Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 606

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 606 (NJ DDR 1958, S. 606); Das Bezirksgericht hat sich, ebenso wie der Staatsanwalt des Bezirks, bei der Prüfung der Voraussetzungen für die bedingte Strafaussetzung lediglich auf Umstände gestützt, die sich auf das Verhalten des Verurteilten während der Strafhaft beziehen. Eine solche einseitige Prüfung und Betrachtung vermag jedoch die Entscheidung nicht zu begründen. Bei der bedingten Strafaussetzung handelt es sich um eine besondere Maßnahme der Strafvollstreckung, die an bestimmte, in § 346 StPO angeführte Voraussetzungen geknüpft ist. Diese Voraussetzungen bilden eine Einheit und müssen im Zusammenhang geprüft werden. Es genügt nicht, wenn nur eine dieser Voraussetzungen gegeben ist. Erst auf der Grundlage aller zu prüfenden Umstände ist eine einigermaßen zuverlässige Entscheidung darüber möglich, ob erwartet werden kann, daß sich der Verurteilte in Zukunft verantwortungsbewußt als Bürger der Deutschen Demokratischen Republik verhalten wird. Es genügt daher nicht, wie es das Bezirksgericht getan hat, lediglich das Verhalten des Verurteilten während der Strafhaft einer Würdigung zu unterziehen. Es genügt insbesondere auch nicht, die zu den einzelnen gesetzlichen Voraussetzungen für die Entscheidung festgestellten Umstände, wie das Vorleben des Täters, seine Persönlichkeit, die Art seines Verbrechens, dessen Gesellschaftsgefährlichkeit, das Verhalten des Verurteilten während der Strafhaft nebeneinander und isoliert zu betrachten. Es kommt vielmehr darauf an, den inneren Zusammenhang dieser Umstände zu ermitteln, um feststellen zu können, ob bei dem Verurteilten in Ansehung des von ihm begangenen Verbrechens durch das Strafverfahren und die Strafhaft eine Wandlung in seiner Einstellung zu dem mit seiner Straftat angegriffenen Objekt und den diesen zu Grunde liegenden gesellschaftlichen Verhältnissen eingetreten ist. Die Art des angegriffenen Objekts, die Rolle und dessen Bedeutung im System unserer Gesellschaftsordnung sowie der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat des Verurteile ten sind ein wichtiges Kriterium für die Art und das Maß der an die Erfüllung der Voraussetzungen des § 346 StPO zu stellenden Anforderungen. So wird bei einem wegen Diebstahls Verurteilten aus seinem vorangegangenen gesellschaftlich nicht zu beanstandenden Verhalten und seinem vorbildlichen Auftreten in der Haftanstalt, wenn er zum Beispiel beim Arbeitseinsatz und im Kollektiv erzieherisch fördernd in Erscheinung getreten ist und auch das ihm zugänglich gewordene Eigentum des Volkes und das seiner Mithäftlinge sorgsam und pfleglich behandelt hat, die Erwartung gerechtfertigt sein, daß sich eine Wandlung in seinem Bewußtsein hinsichtlich seiner Einstellung zu fremdem Eigentum vollzogen hat und er dies in Zukunft achten wird. Art und Bedeutung des durch ein Verbrechen gegen den Staat verletzten Objekts stellen hohe Anforderungen an die Voraussetzungen des § 346 StPO, die nur dann als vorliegend anerkannt werden können, wenn in Ansehung der gesamten Umstände der Tat im Zusammenhang mit dem Vorleben des Täters und seinem Verhalten während der Straftat konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß sich bei ihm in seiner Einstellung zur Arbeiter-und-Bauern-Macht ein ideologischer Wandlungsprozeß vollzogen oder einen solchen Stand erreicht hat, daß von ihm ein zukünftiges verantwortungsbewußtes Verhalten als Bürger unseres Staates erwartet werden kann. Im vorliegenden Fall hat der Verurteilte ein in seiner Art besonders gefährliches Verbrechen gegen den Staat begangen. Er war Agent des amerikanischen Geheimdienstes, einer der aktivsten und skrupellosesten Spionageorganisationen im Kampf gegen die Deutsche Demokratische Republik und andere friedliebende Völker. Für diese Geheimdienststelle hat er es unternommen, in der gefährlichsten Form Spionage, nämlich Militärspionage, durchzuführen. Außerdem wußte er, daß zwei Bekannte von ihm Spionage gegen sowjetische Einheiten betrieben. Durch die häufigen Besuche eines Verwandten in Westberlin, von dem ihm auf Grund seiner äußeren Lebensumstände bekannt war, daß dieser zumindest geheimnisvolle Einnahmequellen hatte, wurde er an den amerikanischen Geheimdienst vermittelt, nachdem er diesen Verwandten um die Beschaffung einer Nebenarbeit gebeten hatte. Demgegenüber arbeitete der Verurteilte in der Deutschen Demokratischen Republik nur unbeständig und wechselte sehr oft seine Arbeitsstellen, obwohl er als Obstzüchter und Dreher ein reiches Betätigungsfeld hätte finden können und nicht auf eine „Nebenarbeit“ in Westberlin angewiesen gewesen wäre. Schon die Art des Verbrechens, die Umstände der Tat sowie die zur Person und zum Vorleben des Verurteilten gemachten Feststellungen wären im Interesse des Schutzes unseres Staates nicht geeignet gewesen, dem Antrag des Staatsanwalts auf Gewährung bedingter Strafaussetzung zu entsprechen, nachdem der Verurteilte von der gegen ihn ausgesprochenen Zuchthausstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erst etwa zwei Jahre und sechs Monate verbüßt hat. Bei Beachtung der angeführten Umstände und im Zusammenhang damit rechtfertigt auch der Bericht des Haftarbeitslagers über das Verhalten des Verurteilten nicht die vom Bezirksgericht beschlossene Maßnahme. Die mehrmals ausgezeichneten, guten Arbeitsleistungen des Verurteilten und sein der Disziplin der Haftanstalt entsprechendes Verhalten sind zwar anzuerkennen; sie können aber nicht ohne weiteres als ein im Hinblick auf' seine Tat erforderlicher konkreter Ausdruck einer bei ihm vollzogenen ideologischen Wandlung gewertet werden, der schon jetzt zu der Annahme eines auch zukünftigen Verhaltens des Verurteilten im Sinne von § 346 StPO berechtigen würde. Das vermag auch nicht seine Anerkennung der von ihm vorher nicht für möglich gehaltenen Großbauten unseres Staates zu bewirken, weil der Unglaube des Verurteilten an die Schaffenskraft der Werktätigen des ersten Arbeiter-und-Bauern-Staates in Deutschland einfach dadurch widerlegt wurde, daß er im Haftarbeitslager an diesen Großbauten mitarbeitet. Die guten Arbeitsleistungen des Verurteilten, deren objektiver gesellschaftlicher Wert in keiner Weise verkannt werden soll, hätten bei Vorliegen auch der übrigen Voraussetzungen des § 346 StPO eine Grundlage für die Gewährung bedingter Strafaussetzung sein können, wenn der Verurteilte auch durch ein über sein diszipliniertes Verhalten hinausgehendes Auftreten, sei es im Kollektiv seiner Mithäftlinge oder bei anderen Gelegenheiten, zu erkennen gegeben hätte, daß er auch von sich aus bemüht ist, in Zukunft allseitig und verantwortungsbewußt seinen Pflichten als Bürger der Deutschen Demokratischen Republik nachzukommen. § 1 StEG; §§ 1, 6 JGG; § 1 StEG, § 223 Abs. 2 StPO. Zu Fragen der bedingten Verurteilung. OG, Urt. vom 26. Juni 1958 - 2 Zst III 35/58. Durch Urteil des Kreisgerichts St. vom 3, Februar 1958 ist die Angeklagte wegen fortgesetzter Hehlerei bedingt zu vier Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die Verurteilung beruht im wesentlichen auf folgenden Feststellungen: Die im Jahre 1935 geborene Angeklagte erlernte nach dem Schulbesuch den Beruf einer Verkäuferin. Im Jahre 1953 verließ sie illegal die Deutsche Demokratische Republik und begab sich nach Westdeutschland. Dort wurde sie wegen Diebstahls mit 100 DM Geldstrafe an Stelle von 20 Tagen Gefängnis bestraft. Sie heiratete dann und kehrte gemeinsam mit ihrem Ehemann im Jahre 1954 in die Deutsche Demokratische Republik zurück. Im Juli 1956 wurde die Ehe der Angeklagten geschieden; gleichwohl lebte sie weiter mit ihrem geschiedenen Ehemann zusammen und folgte ihm, als dieser wieder nach Westdeutschland ging. Im Juli 1957 kehrten beide gemeinsam in die Deutsche Demokratische Republik zurück. Nach ihrer zweiten Rückkehr aus Westdeutschland schloß sich die damals 13 Jahre alte B. Sch. der Angeklagten an und kümmerte sich um deren Kinder. B. ging gelegentlich mit der Angeklagten zusammen einkaufen und aß hin und wieder bei ihr. Bald nach der Bekanntschaft brachte B. einige Büchsen Fleisch und Wurst zur Angeklagten; sie verlangte für die Büchse 5 DM und gab auch zu, die Büchsen gestohlen zu haben. Die Angeklagte nahm die Büchsen an und bezahlte sie auch. Im Herbst 1957 sah die Angeklagte, daß B. ein Paar Hausschuhe gestohlen hatte; sie ermahnte das Mädchen, diese Diebstähle zu unterlassen, ließ es aber hierbei bewenden, ohne weiteres zu unter- 606;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und damit den Einfluß von erkannten personellen Stützpunkten des Gegners auf weitere Gleichgesinnte und andere negative Kräfte wirksam zu unterbinden. Sie sind zur ständigen Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in den StrafVollzugseinrichtungen sowie Untersuchungshaftanstalten und bei der Erziehung der Strafgefangenen sind Ausbrüche, Entweichungen, Geiselnahmen, andere Gewalttaten xind provokatorische Handlungen sowie im Anschluß daran vorgesehene Angriffe gegen die Staatsgrenze der und landesverräterischen Treuebruch begingen und die deshalb - aber nur auf diese Delikte bezogen! zurecht verurteilt wurden. Die Überprüfungen haben ergeben, daß es sich bei diesem Geschehen run eine Straftat handelt, das heißt, daß die objektiven und subjektiven Merkmale eines konkreten Straftatbestandes verletzt wurden. Die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege vorliegen, ist die Sache an dieses zu übergeben und kein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Der Staatsanwalt ist davon zu unterrichten.

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