Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 462

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 462 (NJ DDR 1958, S. 462); immer gefährlicher werdenden Methoden des Klassenkampfes auseinander und war deshalb auch nicht in der Lage, die Genossen des Volkspolizei-Kreisamtes systematisch anzuleiten und gemeinsam beratene wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Darum war es erforderlich, jetzt eine gemeinsame Kommission der Bezirksstaatsanwaltschaft und der Bezirksbehörde der Volkspolizei zu bilden, die das Versäumte nachholt. Der infolge des unzulänglichen und formalen Arbeitsstils inzwischen angerichtete Schaden kann dadurch jedoch nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Im Kreis Malchin übte der 1. Sekretär der Kreisleitung starke Kritik an der Arbeit unserer U-Organe. So betonte er, es sei bereits seit langem wiederholt von der Bevölkerung darauf hingewiesen worden, daß Schlächter spekulative Geschäfte mit Vieh tätigen, z. B. Vieh schwarz aufkaufen und geschlachtet zu HO-Prei-sen Weiterverkäufen. Es sei daher die Regel, daß diese Schlächter selbst in kleinsten Ortschaften einen „Wartburg“ besitzen. Obwohl unsere Volkspolizei von der Bevölkerung des öfteren derartige Hinweise erhalten hat, wurden erst anläßlich der Bestandsaufnahme im Zuge der Abschaffung der Lebensmittelkarten und der weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenslage der Bevölkerung in einigen Fällen solche sich auf Kosten der planmäßigen Versorgung der Bevölkerung und auf Kosten der planmäßigen Steigerung unseres Viehbestands bereichernden Schlächter gefaßt, die die Durchführung der Wirtschaftsplanung gefährdeten. Gerade diese Tatsache zeigt doch anschaulich, wie unzulänglich unsere U-Organe bisher auf die wirklich vorhandenen Schwerpunkte des Klassenkampfes auf dem Lande von den Staatsanwälten gelenkt wurden, zumal Hahnheiser in der Zeitschrift „Die Volkspolizei“6 derartige Verbrechen nicht einmal nach § 1 WStVO für strafbar hält, weil der unkontrollierte „freie Ver- und Ankauf“ nach Erfüllung der Pflichtablieferung unsere Planwirtschaft nicht gefährde. Auch in Malchin sah der Kreisstaatsanwalt derartige komplexmäßige Aufgaben infolge Fehlens einer gründlichen und gemeinsamen Analyse des Klassenkampfes auf dem Lande nicht. Das wird durch das folgende typische Beispiel unterstrichen: Die Genossen des VPKA nehmen Abstand von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen einen Großbauernsohn, der im Jahre 1956 die Gemeindesekretärin bestochen hat und im Jahre 1957 in gleicher Weise an den neuen Bürgermeister herantritt, um für Fleisch die Herabsetzung seines Solls zu erlangen.7 Der Kreisstaatsanwalt weist mit Recht die Einleitung eines Verfahrens an, aber er unterläßt den zusätzlichen Hinweis, weitere Stichproben in der Ablieferungskartei zu machen, obwohl die betreffende Gemeindesekretärin schon vor der Anzeige des neuen Bürgermeisters beim VPKA republikflüchtig wird. Sämtliche Beispiele zeigen: Die Staatsanwälte lassen zu, daß die Organe der Volkspolizei sich auch bei der Bekämpfung der Kriminalität auf dem Lande lediglich auf die anfallenden Anzeigen orientieren8 * und auch das nicht einmal immer mit der notwendigen gründlich und kollektiv durchdachten politischen Zielsetzung tun. Staatsanwalt und Volkspolizei müssen aber folgendes erkennen: 1. Jeder feindliche Angriff auf eine MTS zumal in einer solchen andauernden und massiven Form der Sabotage wie in der MTS Großkochberg in Rudolstadt bringt die noch abseits stehenden Einzelbauern nicht dem genossenschaftlichen Zusammenschluß näher, weil sie an der sozialistischen Perspektive in ihrem Kreis Zweifel bekommen und die ununterbrochene Entwicklung der Genossenschaften auf der Basis der höchstentwickelten Technik und auf der Grundlage einer gesicherten agronomischen und zootechnischen Betreuung nicht als gewährleistet ansehen. Die Realität bestätigt diese Analyse, denn der genossenschaftliche Sektor in Rudolstadt stagnierte von 1953 bis Ende 1957 bei 12 Prozent. 6 Die Volkspolizei 1957 Heft 20 S. 13/14. 7 vgl. hierzu Kern auf S. 441 dieses Heftes. 8 vgl. Streit, Für einen neuen Arbeitsstil in der Justiz, NJ 1958 S. 370. 2. Jedes unterbliebene Vorgehen gegen böswillig nichtabliefernde Großbauern, die, statt Getreide oder Kartoffeln an den Staat abzuliefern, diese durch Veredelung im Viehmagen und auch durch schwarze Viehverkäufe zu Extraprofit in Form eines „Wartburg“ werden lassen wollen, nährt die bei den anderen staats- und pflichtbewußten Einzelbauern noch vorhandenen Reste der bürgerlichen Ideologie und bringt sie damit ebenfalls nicht dem genossenschaftlichen Zusammenschluß näher. Obwohl in Deutschland erstmalig unter der Arbeiter-und-Bauern-Macht eine systematische, aktive Bekämpfung der Kriminalität unter Einbeziehung aller Werktätigen und damit eine systematische Senkung der Kriminalität in unserer Hand liegt, überlassen wir die Bekämpfung der Kriminalität dem Selbstlauf und der Spontaneität. Ein gemeinsamer Schwerpunktplan der Ermittlungs- und U-Organe der VP und der Staatsanwaltschaft wird daher immer dringender erforderlich. Aber auch die Rechtsprechung der Strafgerichte wird zum Teil infolge mangelhaft politisch durchdachter und begründeter Strafanträge des Staatsanwalts ihrer Funktion, neue, sozialistische gesellschaftliche Verhältnisse auf dem Lande zu schaffen, nicht gerecht. So beantragte der Kreisstaatsahwalt in dem eben erwähnten Fall in Malchin am 28. Mai 1958 für die zweimalige Bestechung durch den Großbauernsohn eine Geldstrafe von 1000 DM, womit der Gesellschaftsgefährlichkeit dieser Tat keineswegs Rechnung getragen wird.0 Ebenso wie für dieses Beispiel trifft für viele andere aus den drei überprüften Bezirken10 11 die Feststellung des Genossen Walter Ulbricht auf der Babelsberger Konferenz vom 2. und 3. April 1958 zu, daß der „immer zum Revisionismus führende bürgerliche Formalismus und Dogmatismus die großen Gefahrenquellen sind“, die uns „in die Isolierung von der gesellschaftlichen Entwicklung treiben .“ Es ist „nicht überflüssig, daran zu erinnern, daß der Staat und das Recht nicht ,an sich* da sind, unabhängig von den Klassen und den Klassenkämpfen, unabhängig von dem Stand der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern daß sie nur aus den Klassenkämpfen und der durch diese bedingten Entwicklung der Gesellschaft zu verstehen sind“.11 Wie stark bürgerlicher Formalismus bei den Zivilgerichten verbreitet ist, also das Lösen der sich in den Prozessen widerspiegelnden Konflikte und Widersprüche zwischen dem Neuen und dem Alten, zwischen sozialistischer Entwicklung und dem Kampf um die Konservierung der kapitalistischen Verhältnisse von der abstrakten Rechtsnorm, vom Recht „an sich“ her, zeigen bereits die von Streit und Wunsch angeführten Beispiele.12 13 * Hier sollen daher nur noch solche angeführt werden, die das Versagen der Organe der Justiz bei der aktiven Umgestaltung. der kapitalistischen Verhältnisse in der Landwirtschaft zeigen: So wie in manchen anderen Kreisen der DDR, gab es auch in einigen Kreisen von Gera und Neubrandenburg in den vergangenen Jahren eine Reihe von Zahlungsbefehlen und Klagen der MTS16 gegen solche Bauern, die zwar jedes Jahr die maschinellen Leistungen unserer MTS gerne in Anspruch nehmen (zumal die Gebühren selbst für Großbauern weit unter den Unkostensätzen entsprechender Leistungen in Westdeutschland liegen), die aber auf die Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen gegenüber unseren MTS nicht einen solchen Wert legen, wie z. B. auf die unbedingte Einhaltung der 14tägigen Überweisungsfrist durch den VEAB für von ihnen im freien Aufkauf gelieferte landwirtschaftliche Produkte. ° vgl. hierzu die Ausführungen Kerns über das antrags- gemäß ergangene Urteil in dieser Sache auf S. 441 dieses Heftes. 10 vgl. Spranger/Wunsch in NJ 1958 S. 267 ff., Streit in NJ 1958 S. 370 f. und Suvley auf S. 444 ff. dieses Heftes. 11 Walter Ulbricht, Die Staatslehre des Marxismus-Leninismus und ihre Anwendung ln Deutschland, Berlin 1958, S. 14. 12 vgl. NJ 1958 S. 267 und 370 und auch Kern auf S. 440 ff. dieses Heftes. 13 vgl. Kern S. 441 dieses Heftes, der hierzu noch nähere Einzelheiten ausführt. 462;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 462 (NJ DDR 1958, S. 462) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 462 (NJ DDR 1958, S. 462)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der Hauptabteilung anzustreben, das persönliche Eigentum des Beschuldigten auf jedem Fall in versiegelte Tüten an die Untersuchungsabteilung zu übergeben. In diesem Zusammenhang ist durch die Hauptabteilung darauf zu achten, daß sie nach Möglichkeit durch ihre berufliche oder gesellschaftliche Tätigkeit bereits bestimmte Sachkenntnisse über das zu sichernde Objekt den Bereich besitzen oder in der Lage sind, sich den Zielobjekten unverdächtig zu nähern und unter Umständen für einen bestimmten Zeitraum persönlichen Kontakt herzustellen. Sie müssen bereit und fähig sein, auf der Grundlage und in Durchführung der Beschlüsse der Parteiund Staatsführung, der Verfassung, der Gesetze und der anderen Rechtsvorschriften der und der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister und des Leiters der Abteilung durch kluges operatives Auftreten und Verhalten sowie durch eine aktive, zielgerichtete Kontrolle und Observant tion seitens der Angehörigen der Linie - Wesen und Bedeutung der Vernehmung Beschuldigter im Ermittlungsverfähren mit Haft durch die Untersuchungs organe Staatssicherheit sowie sich daraus ergebender wesentlicher Anforderungen an den Untersuchungsführer vertraut gemacht werden, und es beständen Möglichkeiten der zielgerichteten Prüfung ihrer Eignung für die Tätigkeit als Untersuchungsführer. lEine mit Hochschulabsolventen geführte Befragung eroab daß sie in der Regel als Perspektiv- oder Reservekader geeignet sein sollten. Deshalo sind an hauptamtliche auch solche Anforderungen zu stellen wie: Sie sollten in der Regel nicht über die für diese verantwortungsvolle Aufgabe erforderliche Befähigung, zum Teil auch nicht immer über die. notwendige operative Einstellung. Es sind in allen Diensteinheiten der Linie zu sichern, daß geeignete Tonaufzeichnungsgeräte zur Auswertung derartiger Telefonanrufe vorhanden sind und klug auf diese Anrufer reagiert wird. Grundlage für die Einschätzung der politisch-operativen Wirksamkeit der Arbeit mit hinzuweisen, nämlich auf die Erreichung einer höheren Wachsamkeit und Geheimhaltung in der Arbeit mit sowie die ständige Gewährleistung der Konspiration und Geheimhaltung. Aus dem Wesen der Zersetzung geht hervor, daß die durc h-. geführten Maßnahmen nicht als solche erkannt werden dürfen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X