Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 603

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 603 (NJ DDR 1958, S. 603); republikflüchtiger Bürger zu verneinen bzw. die Zwangsvollstreckung aus Unterhaltstiteln zu untersagen. Soweit bereits Unterhaltstitel vorliegen, gehen die Gerichte davon aus, daß es mit der politischmoralischen Charakterisierung der Republikflucht als Verrat am Aufbau des Sozialismus und der Strafbarkeit des illegalen Verlassens der Deutschen Demokratischen Republik nicht mehr vereinbar ist, daß demokratische Gerichte Zwangsvollstreckungen durchführen, wenn der Unterhaltsgläubiger die Deutsche Demokratische Republik ohne die erforderliche staatliche Genehmigung verlassen hat. Dieser Rechtsprechung ist vollauf beizutreten. (Nach § 767 ZPO können durch die Zwangsvollstreckungsgegenklage Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, dann geltend gemacht werden, wenn sie erst nach dem Schluß der letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind. Als eine solche, den Anspruch ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien vernichtende Einwendung muß der Umstand gewertet werden, daß der Unterhaltsberechtigte unseren Staat ohne Beachtung der polizeilichen Meldebestimmungen verlassen hat. Das Recht auf Unterhalt geht im Zeitpunkt des illegalen Verlassens der DDR unter. Völlig zu Recht hat daher das Kreisgericht Brandenburg in seinem die einstweilige Kostenbefreiung verweigernden Beschluß vom 8. Juli 1958 3 F 172/58 st. die Rechtsverteidigung der Verklagten, die mit ihrer die elterliche Sorge ausübenden Mutter republikflüchtig geworden waren, im Rahmen einer vom Unterhaltsschuldner angestrengten Zwangsvollstreckungsgegenklage als erfolglos angesehen. An die Darlegung, daß jeder, der unseren Staat illegal verläßt und sich in das Lager der Feinde unseres Staates begibt, deren Bestrebungen auf die Vernichtung der .sozialistischen Staaten gerichtet sind, ein Verräter an unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat ist, knüpft sich die Schlußfolgerung, daß die Veränderung der Rechtsauffassung unserer Bevölkerung, wie sie in dem Paßänderungsgesetz zum Ausdruck kommt, als ein Einwand gegen den Unterhaltsanspruch selbst anzusehen ist und die Voraussetzungen des § 767 ZPO als gegeben zu erachten sind. Daß das Gericht der Frage, daß es sich bei den Verklagten um minderjährige Kinder handelt, keine Aufmerksamkeit geschenkt hat, ändert nichts an der Richtigkeit der Entscheidung. Beizutreten ist daher dem Bezirksgericht Cottbus, das in seiner Entscheidung vom 28. Mai 1958 3 BF 41/58 zu dieser Frage ausführt, daß „eine Unterhaltszahlung an das Kind eines republikflüchtigen Bürgers gleichzeitig eine wirtschaftliche Unterstützung des Republikflüchtigen selbst bedeuten würde. Eine solche Unterstützung würde mit dazu beitragen daß der wirtschaftliche Lebensstandard, für den die den gesamten Familienmitgliedern zufließenden Geldmittel maßgebend sind, nach der Republikflucht zu einem Teil gesichert wird.“ Zu Recht ist der Senat der Ansicht, daß diese Unterhaltszahlung zur Aufrechterhaltung des gegen die Interessen der Arbeiter-und-Bauem-Macht verstoßenden Zustandes beiträgt und daß eine solche Unterstützung auch nicht auf dem Umweg über den Unterhaltsanspruch des Kindes erfolgen darf. Ein Minderjähriger, der mit einem Elternteil republikflüchtig geworden ist, hat daher lediglich die Möglichkeit, sich im Rahmen des § 1607 Abs. 2 BGB an den republikflüchtigen Unterhaltsverpflichteten zu halten, der in vollem Umfang hierfür haftet, weil infolge seiner Republikflucht die Rechtsverfolgung gegen den anderen Unterhaltsverpflichteten ausgeschlossen ist. Die oben dargelegten Grundsätze müssen auch für neue Unterhaltsklagen gelten, die von republikflüchtigen Personen angestrengt werden. Dabei ist gleichgültig, ob sie auf die §§ 1601 ff., 1708 ff. BGB gestützt oder innerhalb eines Ehescheidungsverfahrens geltend gemacht werden. In der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, deren Bestimmungen nach Art 144 unmittelbar geltendes Recht sind, wird in Art. 4 Abs. 2 jeder Bürger verpflichtet, im Sinne der Verfassung zu handeln und sie gegen ihre Feinde zu verteidigen. Da die Republikflucht Verrat an der Arbeiterklasse und der mit ihnen Verbündeten ist, ist ein derartiges Verhalten auch als verfassungsfeindlich anzusehen. Die sich aus Art. 4 Abs. 2 der Verfassung ergebende Rechtspflicht für jeden Bürger nimmt das Bezirksgericht Cottbus in der bereits zitierten Entscheidung zum Ausgangspunkt für die Abweisung einer von einem Republikflüchtigen angestrengten Unterhaltsklage. Nach eingehender Charakterisierung der Republikflucht führt das Bezirksgericht aus, „daß ein Bürger, der die Deutsche Demokratische Republik ohne die erforderliche Genehmigung verläßt, gegen die in der Verfassung festgelegte Verpflichtung verstoßen hat, im Sinne der Verfassung zu handeln und sie gegen ihre Feinde zu verteidigen. Ein Gericht der Deutschen Demokratischen Republik kann keinen seiner Bürger zu einer Handlung verurteilen, die eine Verletzung der Verfassung bedeutet oder die eine durch eine Prozeßpartei vorgenommene Verfassungsverletzung unterstützt“. Wenig befriedigend ist dagegen die verschiedentlich (z. B. im Urteil des Stadtbezirksgerichts Berlin-Mitte vom 18. Juli 1958 243 F 37/58 ) anzutreffende Begründung, der Unterhaltsanspruch des Republikflüchtigen sei durch das illegale Verlassen der DDR als „verwirkt“ anzusehen. Hier handelt es sich aber gar nicht um Fälle, in denen das aus § 242 BGB abgeleitete Rechtsinstitut der Verwirkung zum Zuge käme, weil hierfür Umstände vorliegen müßten, „die unter Berücksichtigung von Treu und Glauben den Schuldner zu der Annahme berechtigen, daß der Gläubiger seine Forderung gegen ihn nicht mehr geltend machen wolle“3. Da die republikflüchtigen Unterhaltsgläubiger in der Regel aber gerade wegen der für sie entstandenen schwierigen wirtschaftlichen Lage an der Realisierung ihrer Forderungen stark interessiert sind, kann von einer „Verwirkung“, wie sie das Oberste Gericht entwickelt hat, nicht die Rede sein. Es empfiehlt sich deshalb, diesen Begriff sei er auch nur untechnisch gemeint nicht für die vorliegenden Fälle zu verwenden. Die Begründung mit Art. 4 Abs. 2 der Verfassung, bzw. die entsprechende Auslegung der §§ 323, 767 ZPO, ist hinreichend. Klargestellt werden muß in diesem Zusammenhang noch, daß nicht nur Unterhaltsansprüche von Personen zu verneinen sind, die nach der Änderung des Paßgesetzes republikflüchtig geworden sind. Durch das Paßänderungsgesetz ist lediglich eine strafrechtliche Sanktion erfolgt, die nichts daran ändert, daß bereits mit dem Inkrafttreten der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik eine derartige Handlungsweise als moralisch-politisch verwerflich und gegen Art. 4 Abs. 2 gerichtet anzusehen war. Die Rechtsprechung unserer Gerichte zu dieser Frage zeigt, daß sie sich einer parteilichen Rechtsanwendung durchaus bewußt sind. Gleichwohl wäre es zweckmäßig, wenn in die endgültige Fassung des FGB eine Bestimmung aufgenommen werden würde, die unterhaltsberechtigten republikflüchtigen Personen die Möglichkeit nimmt, Unterhaltsansprüche geltend zu machen, solange sie sich illegal außerhalb der DDR aufhalten. HANS-GERHARD CHEIM, Direktor des Stadtbezirksgerichts .'Berlin-Friedrichshain Keine Anwendbarkeit des § 6 APfVO auf Titel westdeutscher Gerichte I § 6 der VO über die Pfändung von Arbeitseinkommen vom 9. Juni 1955 (GBl. I S. 429) sieht vor, daß der durch gerichtliche Entscheidung nach Inkrafttreten dieser Verordnung festgesetzte laufende Unterhaltsbetrag in voller Höhe der Pfändung unterliegt, ebenso der Betrag des monatlichen Mietzinses. Wie bereits umstritten ist, ob unter diese Bestimmung die Vaterschaftsanerken-nungs- und Zahlungsverpflichtungsurkunden der Abt. Jugendhilfe/Heimerziehung fallen, so taucht gleichfalls die Frage auf, wie bei Schuldtiteln westdeutscher Gerichte zu verfahren ist, die nach Inkrafttreten der Ver- * S. 3 OG, Urt. vom 29. August 1951 - 1 Zz 50/51 - ln OGZ Bd. 1 S. 208. 603;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 603 (NJ DDR 1958, S. 603) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 603 (NJ DDR 1958, S. 603)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen dem aufsichtsführenden Staatsanwalt und mit dem Gericht zusammenzuarbeiten zusammenzuwirken. Durch die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linie ist mit dem Leiter der zuständigen Abteilung der Hauptabteilung ist der Termin unverzüglich mitzuteilen. Die Genehmigung für Besuche von Strafgefangenen ein- schließlich der Besuchstermine erteilen die Leiter der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von Minuten den Besuch einer Person des unter Ziffer und aufgeführten Personenkreises zu empfangen. Die Leiter der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung und der Leiter der Abteilung der Staatssicherheit ; sein Stellvertreter. Anleitung und Kontrolle - Anleitungs-, Kontroll- und Weisungsrecht haben die DienstVorgesetzten, Zur Erhöhung der Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt gesichert und weitestgehend gewährleistet, daß der Verhaftete sich nicht seiner strafrechtlichen Verantwortung entzieht, Verdunklungshandlungen durchführt, erneut Straftaten begeht oder in anderer Art und vVeise die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges gefährdet. Auch im Staatssicherheit mit seinen humanistischen, flexiblen und die Persönlichkeit des Verhafteten achtenden Festlegungen über die Grundsätze der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug gebunden. Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Perspektivplanung sind systematisch zu sammeln und gründlich auszuwerten. Das ist eine Aufgabe aller Diensteinheiten und zugleich eine zentrale Aufgabe. Im Rahmen der weiteren Vervollkommnung der operativ-technischen Mittel zu, um insbesondere die Fahnung zur Feststellung von Personen, die geschleust werden sollen, zu Kopie erleichtern und zu unterstützen.

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