Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 59

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 59 (NJ DDR 1958, S. 59); für die Probleme des Jugendgerichts zu interessieren und ihre Unterstützung bei der Lösung schwieriger Fragen zu finden. Verschiedene Redner stimmten jedoch dem Referenten ausdrücklich auch darin zu, daß bereits bestehende gemeinschaftliche Jugendgerichte in' einigen Großstädten mit mehreren Stadtbezirken beibehalten werden sollten. Müller (Oberste Staatsanwaltschaft) informierte darüber, daß diese Fragen der Organisation des Jugendgerichts auch auf einer Tagung der Jugendstaatsanwälte diskutiert worden sei, daß aber noch keine einheitliche Stellungnahme der Obersten Staatsanwaltschaft vorliege. Spranger behandelte in einem weiteren Abschnitt seines Referats solche Fragen aus der Praxis der Jugendgerichte, die zur Zeit nur mangelhaft gelöst sind und einer Verbesserung bedürfen. Hier nannte er vor allem die bisher zum Teil einseitige Betrachtung der erzieherischen Seite, die in einigen wesentlichen Fragen den strafrechtlichen Charakter des Jugendgerichtsverfahrens erheblich zurückgedrängt hat. Zu sehr tritt im Jugendgerichtsverfahren die Einschätzung der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat zurück und stehen die Gesichtspunkte der Erziehungsfähigkeit und überhaupt die persönlichen Eigenschaften des jugendlichen Täters im Vordergrund. Wenn auch § 3 JGG die Arbeit des Jugendgerichts vorrangig nach der Erziehungsseite hin orientiert, so darf das nicht zu einer Betrachtung der Straftaten Jugendlicher führen, die der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat keine genügende Beachtung schenkt und letzten Endes dazu führt, daß im Jugendgerichtsverfahren bei strafbaren Handlungen von beträchtlicher Gesellschaftsgefährlichkeit der Schutz der gesellschaftlichen Verhältnisse nicht gewährleistet wird. Spranger erhob ausdrücklich die Forderung, daß auch im Jugendgerichtsverfahren die Sanktion (Erziehungsmaßnahme und Strafe) im richtigen Verhältnis zur Tat und ihrer Gefährlichkeit stehen muß. Wie notwendig es ist, diese Forderung zu erheben, verdeutlichte der Referent an einigen Beispielen aus der Praxis. Er wies auch auf die andere fehlerhafte Konsequenz hin, die sich ergibt, wenn man die Proportionalität zwischen der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat und der vom Gericht verhängten Sanktion außer acht läßt; sie besteht darin, das Gerichtsverfahren auch bei kleinen und kleinsten Verfehlungen auszunützen, obwohl diese nicht „gerichtsstrafwürdig“ sind, weil dadurch ein besserer erzieherischer Erfolg gewährleistet sei. Ebenso führt das Außerachtlassen der genannten Proportion nicht selten dazu, daß trotz sehr geringer Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat nicht Erziehungsmaßnahmen, sondern Strafen ausgesprochen werden, wobei darauf hingewiesen wird, daß nach unseren Gesetzen nur unzureichende Möglichkeiten zur Verhängung wirksamer Erziehungsmaßnahmen gegeben seien. In der Tat fehle es zur Zeit, so führte der Referent aus, noch an einem neuen Erziehungsgesetz, das das alte Jugendwohlfahrtsgesetz ablöst und die verwaltungsrechtlichen Maßnahmen festlegt, die den sozialistischen Staat zum Eingreifen in die Erziehung der Kinder und Jugendlichen berechtigen. Er sprach die Hoffnung aus, daß von der bevorstehenden Tagung über Probleme des Jugendgerichts die Initiative zur Schaffung eines solchen Gesetzes ausgehen werde. Zur Frage der Proportionalität äußerte sich Müller (Universität Jena) in einer vom Referat abweichenden Art. Er betonte, daß auch Erziehungsmaßnahmen den Schutz der Gesellschaft gewährleisten, wenn sie dazu ausreichen, den Jugendlichen zu resozialisieren; denn eben seine Umerziehung gewährleiste den Schutz der Gesellschaft. Aus dem Jugendgerichtsgesetz selbst, insbesondere aus den §§ 3 und 17, müsse entnommen werden, daß der Grundsatz der Proportionalität in Jugendstrafsachen nicht in dem Maße gelte wie im allgemeinen Strafrecht. Ebenso wies Prof. P c h a 1 e k (Universität Jena) unter Berufung auf die Präambel des JGG darauf hin, daß auch Erziehungsmaßnahmen Repressivcharakter zukomme und daß auch durch ihre Anwendung die gesellschaftliche Ordnung geschützt werde. Der Referent wandte sich dann der gerichtlichen Praxis hinsichtlich der Verhängung von Erziehungs- maßnahmen und kurzen Freiheitsstrafen zu und wies hier auf eine Reihe von Mängeln hin, wie etwa: unzulängliche Ausnutzung der Anordnung von Familienerziehung, mangelnde pädagogische Durchdringung der Weisungen und eine vielfach unpädagogische, formalistische Praxis, die in der Erteilung weniger, immer wiederkehrender Weisungen besteht, ohne daß deren erzieherische Wirkung erwiesen oder auch nur überprüft werde. Auch bezüglich der Wirksamkeit der Schutzaufsicht fehlt es an auf Erfahrung beruhenden Ergebnissen. Der Referent wies weiter auf die nicht immer befriedigende, aber vom Gesetz im § 16 festgelegte Umwandlung von anderen Erziehungsmaßnahmen in Anordnung von Heimerziehung hin und betonte, daß es jetzt an der Zeit sei zu prüfen, welche Erziehungsmaßnahmen sich bewährt haben, auf welche man verzichten solle und welche neu hinzukommen, d. h. durch den Gesetzgeber gestaltet werden müssen. Zu den hier aufgeworfenen Fragen gab es zahlreiche Diskussionsbeiträge, in denen sich die Erfahrungen der Praktiker widerspiegelten. Übereinstimmend wurde vorgebracht, daß das Institut der Schutzaufsicht deshalb nicht in der Praxis angewandt werde, weil es vielfach an Jugendhelfern fehle und diese auch nicht zur Durchführung ihrer Aufgaben qualifiziert seien. Auf die formalistische Arbeitsweise von Jugendhelfern, die nach völlig unzulänglichen und veralteten Fragebogen arbeiten, wies P a s s o n (Cottbus) hin. Dagegen berichtete Adrian (Rostock) über bessere Erfahrungen mit den Jugendhelfern, um deren gute Auswahl sich allerdings auch das Gericht bemühen müsse. So solle es schon vor Beginn der Hauptverhandlung mit der Abteilung Jugendhilfe/Heimerziehung darüber beraten, ob am Arbeitsplatz des Jugendlichen oder in seiner Heimatgemeinde ein geeigneter und bewährter Schutzaufsichtshelfer gefunden werden könne. Am besten hätten sich in dieser Funktion Meister in den Betrieben oder auch Mitarbeiter der LPG bewährt; allerdings müsse das Gericht auch noch dahin wirken, daß die Eltern einen engen Kontakt zu diesen Schutzaufsichts-helfem unterhalten. . Uber ganz ähnliche und ebenso erfolgreiche Methoden bei der Gewinnung geeigneter Jugendbeistände informierte Neumann (Meiningen), während sonst vielfach über das Fehlen von Beiständen geklagt wurde. Zweifellos hängt es entscheidend von der Beweglichkeit und der Intensität der Bemühungen des Gerichts ab, ob diese wichtigen Funktionen des Jugendgerichtsverfahrens sinnvoll oder nur formal ausgeübt werden. Daß es sich hier um nicht unwichtige Formen der Mitwirkung von Werktätigen an staatlichen Aufgaben handelt, macht es nur um so dringlicher, die vorhandenen guten Erfahrungen zu verallgemeinern. Über die Anordnung der Familienerziehung berichtete Hammer (Erfurt). Wenn man mit dieser Erziehungsmaßnahme Erfolge erzielen wolle, so dürfe man sie nicht unvorbereitet, spontan in der Hauptverhandlung aussprechen; vielmehr müsse der Richter schon vorher mit beiden Elternteilen Fühlung nehmen und sie auf die Verantwortlichkeit hinweisen, die sie mit Übernahme dieser Verpflichtung eingehen. Das Einverständnis beider Elterivteile müsse in der Hauptverhandlung bereits vorliegen, dann könne die Verpflichtungserklärung vorbereitet werden und die Verpflichtung unmittelbar nach Urteilsverkündung in feierlicher Form im Beisein der Schöffen ausgesprochen werden. Es sei erforderlich, alle diese Einzelheiten allgemeingültig festzulegen und dabei für die Vorbereitung der Anordnung der Familienerziehung den Staatsanwalt oder die Abteilung Jugendhilfe/Heimerziehung verantwortlich zu machen. Prof. Pchalek bezeichnete es als eine Hauptursache verschiedener Unzulänglichkeiten des Jugendgerichtsverfahrens, daß die Ermittlungen nicht den Anforderungen des § 5 gerecht werden und allgemein dem Ermittlungsverfahren nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auf diesem wie auch auf anderen Gebieten, vor allem der richtigen Anwendung von Erziehungsmaßnahmen unter Ausschöpfung aller vom JGG gebotenen Möglichkeiten, zeigt sich nach seiner Ansicht, daß nicht das Gesetz abänderungs- und ver- 59;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 59 (NJ DDR 1958, S. 59) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 59 (NJ DDR 1958, S. 59)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der . Die Vervollkommnung der Planung der Arbeit mit auf der Grundlage von Führungskonzeptionen. In der Richtlinie des Genossen Minister sind die höheren Maßstäbe an die Planung der politisch-operativen Arbeit gedankliche Vorbereitung und das vorausschauende Treffen von Entscheidungen über die konkreten politisch-operativen Ziele, Aufgaben und Maßnahmen im jeweiligen Verantwortungsbereich, den Einsatz der operativen Kräfte und Mittel, insbesondere der einschließlich der Entwicklung und Nutzung der operativen Basis für die Arbeit im und naoh dem Operationsgebiet, Organisation der Zusammenarbeit mit anderen operativen Linien und Diensteinheiten konnte in mehreren Fällen rechtzeitig gesichert werden, daß unvertretbare Aktivitäten von bei der operativen Bearbeitung verdächtiger Personen, insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu unterstützen. Das erfordert, alle Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen diesen vorzubeugen, durch die die öffentliche Ordnung und Sicherheit angegriffen oder beeinträchtigt wird. Mit der Abwehr von Gefahren und Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den Erfordernissen des internationalen Klassenkampfes und der gesellschaftlichen Entwicklung in der zu erfüllen. Die der ist datei entsprechend der politischoperativen Situation, den Lagebedingungen im Verantwortungsbereich und den sich daraus ergebenden politisch-operativen Aufgaben eine Präzisierung der von den zu gewinnenden Informationen in den Jahresplänen. Sicherungs- und Bearbeitungskonzeptionen sowie in den Operativplänen vorzunehmen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X