Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 487

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 487 (NJ DDR 1958, S. 487); pfändungsbetrag zu errechnen, erscheint es zweckmäßig, de lege ferenda die auf ein Gehaltskonto gezahlten laufenden Entlohnungsbeträge für die Zeit von der Lohnzahlung bis zum nächsten Zahlungstermin generell für unpfändbar zu erklären. Durch eine solche Bestimmung würde die Lohnpfändungsregelung der gegenüber der Zeit des Erlasses der ZPO gestiegenen Häufigkeit bargeldloser Lohnzahlungen Rechnung tragen. Eine Beeinträchtigung des Gläubigers tritt durch eine solche Regelung nicht ein, da er die Lohnbeträge beim Lohnschuldner und die Sparbeträge nach wie vor bei dem Geldinstitut pfänden kann. Lediglich die Möglichkeit zur Umgehung der Lohnpfändungsbestimmungen würde durch eine entsprechende gesetzliche Regelung ausgeschlossen werden. Zur Zeit fehlt es an einer derartigen gesetzlichen Bestimmung. In analoger Anwendung des § 811 Ziff. 8 ZPO und unter Berücksichtigung der bei Gehaltskonten zu beachtenden Besonderheiten sollte es jedoch auch zur Zeit dem Sekretär des Vollstreckungsgerichts möglich sein, die Pfändung einer Forderung nur hinsichtlich des den Gehaltssatz für den laufenden Monat übersteigenden Betrages vorzunehmen, da eine anderweitige Pfändung eine Umgehung des Gesetzes gestatten und damit selbst eine Gesetzesverletzung darstellen würde. Der Sekretär hat die Pflicht und gern. § 32 AnglVO auch die Möglichkeit, sich über den Charakter der zu pfändenden Forderung zu informieren und sich dementsprechend - zu verhalten. Abgesehen davon, besteht auch weiterhin die Möglichkeit, in analoger Anwendung des § 811 Ziff. 8 ZPO den unpfändbaren Betrag von der Pfändung auszunehmen und, falls das nicht von Amts wegen berücksichtigt wird, durch Erinnerung gern. § 766 ZPO darauf hinzuwirken. Weiter würde auch Art. 6 der SchutzVO vom 4. Dezember 1943 (RGBl. I S. 666) es ermöglichen, die Pfändung der Forderung des Werktätigen in Höhe des ihm zustehenden unpfändbaren Betrages zu untersagen. Da eine zweckmäßige Lösung nur mit Hilfe einer nicht ganz befriedigenden Konstruktion bzw. eines umständlichen Verfahrens erreicht werden kann, scheint eine generelle Regelung wünschenswert. Es ist eine Forderung der Gesetzlichkeit, die gesellschaftlichen Verhältnisse entsprechend dem Entwicklungsstand d. h. hier unter Berücksichtigung der weitgehenden Einführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zu regeln. Aufgabe des Gerichts wäre es gewesen, in seiner Entscheidung nicht nur die formale Feststellung über den Charakter des Anspruchs des Werktätigen gegen das Geldinstitut zu treffen, sondern die Möglichkeiten zum Schutz dieses Anspruchs zu untersuchen und insoweit erzieherisch auf die Parteien und die übrigen Gerichte einzuwirken. KONRAD FRANKE, wiss. Assistent am Institut für Arbeitsrecht der Martin-Luther-Universität Halle Rechtsprechung Strafrecht § 1 StEG; §§ 113, 223 StGB. 1. Nur Bei Vorliegen aller in § 1 StEG genannten Voraussetzungen ist eine bedingte Verurteilung möglich. Die dort angeführten Voraussetzungen bilden eine .Einheit. 2. Zur Anwendung der bedingten Verurteilung bei Widerstand gegen die Staatsgewalt. OG, Urt. vom 3. Juni 1958 1 a Zst 6/58. Seit einigen Jahren wohnt der Angeklagte im gleichen Hause wie die Zeugin A. Am 28. Januar 1958 kam es zwischen ihnen zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Angeklagte die Zeugin als „alte Sau“ bezeich-nete und ihr mit der Faust ins/ Gesicht schlug. Die Zeugin suchte darauf den Abschnittsbevollmächtigten J. auf und bat ihn um Hilfe. Beide begaben sich in die Wohnung des Angeklagten. Dieser beschimpfte den ABV mit „Lump“ und „Schwein“, versuchte ihn aus der Wohnung zu jagen und erklärte hinsichtlich der Zeugin A.: „Diese Sau kommt nicht in meine Wohnung.“ Da er versuchte, den ABV mit einem Stock zu schlagen, nahm dieser den Stock an sich. Nunmehr ergriff der Angeklagte ein Beil und ging in drohender Haltung auf den ABV zu, der mit dem Stock abwehrte, ohne daß der Angeklagte jedoch das Beil aus der Hand legte. Inzwischen waren zwei weitere Angehörige der Volkspolizei erschienen, die den Angeklagten aufforderten, zur Klärung des Sachverhalts mit auf die Dienststelle zu kommen. Er ließ sich nunmehr zur Erde fallen, schrie um Hilfe und mußte unter Anwendung von Gewalt der Dienststelle zugeführt werden. Hier führte er provozierende Reden und brüstete .sich damit, preußischer Feldwebel gewesen zu sein. Auf Grund dieser Feststellungen hat das Kreisgericht den Angeklagten wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt (§ 113 StGB) und wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) zu einer Gesamtstrafe von 5‘/i Monaten Gefängnis unter Zubilligung einer Bewährungszeit von drei Jahren bedingt verurteilt. Mit dem Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts der Deutschen Demokratischen Republik wird zuungunsten des Angeklagten die Entscheidung im Strafausspruch als gröblich unrichtig beanstandet. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die tatsächlichen Feststellungen und der Schuldausspruch sind nicht beanstandet worden, von ihnen ist daher auszugehen. Das Kreisgericht hat die gegen den Angeklagten erkannte Freiheitsstrafe zu Unrecht bedingt ausgesprochen. Eine bedingte Verurteilung kann nur dann erfolgen, wenn der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat, die Umstände, unter denen sie begangen wurde, und das Verhalten des Täters vor und nach Begehung der Straftat dies rechtfertigen. Diese zu prüfenden Voraussetzungen bilden eine Einheit und lassen bei Vorliegen erwarten, daß der Verurteilte auch ohne Freiheitsentzug zur künftigen Achtung der Gesetze unseres Staates angehalten wird. Die bedingte Verurteilung ist der besondere Ausdruck sozialistischer Humanität, nicht aber falscher Nachsicht und Weichheit. Die durch § 1 StEG eingeräumte Möglichkeit der bedingten Verurteilung darf nicht dahin verstanden werden, bei allen Delikten zu einer formalen, gleichmachenden Anwendung der neuen Strafart der bedingten Verurteilung zu kommen. Das würde dem Wesen und dem Zweck dieser neuen Strafart zuwiderlaufen. Objektive Voraussetzung für die Anwendung der bedingten Verurteilung ist, wie § 1 StEG ausdrücklich sagt, der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat. Seine Feststellung ergibt sich nicht nur aus der quantitativen Schwere der Tat und ihren Folgen, sondern auch aus der spezifischen Qualität der Objektverletzung, die sich in erster Linie aus der Stellung und Rolle des angegriffenen Objekts im System’ der gesellschaftlichen Verhältnisse unserer volksdemokratischen. Ordnung und seiner hieraus resultierenden Schutzbedürftigkeit ergibt. Das Objekt des Verbrechens ist also ein wichtiges Kriterium dafür, welche Strafart im Einzelfall anzuwenden ist. Wenn auch das durch Widerstandshandlungen gegen die Staatsgewalt angegriffene Objekt nicht grundsätzlich und von vornherein die Anwendung des § 1 StEG ausschließt, io sind in diesen Fällen jedoch an die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Strafart hohe Anforderungen zu stellen. § 113 StGB schützt die Mitarbeiter staatlicher Organe, die in Ausübung ihres Dienstes zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und bei der Durchsetzung unserer Gesetze eine verantwortungsvolle Tätigkeit ausüben. Der Widerstand gegen diese für jeden Bürger erkennbare Tätigkeit im Auftrag der Staatsgewalt setzt schon von vornherein eine besondere Mißachtung der Autorität der staatlichen Organe durch; den betreffenden Täter voraus. Dadurch erlangen derartige Angriffe einen durch die Rigorosität des Täters gekennzeichneten, be- 487;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit. Diese Festlegungen tragen im wesentlichen orientierenden Charakter und sind unter ständiger Berücksichtigung der politisoh-operativen Lage und Erfordemisse durch die Leiter der selbst. Abteilungen und deren Stellvertreter. Entsprechend den Erfordernissen hat eine Abstimmung mit der zuständigen Diensteinheit der Linie zu erfolgen. Die unmittelbare Vorbereitung und Durchführung dieser Werbungen sind durch die Leiter der Abteilungen mit den zuständigen Leitern der Diensteinheiten der Linie abzustimmen. Die Genehmigung zum Empfang von Paketen hat individuell und mit Zustimmung des Leiters der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges Sicherungsmaßnahmen dürfen gegen Verhaftete nur angewandt werden, wenn sie zur Verhinderung eines körperlichen Angriffs auf Angehörige der Untersuchungshaftanstalt, andere Personen oder Verhaftete, einer Flucht sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft sowie fürdie Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität in Erscheinung treten. Sie weisen eine hohe Gesellschaftsgefährlichkeit auf, wobei die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder von zu beachten ist.

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