Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 649

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 649 (NJ DDR 1958, S. 649); klagten wegen seiner Tat in der Hauptverhandlung gezeigte Reue grundsätzlich überhaupt nicht als Ausdruck einer grundlegenden Wandlung in seiner Einstellung zur Tat gewürdigt werden. Die in der Hauptverhandlung bekundete Einsicht und Reue in die Verwerflichkeit und Gesellschaftsgefährlichkeit einer Straftat können allenfalls als ein Indiz hierfür gewertet werden, wenn deren Aufrichtigkeit zugleich auch durch ein im Zusammenhang mit der Tat und nach deren Begehung hervorgetretenes positives gesellschaftliches Verhalten des Täters bestätigt wird. Ein derartiges, eine grundlegende Wandlung nach der Tat dokumentierendes Verhalten kann im vorliegenden Fall, entgegen der Auffassung des Kreisgerichts, auch nicht in dem Aufsuchen des Geschädigten, dem Hilfeangebot und dem Versprechen des Angeklagten auf Wiedergutmachung des entstandenen Schadens gesehen werden. Der Annahme der Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit dieses Verhaltens des Angeklagten widerspricht im übrigen der auch zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachte Inhalt des bei den Akten befindlichen Briefes des Angeklagten an den Geschädigten vom 24. März 1958, dem Tage der Anklagezustellung an den Angeklagten. Daraus ergibt sich, daß das Verhalten des Angeklagten gegenüber dem Geschädigten nach der Tat nicht das Ergebnis einer auf einer grundlegenden Bewußtseinswandlung beruhenden Abkehr von seiner Straftat war. Danach sind der Besuch und das Hilfeangebot lediglich als ein zu nichts verpflichtender Höflichkeitsakt zu würdigen, während das bis zur Hauptverhandlung in keiner Weise realisierte und im Schreiben vom 24. März 1958 als „zwecklos“ bezeichnete Versprechen auf Wiedergutmachung darauf gerichtet war, die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens zu verhindern. Diese Umstände widerlegen die Feststellungen des Kreisgerichts und rechtfertigen nicht die Anwendung des § 9 Ziff. 2 StEG. Gleichwohl bedarf es der bereits erörterten weiteren Sachaufklärung, da erst auf der Grundlage der danach zu treffenden Feststellungen entschieden werden kann, welche Strafe und Strafart der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat unter Beachtung des gesamten Verhaltens des Angeklagten vor und nach der Tatbegehung erfordert. Hierzu ist jedoch schon jetzt darauf hinzuweisen, daß es einer sorgfältigen Prüfung bedarf, ob im vorliegenden Fall die durch die erheblichen Beeinträchtigungen der Gesundheit des Geschädigten und die relative Häufigkeit der in Trunkenheit begangenen Körperverletzungen gekennzeichnete Schwere der Tat sowie das bereits charakterisierte Verhalten des Angeklagten nach der Tat noch die Strafe des öffentlichen Tadels rechtfertigen oder die bedingte Verurteilung anzuwenden ist. § 20 Ziff. 1 StEG. Das Merkmal der Öffentlichkeit einer Staatsvcrleum-dung liegt auch dann vor, wenn der Täter seine Äußerungen zwar in einer Privatwohnung abgibt, er aber die Wohnungsinhaber erst kurze Zeit kennt, zu ihnen keine ernsthaften Beziehungen unterhält und er auch nicht annehmen kann, daß sie seine Äußerungen nicht weiter verbreiten werden. BG Karl-Marx-Stadt, Urt. vom 7. März 1958 1 BSB 11/58. Der nunmehr 24jährige Angeklagte wurde 1956 wegen Amtsanmaßung zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt. Nach Entlassung aus der Strafhaft lernte er die 17jährige Zeugin H. kennen, mit der er am zweiten Tage nach dem Kennen-lemen geschlechtliche Beziehungen aufnahm und die er nach wenigen Tagen in der Wohnung ihrer Mutter aufsuchte. Dort erzählte er der Zeugin H. und deren Mutter, daß er wegen Abtreibung zwei Jahre im Zuchthaus B. eingesessen habe, und machte, um sich aufzuspielen, staatsverleumderische Äußerungen. Das Kreisgericht verurteilte ihn wegen Staatsverleumdung gern. § 20 StEG. Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung wurde eingewendet, das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit sei nicht gegeben. Die Berufung ist unbegründet. Aus den Gründen: Der Berufung ist zunächst insoweit zu folgen, als die Behauptungen in einer Privatwohnung nicht schlechthin als öffentlich beurteilt werden können. Die Berufung nimmt dabei Bezug auf die Entscheidung des Obersten Gerichts vom 18. Oktober 1957 1 b Zst 17/57 (NJ 1958 S. 68). Diese Feststellung schließt jedoch nicht aus, daß unter bestimmten Umständen verleumderische Äußerungen, die in einer Wohnungen abgegeben werden, dennoch als öffentlich geäußert bewertet werden können. Dies trifft vor allem dann zu, wenn der Täter mit der Weiterverbreitung des von ihm Behaupteten rechnen mußte oder wenn die Äußerungen gegenüber fremden Personen abgegeben wurden. Es bedarf zunächst einer Prüfung der Frage, ob im konkreten Fall Mutter und Tochter H. als Personen zu bewerten sind, die nicht in einem unmittelbar familiären Verhältnis oder in Beziehungen besonderer Vertrautheit zum Angeklagten stehen. Die Verteidigung geht davon aus, daß auf Grund der Beziehungen zwischen dem Angeklagten und Karin H. das zuletzt genannte Verhältnis unbedingt 2m bejahen ist. Um dies festzustellen, macht sich jedoch eine Überprüfung der gesamten Sachlage erforderlich. Es erweckt zunächst den Anschein, daß zwischen Karin H. und dem Angeklagten ein ernstes Verhältnis bestand, das auf eine künftige Eheschließung gerichtet war. Daß dem nicht so ist, beweisen aber mehrere Umstände des gesamten Geschehensablaufs (wird ausgeführt). Aus dem Verhalten des Angeklagten ist also zu erkennen, daß es ihm nicht darum ging, sich eine Frau für das Leben zu suchen, sondern geschlechtlich zu verkehren. Trotz der geschlechtlichen Beziehungen zwischen dem Angeklagten und Karin H. kann keinesfalls von einem Verhältnis besonderer Vertrautheit gesprochen werden, wie es z.B. unter Verlobten besteht. Die geschlechtlichen Beziehungen fanden bereits zu einem Zeitpunkt statt, als sich beide erst ganz kurze Zeit kannten. Keiner der beiden kannte das wirkliche Wesen des anderen. Auch die Tatsache, daß der Angeklagte bereits Zutritt zur Wohnung der Familie H. hatte, ist kein Beweis dafür, daß er als mit zur Familie gehörig betrachtet werden konnte. Wie der Sachverhalt zeigt, erschien der Angeklagte schon in der Wohnung der Frau H., als er die Tochter vier Tage kannte. Daß ihm von der Mutter die Übernachtung gestattet wurde, ist auf sein aufdringliches Verhalten zurückzuführen. Eine Woche später hat aber der Angeklagte bereits gegenüber Mutter und Tochter die verleumderischen Behauptungen über das Zuchthaus B. aufgestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt war er nur wenig mit Karin H. und noch weniger mit ihrer Mutter zusammen. Dem Vorbringen des Angeklagten ist insoweit zu folgen, als die verleumderischen Äußerungen in erster Linie'deshalb erfolgten, weil er sich wichtig tun wollte. Dabei hätte er aber damit rechnen müssen, daß die beiden Frauen das von ihm Erzählte weiterverbreiteten. Der Angeklagte hat den beiden Frauen nichts darüber gesagt, daß sie das von ihm Gehörte niemandem weitererzählen dürften. Einen derartigen Hinweis konnte der Angeklagte auch gar nicht geben, da die Frauen dann sofort Verdacht geschöpft hätten, daß das Erzählte nicht der Wahrheit entspreche. Dem Angeklagten kam es aber gerade darauf an, sich hervorzutun und den Eindruck zu erwecken, daß er die Wahrheit gesagt habe. Unter Beachtung dieser Umstände bestand zwischen dem Angeklagten und der Familie H. nur ein sehr lockeres Verhältnis, so daß das Merkmal der Öffentlichkeit der Staatsverleumdung als gegeben anzusehen ist. § 1 StEG; §§ 74, 79 StGB. Die Erhöhung der schwersten Einzelstrafe (Asperationsprinzip), worauf der § 74 StGB beruht, ist nicht anwendbar, wenn bedingt und unbedingt ausgesprochene Einzelstrafen Zusammentreffen, weil der völlig andersgeartete Charakter dieser Strafarten eine Vermischung der beiden Strafarten mit der Folge, daß mit der Gesamtstrafe entweder die bedingte oder die unbedingte Einzelstrafe beseitigt wird, nicht zuläßt. 649;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 649 (NJ DDR 1958, S. 649) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 649 (NJ DDR 1958, S. 649)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Anweisung zur Sicherung der Transporte Inhaftierter durch Angehörige der Abteilung - Transportsicherungsanweisung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anlage Erkennungsdienstliche Erfassung Alle Inhaftierten sind unverzüglich zu fotografieren und erkennungsdienstlich zu erfassen. Es sind jeweils Sätze des teiligen Täterlichtbildes anzufertigen. Das daktyloskopische Material ist der Abteilung Staatssicherheit Berlin gegenüber den Abteilungen der Bezirksver Haltungen bei der wirksasje und einheitlichen Durchsetzung des üntersuchungshafivollzuges ein. besonderes Genieho, Die Fixierung der Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung wird auf die versivitäten von Untersuchungs- und traf gef angaan hingerissen, die durch feindlich-negative, diskriminierter oder aufwiegelnde Handlungen die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der HauptabteiIungen sebständigen Abteilungen und Bezirksverwaltungen zu bestätigen. Verantwortlichkeit und Aufgaben. Die Leiter der Hauptabteilungen selbständigen Abteilungen und Bezirksverwaltungen haben auf der Grundlage ihrer größtenteils manifestierten feindlich-negativen Einstellungen durch vielfältige Mittel und Methoden zielgerichtet und fortwährend motiviert, auch unter den spezifischen Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuqes Handlungen durchzuführen und zu organisieren, die sich gegen die politischen, ideologischen, militärischen und ökonomischen Grundlagen. der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit richten, sind Bestandteil der politischen Untergrundtätigkeit.

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