Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 573

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 573 (NJ DDR 1958, S. 573); Rechtsprechung Strafrecht §§ 1, 3 StEG. ' Sowohl öffentlicher Tadel als auch bedingte Verurteilung sind nur unter grundsätzlicher Beachtung der in § 1 StEG bezeichneten Kriterien anwendbar. Der Ausspruch des öffentlichen Tadels verlangt jedoch höhere Anforderungen an die gesellschaftliche Erzieh-barkeit des Täters als die bedingte Verurteilung. OG, Urt. vom 1. Juli 1958 - 2 Zst II 34/58. Das Kreisgericht M. hat den. Angeklagten am 12. März 1958 wegen Betruges zum Nachteil gesellschaftlichen Eigentums (§ 29 StEG) mit einem öffentlichen Tadel und einer Geldstrafe von 200 DM bestraft. Das Urteil enthält im wesentlichen folgende Feststellungen: Der Angeklagte ist 43 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von 14 und 17 Jahren. Er war .seit einigen Jahren beim VEAB als Lagerverwalter tätig und wird von diesem Betrieb in fachlicher Hinsicht als sehr gut, in gesellschaftlicher Hinsicht jedoch als sehr zurückhaltend beurteilt. Im Jahre 1957 wurde er als Aktivist ausgezeichnet. Zum Betätigungsfeld des Angeklagten gehörte neben der Eierkennzeichnungsstelle auch die Geflügel-schlächterei, die am 1. Januar 1957 4n die Verwaltung des Schlachthofes M. überging, aber im selben Gebäude verblieb. Entsprechend einer betrieblichen Vereinbarung zwischen dem VEAB M. und dem Schlachthof arbeitete der Angeklagte, in einem zeitlich begrenzten Arbeitsrechtsverhältnis mit dem Schlachthof stehend, stundenweise in der Geflügelschlächterei. Beide Betriebe bezahlten die von dem Angeklagten geleisteten Arbeitsstunden auf Grund von ihm zu führender Lohnnachweise. Bei der Angabe der von ihm geleisteten Arbeitsstunden hat der Angeklagte 92 Stunden, die für den Schlachthof geleistet waren, beiden Betrieben in Rechnung gestellt und vom VEAB bezahlt erhalten. Der Angeklagte hat sich verpflichtet, den dadurch dem VEAB entstandenen Schaden in Höhe von 225,06 DM zurückzuzahlen. Dieser Betrag wurde inzwischen von seinem Verdienst einbehalten. Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation dieses Urteil beantragt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat den Sachverhalt ln ungenügendem Umfang festgestellt und insbesondere die für die Bestrafung mit einem öffentlichen Tadel erforderlichen Voraussetzungen unzureichend geprüft. Mit Recht wird in dem Kassationsantrag die unrichtige Feststellung des Kreisgerichts gerügt, der Angeklagte habe seine strafbaren Handlungen ab August 1957 freiwillig eingestellt. Wie sich aus der Niederschrift des Kaderleiters K. ergibt, ist bereits am 2. August 1957 mit dem Angeklagten über Widersprüche in seinen Angaben über die geleisteten Arbeitsstunden gesprochen worden. Auch diesen Umstand hat das Kreisgericht in seinem Urteil erwähnt, jedoch nicht beachtet, daß dies der Feststellung, der Angeklagte habe sein Verhalten im August 1957 freiwillig eingestellt, entgegensteht. Das Kreisgericht hätte auch die sich aus dem Schreiben des VEAB vom 26. September 1957 an den Kreisstaatsanwalt und der Aussage des Zeugen Sch. ergebenden Feststellungen prüfen müssen, wonach der Angeklagte im Jahre 1957, und zwar im Februar acht, im Juni 28, im Juli 64 und im August 41 bzw. 83 Stunden zu Unrecht in Rechnung gestellt und dadurch der Schaden in Höhe von 225,06 DM bzw. nach Aussage des Zeugen Sch. in Höhe von 294,34 DM entstanden ist. Erst durch sorgfältige Prüfung dieser Umstände hätte das Kreisgericht feststellen können, ob der Angeklagte im August 1957 von seinen strafbaren Handlungen Abstand genommen hat oder ob er erst durch die mit ihm geführten Rücksprachen gewarnt und veranlaßt worden ist, ab September 1957 die von ihm geleisteter! Überstunden richtig anzugeben. Diese auch für die Entscheidung über die Anwendung der in den §§ 1 bis 6 StEG geregelten neuen Strafarten bedeutsame Frage hätte das Kreisgericht eindeutig klären müssen. Es hätte aber auch zur Persönlichkeit des Angeklagten umfassende Feststellungen treffen müssen, um beurteilen zu können, ob er bereits d.urch einen öffentlichen Tadel zur Erkenntnis der Verwerflichkeit und Gesetzwidrigkeit seines Handelns geführt und dadurch zur künftigen verantwortungsbewußten Erfüllung seiner Pflichten angehalten werden kann. Das Kreisgericht hat für seine Entscheidung die gute Beurteilung der fachlichen Arbeit des Angeklagten und seine Auszeichnung als Aktivist berücksichtigt. Es hat sich aber mit der Beurteilung der VEAB, die/in der Hauptverhandlung vorgetragen worden ist, nicht auseinandergesetzt. Danach ist der Angeklagte in mancher Beziehung unzuverlässig gewesen, hat als Lagerleiter Arbeitsbummelei begünstigt und an Schulungen kein Interesse gezeigt, sondern seine Arbeit so eingerichtet, daß er öfter an innerbetrieblichen Schulungen fehlte. Das Kreisgericht hat nicht alles zur Erforschung der Wahrheit Erforderliche getan und insbesondere zu den Umständen der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten unzureichende Feststellungen getroffen. Das Urteil verletzt das Gesetz (§ 200 StPO) und war bereits aus diesem Grunde aufzuheben. In der weiteren Hauptverhandlung wird das Kreisgericht den Sachverhalt erneut festzustellen haben. Bei der künftigen Entscheidung über die anzuwendende Strafart wird grundsätzlich von folgenden Erwägungen auszugehen sein: Die grundlegenden Voraussetzungen für die neuen sozialistischen Strafarten, den öffentlichen Tadel und die bedingte Verurteilung, werden in § 1 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 StEG (in Verbindung mit § 3 Abs. 1 StEG) beschrieben. Sie resultieren aus den gesellschaftlichen Bedingungen, die sich mit der Errichtung der Arbeiter-und-Bauern-Macht in der Deutschen Demokratischen Republik und dem Aufbau der Grundlagen des Sozialismus entwickelt haben: Die sozialen Ursachen von Verbrechen wurden weitgehend beseitigt und eine große Zahl der Verbrechen sind verhältnismäßig geringfügige oft auf einer Ausnahmesituation beruhende Angriffe auf strafrechtlich geschützte Verhältnisse. Der tiefere, rechtspolitische Sinn des öffentlichen Tadels und der bedingten Verurteilung besteht darin, daß der Arbeiter-und-Bauern-Staat dann von dem einschneidenden Zwang einer Freiheitsentziehung absehen und mit der Bestrafung in erster Linie dem politisch und moralisch erziehenden Einfluß unserer sozialistischen Gesellschaft selbst Raum geben will, wenn eine Straftat im Hinblick auf ihre Art und Schwere für die volksdemokratische Staats- und Gesellschaftsordnung weniger gefährlich ist und der Rechtsbrecher bereits über genügend eigene gesellschaftliche, politische, moralische und charakterliche Qualitäten verfügt, die ihn unter dem Eindruck einer derart ernsten Zurechtweisung und Ermahnung des Gerichts zu einem künftighin rechtlich und gesellschaftlich verantwortungsbewußten Verhalten zu bestimmen vermögen. Beide Strafarten sind nur unter grundsätzlicher Beachtung der im § 1 StEG aufgeführten Kriterien anwendbar. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß der öffentliche Tadel noch ein geringeres Maß von Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat voraussetzt als die bedingte Verurteilung. Das ergibt sich aus der in § 3 Abs. 1 StEG enthaltenen Formulierung des Strafzwecks der Täter soll zur Erkenntnis der Verwerflichkeit und Gesetzwidrigkeit seines Handelns geführt und dadurch zur verantwortungsbewußten Erfüllung seiner Pflichten angehalten werden ; das ergibt sich aber auch daraus, daß unter den Voraussetzungen des § 6 StEG öffentlicher Tadel im Gegensatz zu einer bedingten Verurteilung nur zulässig ist, wenn das verletzte Gesetz Gefängnis androht und nicht eine Mindeststrafe von mehr als einem Monat vorgesehen ist. Nur bei verhältnismäßig geringer Gesellschaftsgefährlichkeit seiner Tat kann ein Bürger wenn auch die in seiner Person vorausgesetzten Umstände vorliegen allein durch die in einem Gerichtsurteil zum Ausdruck gebrachte öffentliche Mißbilligung seines Verhaltens und die Einwirkung der Gesellschaft so beeindruckt werden, daß er ohne weitere Androhung von Zwang bereit ist, sich in Zukunft einwandfrei zu verhalten. Schließ- 573;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 573 (NJ DDR 1958, S. 573) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 573 (NJ DDR 1958, S. 573)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und wirkungsvoll zu bekämpfen. Unter den komplizierten Lagebedingungen gewinnt der Prozeß der Beweisführung bei der Untersuchung und Bekämpf mag von schweren Angriffen gegen die Staatsgrenze Beihilfe oder anderweitige Unterstützung gewährten Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, die an der AusSchleusung von Bürgern mitwirkten. Davon hatten Verbindung zu kriminellen Menschenhändlerbanden und anderen feindlichen Einrichtungen, Verbindung zu sonstigen Personen und Einrichtungen aus nichts ozjsL-istischen Staaten und Westberlin, im Zusammenhang mit ihrer Straftat keine Verbindungen nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzugec und deren Verwirklichung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Dis imperialistischen Geheimdienste der Gegenwart. Vertrauliche Verschlußsache . Die Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung und offensiven Bekämpfung feindlicher und anderer politischoperativ relevanter Handlungen irn Zusammenhang mit Versuchen von Bürgern der die Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die Befugnisse können bei allen Ausgangslagen wahrgenommen werden, die mit einer Gefährdung oder Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verbunden sind.

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