Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 648

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 648 (NJ DDR 1958, S. 648); Strafrecht Rechtsprechung § 9 Ziff. 2 StEG. 1. Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 9 Ziff. 2 StEG gegeben sind, kommt es entscheidend auf solche Umstände an, die in Beziehung zu der begangenen Tat stehen und überzeugend erkennen lassen, daß sich bei dem Täter ein grundlegender Wandlungs-prozeß in seinem Bewußtsein und Verhalten vollzogen und er aus seiner Straftat schon selbst die Lehren gezogen hat. 2. Ob es sich bei dem Verhalten des Täters nach der Tat um eine grundlegende Wandlung handelt, wird z. B. dann festgestellt werden können, wenn zwischen der Tat und deren Aburteilung ein Zeitraum liegt, dessen längere Dauer im Zusammenhang mit der Art des Verhaltens des Täters in dieser Zeit und den ihm hiernach gegebenen Möglichkeiten dies offenbar werden läßt. 3. Die von einem Angeklagten in der Hauptverhandlung gezeigte Reue kann grundsätzlich nicht als Ausdruck einer grundlegenden Wandlung in seiner Einstellung zur Tat gewürdigt werden. Sie kann allenfalls als ein Indiz hierfür gewertet werden, wenn ihre Aufrichtigkeit zugleich auch durch ein im Zusammenhang mit der Tat und nach deren Begehung hervorgetretenes positives gesellschaftliches Verhalten bestätigt wird. OG, Urt. vom 8. August 1958 2 Zst in 49/58. Der 26 Jahre alte Angeklagte entstammt einer Arbeiterfamilie. Seit dem Jahre 1951 bis zum 30. März 1958 war er Hauer, zuletzt Hauerbrigadier bei der SDAG W. Während dieser Zeit wurde er viermal für ausgezeichnete Leistungen im Fünf jahrplan und als Meister der Arbeit erster und zweiter Klasse ausgezeichnet. Zur Zeit besucht er die Berg-bauschüle, Institut für Gangerzbergbau in B. Am 12. Februar 1958 fuhr der Angeklagte mit seinem Freund nach G. und kehrte in eine HO-Gaststätte ein. Dort aßen beide zunächst zu Mittag und zechten dann während des Nachmittags. Am Abend setzten sie die Zecherei in der im Hause befindlichen Tanzbar fort, wo der Angeklagte im Laufe des Abends sein Hemd wechselte und daraufhin eine .wörtliche Auseinandersetzung mit einigen Gästen hatte. An diese Vorgänge vermag sich der Angeklagte zu erinnern. Danach schlief er an seinem Tisch ein. Der Nachtportier der Gaststätte, D., machte den Geschäftsführer darauf aufmerksam, der jedoch im Hinblick auf den kurz bevorstehenden Lokalschluß anordnete, den Angeklagten einstweilen schlafen zu lassen. Danach versah D. den Auslaßdienst. Gegen 1.30 Uhr verließ der Angeklagte, vom Geschäftsführer bis zum Ausgang begleitet, die Gaststätte. Kurze Zeit später wollte die Küchenhilfe B. das Lokal verlassen. Als sie von D. hinausgelassen wurde, kam der Angeklagte wieder zurück und zwängte sich durch die Tür. Dabei rief er: „Ich will meine Gerechtigkeit!“ D. erwiderte ihm darauf, daß er sich morgen seine Gerechtigkeit holen solle, heute wäre Feierabend. Daraufhin schlug ihm der Angeklagte mit der Faust ins Gesicht und versetzte ihm einen weiteren Schlag auf den Hinterkopf. Der Angeklagte wurde von einigen auf dem Heimweg befindlichen Gästen überwältigt und von einem herbeigerufenen VP-Angehörigen zur Wache der Volkspolizei gebracht. D. wurde durch den Faustschlag des Angeklagten im Gesicht verletzt und mußte in ein Krankenhaus transportiert werden, aus dem er nach Behandlung in seine Wohnung entlassen wurde. Infolge der Verletzungen war er einige Zeit arbeitsunfähig krank. An diese Vorgänge kann sich der Angeklagte, der betrunken war, nicht erinnern. Auf Grund .dieses Sachverhalts hat das Kreisgericht den Angeklagten durch Urteil vom 14. April 1958 wegen verbrecherischer Trunkenheit (§ 330 a StGB), in der er eine mit Strafe bedrohte Handlung i. S. des § 223 StGB begangen hat. für schuldig befunden, jedoch gern. § 9 Ziff. 2 StEG von Strafe abgesehen. Zur Begrüdung der Anwendung des § 9 Ziff. 2 StEG werden in dem Urteil die ständig hervorragenden, durch besondere Auszeichnungen anerkannten Arbeitsleistungen des Angeklagten, die Regelmäßigkeit, mit der er seiner Arbeit nachgegangen ist, und seine dadurch und durch die Zugehörigkeit zur Arbeiterpartei und einer Reihe anderer Massenorganisationen bestätigte fortschrittliche Einstellung hervorgehoben. Außerdem wird darauf hingewiesen, daß es sich bei ihm nicht um einen Schläger handele, was auch dadurch bestätigt worden sei, daß der Angeklagte sofort am nächsten Tage den Verletzten D. aufgesucht und diesem seine Hilfe angeboten habe, nachdem er zuvor mit seinem Parteisekretär über den Vorfall gesprochen habe, weil er sich an nichts habe erinnern können. Auch in der Hauptverhandlung habe der Angeklagte wegen seines Verhaltens offensichtlich Reue gezeigt, das Verwerfliche seines Verhaltens eingesehen und Wiedergutmachung des Schadens versprochen. Danach sei im gesamten Verhalten des Angeklagten nach der Tat eine grundlegende Wandlung festzustellen, die erwarten lasse, daß er in Zukunft nicht so viel Alkohol zu sich nehmen und die sozialistische Gesetzlichkeit achten werde. Der Generalstaatsanwalt hat die Kassation dieses Urteils beantragt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die Anwendung des § 9 Ziff. 2 StEG setzt voraus, daß nach Begehung der Tat ein grundlegender Wandel im gesamten Verhalten des Täters eingetreten ist, der erwarten läßt, daß er in Zukunft die sozialistische Gesetzlichkeit einhalten wird. Ob diese, das Absehen von Strafe rechtfertigende Voraussetzung vorliegt, kann, worauf in dem Kassationsantrag zutreffend hingewiesen wird, aber nur dann festgestellt werden, wenn in jedem Einzelfall eine allseitige gründliche Erforschung und Prüfung des Verhaltens des Täters vor der Tat und im Zusammenhang damit seines Verhaltens nach der Tat vorgenommen wird. Dabei kommt es entscheidend auf solche Umstände an, die in Beziehung zu der begangenen Tat stehen und überzeugend erkennen lassen, daß sich bei dem Täter ein grundlegender Wandlungsprozeß in seinem Bewußtsein und Verhalten vollzogen und er aus seiner Straftat schon selbst die Lehren gezogen hat. Ob es sich bei dem Verhalten des Täters nach der Tat um eine grundlegende Wandlung handelt, wird z. B. dann festgestellt werden können, wenn zwischen der Tat und deren Aburteilung ein Zeitraum liegt, dessen längere Dauer im Zusammenhang mit der Art des Verhaltens des Täters in dieser Zeit und den ihm hiernach gegebenen Möglichkeiten dies offenbar werden läßt. Dem Kassationsantrag ist darin zuzustimmen, daß im vorliegenden Fall, in dem sich der Angeklagte wegen verbrecherischer Trunkenheit, in der er eine mit Strafe bedrohte Körperverletzung begangen hat, zu verantworten hatte, die grundlegende Wandlung in seinem Verhalten nach der Tat u. a. ihren Ausdruck darin finden müßte, daß er nunmehr den übermäßigen Genuß alkoholischer Getränke vermeidet. Dazu gehört aber auch die Feststellung, wie sich der Angeklagte in dieser Hinsicht vor der Tat verhalten hat und ob bei ihm eine Neigung zu Gewalttätigkeiten bereits beobachtet werden konnte. Diesen an die Sachaufklärung, speziell an die Erforschung und Würdigung der Umstände zur Person des Angeklagten zu stellenden Anforderungen ist das Kreisgericht nicht nachgekommen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß schon die eigenen Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung zu dieser weiteren Aufklärung hätten Veranlassung geben müssen. Danach trinkt er sehr gern Bier und war auch schon einmal in eine Schlägerei verwickelt. Das Kreisgericht hätte sich auch nicht nur mit den eigenen Angaben des Angeklagten begnügen dürfen, sondern sich über sein Verhalten vor und nach der Tat durch Einholung kollektiver Beurteilungen von seiner Arbeitsstelle, der Schule, die er z. Z. besucht, und der Parteiorganisation, der er angehört, Gewißheit verschaffen müssen, und zwar insbesondere auch darüber, ob und wie der Angeklagte zu seiner Straftat vor seiner Parteiorganisation und in der Bergbauschule Stellung genommen hat. Dem Generalstaatsanwalt ist auch darin zuzustimmen, daß die vom Kreisgericht angeführten Umstände nicht geeignet sind, die Anwendung des § 9 Ziff. 2 StEG zu begründen. So kann die von einem Ange- 648;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

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