug genommenen Unterlagen sind von sämtlichen Wahlbewerbern des Wahlvorschlags der Wählervereinigung mit Ausnahme vielleicht des Klägers zu 1) nur die als solche hervorgetretenen Mitglieder der aufgelösten KPD in der Stuttgarter Öffentlichkeit bekannt gewesen. Nach allgemeiner Erfahrung wären diese gewählt worden, wenn die Liste der Wählervereinigung zum Zuge gekommen wäre. Die Tatsache, daß sie nicht die ersten Plätze auf dem Wahlvorschlag der Wählervereinigung einnahmen, bildet dagegen kein Hindernis. Denn das Kommunalwahlgesetz kennt kein System der gebundenen Listen, sondern läßt es zu, daß jeder Wähler einem Wahlbewerber bis zu drei Stimmen gibt. Gewählt sind von den Wahlbewerbern dann diejenigen, die die höchste Stimmenzahl auf sich vereinigen. Unter diesen Umständen konnte das Ergebnis einer Zulassung des Wahlvorschlags der Wählervereinigung nur darin bestehen, daß bekannte Mitglieder der KPD in den Stuttgarter Gemeinderat einzogen und dort eine politische Tätigkeit im Sinne der aufgelösten KPD entfalteten. Diese Tatsache allein reicht aus, um der Wählervereinigung den Charakter einer Ersatzorganisation der aufgelösten KPD zu geben.“10 Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts verfolgt das Ziel, den Kommunisten als den konsequentesten Gegnern der atomaren Aufrüstung und der weiteren Entwicklung der Bundesrepublik zu einem klerikalfaschistischen Staat jede Möglichkeit zu nehmen, in die Landtage der westdeutschen Länder und in die Vertretungen der Gebietskörperschaften gewählt zu werden: Damit soll gleichzeitig ein Schlag gegen die Volksbewegung, gegen den Atomtod geführt werden, in der die westdeutschen Kommunisten an vorderster Stelle stehen. Die Konzeption des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht dem Grundgesetz und wird auch vom Verbotsurteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die KPD nicht gedeckt. Letzteres bezweckte, unter Bruch bürgerlich-demokratischer Rechtsprinzipien und des Grundgesetzes das Koalitionsrecht der Kommunisten, nämlich die legale politische Betätigung in der Partei der Arbeiterklasse, zu beseitigen. Darüber hinaus versucht jetzt das Bundesverwaltungsgericht, die Kommunisten weiter zu entrechten, indem ihnen das passive Wahlrecht aberkannt wird. Dadurch verletzt das Bundesverwaltungsgericht das Grundgesetz, nach dem die noch bestehenden grundgesetzlichen Rechte und Freiheiten der Kommunisten, wie z. B. das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG), das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 GG), das Recht xo Urteilsbegründung S. 12 und 13.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 676 (NJ DDR 1958, S. 676) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 676 (NJ DDR 1958, S. 676)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

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