Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 570

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 570 (NJ DDR 1958, S. 570); und Volksfreiheiten abzubauen“1, und zweitens durch maßlose antikommunistische Hetze und Chauvinismus unter einem noch nicht dagewesenen Einsatz des militanten Klerikalismus, um die Massen zu verwirren und sie vom Kampf um ihre Lebensinteressen abzuhalten. Der Hauptschlag der staatlichen Unterdrückungsmaßnahmen richtet sich wiederum wenn auch in teilweise veränderter Form wie vor fünfundzwanzig Jahren zunächst gegen die Kommunisten. Das „rechtsstaatliche Mäntelchen“ dafür lieferte das Bundesverfassungsgericht. Am 17. August 1956 wurde die KPD durch dieses Gericht für „verfassungswidrig“ erklärt und verboten, weil sie „als einzige Partei in der Bundesrepublik konsequent gegen Monopolkapital, Militarismus und imperialistischen Krieg, für Frieden, Demokratie, die sozialen Interessen der Arbeiterklasse und der Werktätigen und die Wiedervereinigung Deutschlands zu einem demokratischen, fortschrittlichen Staat eintritt“1 2. Gerade deshalb wurde im Tenor des Verbotsurteils erklärt, daß vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen die Entscheidung gern. §§ 47, 42 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVGG) vom 12. März 1951 (BGBl. I S. 243) mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft werden3 4. Neben der Schaffung von „Ersatzorganisationen für die KPD“1 und der Fortsetzung „bestehender Organisationen als Ersatzorganisationen“5 6 soll hierunter in erster Linie die Fortführung der KPD nach dem 17. August 1956 fallen. Man kann nicht umhin, dieser Willkürentscheidung die Erfahrungen der neueren Geschichte gegenüberzustellen. In der von Fritz Rische vorgetragenen Erklärung des Parteivorstandes der KPD zum Abschluß der mündlichen Verhandlung im Verbotsprozeß wird dazu ausgeführt: „Die KPD kann man nichtjvernichten, weil sie von der Arbeiterklasse nicht zu trennen ist, weil sie die Zukunft der Nation verkörpert. Hitler kam und ging, aber die Kommunisten sind geblieben. Die Adenauer kommen und gehen, aber die Kommunisten werden bleiben.“3 Durch eine Fülle von Tatsachen wird die Feststellung bewiesen, daß die herrschenden Kreise die KPD nicht vernichten können. Trotz aller Verfbl'gungsmaß-nahmen durch die politische Polizei ei scheinen das Zentralorgan der KPD „Freies Volk“ und die KPD-Landeszeitungen nach wie vor. Hunderte von KPD-Betriebszeitungen und Flugblättern mit hohen' Auflageziffern gehen von Hand zu Hand. Mit diesen und anderen Mitteln führen die Kommunisten in vorderster Front den Kampf gegen die atomare Aufrüstung und gegen die zunehmenden Übergriffe des Adenauer-Regimes auf die noch bestehenden politischen und sozialen Rechte der westdeutschen Werktätigen. Selbst Bundesinnenminister Dr. Schröder, der die KPD in den vergangenen eineinhalb Jahren mehrmals totgesagt hatte, gab kürzlich die zunehmende Aktivität der KPD zu, als er während der 2. Lesung des von der SPD eingebrachten Gesetzentwurfs über die Volksbefragung am 13. Juni 1958 im Bundestag auf die mobilisierende Rolle der Kommunisten in der Bewegung gegen den Atomtod hinwies, um im Anschluß daran die vielen Menschen, die sich gegen die Politik der Adenauer-Regierung in Komitees und Ausschüssen zusammengefunden haben, im hergebrachten Stil als „Staatsfeinde“ zu beschimpfen. Die gegenwärtigen Verfolgungsmaßnahmen gegen die westdeutschen Kommunisten, mit denen die Reaktion unter dem Schein der Gesetzlichkeit dazu sind die Schröder und Strauß durch die Veränderung der internationalen und nationalen Kräfteverhältnisse gezwungen versucht, das Rad der Geschichte zurückzudrehen, werden hauptsächlich in Form der Gesin- 1 Max Reimann, Diskussionsbeitrag auf dem V. Parteitag der SED, Bulletin Nr. 2 des Parteitags, vom 11. Juli 1958 S. 30. 2 These 9 des Parteitages der KPD 1957. . 3 Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. August 1956, Dokumentarwerk, 3. Bd., Karlsruhe 1956, S. 532. 4 a. a. O. 5 a. a. O. 6 a. a. O. S. 305. nungsprozesse „wegen Fortführung der KPD“ durchgeführt. Die juristische Handhabe bieten dazu die bereits erwähnten §§ 47, 42 BVGG 6a. Zunächst wurden dies ist eine nur wenig beachtete Tatsache durch das 4. Strafrechtsänderungsgesetz vom 11. Juni 1957 (BGBl. I S. 597) die Verfahren nach den §§ 47, 42 BVGG, für die nach der bisherigen Regelung die ordentlichen Strafgerichte zuständig waren, durch eine Ergänzung des § 74 a GVG in die Zuständigkeit der politischen Sonderstrafkammern einbezogen. Die Bildung dieser mit dem 1. Strafrechtsänderungsgesetz (Blitzgesetz) vom 30. August 1951 (BGBl. I S. 739) eingeführten Sonderkammern entspricht dem Vorbild der hitler-faschistischen Gerichtsorganisation und dient wie schon mehrfach nachgewiesen wurde7 der Zentralisierung und Koordinierung der Bekämpfung von Gegnern der Militarisierung. Massenprozesse wegen angeblicher Verstöße nach §§ 47, 42 BVGG wurden in jüngster Zeit z. B. in Bielefeld, Nürnberg und Dortmund durchgeführt, Modellentscheidungen des politischen Strafsenats des Bundesgerichtshofs ergingen z. B. gegen Hermann Berndsen (Urteil vom 30. Januar 1958 1 StE 10/57) und Walter Fisch (Urteil vom 14. Juni 1958 1 StE 20/54), die zu zwei bzw. drei Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Infolge dieser neuen Verfolgungskampagne stieg die Zahl der inhaftierten Kommunisten (Straf- und Untersuchungshäftlinge) erheblich. Sie betrug am 1. Juli 1958 mehr als das Doppelte der Inhaftiertenzahl vom 1. Oktober 1956, einem Zeitpunkt also, der sechs Wochen nach dem Verbot der KPD lag. Die §§ 47, 42 BVGG zeichnen sich durch ihre unbestimmte und dehnbare Fassung aus. Im Mittelpunkt steht der Begriff „Fortführung einer vom Bundesverfassungsgericht für verboten erklärten politischen Partei“. Nirgends ist indessen ein exakter Hinweis darauf zu entdecken, welche Umstände gegeben sein müssen, um das Merkmal der Fortführung als erfüllt ansehen zu können. Die imperialistische Rechtslehre schwieg sich zu dieser wesentlichen Frage gleichfalls aus. Offensichtlich gingen ihre Vertreter davon aus, daß eine nähere Kommentierung zu unliebsamen Festlegungen und damit zu gewissen Schwierigkeiten hinsichtlich der extensiven Gesetzesauslegung durch die Strafjustiz hätte führen können. Geiger z. B. stellt lediglich fest, daß derjenige sich einer Bestrafung nach §§ 47, 42 BVGG aussetzt, der nach dem Verbot der Partei „ihre politisdhe Tätigkeit fortführt“8. Über diese tautologische Erklärung geht Geiger nicht hinaus. Er erspart sich jede Bemerkung zu der Frage, in welcher Art und Weise sich die Fortführung vollziehen muß. Auch L e c h n e r enthält sich in seinem Kommentar zum BVGG jeder Stellungnahme zum Begriff der Fortführung einer verbotenen Partei9. Dieser zur Willkür geradezu herausfordernde Rechtszustand wurde von einigen Sonderstrafkammern (z. B. in Lüneburg und Dortmund) ausgenutzt, um eine gesteigerte Verfolgung von Kommunisten einzuleiten gleichgültig, ob es sich um organisierte Betätigung für die KPD oder nur um die Äußerung fortschrittlicher Auffassungen handelt. Ein charakteristisches Beispiel hierfür ist die Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17. Februar 1958 in der Strafsache gegen Balthasar Stricker (14 Js 1681/57). Darin wird zunächst auf die Feststellungen der Strafkammer eingegangen, wonach der Angeklagte „bei den Stammtischgesprächen kommunistisches Gedankengut vertreten“ habe. Diesem Zwecke habe auch die Verbreitung der Flugschrift „Die Kaserne“ gedient. Wörtlich fährt die Staatsanwaltschaft fort: „Wenn nun die Strafkammer hierzu ausführt, das Vertreten und Verbreiten kommunistischen Gedam kenguts durch einen einzelnen, Alleinstehenden sei a Es ist im übrigen nicht nur für das politische Wesen, sondern auch für die Methode der Gesinnungsprozesse nach §§ 42, 47 BVGG charakteristisch, daß ihr Vorbild der § 2 des faschistischen Gesetzes gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933 (RGBl. I S. 479) ist. 7 vgl. u. a. Herrmann, Die Grundgesetzwidrigkeit der westdeutschen Sondergerichte nach § 74 a GVG, Staat und Recht 1956 S. 649 ff. 8 Geiger, Kommentar zum Gesetz über das Bundesverfassungsgericht, Berlin 1952, S. 170. s Lechner, Kommentar zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz, * München 1954, Anm. zu §§ 42, 47. 570;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben der Linie Untersuchung sind folgende rechtspolitische Erfordernisse der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher, Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung behandelt, deren konsequente und zielstrebige Wahrnehmung wesentlich dazu beitragen muß, eine noch höhere Qualität der Arbeit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Sugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlun-gen Jugendlicher. Die Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte stellt an die Diensteinheiten der Linie Untersuchung anspruchsvolle Aufgaben zu lösen sowie Verantwortungen wahrzunchnen. Die in Bearbeitung genommenen Ermittlungsverfahren sowie die Klärung von Vorkommnissen ind in enger Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten dazu beigetragen werden, gegen die und andere sozialistische Staaten gerichtete Pläne, Absichten und Aktivitäten der Geheimdienste sowie anderer feindlicher Zentren, Organisationen und Kräfte umfassend und ständig aufzuklären und durch entsprechend gezielte politischoperative Maßnahmen ihre Realisierung rechtzeitig und wirkungsvoll zu verhindern. Es ist zu sichern, daß in Vorbereitung gerichtlicher Hauptverhandlungen seitens der Linie alles getan wird, um auf der Grundlage der Einhaltung gesetzlicher und sicherheitsmäßiger Erfordernisse die Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung zu gewährleisten. Festlegungen über die Zusammensetzung des Vorführ- und Transportkommandos. Die Zusammensetzung des Transportkommandos hat unter Anwendung der im Vortrag. Zu einigen wesentlichen Aufgabenstellungen bei der Sicherung der Transporte Inhaftierter im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit . baut auf den darin vermittelten Kenntnissen auf und führt diese unter speziellem Gesichtspunkt weiter.

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