Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 420

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 420 (NJ DDR 1958, S. 420); Verfahren der Tat auf dem Fuß folge. Diese vollkommen richtige Forderung läßt sich m. E. auf andere Art besser erfüllen. Nach § 45 JGG kann der Vorsitzende der Jugendstrafkammer über die Erziehung des Jugendlichen vorläufige Anordnungen treffen. Um eine schnelle und damit schlagkräftige Reaktion herbeizuführen, müßte der Staatsanwalt sofort nach Klärung des einfachen Sachverhalts beim Jugendgericht die vorläufige Anordnung des Besserungsarrests beantragen. Der Vorsitzende der Jugendstrafkammer könnte in seiner vorläufigen Anordnung noch nicht die Dauer des Arrests festlegen, weil dies dem Urteil Vorbehalten bliebe. Das Rechtsmittel der Beschwerde hätte keine aufschiebende Wirkung (§ 45 Satz 2 JGG) und könnte daher die Schlagkraft der Entscheidung nicht lähmen. Der Staatsanwalt müßte für einen beschleunigten Abschluß des Ermittlungsverfahrens Sorge tragen, da auch der vorläufig angeordnete Besserungsarrest in keinem Fall die Höchstdauer von sechs Wochen überschreiten dürfte. Wenn der jugendliche Beschuldigte nach der vorläufigen Anordnung des Besserungsarrests überführt ist, eine Verfehlung begangen zu haben, könnte das Verfahren mit folgenden endgültigen Entscheidungen abgeschlossen werden: 1. Der Staatsanwalt sieht gern. § 35 Abs. 2 JGG von der Verfolgung ab, wenn der bereits vollzogene Arrest sich als ausreichende Erziehungsmaßnahme erwiesen hat. 2. Das Gericht stellt das Verfahren nach der Anklageerhebung gern. § 40 Abs. 1 JGG ein, wenn es den vorläufig angeordneten (Besserungsarrest als ausreichende Erziehungsmaßnahme betrachtet. 3. Das Gericht ordnet nach einer Hauptverhandlung durch Urteil Besserungsarrest in einer bestimmten Höhe oder Heimerziehung an, oder es verhängt Strafe. Der vorläufig angeordnete Besserungsarrest verspricht insbesondere deshalb erzieherische Wirkungen, weil dem Jugendlichen die endgültige Entscheidung über seine Strafsache noch bevorsteht und er durch vorbildliches Verhalten während des Arrests maßgeblich dazu beitragen kann, daß sie für ihn günstig ausfällt. Dieser Anreiz für die Selbsterziehung darf nicht unterschätzt werden. Deshalb muß die Durchführung des Arrests dem* Jugendlichen ermöglichen und ihn dazu Einhalten, seinen Willen zur Besserung vor allem durch gesellschaftlich nützliche Arbeit unter Beweis zu stellen. Die Frage, wie der Besserungsarrest zu vollziehen ist, bedarf besonders gründlicher Überlegungen. Keine Meinungsverschiedenheiten dürfte es darüber geben, daß es sich bei den Arresthäusern um geschlossene Anstalten handeln muß. Diese Arresthäuser sollten nach Möglichkeit von den Strafvollzugs- und Untersuchungshaftanstalten räumlich getrennt sein, gleichwohl aber dem Ministerium des Innern unterstehen. Die Erzieher müssen den Arrestanten schon äußerlich an der Uniformierung als Vertreter der Staatsgewalt erkennbar sein und mit den für die Aufrechterhaltung einer straffen Disziplin notwendigen Machtbefugnissen ausgestattet werden. Die hauptsächlichen Erziehungsmittel im Arresthaus werden die körperliche Arbeit und die straffe Organisierung des Tagesablaufs sein müssen. Das ergibt sich aus dem unmittelbaren Erziehungsziel des Besserungsarrests, das darin besteht, dem Jugendlichen die Notwendigkeit und Bedeutung bewußter Disziplin klarzumachen. Die körperliche Arbeit ist außerdem auch als indirekte Wiedergutmachung des der Gesellschaft durch die Verfehlung zugefügten materiellen und immateriellen Schadens aufzufassen. Der Zwang zur Arbeit und die Unterwerfung unter das strenge Reglement des Arresthauses sollen dem Jugendlichen recht schnell zu der Einsicht verhelfen, daß es in Anbetracht der Festigkeit und Stärke des Arbeiter-und-Bauern-Staates vernünftiger und persönlich angenehmer ist, die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens freiwillig einzuhalten. Die körperliche Arbeit darf wegen der Kürze des Arrests und wegen des dadurch bedingten ständigen Wechsels der Arbeitskräfte nicht kompliziert sein. Andererseits muß sie aber sinnvoll, d. h. gesellschaft- lich nützlich sein. Nicht sinnvoll wären z. B. Arbeiten, die nach dem heutigen Stand der Technik maschinell weitaus produktiver geleistet werden. Solche geisttötenden Gefängnisbeschäftigungen wie Tütenkleben, Mattenflechten usw. scheiden vollkommen aus. Wahrscheinlich werden Arbeitseinsätze außerhalb der Anstalt die größere Rolle spielen. Insbesondere in der Landwirtschaft und im Bauwesen dürfte sich der Einsatz der arrestierten Jugendlichen sowohl von erzieherischen als auch von ökonomischen Gesichtspunkten aus als zweckdienlich erweisen. Selbstverständlich werden neben den bereits genannten Erziehungsmitteln bestimmte Methoden der kulturell-erzieherischen Betreuung angewendet werden müssen. Die konkreten Formen der Erziehungsarbeit werden sich jedoch in starkem Maße von den in den Werkhöfen und Jugendhäusern gebräuchlichen unterscheiden, weil sie nicht auf der Mitarbeit und Mitverantwortung eines relativ (beständigen Jugendkollektivs aufbauen können. Die guten und schlechten Erfahrungen der Jugendhäuser, denen der Vollzug kurzer Strafen obliegt, sollten ausgewertet und wissenschaftlich verallgemeinert werden, damit die Arresthäuser oder -abteilungen nicht die Fehler wiederholen, die in der Praxis der Jugendhäuser schon überwunden sind. * Der von uns für das sozialistische Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik vorgeschlagene Besserungsarrest für jugendliche Rechtsverletzer hat mit dem in der westdeutschen Jugendgerichtspraxis ständig in mehr als 50 Prozent aller Verurteilungen angewandten Jugendarrest nur hinsichtlich der äußeren Bezeichnung eine gewisse Ähnlichkeit aufzuweisen. Damit unzulässige Vergleiche zwischen diesen ihrem sozialpolitischen Inhalt nach grundverschiedenen Maßnahmen ausgeschlossen werden, erscheint es angebracht, im folgenden kurz auf die wesentlichsten Merkmale des Jugendarrests des kapitalistischen Jugendstrafrechts der Bundesrepublik hinzuweisen. Nach § 16 des westdeutschen JGG von 1953 kann der Jugendarrest als Freizeit-, Kurz- oder Dauerarrest bis zu vier Wochen verhängt werden. Die praktisch bedeutsamste Rolle spielt der Dauerarrest. Für den Vollzug gilt nach wie vor die Jugendarrestvollzugsordnung (JAVollz.O) vom 20. Dezember 19433 *. Nach den Bestimmungen dieser Verordnung wird der Jugendliche während der gesamten Dauer des Arrests allein in einer Zelle untergebracht. § 90 westd. JGG hebt besonders hervor, daß alle Arten des Jugendarrests durch „strenge Tage“ verschärft werden können, an denen der Jugendliche „vereinfachte Kost“ und „hartes Lager“ erhält. Die vereinfachte Kost besteht morgens, mittags und abends aus Wasser und Brot. Nur wenn es der Ernährungszustand des Jugendlichen erfordert, wird die Kost am Mittag durch eine warme Suppe ergänzt (II. 19. Abs. 2 JAVollz.O). An diesen Tagen erhält der Jugendliche hartes Lager auf einer Holzpritsche und dazu je nach der Witterung eine oder zwei überzogene Schlafdecken (II. 19. Abs. 3 JAVollz.O). Auf Anordnung der Besatzungsmächte war unmittelbar nach 1945 der Vollzug strenger Tage in Bayern, Württemberg-Baden und in einigen anderen Ländern verboten worden. Das Verbot der brutalen Behandlung der zur damaligen Zeit ausgehungerten jungen Menschen rief bei einigen führenden Vertretern der westdeutschen Jugendgerichtsbarkeit lebhaften Widerspruch hervor. In seinem Eifer enthüllte dabei der spätere Verfasser eines weitverbreiteten Kommentars zum JGG, der Amtsgerichtsdirektor Potrykus, die wahre Natur des Jugendarrests. Er schrieb im Jahre 1950: „Mit dem grundsätzlichen Wegfall der strengen Tage . wird der Jugendarrest aber seines Wesens als Zuchtmittel entkleidet. . Die in erster Linie auf den strengen Tagen beruhende erzieherische Schockwirkung des Jugendarrests wird aufgehoben, und es bestehen nur noch geringe Unterschiede zur Gefängnisstrafe Gerade der Jugendliche, der im Gegensatz zu vielen Erwachsenen auf das Essen durchwegs entscheidendes Gewicht legt, kann durch verständnisvolle, elastische Handhabung 3 abgedruckt bei Dallinger/Lackner, Kommentar zum JGG der Deutschen Bundesrepublik, Berlin-München 1955, S. 1033 ff. 420;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 420 (NJ DDR 1958, S. 420) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 420 (NJ DDR 1958, S. 420)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft. Oie Durchführung wesentlicher strafprozessualer Ermittlungshandlungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache - Studienmaterial Grundfragen der Einleitung und Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit ist selbstverständlich an die strafprozessuale Voraussetzunq des Vorliecens eines der. im aufgeführten Anlässe gebunden. Der Anlaß ist in den Ermittlungsakten euszuWeisen. In den meisten Fällen bereitet das keine Schwierigkeiten, weil das zu untersuchende Vorkommnis selbst oder Anzeigen und Mitteilungen von Steats-und Wirtschaftsorganen oder von Bürgern oder Aufträge des Staatsanwalts den Anlaß für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage von durchzuführenden Klärungen von Sachverhalten ist davon auszugehen, daß eine derartige Auskunftspflicht besteht und keine Auskunftsverweigerungsrechte im Gesetz normiert sind. Der von der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können die Notwendigkeit der Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlunge gemäß oder die Notwendigkeit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens begründen. Bei allen derartigen Handlungen besteht das Erfordernis, die im Zusammenhang mit strafbaren HandLungen von Bürgern im sozialistischen Ausland von den Sicherheitsorganen sichergestellt wurden, in die Die durch die Gesamtheit der politisch-operativen Maßnahmen Staatssicherheit erreichten Erfolge im Kampf gegen die kriminellen Menschenhändlerbanden und zur Vorbeugung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der ist spürbar gewachsen. Die in den vergangenen Jahren wiederholt aufgetretenen Schwierigkeiten, bei einem Teil der Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden.

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