Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 460

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 460 (NJ DDR 1958, S. 460);  jedoch nach allseitiger Prüfung sämtlicher in Betracht kommenden Umstände die Notwendigkeit der Anwendung strafrechtlicher Sanktionen verneinen. Es ist kein Zufall, daß gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt eine solche Frage, wie die vom KrG Sanigerhausen entschiedene, Gegenstand lebhafter Auseinandersetzungen ist; geht es doch bei der Lösung der großen, vor uns stehenden volkswirtschaftlichen Aufgaben, die der Erfüllung des zweiten Fünfjahrplans dienen, in erster Linie um eine Steigerung der Arbeitsproduktivität, die nur bei bewußter Einhaltung der sozialistischen Arbeitsdisziplin durch alle Werktätigen erzielt werden kann. Wir können mit Stolz feststellen, daß der weitaus größte Teil unserer Arbeiter und Angestellten mit einer richtigen Einstellung zur Arbeitsdisziplin Taten für unsere gemeinsame sozialistische Sache vollbringt. Das schließt natürlich nicht aus, daß es in diesem oder jenem Fall der gesellschaftlichen Einwirkung auf solche Bürger bedarf, die noch nicht d i e Aktivität zeigen, die erforderlich ist, um das Werk des Aufbaus des Sozialismus in der DDR zielstrebig fortzusetzen. Für diese gesellschaftliche Einwirkung bedarf es aber nicht der Mittel des Strafrechts, noch dazu bei einem Jugendlichen, der wie sich aus dem Urteil zweifelsfrei ergibt im übrigen sowohl vor als auch nach der Tat großen Fleiß und Arbeitseifer an den Tag legte und dessen negatives Verhalten offenbar auf gewissen Entwicklungsschwierigkeiten beruht, die keine durchgängige Erscheinung darstellen. Man wende dagegen nicht ein, daß der Urteilsspruch ja lediglich auf eine Erziehungsmaßnahme lautete; diese wird aber im Rahmen eines Strafverfahrens gegen den Jugendlichen ausgesprochen, und gerade darin sehe ich das Bedenkliche, den Jugendlichen wegen seines Verhaltens vor Gericht zu stellen. Auch unter Berücksichtigung der internationalen Situation können wir es uns gestatten, „in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus in der Erziehung zur sozialistischen Arbeitsdisziplin ohne eine stärkere Anwendung der Methode des Zwanges auszukommen“.4 Wenn man in dieser Weise die näheren Umstände des vorliegenden Falles untersucht, so erscheint die Auffassung, es genüge hier, dem moralisch-politisch gewiß zu verurteilenden Verhalten mit außerstrafrechtlichen Maßnahmen zu begegnen, durchaus gerechtfertigt. Das hebt Voelzke m. E. zutreffend hervor. Mir erscheint nur der Hinweis notwendig, daß die Feststellungen Voelzkes, durch welche die Erziehung zur bewußten, sozialistischen Arbeitsdisziplin kategorisch aus dem Aufgabenbereich des Strafrechts herausgenommen wird, in dieser Form zu absolut sind. Unabhängig von der Frage der politischen Notwendigkeit der Bestrafung eines derartigen Verhaltens, stellt sich Kuschel auf den Standpunkt, daß die Tat des Angeklagten ja ein bestehendes Strafgesetz, nämlich den Tatbestand des § 263 StGB, verletze und daher auch unbedingt von einem Gericht abgeurteilt werden müsse, da einer Erledigung der Sache im Betrieb die gesetzliche Grundlage fehle. Sowohl Kuschel als auch Voelzke stimmen insoweit völlig überein, als sie ohne jede weitere Diskussion den Tatbestand des Betruges in bezug auf den vorliegenden Fall zumindest dem Wortlaut nach (so Voelzke) als gegeben ansehen. Dieser Auffassung kann jedoch grundsätzlich nicht zugestimmt werden. Gewisse Bedenken begegnen der Anwendung des Betrugstatbestandes bereits vom Objekt her. Die Heranziehung dieser Bestimmung bei Verstößen gegen die Arbeitsdisziplin würde dem Wesen der Sache in keiner Weise gerecht werden. Bei dem Verbrechen des Betruges handelt es sich um ein ausgesprochenes Vermögensdelikt. Durch die Anwendung dieser Strafrechtsnorm soll der Täter insbesondere zur Achtung des gesellschaftlichen Vermögens (§ 29 StEG in Verbindung mit § 263 StGB) erzogen werden. Natürlich soll nicht bestritten werden, daß im Ergebnis die Verletzung der Arbeitsdisziplin zu einer Schädigung fremden Vermögens führen kann und in aller Regel auch führt, wie dies der vorliegende Fall beweist. Nur besteht das Besondere hier doch darin, daß die Wurzel 4 Witz, R3D 1955 Nr. 6 Sp. 181. einer derartigen Verhaltensweise nicht so sehr in dgr auf Bereicherungsabsicht beruhenden Mißachtung fremden Vermögens liest, als vielmehr und vor allem in der ungenügenden Einstellung des Täters zur Arbeitsdisziplin, die für ihn eben noch nicht zu einer Sache der Ehre geworden ist. Wollte man also überhaupt den Hebel des Strafrechts in Bewegung setzen, so müßte das dort geschehen, wo die Ursachen des gesellschaftsgefährlichen. Tuns zu suchen sind, die auch inhaltlich dem Verbrechen das Gepräge geben. Daraus folgt m. E., daß es der Schaffung besonderer strafrechtlicher Normen bedarf, wenn man die Arbeitsbummelei unter Strafe stellen wollte. Gerade die Gesetzgebung der Sowjetunion zeigt uns, daß in Zeiten, in denen sich die gerichtliche Ahndung von Verstößen gegen die Arbeitsdisziplin als notwendig erwies, nicht der Tatbestand des Betruges herangezogen wurde, der der erzieherischen Rolle des Rechts in diesen Fällen nicht gerecht geworden wäre, sondern daß spezielle Bestimmungen erlassen wurden, die der besonderen Eigenart dieser Verhaltensweisen entsprachen. Die Annahme eines Betruges kann jedoch auf keinen Fall Bestand haben, wenn man die Merkmale der objektiven Seite des Betruges näher untersucht. Ohne nähere Prüfung sieht Voelzke z. B. die Täuschung und die Irrtumserregung als gegeben an, und auch Kuschel bezeichnet das als „nicht strittig“. Wer ist aber getäuscht worden, und wer hat sich geirrt? Dem Urteil des KrG Sangerhausen kann entnommen werden, daß eine Täuschung gegenüber den Aufsichtspersonen im Schacht erfolgte. Wenn der Angeklagte es aber laut Sachverhalt verstand, diesen im Betrieb eingesetzten Kontrollorganen „geschickt auszuweichen“, und ihnen daher gar nichts weiter auffiel, kann von einer Irrtumserregung i. S. des § 263 StGB keine Rede sein, da diese voraussetzt, daß sich der Getäuschte auf Grund der Täuschungshandlung ganz bestimmte, positive Vorstellungen macht. Bloßes Nichtwissen allein begründet noch keinen Irrtum. (Auf dieser Erkenntnis beruht u. a. die Schaffung des später in das Strafgesetzbuch eingefügten § 265 a StGB.) Aber auch soweit eine Täuschung mit nachfolgender Irrtumserregung gegenüber der Lohnbuchhaltung des Betriebes in Betracht kommt, greifen ernste Bedenken Platz. Dem Urteil kann nichts anderes entnommen, werden, als daß der Angeklagte im Zeitlohn arbeitete. Der Lohn wurde ihm somit einmal auf Grund des bestehenden Arbeitsrechtsverhältnisses, zum anderen und auch das ergibt sich unmittelbar aus dem Urteil selbst auf Grund der geführten Anwesenheitsliste ausgezahlt. Weder beim Zustandekommen des Arbeitsvertrages noch bei der Führung der Anwesenheitsliste spielt ein täuschendes Verhalten des Angeklagten irgendeine Rolle, was z. B. dann der Fall hätte sein können, wenn er einen Arbeitskollegen beauftragt hätte, ihn entgegen den Tatsachen als anwesend zu melden und in die Liste eintragen zu lassen. Indes erschien der Angeklagte tatsächlich zur Arbeit, und das allein veranlaßte den mit der Führung der Anwesenheitsliste Beauftragten, seine Anwesenheit festzustellen und einzutragen. Darüber hinaus machte sich auch der Lohnbuchhalter keine weiteren Gedanken, da die Grundlage, auf der er das Geld auszuzahlen hatte, bestand und auch nicht etwa auf Grund einer Täuschungshandlung existierte. Soweit sich die Lohnbuchhaltung daher in Unkenntnis der nicht geleisteten Arbeit des Angeklagten befand, fehlt es auch hier an einer „Irrtumserregung“, wie sie der Tatbestand des § 263 StGB verlangt. Mit diesen Ausführungen soll keineswegs der Ansicht das Wort geredet werden, daß im Zusammenhang mit Verstößen gegen die Arbeitsdisziplin überhaupt keine verbrecherischen Handlungen, darunter auch betrügerische, begangen werden könnten. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Betreffende über die bloße Arbeitsbummelei hinaus ein bestimmtes, auf Täuschung abzielendes Verhalten an den Tag legt. So läge selbstverständlich Betrug vor, wenn der Täter der Arbeit fernbleibt oder nur während eines bestimmten Teils der Arbeitszeit tatsächlich arbeitet, jedoch Meldungen über seine Arbeitsleistung erstattet, die seiner wirklich erbrachten Leistung nicht ent- 460;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 460 (NJ DDR 1958, S. 460) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 460 (NJ DDR 1958, S. 460)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

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