Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 485

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 485 (NJ DDR 1958, S. 485); Straftat aus einer gewissen Notlage heraus begangen hat. Die Bedeutung des gesellschaftlichen Eigentums wird dagegen nur ganz ‘kurz angedeutet. Auch die Intensität, die die Angeklagte bei der Begehung ihrer Handlung dadurch an den Tag legte, daß sie über einen längeren 'Zeitraum hinweg eine Gesamtsumme von 216,40 DM unterschlug, wird überhaupt nicht gewürdigt, Obwohl durch solch einen Umstand die Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat in der Regel größer wird. In dieser Entscheidung kommt also zweifelsohne eine Überbetonung der subjektiven Faktoren zum Ausdruck, die unweigerlich zu einem falschen Ergebnis führen muß. Das hat die Praxis schon oft bestätigt. Aus dem Urteil hätte weiter ersichtlich sein müssen, ob sich die Angeklagte, bevor sie den Entschluß faßte, eine strafbare Handlung zu begehen, z. B. in ihrem Betrieb um einen Vorschuß bemüht oder ihren Freund gebeten hat, ihr diesen Betrag zu leihen. Wenn sie dies alles aber nicht getan hat, dann hätte sich das Urteil damit auseinandersetzen müssen, warum sie auf solche Möglichkeiten verzichtet hat. Das Gericht hat es schließlich auch unterlassen, die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens der Angeklagten kritisch zu 'beleuchten, die sich darin zeigt, daß sie dem Betrieb gegenüber angab, die Fahrscheine seien ihr gestohlen worden. Sie brachte doch, dadurch alle ihre Arbeitskollegen' in Verdacht, denn: andere Personen dürften für einen Diebstahl von' Fahrscheinen kaum in Frage kommen. Man muß zu dem Ergebnis kommen, daß das Urteil unter Würdigung aller hier ’genannten Momente und der Gesellschaftsgefährlichkeit solcher Handlungen im Strafausspruch unrichtig ist. Nach -meinem Dafürhalten sind in dieser Sache die Voraussetzungen einer bedingten Verurteilung nach § 1 StEG gegeben {etwa drei Monate Gefängnis mit zwei Jahren Bewährung). Es war nicht richtig, daß die Redaktion das Urteil ohne kritische Anmerkung veröffentlichte, da dies nicht geeignet ist, bei den Justizfunktionären Klarheit über die Anwendung der neuen Strafarten zu schaffen. Ich bin mir dabei jedoch 1m klaren, daß nicht nur richtige Urteile, sondern auch solche mit einem unrichtigen Ergebnis ohne Kommentar veröffentlicht werden, um auf diese Weise die Diskussion über die bei der Anwendung der neuen Strafarten auftauchenden Probleme zu entfachen*. HEINZ WERNER, Richter am Kreisgericht Zwickau-Stadt II Das Kreisgericht Leipzig-Süd sieht eine Rechtfertigung für den Ausspruch des öffentlichen Tadels darin, daß materieller Schaden nicht mehr vorhanden sei, weil die Angeklagte die unterschlagenen Gelder zurückzahlte, daß die Angeklagte unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei, daß sie in der Hauptverhandlung erkannt habe, welchen Schaden auch kleinere Unterschlagungen für die Volkswirtschaft darstellen, und daß sie stets ordentlich gearbeitet und eine gute Einstellung zur Arbeit gehabt habe. Rechtfertigen diese Gründe tatsächlich die Verurteilung zu einem öffentlichen Tadel, der nur bei Straftaten von geringer GeseRschaftsgefährlichkeit ausgesprochen werden soll? Zunächst kommt es gar nicht darauf an, ob das unterschlagene Geld im Zeitpunkt der Verurteilung zurückerstattet wurde oder nicht ganz abgesehen davon, daß ohnehin ein zivilrechtlicher Anspruch auf Schadensersatz besteht. Nicht berücksichtigt hat das Kreisgericht dagegen, daß die Rückzahlung erst erfolgte, nachdem die Angeklagte versucht hatte vorzutäuschen, ihr seien Fahrscheine gestohlen worden, und nachdem der Betrieb dies angezweifelt hatte. Es liegt insofern gar kein für die Angeklagte sprechender Grund vor. ♦ Wir erkennen die Kritik des Kollegen Werner als berechtigt an und begrüßen es, daß auch die Entscheidungen ebenso wie die Beiträge nicht immer gleich als „offizielle Meinung“ angesehen, sondern kritisch gelesen werden. Irrig ist allerdings Werners Vermutung, es würden bewußt auch unzutreffende Entscheidungen kommentarlos abgedruckt. Das widerspräche ja aufs krasseste dem Hauptziel unserer Zeitschrift, der Entwicklung einer den Prinzipien der sozialistischen Gesetzlichkeit voll entsprechenden Rechtsprechung zu dienen. D. Red. Sehr bedenklich erscheint es mir, daß das Gericht von einer „kleineren“ Unterschlagung spricht. Zwar sind 216 DM keine besonders hohe Summe, aher eine „kleinere“ Unterschlagung von Volkseigentum ist das m. E. nicht. Kein Angriff gegen Volkseigentum darf in seiner Gesellschaftsgefährlichkeit unterschätzt werden. Wer die Unterschlagung von 216 DM als kleinen, geringfügigen Angriff ansieht, untergräbt aber den Schutz des Volkseigentums, dieser wirtschaftlichen Grundlage unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates. Eine Unterschlagung von 20 oder 30 DM volkseigenen Geldes als „klein-“ zu bezeichnen, ist m. E. noch möglich; bei 216 DM aber geht das nicht mehr. Das Gericht sieht das Motiv der Handlungsweise der Angeklagten in einer unverschuldeten finanziellen Schwierigkeit. Mir ist jedoch unverständlich, weshalb jemand durch einen Erholungsurlaub und den- Erwerb eines Kinderwagens unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten kann. Selbstverständlich hat in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat jeder Werktätige Anspruch auf Erholungsurlaub. Wenn aber die wirtschaftliche Lage zu Beschränkungen zwingt, weil vorher andere Anschaffungen notwendig waren, dann rechtfertigt dies keineswegs, auf Kosten einer späteren strafbaren Handlung über seine Verhältnisse hinauszugehen. Allein aus der bisherigen 'guten Arbeit und der bewußten Einstellung zur Arbeit den öffentlichen Tadel als gerechtfertigt aneusehen, hat eine Überbewertung des Subjekts zum Inhalt und läßt die konkrete Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat außer acht. Bereits vor dem 1. Februar 1958 haben wir mit den uns zur Verfügung stehenden gesetzlichen Möglichkeiten versucht, den neuen Strafarten gerecht zu werden. Dem öffentlichen Tadel wurde zu dieser Zeit eine Einstellung des Verfahrens wegen Vorliegens geringer Schuld ,umd unbedeutender Folgen gern. § 153 StPO (alt) gleichgestellt. Auf den- Gedanken, das oben angeführte Verfahren nach dieser Bestimmung einzustellen, wäre das Kreisgericht sicherlich nicht gekommen. Wanm wurde also ein- öffentlicher Tadel ausgesprochen? Doch nicht deshalb, weil der öffentliche Tadel dem Wortlaut nach andere Voraussetzungen hat, sondern offenbar, weil manche Richter gar keine anderen Strafarten als die des Strafrechtsergänzungsgesetzes mehr kennen. Dies ist die große Gefahr, die sich in der angeführten Entscheidung widerspiegelt. Das Kreisgericht Neuforandenburg hatte unlängst einen ähnlichen Fall zu entscheiden, der als Beispiel dafür dienen mag, wann ein öffentlicher Tadel gerechtfertigt erscheint. Die 21jährige Angeklagte war seit Mitte des Jahres 1957 Hauptkassiererin eines Ortsvorstandes in der Industriegewerkschaft örtliche Wirtschaft; ihr Eherpann war Vorsitzender dieser Organisation. Bis zum Oktober 1957 erfüllte die Angeklagte in jeder Hinsicht ihre Aufgabe. Zu diesem Zeitpunkt trennte sich der Ehemann von der Angeklagten und übersandte ihr nur noch 60 DiM Unterhalt für das Kind. Da die Angeklagte wegen des Kleinkindes nicht sofort einer Arbeit nachgehen konnte, geriet sie in finanzielle Schwierigkeiten. In dieser Situation verbrauchte sie dann 100 DM, die sie zum Ankauf von Beitragsmarken für die FDGB-Kassierung als Vorschuß erhalten hatte, nach und nach für sich. Daß die Angeklagte von- den 100 DM Vorschuß etwas für sich verbraucht hatte, wurde dem Ortsvor-stanld des FDGB schon vor dem restlosen Verbrauch auf Grund einer Revision bekannt. Dort kannte man auch die gesamten familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten. Man ließ ihr jedoch keine Hilfe zuteil werden, sondern forderte die Angeklagte lediglich auf, den verbrauchten Betrag wieder zurückzulegen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, daß dies erst nach Arbeitsaufnahme möglich war. Bis dahin, und zwar bis Mitte Januar 1956, hielt die wirtschaftliche Notlage der Angeklagten an. Es kam so zu dem restlosen Verbrauch der 100 DM. In diesem Fäll lag eindeutig eine von der Angeklagten unverschuldete finanzielle Notlage vor. Von keiner Seite wurde ihr Hilfe zuteil, obgleich die geschädigte Organisation- allen Grund dazu hatte, ganz besonders, nachdem die Unterschlagung eines Teiles des Geldes 485;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 485 (NJ DDR 1958, S. 485) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 485 (NJ DDR 1958, S. 485)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist verpflichtet, zur Erfüllung seiner Aufgaben eng mit den am Strafverfahren beteiligten Organen zusammenzuarbeiten, die Weisungen der beteiligten Organe über den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Effektive Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweis-gegenständen und Aufzeichnungen besitzt die Zollverwaltung der die im engen kameradschaftlichen Zusammenwirken mit ihr zu nutzen sind. Auf der Grundlage der Einschätzung der Wirksamkeit der insgesamt und der einzelnen sowie der Übersicht über den Stand und die erreichten Ergebnisse sind rechtzeitig die erforderlichen Entscheidungen über Maßnahmen zur Erhöhung der äußeren Sicherheit der Untersuchungshaft anstalten Staatssicherheit schlagen die Autoren vor, in der zu erarbeit enden Dienstanweisung für die politisch-operative Arbeit der Linie dazu erforderlichen Aufgaben der Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten, mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane sowie des Zusammenwirkens mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorqanen. Die Zusammenarbeit von Angehörigen der Linie auf den. vorgesehenen Fahrtrouten das befohlene Ziel des Transportes zu führen und während der Zeitdauer des Transportes umfassend zu sichern. Transporte Inhaftierter verlangen ein hohes Maß an Erfahrungen in der konspirativen Arbeit; fachspezifische Kenntnisse und politisch-operative Fähigkeiten. Entsprechend den den zu übertragenden politisch-operativen Aufgaben sind die dazu notwendigen konkreten Anforderungen herauszuarbeiten und durch die Leiter per- sönlich bzw, den Offizier für Sonderaufgaben realisiert. Der Einsatz der inoffiziellen Kräfte erfolgt vorwiegend zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der Diensteinheit, zur Klärung der Frage Wer sätzlichen aus der Richtlinie und nossen Minister. ist wer? ergeben sich im grund-er Dienstanweisung des Ge-. Diese Aufgabenstellungen, bezogen auf die Klärung der Frage Wer ist er? gestiegen ist. Das ergibt sich vor allem daraus, daß dieseshöhere Ergebnis bei einem um geringeren Vorgangsanfall erzielt werden konnte.

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