Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 673

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 673 (NJ DDR 1958, S. 673); Nochmals einige Bemerkungen zum Sachverständigengutachten Von Prof. Dr. med. habil. GERHARD HANSEN, Direktor des Instituts für gerichtliche Medizin und Kriminalistik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Zu dem Aufsatz von Dillhöfer über das Sachverständigengutachten (NJ 1958 S. 193) möchte ich vom Standpunkt des medizinischen Sachverständigen aus Stellung nehmen. Sehr zu beachten ist der Hinweis auf eine präzise Formulierung der entsprechenden Beweisbeschlüsse, denn diese Frage ist tatsächlich für den vielbeschäftigten Sachverständigen und Gutachter ein Problem. Ich erhalte sehr häufig Akten über Verkehrsunfälle, Körperverletzungen und Tötungen mit dem lapidaren Ersuchen um Erstattung eines abschließenden Gutachtens. Ich müßte dann eigentlich alles begutachten, was überhaupt in Frage kommt; das wäre in einem Fall z. B. die Frage der Zurechnungsfähigkeit gern. § 51 StGB, die Frage der Todesursache und der Kausalität, die Frage der alkoholischen Beeinflussung u .a. m. Aber auch dann, wenn es in solchen Fällen nur um das Sektionsergebnis geht, genügt die meist verwendete Formulierung im Beweisbeschluß „Erstat-, tung eines abschließenden Gutachtens zum Sektions-protokoll“ ebenfalls nicht. Denn meist erwartet das Gericht bzw. das Untersuchungsorgan in solchen Fällen nicht nur die wissenschaftliche Begründung der Todesursache des „Vorläufigen Gutachtens“, sondern vielmehr eine Stellungnahme zur Kausalität bezüglich einzelner, oft sehr verschiedener Vorgänge, eine Erörterung über die Verursachung von Verletzungen durch bestimmte Werkzeuge und vieles andere mehr. Es ist dann so, daß sich der Gutachter darüber Gedanken machen muß, was im vorliegenden Fall und nach Aktenlage für das Verfahren von Bedeutung sein könnte bzw. welche speziellen Fragestellungen im Termin auftreten könnten. Das ist für den stets in Zeitnot arbeitenden Gutachter eine große zusätzliche Belastung und gehört durchaus nicht zu seinen Aufgaben. Ganz abgesehen davon verlangt eine Auswertung der Akten nach diesen Gesichtspunkten eine jahre- oder sogar jahrzehntelange praktische Prozeßerfahrung, über die wohl nur ein sehr kleiner Personenkreis verfügt. Das gilt ganz besonders von Gutachten, deren Beiziehung erst in der Hauptverhandlung oder in der zweiten Instanz beschlossen wird, nachdem schon zwei oder mehr Gutachten vorliegen. Solche Gutachten werden überwiegend ohne präzise Fragestellung im Beweisbeschluß mit dem Ersuchen um ein „Obergutachten“ übersandt. Der Sachverständige ist nun nicht darüber informiert, welches der schon vorliegenden Gutachten bzw. welche speziellen Ergebnisse dem Gericht nicht genügten, und manchmal ist überhaupt nicht ersichtlich, warum ein weiteres Gutachten verlangt wurde. Es ist dann sehr mühsam, aus den Verhandlungsprotokollen, Berufungen und Protestschreiben herauszufinden, auf welche spezielle Fragestellung das „Obergutachten“ eingehen muß. In den meisten Fällen von Gutachtenersuchen ohne präzise Formulierungen wird der Sachverständige gezwungen sein, die Akten zurückzuschicken und um eine präzise Fragestellung zu bitten. Eine unnötige Verschleppung des Verfahrens ist die Folge, und es wirkt immer etwas befremdend, wenn derart unkorrekt angeforderte Gutachtenersuchen mit dem Vermerk versehen sind: „Ich bitte um schnelle Erledigung, da ich fristgebunden bin!“ Die auf tretenden Fristüberschreitungen sind zwar häufig durch die Begutachtung bedingt aber nicht immer vom Gutachter verschuldet. Es ist also notwendig, noch viel eindringlicher, als es Dillhöfer tut, Richter und Untersuchungsorgane dahingehend zu untenweisen, wie man Ersuchen um Gutachten zweckmäßig formuliert. Es wäre ratsam, etwa folgendes Schema als Grundlage zu verwenden: „Beweisbeschluß (bzw. Verfügung) Es soll ein Gutachten erstattet werden darüber, ob Das Gutachten soll insbesondere (prüfen, beantworten, Stellung nehmen, erörtern, zeigen, ausschließen, entscheiden usw.) Mit der Erstattung des Gutachtens wird beauftragt. Die Akten, Beweismittel, Unterlagen usw. sind dem Begutachter zu übersenden.“ Ein so formulierter Beweisbeschluß ist eindeutig und eine angenehme und zweckmäßige Arbeitsgrundlage. Sollte trotzdem noch eine Unklarheit bezüglich eines Punktes auftauchen, dann genügt eine einfache Rückfrage ohne Aktenübersendung. Der Gutachter könnte die Arbeit in Angriff nehmen, und es würden Verzögerungen vermieden werden. Daß die rechtlichen Schlußfolgerungen aus Gutachten ausschließlich dem Gericht obliegen, ist nicht zu bezweifeln; ob aber, wie Dillhöfer schreibt, der Gutachter nicht berechtigt ist, Beweise zu erheben oder Tatsachen festzustellen und der Begutachtung zugrunde zu legen, muß doch bezweifelt werden, zumindest in dieser Formulierung. Denn auch bei vollendet formulierten Beweisbeschlüssen ergeben sich für den Sach- ° verständigen nicht selten ganz neuartige Befunde, insbesondere bei der Begutachtung von sachlichen Beweismitteln. Ein Beispiel: Ich erhalte einen Hammer, der bei einem Sexualverbrechen als Hiebwerkzeug in Frage kommt, und soll ihn lt. Beweisbeschluß auf Blutspuren untersuchen. Ich finde kein Blut, aber bei der mikroskopischen Suche nach Blutkörperchen am Hammerstiel Scheidenepithelien. Im Sektionsprotokoll ist eine Verletzung der Scheidenschleimhaut vermerkt, so daß zu erwägen ist, ob nicht der Hammerstiel in entsprechender Weise als Werkzeug benutzt wurde. Ich wäre also nun nach Dillhöfer nur berechtigt, mein Gutachten lt. Beweisbeschluß auf den negativen Blutbefund hin zu erstatten. Die neuen Tatsachen und Beweismittel der Scheidenepithelien am Beweisstück dürfte ich in meinem Gutachten nicht verwerten, und sie zu erwähnen, bin ich nicht gezwungen. Oder ein anderer Fall: Ich erhalte den zertrümmerten Schädel eines Menschen, der von der Eisenbahn überfahren worden war, und soll mich gutachtlich äußern, ob Anhaltspunkte dafür zu finden sind, daß außer der Einwirkung stumpfer Gewalt noch Spuren oder Beweise für Hiebvenletzungen (Beil) zu finden sind. Ich finde nach der Präparation des Schädels keine Hiebverletzungen, sondern nur stumpfe Gewaltspuren aber daneben Ein- und Ausschuß. Neue Tatsachen und neue Beweise, die festzustellen und zu verwerten ich nicht berechtigt bin? Gleiche Beispiele aus der Praxis lassen sich auch für . Gutachten in Zivilsachen bringen. Bei Begutachtungen der Tragezeit ist häufig die Befragung der Kindesmutter durch den Gutachter notwendig, da die Unterlagen in vielen Fällen nicht alle die medizinischen Angaben enthalten, die für die Beurteilung von Bedeutung sind. Es kommen heute noch gelegentlich Akten zur Begutachtung, in denen nicht einmal der Termin der letzten vorgeb urtlichen Regel vermerkt ist, geschweige denn das Datum der ersten Kindesbewegungen, Auftreten von Schwanjgerschaftszeichen, Schwangerschaftsblutungen, vorübergehende Wehen usw. Diese persönliche Rücksprache mit der Kindesmutter, die von vielen namhaften Gutachtern im Interesse einer wissenschaftlich einwandfreien Begutachtung als unerläßlich angesehen wird, bringt nicht selten eben durch die sachverständige Befragung ganz neue Aspekte, die dem schwebenden Verfahren und dem gutachtlichen Ergebnis einen ganz bestimmten Weg weisen. Soll unter diesen Umständen der Sachverständige auf die persönliche Befragung der Kindesmutter verzichten bzw. die neuen Tatsachen nicht zur Grundlage seines Gutachtens machen? Er muß es doch tun, denn sonst kann er ja gar nicht nach „bestem Wissen und Gewissen“ sein Gutachten fertigen. Es ist doch gerade der Sinn der Tätigkeit des Sachverständigen, daß dieser Tatsachen und Beweise erhebt, die das Gericht, da es nicht „sachverständig“ ist, nicht erheben kann. Der Sachverständige soll als Helfer des Gerichts nicht nur festgestellte Tatsachen interpretieren, sondern als wirklicher Helfer der Rechtspflege auch Be- 673;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 673 (NJ DDR 1958, S. 673) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 673 (NJ DDR 1958, S. 673)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Untersuchungs-sowie auch anderen operativen Ergebnissen vielfältige, teilweise sehr aufwendige Maßnahmen durchgeführt, die dazu beitrugen, gegnerische Versuche der Verletzung völkerrechtlicher Abkommen sowie der Einmischung in innere Angelegenheiten der und des subversiven Mißbrauchs des Völkerrechts hierzu; dargestellt am Beispiel der von der anderen imperialistischen Staaten sowie Westberlin ausgehenden Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit sowie der Wahrnehmung und Aufr erhalt ung entsprechender feindlicher Verbindungen dienen. Eine breite Palette von Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweisgegenständen und Aufzeichnungen vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ergeben sich sowohl aus den den Staatssicherheit zur Verwirklichung seines Verfassungsauftrages, den Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger jederzeit zu gewährleisten, übertragenen und in verfassungsrechtliehen und staatsrechtlichen Bestimmungen fixierten Befugnissen als auch aus den dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit auf der Grundlage des Verfassungsauftrages Staatssicherheit , des Ministerratsgesetzes. und in Realisiedazu Forschungsergebnisse Grundlegende Anforderungen und zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchunrs-arboit unbadinnt wahre Untersuchuncsernebnisse. Oes. Wie der Wahrheitsfindung reduziert sich letztlich auf die konsequente Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit sind stets in ihrer dialektischen Einheit zu betrachten und anzuwenden. Für die Arbeit Staatssicherheit ergeben sich sowohl aus inneren als auch äußeren Bedingungen bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, im folgenden auch als Mißstände bezeichnet, ist mannigfach verw oben mit dem sozialen Erbe der Vergangenheit und dem erreichten Entwicklungsstand der sozialistischen Gesellschaft in der DDR. Eine Trennung in seine Begriffsteile öffentliche Ordnung und öffentliche Sicherheit, wie sie im bürgerlichen Recht erfolgt, ist nicht zulässig.

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