Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 541

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 541 (NJ DDR 1958, S. 541); der StEtatsverleumdung äußerlich ähnlichen Formen begangen werden kann. Für die tatbestandsmäßige Feststellung, ob es sich um Hetze handelt, können, obwohl es sich dabei im wesentlichen um die innere Einstellung des Täters handelt, nicht nur seine eigenen Erklärungen genügen. So hat die Versicherung des Angeklagten, er sei dem Staat gegenüber nicht feindlich, sondern loyal eingestellt, für die Beurteilung der Tat keine wesentliche Bedeutung, solange sie nicht durch das Ergebnis einer umfassenden Sachaufklärung bestätigt wird, weil ihr nämlich die objektiv festgestellte feindliche Handlung entgegensteht. Für die Aufklärung ist u. a. eine genaue Prüfung der Persönlichkeit des Täters, der Bedingungen von Ort und Zeit der Verbrechensbegehung sowie des Kreises der Anwesenden erforderlich, insbesondere ob . die Anwesenheit anderer Personen zufällig war oder ob und warum sich der Täter gerade an einen oder mehrere der Anwesenden gewendet hat. Im vorliegenden Fall werden die Äußerungen des Angeklagten gegen die Mitglieder der LPG R. und N. durch die ihnen nachfolgenden Tätlichkeiten ihrem Wesen nach als staatsgefährdende Hetze charakterisiert. Der Angriff betraf nicht nur die Person der Zeugen R. und N., sondern die LPG als Organisation des sozialistischen Aufbaus auf dem Lande. Deshalb wäre es auch falsch, die einzelnen Vorgänge einer getrennten rechtlichen Betrachtung zu unterziehen und etwa die Äußerung „LPG-Lumpen“ und „LPG-Schufte“ als Staatsverleumdung und nur den tätlichen Angriff als Hetze zu betrachten; das gesamte Verhalten des Angeklagten muß vielmehr als eine in verschiedenen Formen betriebene Hetze nach § 19 Abs. 1 Ziff. 2 StEG beurteilt werden. Tateinheitlich mit § 19 wäre § 223a StGB heranzuziehen gewesen, da die gegen den Zeugen R. begangene Tätlichkeit gefährliche Formen angenommen hatte (vgl. Urteil des OG vom 26. April 1958 lb Ust 28/58 - NJ 1958 S. 391). § 19 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 StEG. Begeht der Täter nach dem Genuß von Alkohol im Zustand verminderter Zurechnungsfähigkeit eine gern. § 19 StEG strafbare Handlung, so ist dieser Zustand nicht strafmildernd zu berücksichtigen, es sei denn, daß die strafbare Handlung persönlichkeitsfremd ist. BG Schwerin, Urt. vom 4. Juni 1958 1 BS 54/58. Der 30jährige Angeklagte ist Mitglied einer LPG. Er neigt zum Genuß von Alkohol und hat eine schlechte Arbeitsmoral. Im angetrunkenen Zustand suchte er oft Streit mit anderen LPG-Mitgliedern, wandte sich gegen die politischen Verhältnisse in der DDR und verherrlichte die Zustände in Westdeutschland. Im betrunkenen Zustand äußerte er, daß er die Kommunisten aus der LPG noch wegbringen werde. In der Jahreshauptversammlung der LPG beschimpfte er den Vorsitzenden der LPG, bezeichnete ihn als Lumpen und Strolch. Während der Feier des Richtfestes begann er das faschistische Horst-Wessel-Lied zu singen und äußerte den Zeugen B. und Ba. gegenüber, daß Adenauer sein Freund sei, daß hier eine Atombombe reinhauen müsse und daß seine ostpreußische Heimat wieder befreit werden müßte. All diese Äußerungen, die der Angeklagte außerordentlich häufig wiederholte, hat er immer dann gebraucht, wenn er alkoholische Getränke zu sich genommen hatte. Wie die Zeugen im einzelnen weiter aussagten, zeigten sich beim Angeklagten jeweils auch schon äußerlich erhebliche Alkoholeinwirkungen. Der Angeklagte schwankte stark und vermochte in Einzelfällen auch nicht mehr fließend zu sprechen. Der Senat hat den Angeklagten wegen staatsgefährdender Propaganda und Hetze gern. § 19 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 StEG zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt. Aus den Gründen: Der Auffassung des Vertreters des Staatsanwalts des Bezirks, daß das Verhalten des Angeklagten den Tatbestand des § 19 StEG erfüllt, ist beizutreten. Das Absingen des faschistischen Horst-Wessel-Liedes ist Propaganda für den Faschismus, undj die Äußerungen des Angeklagten im Hinblick auf die Atombombe, auf die Beseitigung der „Kommunisten“ aus der LPG usw. stellen sich als Hetze gegen die Arbeiter-und-Bauem- Macht bzw. als Hetze gegen Bürger unseres Staates wegen ihrer gesellschaftlichen Tätigkeit und ihrer Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Organisation dar. Beides ist nach § 19 StEG Abs. 1 Ziff. 1 und, 2 strafbar. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war davon auszugehen, daß der Angeklagte sich zu der Zeit, als er seine hetzerischen Äußerungen machte, nicht im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit befand. Einer solchen Annahme steht die Tatsache entgegen, daß die Äußerungen des Angeklagten auf bestimmte Vorgänge innerhalb der LPG bzw. auf bestimmte, dem Angeklagten im nüchternen Zustand bekannt gewordene Tatsachen, wie die Mitgliedschaft verschiedener Genossenschaftsbauern in der SED, bezogen waren. Daraus folgt, daß der Angeklagte zur Zeit der Tat durchaus noch in der Lage war, gedanklich Beziehungen zu solchen ihm schon im nüchternen Zustand bekannt gewordenen Tatsachen herzustellen. Dagegen muß, da diese Frage zweifelhaft erscheint, zugunsten des Angeklagten angenommen werden, daß er zum Zeitpunkt seiner Handlungen in seiner Zurechnungsfähigkeit beschränkt war. Der Senat ist im Gegensatz zur Auffassung des Verteidigers jedoch nicht der Ansicht, daß dieser Umstand strafmildernd zu berücksichtigen ist. Wenn auch der in dem Sprichwort: „Im Wein liegt Wahrheit“ kurz ausgedrückten Auffassung, daß der Trunkene im Zustand der Trunkenheit erst sein wahres Gesicht zeige, in dieser Allgemeinheit durchaus nicht beigetreten werden kann, weil sie in eben dieser Allgemeinheit den Ergebnissen der medizinischpsychiatrischen Forschung widerspricht, so darf doch als sicher angenommen werden, daß der Genuß alkoholischer Getränke, bevor er zu ernsthafteren geistigen Störungen führt, den Trinker zunächst in einen sorglosen und heiteren Gemütszustand versetzt und seine Hemmungen 'beseitigt. Die ersten Hemmungen, die beseitigt werden, sind der Natur der Sache nach solche, die nicht auf den Charaktereigenschaften des einzelnen, auf seinen Anschauungen und Auffassungen fußen, sondern solche, die durch äußere Einflüsse, etwa gesellschaftlichen oder moralischen Zwang, hervorgerufen worden sind. Eine dieser Hemmungen ist bei solchen Menschen, die der Entwicklung in unserem Staat ablehnend gegenüberstehen, die Furcht, bei hetzerischer Äußerung dieser feindlichen Einstellung bestraft zu werden. Diese Furcht wird durch die Einwirkungen des Alkohols beseitigt. In solchen Fällen also, in denen Alkoholgenuß noch nicht zur krankhaften Beeinträchtigung der Geistestätigkeit eines Menschen geführt hat, der im Zustand der Trunkenheit staatsgefähndende Hetze betreibt, kommt der Auffassung, daß der trunkene Hetzer sein wahres Gesicht zeigt, durchaus entsprechende Bedeutung zu, wenn nicht etwa die Hetzerhandlungen sich als völlig persönlichkeitsfremd darstellen. Das letztere ist aber hier nicht der Fall. ■ Der Angeklagte, der im trunkenen Zustand außerdem auch noch gesagt haben soll, er sei und bleibe Faschist, hat auf die Frage, was er sich unter dem Faschismus vorstelle, geantwortet, daß es ihm damals gemeint ist damit die Zeit des Faschismus besser gegangen sei als jetzt. Eine auf politischen Gesichtspunkten aufgebaute Antwort vermochte der sehr primitive Angeklagte nicht zu geben. Aber gerade seine Einlassung, es sei ihm zum Zeitpunkt des Faschismus besser gegangen, zeigt mit aller Deutlichkeit, daß er auf der Grundlage dieser Auffassung die Zeit des Faschismus zurückersehnt und gegen die völlig gegensätzliche gesellschaftliche Entwicklung bei uns feindlich eingestellt ist. Deshalb sind auch seine hetzerischen Äußerungen nicht persönlichkeitsfremd, sondern entsprechen seiner Persönlichkeit. Bei dieser Sachlage besteht für den Senat keine Veranlassung, etwa aus der Tatsache der zugunsten des Angeklagten angenommenen Beeinträchtigung seiner Zurechnungsfähigkeit einen Strafmilderungsgrund herzuleiten. Die Tatsache, daß er betrunken war, muß bei Berücksichtigung der oben dargelegten Umstände für die Bemessung der Strafe außer Betracht bleiben. 5 41;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 541 (NJ DDR 1958, S. 541) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 541 (NJ DDR 1958, S. 541)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Untersuchungshaft an Verhafteten erteilt und die von ihnen gegebenen Weisungen zum Vollzug der Untersuchungshaft ausgeführt werden; die Einleitung und Durchsetzung aller erforderlichen Aufgaben und Maßnahmen zur Planung und Organisation der Arbeit mit den Aufgaben im Rahmen der Berichterstattung an die operativen Mitarbeiter und der analytischen Tätigkeit, Aufgaben und Maßnahmen zur Sicherung des Strafverfahrens dar, der unter konsequenter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Befehle, Weisungen und anderen dienstlichen Bestimmungen des Ministers für Staatssicherheit über die operative Personenkont rolle Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Anweisung des Generalstaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der über Aufgaben und Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Bugendgefährdung und Bugendkriminalität sowie deliktischen Kinderhandlungen - Bugendkriminalität - von Ordnung des Ministers des Innern und Chef der über Aufgaben und Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Bugendgefährdung und Bugendkriminalität sowie deliktischen Kinderhandlungen - Bugendkriminalität - von Ordnung des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Unterstützung anderer Organe bei der Durchsetzung von gesetzlich begründeten Maßnahmen durch die Deutsche Volkspolizei, Oanuar Anweisung des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Kontrolle der Personenbewegung Anweisung des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit - Geheime Verschlußsache mit Befehl des Ministers für Staatssicherheit getroffenen Festlegungen sind sinngemäß anzuwenden. Vorschläge zur Verleihung der Medaille für treue Dienste in der und der Ehrenurkunde sind von den Leitern der operativen Dienst eingereichten Vorschläge, unter erücks gungder Djii und der Belegungskapazität, die Entscheidun er die Einweisung der betreffenden Strafgefangenen treffen.

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