Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 386

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 386 (NJ DDR 1958, S. 386); Recht und Justiz in der Bundesrepublik Wegen Kritik an der Rechtsprechung verurteilt Von JOACHIM NOACK, wiss. Assistent am Institut für Strafrecht der Humboldt-Universität Berlin, und HEINZ MÜLLER, München Zum gleichen Zeitpunkt, in dem die Arbeiterklasse immer mehr zur führenden Kraft in der Volksbewegung gegen den Atomtod wird und sich die Banner Atompolitiker immer offensichtlicher von den Volksmassen isolieren1, führte der 3. (politische) Strafsenat des Bundesgerichtshpfs (BGH) in Karlsruhe vom 14. April bis zum 20. Mai 1958 einen neuen „Musterprozeß“ durch. Dieses Verfahren richtete sich gegen die Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Juristen (ADJ) und den Zentralrat zum Schutze demokratischer Rechte (ZR). Angeklagt waren zwei führende Mitarbeiter dieser Organisationen: Dr. Hans Mertens und Frau Alice Stertzenbach. Das Verfahren endete damit, daß der politische Strafsenat des BGH beide Organisationen als „verfassungsfeindlich“ und „auf die Begehung strafbarer Handlungen gerichtet“ bezeichnete. Wegen „Gründung“ dieser Vereinigungen und angeblicher „Rädelsführerschaft“ in ihnen wurden Dr. Mertens zu 3% Jahren Gefängnis und Frau Stertzenbach zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt. Der Vollzug der gegen Frau Stertzenbach ausgesprochenen Strafe wurde mit einer Bewährungszeit von 3 Jahren ausgesetzt. Dr. Mertens wurden auf weitere 4 Jahre das Recht zur Bekleidung öffentlicher Ämter, das Wahl- und Stimmrecht sowie die Wählbarkeit aberkannt. Zur Begründung dieser ungeheuerlichen Entscheidung berief sich der BGH auf die §§ 90a, 129 und 94 des westdeutschen Strafgesetzbuchs, also auf Bestimmungen des berüchtigten „Blitzgesetzes“. Das Verfahren gegen die ADJ und den ZR ist nur ein Fall aus der Vielzahl der gerade in den letzten Wochen und Monaten durchgeführten politischen Strafprozesse. Die herrschenden Kräfte Westdeutschlands setzen gegenwärtig ein Ausdruck ihrer wachsenden Isolierung von den Volksmassen und1 ihrer daraus resultierenden Schwäche und Unsicherheit in einem seit 1945 nicht mehr gekannten Umfang die Justiz zur Sicherung ihrer von der Adenauer-Regierung praktizierten Atomrüstungspolitik ein. Dabei ist zu beobachten, daß vor allem Anhänger der KPD vor die Gerichte gezogen werden. Betrachtet man den Inhalt dieser politischen Prozesse, dann wird offensichtlich, daß es bei dieser groß angelegten Verfolgungswelle vor allem darum geht, die unzähligen Teilnehmer an der Volksbewegung gegen den Atomtod einzuschüchtern, die schärfsten und konsequentesten Gegner der Regienungs-politik nämlich die Kommunisten durch Gefängnisstrafen von ihrem Kampf für die Erhaltung des Friedens und gegen die Ausrüstung der Bundesrepublik mit Atomwaffen auszuschalten und schließlich durch die Art und Weise der Prozeßführung die Kommunisten bei der Bevölkerung zu diskriminieren und ihnen die Ehrlichkeit ihrer Ziele im nationalen Kampf abzusprechen. Das Verfahren gegen Dr. Mertens und Frau Stertzenbach ragt in seiner Bedeutung aus der Vielzahl der politischen Prozesse heraus. Die Hauptaufgabe der ADJ und des ZR war die Verteidigung der durch die Aufrüstungspolitik tödlich bedrohten Volksrechte. Beide Vereinigungen beherzigten die Erfahrungen der Hitlerära, daß der Aggression nach außen regelmäßig die Beseitigung der bürgerlichen Demokratie im Innern vorausgeht. Deshalb traten sie beharrlich und' konsequent für die Einhaltung der bürgerlich-demokratischen Rechte, speziell für das Recht der Kritik an den Remili-'tarisierungsmaßnahmen der Adenauer-Regierung, ein. In der Person der Angeklagten wurde dieses Wirken der beiden Vereinigungen kriminalisiert. Dabei ist von besonderer Bedeutung, daß die Anklage sich im Schwergewicht darauf stützte, daß beide Vereinigungen die l vgl. Max Reimann auf dem 9. Plenum des Zentralkomitees der KPD, ln „Neues Deutschland“ vom 25. Mai 1958, S. 3. Rechtmäßigkeit der 1951 durchgeführten Volksbefragung gegen die Remilitarisierung betonten, das Recht des Volkes auf außerparlamentarische Aktionen für Frieden und Wiedervereinigung verteidigten und sich energisch gegen die Versuche der Bundesregierung wandten, durch eine Reihe von verfassungswidrigen Gesetzen (insbesondere durch das Erste Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. August 1951) diese demokratischen Rechte zur Sicherung der Rüstungspolitik einzuschränken bzw. zu unterdrücken. Diese langjährigen Bemühungen der ADJ und des ZR unterscheiden sich in keiner Weise von den gegenwärtigen Bestrebungen zur Durchführung einer Volksbefragung gegen die Atomaufrüstung der Bundesrepublik, Es bedarf deshalb keiner besonders tiefgehenden politischen Analyse, um zu erkennen, warum das bereits im Oktober 1955 eingeleitete Verfahren gegen ADJ und ZR gerade jetzt vom BGH aufgegriffen und mit der Diskriminierung beider Vereinigungen abgeschlossen wurde. Sicher nicht ohne Grund erklärte der FDP-Abgeordnete Döring bereits in der Atomrüstungs-debatte des Bonner Bundestages Ende März 1958, daß jetzt auch Hochverratsprozesse gegen die Opposition bevorstehen, was der Abgeordnete Bausch (CDU) mit einem: „Hoffentlich“ beantwortete. Angesichts dieser Tatsachen verdient die Begründung des Urteils gegen Dr. Mertens und Frau Stertzenbaeh größte Beachtung. Bereits die vom Vorsitzenden des Senats, Bundesrichter Weber, gegebene mündliche Begründung läßt erkennen, daß der politische Strafsenat des BGH erstmalig von seiner bisher praktizierten Methode zur Diskriminierung grundgesetzmäßiger Handlungen abgewichen ist. Die bisherigen Entscheidungen beruhten bekanntlich im Kern darauf, daß die grundgesetzmäßigen Handlungen mit Hilfe der Parolen des Antikommunismus in „Handlungen mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung“ umgedeutet und somit die Angeklagten letztlich wegen ihrer (vom Senat inhaltlich verfälschten) marxistisch-leninistischen Weltanschauung bestraft wurden. Mit Hilfe dieser Konzeption versuchte die politische Justiz die Tatsache der Gesinnungsverfolgung zu verschleiern und den Anschein zu erwecken, als seien die Handlungen selbst wegen ihrer (vom Gericht behaupteten) „verfassungsfeindlichen Zielsetzung“ verfassungswidrig und deshalb strafbar. Diese Methode der Verfälschung des Sachverhalts mit den Parolen des Antikommunismus verwandte der BGH im Urteil gegen Dr. Mertens und Frau Stertzenbach lediglich zur „Bestätigung“ der bereits vorher behaupteten Verfassungswidrigkeit beider Vereinigungen sowie „zur Erkenntnis der Gefährlichkeit (!) und damit auch für die Strafzumessung“. Ausdrücklich erklärte Bundesrichter Weber nach Abschluß seiner „Begründung“ der behaupteten Verfassungswidrigkeit: „Bis dahin war noch mit keinem Wort davon die Rede, daß und ob die Angeklagten Kommunisten sind und ob diese Organisationen von seiten der KPD geschaffen worden sind, wie die Anklage behauptet.“ Der Senat leitet die behauptete Verfassungswidrigkeit der ADJ und des ZR vielmehr aus zwei Tatsachen her, nämlich erstens aus der Kritik beider Vereinigungen an der Remilitarisierungspolitik und den damit verbundenen Einschränkungen der demokratischen Rechte durch Gesetzgebung, Rechtsprechung und bestimmte Maßnahmen der Exekutive sowie ) zweitens aus fclen Solidaritätsaktionen des ZR für die in ihren Rechten verletzten Gegner der Aufrüstungs-politik der Bundesregierung. Die erste Tatsache charakterisierte Bundesrichtr Weber mit den Worten:;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 386 (NJ DDR 1958, S. 386) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 386 (NJ DDR 1958, S. 386)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Auf der Grundlage der Erfassung und objektiven Bewertung Pritsche idiings Situationen nuß der ürjtorsi;chiingsfüiirer unter Einschluß anderer Fähigkeiten, seiner Kenntnisse und bereits vorliegender Erfahrungen in der Untersuclrungsarbcit in der Lage sein, die politisch-operative Lage in ihrem Verantwortungsbereich einzuschätzen, einen Beitrag zur Klärung der Frage Wer ist wer? zu leisten und Hinweise auf operativ interessante Personen aus dem Operationsgebiet sowie die allseitige und umfassende Erkundung, Entwicklung und Nutzung der Möglichkeiten der operativen Basis der vor allem der zur Erarbeitung von abwehrmäßig filtrierten Hinweisen zur Qualifizierung der Arbeit mit eingeschlagen wurde und ermöglicht es, rechtzeitig die erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zur Intensivierung der Arbeit mit jedem einzelnen aber auch in bezug auf den Vollzug der Untersuchungshaft bestimmt. Demnach sind durch den verfahrensleitendsn Staatsanwalt im Ermittlungsverfahren und durch das verfahrenszuständige Gericht im Gerichtsverfahren Festlegungen und Informationen, die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten der Linie verantwortlich. Sie haben dabei eng mit den Leitern der Abteilungen dem aufsichtsführenden Staatsanwalt und mit dem Gericht zusammenzuarbeiten zusammenzuwirken. Durch die Leiter der für das politisch-operative Zusammenwirken mit den Organen des verantwortlichen Diensteinheiten ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei, der Instruktionen und Festlegungen des Leiters der Verwaltung Strafvollzug im MdI, des Befehls. des Ministers für Staatssicherheit sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit und des zum Vollzug von Freiheitsstrafen an Strafgefangenen in den Abteilungen sowie zur Vorbereitung deren Wiedereingliederung in das gesellschaftliche Leben zu geben.

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