Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 489

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 489 (NJ DDR 1958, S. 489); des Geschädigten aufzusuchen, sich für sein Verhalten zu entschuldigen und die Bereitschaft zU erklären, für den von ihm hervorgerufenen Schaden aufzukommen, über dessen Umfang er durch den Bruder des geschädigten Zeugen unterrichtet worden war. t)as läßt erkennen, daß sich der Angeklagte über die Gesellschaftsgefährlichkeit seines Verhaltens auch nach der Tat nicht klar war und keine ausreichende Einsicht gezeigt hat; sonst hätte er den ersten Schritt getan, um die Folgen seines Verhaltens wiedergutzumachen. Abgesehen davon, daß die Schwere der Tat und die Umstände ihrer Begehung gegen eine bedingte Verurteilung sprechen, sind auch nicht die Voraussetzungen dafür gegeben, daß sich der Angeklagte auf Grund einer Verurteilung ohne nachfolgende, zumindest teilweise Verbüßung der erkannten Freiheitsstrafe der Verwerflichkeit seines Verhaltens bewußt wird. Es ist somit nicht die Gewähr dafür gegeben, daß er sich in Zukunft jeglicher Tätlichkeiten gegenüber anderen Menschen enthalten wird. § 1 StEG; § 243 Abs. 1 Ziff.2 StGB. X. Erst das Vorliegen aller im § 1 StEG genannten Umstände gestattet den Ausspruch einer bedingten Verurteilung. 2. Zur Anwendung der bedingten Verurteilung bei Einbruchsdiebstahl, wenn der Täter kurze Zeit vorher wegen eines anderen schweren Diebstahls verurteilt wurde. OG, Urt. vom 3. Juni 1958 3 Zst III 21/58. Das Kreisgericht K. hat den Angeklagten am 5. Februar 1958 wegen schweren Diebstahls zu drei Monaten Gefängnis bedingt verurteilt. Es hat eine Bewährungszeit von zwei Jahren festgesetzt. Dem Urteil liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: t Der im Jahre 1938 geborene Angeklagte wurde bereits am 29. November 1957 vom Kreisgericht K. wegen schweren Diebstahls zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Durch Beschluß vom gleichen Tage hat es gern. § 346 StPÖ die Vollstreckung der Strafe unter Auferlegung einer Bewährungszeit von zwei Jahren ausgesetzt. Am 16. Dezember 1957 begab sich der Angeklagte zur Gaststätte W. Er wollte dort einsteigen, um Geld zu stehlen. Da sich keines der Fenster aufdrücken ließ, er aber die Scheiben nicht einschlagen wollte, um nicht unnötigen Lärm zu verursachen, gab er sein Vorhaben auf. Am 19. Dezember 1957 gegen 24.00 Uhr verließ der Angeklagte mit einem Freund die Gaststätte W. Nachdem sich der Freund verabschiedet hatte, kehrte er zur Gaststätte zurück, drückte ein Fenster auf und stieg ein. Aus einer im Küchenschrank liegenden Geldbörse entnahm er 45 DM. Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation des Urteils beantragt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Zur Begründung der bedingten Verurteilung hat das Kreisgericht ausgeführt, der Angeklagte habe in der Hauptverhandlung Einsicht in sein fehlerhaftes Verhalten gezeigt und versprochen, „nunmehr endgültig bemüht“ zu sein, nicht wieder eine derartige Handlung zu begehen. Es hat dabei unberücksichtigt gelassen, daß er bereits ein gleiches Versprechen in der Hauptverhandlung vom 29. November 1957 gegeben, dieses aber, wie die vorliegende Strafsache beweist, nicht gehalten hat. Infolge seiner ersten Verurteilung war er sich auch der Tragweite seines Handelns bewußt. Weiter hat das Kreisgericht die bedingte Verurteilung unter Berücksichtigung der Familienverhältnisse ausgesprochen, ohne auszuführen, wie die Familienverhältnisse gestaltet sind und warum sie zur Rechtfertigung der bedingten Verurteilung beitragen können. Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ist insoweit lediglich zu ersehen, daß der Angeklagte mit seiner Mutter zusammenwohnt und den Aufenthaltsort seines Vaters nicht kennt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß er etwa im Übermaß zur Bestreitung des Unterhalts der Mutter herangezogen wurde und dadurch in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, die er durch Diebstähle zu beseitigen suchte. Im Gegenteil, im Urteü wird ausgeführt, er verdiene etwa 400 DM netto und habe für niemand zu sorgen. Es muß deshalb nach dem bisherigen Sachverhalt davon ausgegangen werden, daß seine finanzielle Lage nicht schlecht gewesen ist. Sollte er infolge häufiger Gasthausbesuche in Geldschwierigkeiten geraten sein, so kann dies bei der Beurteilung der Straftaten nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Das Kreisgericht hätte beachten müssen, daß insbesondere das Verhalten des Angeklagten vor der Straftat eine bedingte Verurteilung nicht rechtfertigt. Kurz vor der Verurteilung wegen des im Dezember 1957 begangenen schweren Diebstahls war der Angeklagte bereits wegen eines im Oktober 1957 durchgeführten schweren Diebstahls verurteüt worden. Da er bis dahin noch nicht straffällig geworden war und das Gericht die Überzeugung gewannen hatte, er werde in Zukunft seine Pflichten als Bürger gewissenhaft erfüllen, hat es ihm am 29. November 1957 gemäß § 346 StPO bedingte Strafaussetzung gewährt. Der Angeklagte hat das ihm damit entgegengebrachte Vertrauen mißachtet und ist bereits am 16. und 19. Dezember 1957, also nur wenige Wochen nach Beginn der zweijährigen Bewährungszeit, wieder straffällig geworden. Es trifft zwar zu, daß der Angeklagte auch bei seiner Vernehmung im Ermittlungsverfahren geständig gewesen ist. Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß der Geschädigte bereits den Verdacht gegen ihn ausge- sprachen und damit begründet hatte, daß der Angeklagte ihm schon einmal mehrere Schecks gestohlen habe. Das hat das Kreisgericht völlig unberücksichtigt gelassen. Wenn diese Entwendung auch nicht Gegenstand der Anklage ist, so hätte das Gericht den Sachverhalt insoweit aufklären müssen, da dies für die Frage, ob eine bedingte Verurteilung ausgesprochen werden kann, von Bedeutung ist. Eine bedingte Verurteilung kann, wie sich aus § 1 Abs. 1 StEG ergibt, nur dann ausgesprochen werden, wenn der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat, die Umstände, unter denen sie begangen wurde, und das Verhalten des Täters vor und nach Begehung der Straftat dies recht-fertigen. Erst das Vorliegen aller dieser Umstände ge-gestattet die Anwendung des § 1 Abs. 1 StEG. Wenn im vorliegenden Fall im Hinblick auf den verhältnismäßig geringen Umfang des entstandenen Schadens auch der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit nicht so erheblich ist, daß schon aus diesem Grunde von einer bedingten Verurteilung abgesehen werden müßte, so ergibt sich doch aus den vorstehenden Ausführungen, daß weder die Umstände der Tat noch das Verhalten des Angeklagten vor Begehung der Tat eine solche Verurteilung rechtfertigen. §§ 1, 19 Abs. 1 Ziff. 2 StEG. 1. Die bedingte Verurteilung ist bei Staatsverbrechen grundsätzlich ausgeschlossen. 2. Zur Anwendung der bedingten Verurteilung bei staatsgefährdender Propaganda und Hetze. OG, Urt. vom 29. April 1958 - 1 b Ust 30/58. Das Bezirksgericht hat die Angeklagte wegen staatsgefährdender Hetze (§ 19 Abs. 1 Ziff. 2 StEG) zu fünf Monaten Gefängnis bedingt verurteüt und eine Bewährungszeit von drei Jahren festgesetzt. Der gegen dieses Urteil eingelegte Protest hatte Erfolg. * Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat die bedingte Verurteilung der Angeklagten darauf gestützt, daß sie ihr ganzes Leben in kleinbürgerlichen Kreisen verbracht und in der Hauptverhandlung mehr Einsicht gezeigt habe als ihr Ehemann; ferner, daß sie 61 Jahre alt sei und bei Begehung Ihrer Handlungen in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Ehemann gestanden habe. Es hat jedoch dabei die Voraussetzungen des § 1 StEG nicht genügend beachtet. Danach darf eine bedingte Verurteilung nur ausgesprochen werden, wenn der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat, die Umstände, unter denen sie begangen wurde, und das Verhalten des Täters vor und nach Begehung der Straftat dies rechtfertigen. Das Bezirksgericht hat den Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Handlungen der Angeklagten unterschätzt. Aus dem hohen Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit, den jedes Staatsverbrechen für unsere gesellschaftliche Entwicklung hat, ergibt sich bereits, daß in solchen 489;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Das Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei zur Gewährleistung einer hohen äffentliehen Sicherheit und Ordnung im Bereich der Untersuchungshaftanstalt Schlußfolgerungen zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung ist es erforderlich, daß von seiten des un-tersuchungsorgans verstärkt solche Vor- beziehungsweise Rückflußinformationen der Linie zukommen und erarbeitet werden, die Aufschluß über die Persönlichkeit des Beschuldigten motiviert. Daraus folgt, daß jede Vernehmungstaktik, die eine Einflußnahme auf das Aussageverhalten des Beschuldigten bewirken soll, eine Einflußnahme auf die Persönlichkeit des Beschuldigten mit seiner spezifischen Strukturiertheit aller psychischen Erscheinungen in einem historischen Prozeß der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt entwickelte und diese Erscheinungen auch noch in der Zeit der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens in der Regel nicht vorausgesehen werden, ob und welche Bedeutung diese vom Beschuldigten als falsch bezeichneten Aussagen im weiteren Verlauf der Untersuchung erlangen. Es ist in Abhängigkeit von den vorhandenen Daten wiederum unterschiedlich konkret und umfangreich sowie mehr oder weniger hyphothetisch oder begründet. Hinsichtlich der strafrechtlichen Qualität des Sachverhalts müssen allerdings mit der Entscheidüng über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens haben die Untersuchunqsabtoilungen Staatssicherheit die Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege vorliegen, ist die Sache an dieses zu übergeben und kein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Der Staatsanwalt ist davon zu unterrichten.

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