Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 572

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 572 (NJ DDR 1958, S. 572);  Es handelt sich in diesem Verfahren nicht darum, die Theorie des Marxismus-Leninismus als eine einheitliche Wissenschaft“ für verfassungswidrig zu erklären .Soweit es sich hierbei um wissenschaftliche Erkenntnisse, um Wissenschaft im Sinne des Art. 5 Abs. 3 GG handelt, ist die Wissenschaft als solche selbstverständlich frei, sie kann vorgetragen, gelehrt, weiterentwickelt, allerdings auch diskutiert und bekämpft werden ,“12 Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Beschluß der politischen Strafkammer beim Landgericht Hamburg in der Strafsache gegen den Kraftfahrer Danthon Hansen vom 29. August 1957 (141 Js 79/57), durch den der Angeschuldigte „aus dem tatsächlichen Grunde des mangelnden Beweises von dem Vorwurf eines Vergehens gegen §§ 42, 47 BVGG außer Verfolgung“ gesetzt wurde und in dessen Begründung es u. a. heißt „Der Angeschuldigte interessiert und betätigt sich seit vielen Jahren für den Kommunismus. So hat er auch in diesem Fall eine Reihe junger Menschen um sich versammelt, mit denen er kommunistische Ideen erörtert hat. Mit letzter Sicherheit wird ihm aber nicht nachgewiesen werden können, daß er hierbei einen Zusammenhalt mit der verbotenen KPD unterhalten hat oder auch versucht hat.“ Auch diese Entscheidung und eine Reihe von Urteilen anderer politischer Sonderstrafkammern zeigen, daß es der Adenauer-Regierung bis jetzt noch nicht gelungen ist, die Mehrzahl dieser Gerichte zu einem bedingungslosen Werkzeug ihrer Politik zu machen. Das mußte auch Bundesinnenminister Schröder zugeben, als er in einer vor wenigen Wochen gehaltenen Rede aus dem Brief eines Oberstaatsanwalts folgende Feststellung zitierte: Es ist kaum möglich, einen an sich staatsbejahenden Zeugen in politischen Strafsachen zu finden, der bereit wäre, als Zeuge über ihm bekannt gewordene verfassungsfeindliche Betätigungen auszusagen. Meistens bitten solche Zeugen, ihren Namen vertraulich zu behandeln, weil sie mit politischen Sachen nichts zu tun haben wollen Das geht so weit, daß selbst Schöffen, wenn sie als Richter in politischen Strafsachen berufen werden, diesem Rufe nur mit ausgesprochenem Widerwillen und mit ausgesprochener Ablehnung folgen oder, wie demnächst zu erwarten sein wird, nicht mehr folgen. Die Verhandlungen in politischen Strafsachen finden durchweg vor leeren Zuhörerbänken statt Das ist ein Zustand, der insbesondere in den Staatsanwälten das Gefühl hervorruft, mit einer schmutzigen Materie“ beschäftigt zu sein. Darauf dürfte es auch zurückzuführen sein, daß Nachwuchskräfte für die politische Justiz nur mit Widerwillen ihren neuen Aufgaben gegenübertreten.“13 Diese Situation ist den herrschenden Kreisen begreiflicherweise sehr unangenehm. Sie versuchen daher, die Bewegung gegen den Atomtod im allgemeinen und insbesondere die Rolle der Kommunisten im Kampf gegen die Atomgefahr mit allen Mitteln zu diffamieren. Sie hoffen, mit Hilfe dieses Vorgehens die noch zögernden Richter auf die allgemeine Unterdrückungslinie bringen zu können. Nicht zuletzt deshalb begann Schröder seinen Ausfall gegen den SPD-(Gesetzentwurf über die Volksbefragung mit einem Hinweis auf den Prozeß gegen Walter Fisch14. Damit gab Schröder ein übriges Mal zu, daß die Verfahren gegen Kommunisten den Ausgangspunkt für die weitere Verschärfung der politischen Strafjustiz darstellen sollen. Aus dem gleichen Grunde bemühen sich die regierenden Kreise, die Spruchpraxis in die Richtung der uferlosen und wie oben dargelegt grundgesetzwidrigen Ausdehnung der §§ 47, 42 BVGG zu drängen. 12 Urteil des BGH vom 17. August 1956, Dokumentarwerk, S. 615. 13 Bulletin des Presse- und' Informationsamtes der Bundesregierung, 12. Juni 1958, S. 1047. 14 Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundes- regierung, 14. Juni 1958, S. 1065. Bei einigen der politischen Sonderstrafkammern stößt die Durchsetzung dieses Zieles auf keine Schwierigkeiten. Um die noch bestehenden Widerstände- zu beseitigen, stützt sich die Reaktion in zunehmendem Maße auf solche Richter, die bereits dem Hitlerregime an verantwortlicher Stelle dienten. Deren Urteile zeigen, daß sie in völliger Übereinstimmung mit der terroristischen Auslegung des Begriffs „Ersatzorganisation für die KPD“ entscheiden, wie sie im Rundschreiben des Bundesinnenministeriums vom 4. September 1956 vorgezeichnet wurde15. Ohne Rücksicht auf die im Grundgesetz deklarierte Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses wird versucht, die bloße, mit dem Auftreten gegen die Atombewaffnung verbundene Äußerung fortschrittlicher Ideen für strafbar i. S. der §§ 47, 42 BVGG zu erklären. So wird z. B. in einer Revisionsentscheidung des nunmehr unter Vorsitz des früheren Generalrichters Kanter tagenden politischen Strafsenats des BGH vom 19. März 1958 (3 StR 8/58) ausgeführt, die Reichweite des § 47 BVGG decke sich „mit dem für verfassungsfeindliche Vereinigungen im Sinne des Art. 9 Abs. 2 geltenden Ungehorsamtatbestand des § 129 a StGB, der ausdrücklich ,jede sonstige Unterstützung“ der Vereinigung unter Strafe stellt “ Diese Unterstützung dehnt der Senat auf die marxistische Propaganda aus, um abschließend festzustellen, daß die propagandistische Tätigkeit auch dann zu erfassen sei, wenn sie „nicht nach außen hin erkennbar an das organisatorische Gefüge der verbotenen Partei“ anknüpfe! Unverkennbar ist hier die uferlose Ausdehnung des Begriffs „Ersatzorganisation“. Jegliche durch ehemalige Mitglieder der KPD vorgenommene Verbreitung der Wahrheit über die menschheitsgefährdende Politik der Bundesregierung soll danach strafbare Fortsetzungstätigkeit nach §§ 47, 42 BVGG sein. Es ist unverkennbar, welche gefährlichen Konsequenzen daraus für alle fortschrittlichen Menschen entstehen können. Die Tendenz zur verschärften Unterdrückung aller Gegner der Atomkriegspolitik der Bundesregierung ergibt sich insbesondere daraus, daß der BGH in der mündlichen Begründung des Urteils gegen Walter Fisch nicht nur den Kampf gegen die Atombewaffnung, sondern gleichermaßen auch den Einsatz für die sozialen Interessen der Werktätigen wie überhaupt das Eintreten für die Aktionseinheit der Arbeiterklasse als der Voraussetzung für die Verhinderung aggressiver Experimente als staatsfeindliche Haltung ausdeutete. Zugleich schloß sich das Gericht der schon vom Vertreter der Bundesanwaltschaft in seinem Plädoyer gebrauchten Drohung an, daß man mit aller „Festigkeit und Strenge“ auf die „bewußte Auflehnung gegen die bestehende freiheitliche Rechtsordnung“ lies: Adenauer-Politik reagieren werde! Dieser Tendenz und diesen Ansätzen ausgesprochener Methoden faschistischer Gesinnungsjustiz muß entschieden entgegengetreten werden. Die wachsende Stärke der Deutschen Demokratischen Republik und der sich entwickelnde Kampf der westdeutschen Bevölkerung gegen die Atombombenpolitik der Adenauer-Regierung sind die Gewähr dafür, daß die neuen Formen und Methoden faschistischer Gerichtspraktiken, wie sie sich ih den Verfahren n,ach §§ 47, 42 BVGG bereits abzeichnen, in der Konsequenz zum Scheitern verurteilt sind. 15 Inhalt und Tendenz dieses Rundschreibens vgl. NJ 1956 S. 756. Berichtigung In dem Beitrag von Gold/Feiler „Die Mitwirkung der Staatsanwälte und die Rechtsprechung der Zivilgerichte in LPG-Verfahren“ (NJ 1958 Nr. 13A4 S. 464) sind zwei Fehler zu berichtigen: Auf S. 467, linke Spalte, 24. Zeile von oben, muß es heißen: können mit zulässigen Mitteln überwunden werden.“ Auf S. 468, linke Spalte, 2. Absatz von oben, muß es in der 5. Zeile von unten heißen: „ . jede Form abhängiger Arbeitsverrichtung D. Red. 572;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 572 (NJ DDR 1958, S. 572) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 572 (NJ DDR 1958, S. 572)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Personen Personen Personen Personen Staatsfeindlicher Menschenhandel Personen Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die staatl und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, Jugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und den eingesetzten Sicherungskräften ergebenden grundsätzlichen Aufgaben zur Gewährleistung eines umsichtigen, zügigen und optimalen Ablaufes von der Zuführung verdächtiger Personen bis zur Entscheidung unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz, der insbesondere und des Gesetzes seine weitere Ausgestaltung erfuhr, erfordert vor allem,alle Maßnahmen streng auf der Grundlage des sozialistischen Rechts und der sozialistischen Gesetzlichkeit optimal zur Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit im Kampf gegen den Feind und zur Gewährleistung innerer Stabilität beizutragen.

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